Oedenburger Zeitung, 1908. August (Jahrgang 41, nr. 176-199)
1908-08-01 / nr. 176
·xxxxl.Jahrgang. Samstag,1.Auguft1908. Ordenburgerzeiknng Wreis: 7 Seller. gen nanan a os un mm nu uenmnanen Pränumerationspreise: Für Lofo: wien 2xK, berbjäneig » K, vierteljährig K 50h, monatlich 1K90 Für tus wäre: nf 26 K, bt 13 K, vierteljährig K 50 h, monatlich 2 K 30 »Politisches Tagblatt. Administration und Verlag: Buchdrukerei Alfred NRomtmalter, Grabenrunde 121. Celephon Ar. 25. Nr.176. 7 Steller) Preis: Imierate nach Tarif. Derselbe wird auf Wunsch überallhin gratis und franko versendet, Annonzenaufträge, Abonnements und Anfertiandgesbühren sind an die Administration (Grabenrunde 121) einzusenden. Vermittlung durch alle Annonzenbureaur. ET Ts Te EEE EEE EEE NEN DENE ER. Die Auswanderungsmisere. Sopron, 31. Juli. In Oberungarn ist man einem argen Schwindel mit Auswanderungspässen auf die Spur gekommen und die Hauptbeteiligten bei demselben sind Verwaltungsbeamte. Das ist gewiß schlimm. Noch viel schlimmer aber ist es, daß die Behörden schon seit etwa drei Jahren von diesen Mißbräuchen Kenntnis haben und seit erst Schritte gemacht werden zur Abstellung derselben. Der derzeitige Minister des Innern, Graf Julius Andraffy, der zweifellos neben Koloman SzELIl der modernste Staatsmann des ganzen gegenwärtigen Parlaments ist, hat erkannt, daß das vor etwa zehn Jahren bei uns geschaffene Auswanderungspefeß nicht zu den besten Schöpfungen des liberalen Regimes gezählt werden kann. Gr hat daher sofort nach seinem Amtsantritte mit großer Energie gegen die schädlichen Auswüchse dieses Gefeges Stellung genommen und zahlreiche seiner Bestimmungen aufgehoben. Gr hat sogar ein neues Auswanderungsgefeg ausarbeiten lassen und dem Abgeordnetenhaufe unterbreitet. Dieses Gefeb wird schon im Herbste, gleich nach dem Zusammentritte des Abgeordnetenhauses vor das Plenum des Hauses gelangen. Aufrichtign gestanden, erwarten wir auch von Dieser Vorlage Feine Besserung des Uebels. Das Uebel liegt eben darin, daß ein solches Gefeg überhaupt eritiert. So lange es Leute gibt, die arbeiten wollen und doch dabei Hungern müssen, fan und darf man es ihnen nicht verbieten, ihr Brod Dort zu suchen, wo sie es zu finden hoffen. Freilich sieht sich die überwiegende Mehrzahl der Auswanderer in ihren Hoffnungen getäuscht. Ginigen menigen flüchten aber Doch, und Diese verloren dann die in der Heimat gebliebenen zur Ergreifung des Wanderstabes. E$ ist so wie mit dem Lotteriespielen, tausende verspielen dabei ihre Griltenz. Die blutwenigen Gewinner aber verführen doch immer wieder tausende zum Wagespiel. &3 kann überdies nicht geleugnet werden, daß die wenigen, vom Clüb Begünstigten Durch Geldsendungen aus Amerika an ihre Angehörigen im Baterlande einen namhaften Teil jener Kapitalien dem Lande erregen, welche unsere Kavaliere und Rentiers in den fashionablen Bädern des Auslandes alljährlich verprüffen. Die Erfahrung hat gelehrt, daß das Auswanderungsgefäß seiner Bestimmung nicht entsprochen hat. Eingestandenermaßen war seine „moralische Bestimmung”, Die Einwanderung einzuschränken. Als ob der Versuch, sein Brot im Auslande zu erwerben, unmoralisch märe. Troß des Auswanderungsgefäßes ist die Auswanderung innerhalb zehn Jahren auf 100.000 Auswanderer pro Jahr gestiegen. Und wäre die amerikanische unwirtschaftliche Krise nicht eingetreten, hätten wir heuer schon die stattliche Zahl von 200.000 Auswanderern erreicht. Das Gefäß hätte übrigens auch die Auswanderung der Stellungspflichtigen verhindern sollen. Auch in dieser Richtung hat es total versagt. Wenn es aber auch Die Nekroten nicht vermehrt hat, die Kriminalität hat es gehoben. Die ganze Bewohnerschaft zahlreicher Dörfer wurde von habgierigen Agenten zur Auswanderung verleitet. Sie entvölkerten blühende Gemeinmesen und verursachten dadurch in den betreffenden Komitaten einen empfindlichen Mangel an Arbeitskräften. Und durch die Macht ihres Geldes gelang es ihnen, viele öffentliche Beamte, zumeist Kreisnotäre und Gemeinderichter, für ihre Zwecke zu gewinnen und sie zu gefügigen Werkzeugen zu machen, um, von diesen Organen unterstüßt, leichter und mit größerem Erfolg operieren zu können. Endlich sah sich das Ministerium des Annern, das von diesen Zuständen unterrichtet worden war, genötigt, Diesen Agenten und ihren behördlichen Komplizen mit der größten Energie an den Leib zu gehen und ihren Umtrieben ein- für allemal ein . Feuilleton. . . (Schluß). · Nun kommen mir zum Herzen, das in der Ehe eine große Leistung zu vollführen hat. Es ist ja gewiß richtig, daß die Frauen den größten Schädigungen, die sonst das Herz treffen, dem Mißbrauch des Alkohols und des Tabaks, körperlichen Weberanstrengungen und gemütlichen Erregungen weniger außgerecht sind als die Männer.ann man auch von vornherein annehmen, dab auch das Herz der Frauen kräftiger und dauerhafter it als da3 der Männer. Dementsprechend leiden in der Tat die Frauen viel weniger an Herzkrankheiten wie die Männer und auch ihre Sterblichkeit an Herzkrankheiten ist geringer; ja der Umstand, daß Frauen im allgemeinen länger leben wie Männer, dürfte auf die bessere Herzbeschaffenheit zurüczuführen sein. Aber auch bei den rauen kann das Herz geschädigt werden durch übermäßigen Genuß von Kaffee und Tee, durch Ungliedmäßigkeit der Scheidung, wie durch enges Schnüren, durch mangelhafte Bewegung, durch geringe Pflege von Leibesübungen und Sport, die ja bekanntlich, in vernünftiger Weise betrieben, das Herz abhärten und stärfen. Von welch großer Bedeutung die Kräftigung des Herzens aber auch gerade für Die Frauenmwelt ist, darauf hat der Berliner Professore Goldscheider Hingewiesen, insofern er betonte, daß der Mutterberuf nicht nur ein treuforgendes und gutes Herz in übertragener ! Alle Herzfransen Frauen neigen zu Abortugage erfordere, sondern auch Becir und S Frühgeburt, und im Wochenbett rezidili guten Herzmuskel in anatomischer Be«vieren öfter die Gelenk-und Herklappenent- wird die junge Mutter den scweren Anforderungen, die die Geburt und der Mutterberuf an sie stellt, gewachsen sein. Daher muß auch bei der Frau das Herz frühzeitig geübt und vor Bermeichlichtung geschügt werden. Turnen,Turnspiele, Schwimmen und andere Leibesübungen sind für die heranmwachsende weibliche Jugend da beste Mittel für die Kräftigung des Herzens und für die Atmung. Dazu gehören ferner Abhärtung der Haut durch Häufige Waschungen und Bäder und Beseitigung aller beengenden, den Brustfarb einschliegenden Kleidung. Und wenn ein Mädchen wirklich herz= frans geworden ist, sei es durch Gelenkentzündung oder Influenza oder Scharlach und dergleichen, dann tritt ung die Frage entgegen: Darf ein herzkrankes Mädchen heiraten? Die richtige Antwort Hierauf ist nicht so einfach. Das hängt von der Art des Herzfehlers und von dem Zustand, von der Kraft des Herzens ab. Die Gefahr in der Ehe kommt hauptsächig von der Schwangerschaft und von der Geburt her. Kranke mit Erscheinungen von Herzinsuffizienz (Herzschwäche), die an Schwellungen der Beine, Kurzatmigkeit, blauen Lippen usw. leiden, dürfen nicht heiraten. Am ehesten vertragen schlußunfähige Herzklappen (Mitralinsuffizienz) die Ehe. Eine Klappenverengung (Mitralstenose) spricht aber gegen eine Ehe, weil während der Schwangerschaft und Geburt leicht Embolien und Infarkte entstehen können. Zündungen, die seinerzeit den Setzfehler er Die Gesundheit der Frau und die Eheziehung. So besser der Herzmupfel ist, desto mehr zeugt haben. Unter seiner Bedingung sollen aber herzfranke Mädchen heiraten, die ein tachitisch verengtes Beden haben, das voraussichtlich eine schwere Entbindung zeitigt. Die Gefahr der Ehe besteht für Frauen nicht so sehr in der Ehe selbst, als vielmehr in der Folgen, in der Mutterschaft. Von größter Bedeutung für die Gesundheit derrau in der Ehe ist das Heiratsalter der Mädchen. Frühes Heiraten in ist für das weibliche Geschlecht nicht sehr zweckmäßig. Ein von den Hüricher Aerztinen abgegebene Gutachten über das ehefähige Alter des weiblichen Geschlechtes lautet dahin, daß nicht nur vom ethischen, moralischen und volfswirtschaftlichen, sondern auch vom gesundheitlichen Standpunkt aus die Eheschließung des weiblichen Geschlechtes vor zurücgelegtem 18. Lebensjahre durchaus zu vernwerfen ist. Hätten die Nerztinnen das das fragliche Geiet zu bestimmen, würden sie unbedingt das zurücgelegte 20. Jahr als unterste Grenze festießen. Denn auch mit 20 Jahren hat in unserem Klima und unserem Zeitalter der weibliche Körper seine volle Entwicklung noch nicht erreicht. Die Wahrscheinlichkeit einer erhitten Disposition zu schwerer Blutarmut, Lungenerkrankungen und anderen gesundheitlichen Schädigungen, ferner ein frühezeitiges geistiges und kürperliches Altern der Mütter und die Erzeugung einer schwachen Nachkommenschaft sind meist die Folgen der zu frühen Heirat des weiblichen Geschlechtes. Seltsam genug kontrastrieren allerdings mit