Oedenburger Zeitung, 1919. Oktober (Jahrgang 51, nr. 118-141)

1919-10-01 / nr. 118

. ndus-et Ins« 5], Jahrgang. Mittwoch, 1. Oktober 1919. Einzelpreis 30 Heller. Bezugspreis: per Monat 7 Kronen samt Zustellung durch „Zoten oder Bolt. Anzeigen Werden "Tanz Tarif berechnet, Säriftleitung und Verwaltung: Dedenburg, Grabenzunde so. Fernruf: Der Säriftleitung und Verwaltung 25. Inventar. Wenn eine Handelsunternehmung von einer finanziellen Katastrophe ereilt worden ist und an eine Sa­­nierung derselben gedacht wird, so ist die erste Pflicht der Beteiligten, eine Bilanz aufzustellen, deren Grundlage das sogenannte Inven­­tar ist. Das Inventar soll ein Bild dessen bieten, was aus der Katastrophe verblieben ist, um zu sehen, was noch daraus gemacht werden konnte. Wenn ein Staat in eine ähn­­liche Lage geraten ist, so bleibt auch­ sein anderes M­ittel übrig, obd das Ob und Wie des Fortbe­­standes festzustellen, als die In­­ventarsaufnahme. Ungarn har­t noch des Friedens und muß anscheinend noch Lange harten. Dan sollte aus dem Schick­­sal derjenigen Staaten, welche den fostbaren, aber doch so schmerz­­lichen Frieden bereits­­ erreicht haben, etwas lernen. In diesen Ländern wurde der große Fehler begangen, daß man über die trübe Zukunft die Gegenwart vergaß und gänzlich üb­rsah, so schnell und so früh als nur irgend möglich eine Schau darüber zu halten, was denn eigentlich geblieben war, was zum Neilaufbau nach dem zu erwartenden Frieden vorhanden sein werde. Dieser Fehler rächt si­­ebt bitter in Oesterreich, wo man von einer Katastrophe in die andere gerät, weil seine Baluta, sein Export, sein Hilfsmittel da ist, um aus dem Ausland das Dringendste her­­beizuschaffen, das Nlötigste kaufen zu können. Dadurch­­ konnte er ge­­schehen, daß man sogar die ephe­­mere Maßregel ins Auge fallen mußte, aus dem Kunftichaß schöpfen, Bilder nach dem Auslande ver­­schachern zu wollen. Muß es mit Ungarn auch so weit kommen? Wäre es nicht an der Zeit, daran zu denken, was wir noch einzujegen haben, wach uns aus dem Ruin, verblieben it — ob uns überhaupt etwas blieb? Wir haben eine Regierung, ein Ministerium. Wir wollen seine Politik erörtern, und den Kopf niet darüber zerbrechen, ob das Ministerium Friedrich, ob es Lor­väßy oder Garami heißt, ob es von der Entente anerkannt werden wird, oder nicht, ob es die Sym­­pathien des QYandes Hinter sich hat, ob es allen recht ist, oder recht sein sollte. Der Zustand, eine Re­ierung zu haben, von der man­ nicht meiß, ob Be ‚von Bel­ans Budapest, 30. September. Alexander Festetich, Gutöbefiker in DEg, welcher als Kriegsminister Mit­­glied der Karolyi Regierung war, dann durch eine Demonstration von Solda­­­ten gestürzt wurde, flüchtete nach­ Aus­­bruch der Proletarierdiktatur nach Deg, wo er bei einem mohlmeinen­­den Kaufmanne, namens Gustav Szi­­geti, eine Zufluchtsstätte fand. Mit Hilfe Szigetis gelangte dann Graf F­el­etik an einen sicheren Bau- Huchteort. Als später die Terroristen unter Führung des Michael Per­­vager in Deg erschienen und den Grafen dort nicht mehr vorfanden, raubten sie in ihrer Rachgier bessen Schlei aus und begannen sofort der Berson nachzuforschen, mit deren Hilfe Graf Fefietich geflüchtet war. So gelangten sie auf die Spur von Gustav Szigeti, welchen sie sogleich gefan­­gen nahmen und nach Bepprem schleppten. Dort wurde der Gefangene vei den politischen Beauftragten Arnold Liptig und den Kommandanten Michael Berwager gestellt, wo Szigeti eingestand, dass der Graf mit seiner Hilfe geflüchtet war. Er berief sich darauf, daß Graf Festetich ein Wohltäter der ganzen Gemeinde war und jeder Einwohner ebenso ge­­handelt hätte, wie er. 3 war alles vergebene. GSzigeti wurde zum Tode verurteilt und behufs Hinrich­­tung einem wegen seiner Grausamkeit berüchtigten Terroristen, namens Gabriel Somor, übergeben. Dieser ließ Szigeti auf einen Wagen jeten und nahm ihn mit sich nach Bala­­tonfenefe. Hier ging er mit seinem Kommunistische Greueln. Graf | Opfer eine Strede dem Eee entlang und stieß den Unglücklichen ins Wasser, nachdem er ihm beide Hände rüc­­kwärts festgebunden hatte. Hierauf gab Somor seine Absicht fund, den Un­­glück­chen umzubringen, worauf Der zum Tode Verurteilte — wie Somor selbst erzählt — um sein Leben flehte und dem Henker 15.000 Kronen, die er in seiner Tasche hatte, als Lie­­geld anbot. So­mor war unerbittlich, da er wußte, daß er das Geld ohnehin er­­halten werde; bald darauf nahm der Henker den Revolver Herber und gab auf den Kopf Szigetis zwei Schüsse ab. Da der Unglück­che noch immer Ledenzzeichen von sich gab, vollendete Somor sein Werk mit dem Sturm­­messer. Nun fiel dem Iegieren erst ein, daß er für seine Tat seinen Zeugen habe und um dem politischen Beauf­­tragten Liptig die Hinrichtung nac­h­­meifen zu können, schnitt er dem Opfer beide Ohren und die Nase ab und überbrangte diese Beweise seiner Schandtat den Genossen Liptig und Berbnger, welche unter großer Heiterkeit die Findigkeit des Terro­­risten lobten und Das Geld des Opfers unter sie aufteilten. WIe die Angehörigen Szigen­s den Mord zur Anzeige brachten und Gabriel So­­mo­v wegen eigenmächtigen Vorgehens verhaftet aud vor Otto (Klein) Kor­­bin, dem Chef der politischen Detek­­tivabteilung gebracht wurde, ließ dieser den Gabriel merfung frei, daß er wichtigere Ge­­rätte habe und sich um solche Klei­­­­nigseiten nicht sümmere­ sein werde, ist ja unangenehm genug und wenn man Vertrauen zur Regierung hat, so ist damit wo immer das Vertrauen nit damit verbunden, ob sie si auch werde behaupten können, Item, eine Regierung ist nun einmal da, wie sie and Ander Jam, it momentan N­ebensache, das Wichtige ist, daß irgend jemand tatsächlich regiert. Feinde hat bis ü­ber jede Regierung in Ungarn ge­habt, erbitterte Todfeinde und au­f der jenigen fehlt e& ja feine Zwegg daran. Aber da sie eben regiert und wenn nicht von der Entente, doch immerhin vom Lande selbst hingenommen und anerkannt ist, so obliegt ihr die Pflicht de3 Ne­­gieren3. Sie muß wenigstens solange, als sie am Staatsruder ist, ihre Fähigkeit erteilen, eine Tätigkeit zu entfalten suchen, melche ihr au nach’ihrem etwaigen Abgange ein Lorbeerblatt beläßt. Wenn sie gehen sollte, so möge sie ih das Lob erwerben, sie hätte ihre Sache gut gemacht. Man möge ihr dann auf­­richtig zurufen innen a­uf Wiedersehen! Kommen wir also auf bag zurück, was wir eigentlich erörtern wollen Ungarn wird über kurz oder lang — mahrscheinlich das lettere — seinen Frieden erlangen. Mie sregen wir, was haben wir, wenn der Friede einmal da ist? Die Optie mitten sagen:" Ungarn niemand, ed hat, was nötig is, es ist ein Agrilultwistaat, der ich selbst ernähren kann. Sehr be­­suhigend; «8 gibt sogar Leute, welche von einem Boykott anderer Staaten sprechen. So kann man hier versichern hören, Daß 3. 8 D­ Österreich von Ungarn boykottiert­­ werden sollte, wenn es Westungarn an sich reife. Wenn Ungarn in der Lage ist, zu boykottieren, Dann muß «3 in der Tat sehr gut siehen.. Dog ist hadon nicht das Geringste zu verspfi­en. CS wäre aber bo böhrt notwendig und zweckmäßig zu wissen, ob das Land sich tat­sächlich absehbare Zeit Hindurch selbst werde ernähren können, wies viel produziert wird, oder prod­ue­­n­ziert werden könnte, ob genug vor­handen sein wird, um Bodenpros­dukte exportieren zu­ können umb wieviel, was etwa font no an exportierbaren Werten vorhanden sein­ Könnte, was al Basis für eine neu zu Schaffende Valıta ins­ Gewicht. fallen Lönnte, furzum ein Inventar muß aufgestellt werden, aus dem der Staat und das Volk Lunge,­­­­­­ als wenn auch momentan zal »se­­Zomor mit der Be­s­traucht Demokratenführer gegen eine Neukandidierung Willons. Amsterdam,­­30. September. Radio: Preßbüro erfährt, daß Die Führer der amerikanischen Demokraten auf ihrer in Atlantic City ab­­gehaltenen Eigung gegen die dritte Kandidierung Wilfong Stellung nahmen. ‚Bevorstehende Wiedereröffnung der Budapester Börse, Budapest, Lloyd“ 30. September. Nach einer Meldung des „Reiter dürfte die offizielle Eröffnung der Börse voraussichtlich im Laufe des Monats ottober­te Betrauung von Pavlovics mit der For­­mierung der neuen serbischen Regierung. Belgrad, 30. September. „Bolitit‘” meldet, daß Paplopics, der Präsident der Nationalversa­mmlung, gestern nachmittags dem Thron­­folger Alexander über die innere politische Lage einen Bericht vorge­­legt hat. Raplovica sol einen Auftrag zur in der neuen Regierung erhalten und Hheibunnen haben, .

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