Oedenburger Zeitung, 1920. Juni (Jahrgang 52, nr. 123-146)
1920-06-01 / nr. 123
| . - Bi. E T-. Ex. A Seite 2 Re" re .-«.-z.:c«----.-—s..--.-.-.J—--«- - N - ne » TUT ie; je ERUER ERSTER nit % a A.o Dedenburger Zeitung Me Protestbersammlung. Sonntag vormittags war der Plas vor dem Wortgebäude mit einer zahlreichen Menge dicht belegt. Meber allhin bietet sich einem vom Rednerballon des Gebäudes aus (auf dem sich auch ein Filmoperateur mit einem Apparat aufgestellt hat) ein farbenprächiges, bewegtes Bild, welches durch die zahllosen Nationalstandarten und Proteitafeln der Bersammeltenen besonders historisches Gepräge erhält. Zahlreiche Gemeinden hatten Abordnungen entendet, Feuerwehr, Gesangdvereine und Kapellen der umliegenden Ortschaften waren erschienen und auch di Nachbar . Komitate wie Eilenburg, Wieselburg, Raab und ihre Städte hatten im stattlicher Anzahl Vertreter delegiert, um gegen die beabsichtigte Lostrennung ihres Schweiterfomitated zu demonstrieren. Auch viele, nahe dem eigentlichen Westungarn gelegene Dittschaften, welche nicht in die gefährdete Zone fallen, ließen es sich nicht nehmen, ihrem Mitgefühl durch ihr Grich einen Ausbruch zu verleihen. Aus der Stadt Oedenburg selbst kamen außer bei berchiedenen Körperschaften, Vereinen und dem Beamtenpersonal die Zöglinge der verschiedenen Knaben und Mädceinmittel- Schulen in hellen Scharen anmarschiert, um Zeugen des historischen Augenblickes zu sein, wo man gegen den Berlust der Heimat den Schuß der Weltgerechtigkeit und der göttlichen Allmacht anrief. Mit wehmütigem Stolz berührte einem besonders die begeisterte Mädchenscharau Güng in 0öftlich figender Nationaltracht und die reizenden Marsuliner-Zöglinge mit ihrer doch reiche Verzierungen geschmückten Uniformtracht und ihren mit Reiherstößen geschmückten Käppis. Alle waren versammelt, die fi eins fühlten in der Idee, die Treue ihrem angestammten Vaterlande zu bewahren. Die Volksversammlung wurde gegen sIXZIL Uhr vormittags vom Präses der HEFT Gewerbekorporation Ludwig Daviders öffnet und die,selbst aus den fernsten »Gegenden der Lande«erschienene an monstramen mit patriotischem Grußwillkommengeheißen.Nach ihm sprach Bürger"meiste an Michael Thurner Mangarischer,dann deutscher Sprache kraftvolle und weithin hörbare Worte des Trostes und der unbesiegbaren Hoffnung,daß "dieses Land dem geliebten Mutterlande erhalten werden könne, bringen wir die beiden Ansprachen in ihrem Wortlaute und zwar als Veilage der „Oedenburger Zeitung“. Der Biaristenprofessor aus Wieselburg, Bela Szentiványi hielt dann eine von hohem rednerischen Schwung getragene Ansprache, in welcher er die Treue seiner engeren Heimat zur heiligen Stephanssfrone betonte. Als Vertreter des Oifenburger Komitates sprach ungarisch und b Deutsch 4 Meder Wunsch von besonderer Seite Wohlenhofer. Der nachte Renner war der hiesige Advokat Dr. Binefic, welcher die patriotische Gesinnung der Kroaten betonte. Tiefen Eindruch macten die Ausführungen des gew. Abgeordneten Zoltan Hindy aus Budapest. Die Schlußrede gegen ",1 Uhr nachmittags hielt der Bräses der Handels- und Gewerbekammer Siegfried Spiegel und nach dem Abfingen des Hymnus seßte sich die riesige Merae der Demonstranten unter dem schmetternden Klängen der zahllosen, gleichzeitig spielenden Kapellen über die Grabenrunde in Bewegung, um sivan langsam zu verteilen. 2 ..« Ogdenburger Sachrichten & IN OT IS Transferierung. Der Kulturminister hat den Handeldihhuldirettor Ferdinand Dürst in der Eigenschaft als Professor nach Szegedin zurückverlegte" Berlobung. Hader aus Nußt hat fi Fräulein Johanna Schillerauenburg verlobt.amensänderung. Dr. Rudolf Weit und sein Bruder Frig Weiß haben es für nötig befunden, ihren Familiennamen laut Kundmachung im Amtsblatt auf Grund ministerieler Erlaubnis in VBäage abzuändern. Die Firmung. Wie bereits mitgeteilt, findet die Firmung, welche auch diesem Jahr der NRaaber Bischof Fetter vornehmen wird, am 13 Sumi in der St. Michaeliskirche statt. Während des Hochamtes wird unter der Leitung des Negenschori Sosef Struglits vom Orcester die Großmeile von Mozart vorgetragen werden. Das Blumenverlaufskomitee des D Blumentages hält am Mittwoch, den 3. Juni (Fronleihnabmstag), 5 Uhr nachmittags, im Rathaussaale eine Sigung ab.Inspizierung des Oedenburger Gerichtes. Der Präsident der königlichen Tafel in N Raad, Kuriarrichter Andor SeshHyom, inspizierte Heute das hiesige Gericht und empfing um 12 Uhr mittags die Aufwartung des gesamten Nichterfülles Jump. Das Vergnügungskomitee des Elisabeth - Wohltätigkeits - Vereines hält Dienstag um 7 Uhr abends im Fiier des Elisabethparkes eine Besprechung ab. Amerikanische Lebensmittelaushilfe. Wie uns mitgeteilt wird, sind Korrespondenzfarten, zur Ersangung einer Lebendmittelhilfe aus Amerika zu den ursprünglichen Bedingungen, beim Magistratrat Dr. Kalmann (Rathaus, II. Stod, Tür 18) erhältlich. « Zur Beachtung seitens der Vers eine!im Sinne der Zirkularverordnung Nr.88.118-919XVII.deskgl.ung.Innenministers werden alle in Oedenburg residierenden Vereine,Kasistos,Postsparkassen,Wohltätigkeits-Reise jeglicher Akt, Kulturgesellschaften und Institute aufgefordert,die auf die Vereine oder Institute bezughaben den nächstfolgenden Daten ano zwanden Titel und Standort,sowie die Entstehungszeit,das Datum und die Zahl der behördlichen Erlaubnig,sowie die Anzahl der Mitglieder der Vereine und Insstitute mündlich oder schriftlich bis 5. Juni d. h. der Oedenburger Polizeihauptmannschaft der fgl. ung. Staatspolizei unbedingt anzumelden. Die Tichismenmachergewerkschaft fordert ihre Mitglieder auf, am Fronleichnamstage um 8 Uhr morgens vor der St. Michaelskichhe unter ihrer Vereindstandarte fich zu versammeln. Unter Regierungskommissär, Dr. St. v. Ziemberg, hat sich heute, 1 Uhr mittags, in seiner Eigenschaft als Obergespan der Stadt Oedenburg, das städtische Beamtenkorps vorstellen lassen. Im Namen der Beamten begrüßte ihn Obernotar Dr. Gerencser, welcher die traurige Lage der Beamten ihm vor Augen stellte. Dr. v. Ziemberny versicherte sein Möglichstes in dieser Hinsicht zu tun. Versammlung der Damenschneider. Am 1. Juni, 6 Uhr nachmittags, findet in der Gewerbekorporation eine Sißung der hiesigen Damenschneider um d »Schneiderinen statt, welche zum Gegenstande den Anschlag derselben an die Einlaufsgenossenschaft der SKleingewerbetreibenden hat. Die Meeister und Meisterinnen werden aufgefordert, zur Sigung möglichst vorzählig zu erscheinen. Direkte Zugsverbindung zwischen Dedenburg— Budapest. Ab 15. d. M. jegt die langentbehrte unmittelbare Zugesverbindung zwischen Dedenburg und Budapest wieder ein. Die Abfahrt aus Dedenburg erfolgt gegen 7 Uhr früh, die Anfunft in Budapest gegen 4 Uhr nachmittags. Retour ab Budapest 11 Uhr nahts und Anfunft in Dedenburg 8 Uhr morgens. Die Komitats-Generalversammlung wird auf Verfügung des Regierung Kommissärs am 15. d. M. abgehalten werden. Die Tagesordnung wird in den nächsten Tagen endgültig festgelegt werden. Die Prüfungen an der Staatsoberrealschule. In der VIII. Klasse der fgl. ung. Staatsoberrealschule begimnen die Klassenprüfungen am 1. und werden am 7.28. M. beendet. Auch die Privatprüfungen der VII. Klasse finden an diesen Tagen statt. Die schriftlichen Reifeprüfungen werden am 9., 10. und 11.8. M. abgehalten. Die Zeit der mündlichen Maturitätsprüfungen wurde noch nicht festgelegt. In den Klaffen I—VII beginnen die zusammenraffenden Wiederholungen am 16. und dauern Bid 24. d. M. Das Tedeum ist für den 29. d. M. festgelegt. Die Privatprüfungen der 1.VI. Staffe werden zwischen dem 1. und 7. Juli abgehalten. Die Tabakverteilung findet, wie und von zuständiger Stelle versichert wurde, voraussichtlich schon Ende dieser Woche statt. Zur Vserteilung gelangt diesmal besonders Zigarettentabat, während Pfeifentabat nur in kleineren Mengen zur Verteilung kommt. Die hiesige Freimaurerloge wurde mit heutigem Tage vom Negierungskommissär Dr. Z8emberg aufgelöst. Der Präsident der Loge, Dr. Nathan Rosenfeld, wurde zum Regierungsammissär berufen, wo ihm mitgeteilt wurde, daß er auf Grund ministerieller Ermächtigung die Oedenburger Freimaurerloge auflöse. Das Vermögen der Logeei abzuführen. Zum Bermdgerverwalter werde der hiesige Advokat Dr. Emmit Meißner beitell. Grabenrunde Nr. 72 befindet sic das Stadtlokal der „Oedenburger Zeitung“ (Telephon Nr. 6). Dort selbst werden in der Zeit von 35 Uhr morgens bis 6 Uhr nachmittags nicht allein Anzeigen und Abonnements auf die „Oedenburger Zeitung” angenommen, sondern unsere gefragten Abonnenten, welche fs die Zeitung selbst abzuholen geneigt sind, erhalten Dieselbe dort ab 25 Uhr nachmittags. 1. Zunt. 2er Tod des dotor II. Kriminalroman von W. Hopkins. (10. Fortlegung.) „Ich kann Sie zwingen, gnädige Frau — treiben Sie, mich nicht zum Meußersten!“, 0,0, 8ie scheinen Ihrer Aufgabe wahrscheinlich nicht gewachsen zu sein, mein Herr,“ sagte Frau Dr. U. mit Würde, „und vermeinen auf billige Art zur Kenntnis dessen gelangen zu künnen, Das zu finden Sie als Ihre Picht auf Dich genommen haben. Kein Geseß der Melt’kann mich zwingen, den Mörder zu nennen, wenn ich nicht selbst an der Missetat Anteil habe, und davor hat mich der Herr bewahrt. Wenn Sie anderer Ansicht sind, tun Sie, was Sie nicht Lassen künnen.“ Ich sah ein, daß ich in meiner begreiflichen Aufregung zu weit gegangen war, ganz gegen meine Vorräte und gegen die Lehren, die mir mein Meister nur allzauoft eingeprägt hatte. Ich beihlof daher, sozusagen „andere Saiten aufzuziehen“. „Es muß Ihnen, gnädige Frau, wohl begreiflich erscheinen, daß ich mein Me"tier nit so sehr als Kunst, als vielmehr ,on dem Standpunkte aus betreibe, Verbrecher ihrer gerechten Sühng zuzuführen. Ein Rätsel aufgeben und RätselDösen soll gewiß nicht das Um und Auf meines Amtes sein. Leider muß ich ,,ihre Stellungnahme in dieser Ange 0legenheit nit als richtig bezeichnen. Sie stellten doc gewiß zumindest es ebensolches Interesse an der Entdeckung des Täters haben wie ich.“ Sie wollte etwas jagen. „Bitte, unterbrechen Sie mich jeßt nit. Ich will und kann Ihnen zahlreiche Beweise dafür anführen, daßs Ihr Gatte getötet wurde. Ich habe diese Srage allerdings bisher offen gelassen — gerade Ihnen gegenüber — warum, das sollen Sie zu einem späteren Zeitpunkte erfahren. Wir fanden am Tatorte oder, besser gesagt, in dessen nächter Umgebung eine zweite Revolver fugel, die nicht von Ihrem Mann gegen sich selbst, sondern zweifellos von einer dritten Person abgeschossen worden sein muß; der Briefsegen in der Hand des Toten, Ort und Zeit der Tat, das Fehlen von Motiven für einen Selbstmord, das alles führe ich an, um Sie davon zu überzeugen, daß wir leider zweifellos einen Mord annehmen müssen.“ Während ich dies meinem Gegenüber möglicst Leidenschaftslos auseinanderjegte, arbeiteten meine Gedanken unausgeregt in der Richtung meines Verdachtes, den ich bezüglich des jungen Wilson hegte. Mollte Diese Stau, um selbst , loszukommen, ihren Mitwisjer oder den eigentlichen Täter preisgeben? Warum dann die bange Trage, ob Mord oder Selbstmord vorliege? Handelte es sich überhaupt um den jungen Milton? Ich fühlte, daß ich, falls auch mein fetter Weberredungsversuch fehliglagen sollte, das Kalfül der plöglichen Ueberraschung in Anwendung bringen würde, das gar oft Ihen den hartgesottensten Verbrecher überwältigte. Ich wollte dieser Frau den Namen Milson ins Gesicht schleudern, um die Wirkung dieses Mittels zu beobachten. Dieser Aufgabe wurde ich aber enthoben. Eine plönliche eiserne Ruhe schien über Frau Dr. U. gekommen zu sein. Sie verschleierte ihr Angesicht und prad) in verändertem Tone: „Ich will nunmehr sagen, was mein Herz bedrängt. Ich betone nochmals: Sie haben mein Lebensgrad in der Hand. Urteilen Sie nit zu rad. Helfen Sie mir vielmehr, den Verdacht, den ich hege, zunichte zu machen.“ „Gnädige Frau!?“ „Den Verdacht zu zerstören, der sich mit fürchterlicher Wucht meiner armen Seele bemächtigt hat.“ Sie lächelte müde. gi „Beruhigen Sie ji, mein ich werde Sie nit bestehen. Wenn er’s getan hat, so reike ich ihn aus meinem Herzen, ich will’s wenigstens versuchen, Da sollen Sie auf meinen Verdacht allein Hin nicht handeln — dasst meine inständige Bitte. Ic glaube Ihnen schon seinerzeit, als Sie das erstemal mit mir sprachen, gesagt zu haben, daß mein Leben an der Seite meines Gatten in den fetten Jahren fein glückliches war. Ich wurde von ihm, was ja schließlich sein angestrengter Beruf mit ich brachte, , gröblichst verall Eine Bernachlässigung, die lediglich auf Zeitmangel beruhte, hätte mich nicht so gefränzt, ich war mir ja! Herr, bei der Wahl meines Gatten dessen bewußt, daß er nur einen geringen Teil seiner Zeit mir zu widmen in der Lage war. Und waren es auch nur Minuten, sie genügten mir vollommen, wenn sie von jener liebevollen Zuneigung erfüllt gewesen wären, mit der mein Gatte in der ersten Zeit unserer Ehe fürwahr nit sparte. Ic glaubte aber in der legten Zeit wahrzunehmen, daß er an Liebe für mich nichts mehr übrig hatte. Mein Berdacht ward nach und nach zur Gemeilheit. Mein Mann vermied geradezu ängstlich jedes Beisammensein mit mit, und als oft Wochen vergingen, ohne daß ich ihn zu Gesicht besam, sah ich mit Schmerz und Resignation, daß mein Los als vernachlässigte Gattin besiegelt war. Meine Bemühungen, den Gatten wieder zu gewinnen, waren fruchtlos. Wenn eine Frau in einem Ders artigen Seelenzustande ist, pflegt sie ihre Gedanken, die bis nun lediglich auf ihre nächste Umgebung konzentriert waren, in die Ferne schweifen zu lassen; sie sucht Ablenkung, sie bemerkt jemanches, was früher alles an ihrer für äußere Eindrücke nicht empfänglichen Seele vorbeigegangen war. So kam es, Ddak die Bemühungen Harry Wilsons meine Aufmerksamkeit einer zwanglosen Ideengemeinschaft war erregten. Aus dem Anfangsstadium bald eine unzerstörbare Kette gegenseitiger innigster Zuneigung geworden und unser ganzes Streben war ‚darauf gerichtet, eine eheliche Vereinigung zu erzielen. (Fortsetzung folgt.) « ..