Oedenburger Zeitung, 1920. August (Jahrgang 52, nr. 174-198)

1920-08-01 / nr. 174

W.vskxk»e.s-qf-z­» . . an EEE EREETEEETT Unsere Sonntagszeitung die Kultursteppe MWieselburgs. Mit dem Ausdruck „Kultursteppe“ be­­zeichnet man ein weites, ebenes, baum­­armes Gelände, in dem an die Stelle steppenartiger Decnis, nußbare pflanzliche Möncheformen getreten sind. Solches Gelände findet sich auch in dem landschaftlic und naturkundlic­h eigen­­artigen Gebiete östlich des Neusiedlerfeld als einem Teile des Komitates Wiesel­­burg. Hier ist an Stelle der durch Türken und Tartaren Fünftlich geschaffenen Steppen, der Pupten, die gepflegte W­iehweide, die Miele und größtenteils der Ader ge­treten. Mit Necht konnte man diese Land­­schaft auch eine Aderstenpe nennen, troß­­dem große Flächen von Sumpf und Ried bedeckt sind und ausgedehnte Rußten, gegen den Hanfag hin, der V­iehwirtschaft dienen, denn stunden­weit wandert man zwischen Necdern, die sie oft filometerlang in un­­unterbrockener Folge aneinanderreihen. Dort, wo die Bahn das Leithagebirge schneidet, sieht der Neifende zum leßten­ mal noch ausgedehnte Waldungen, während bei­ Parndorf­fi nur mehr vereinzelt Laub­gehölz vorfindet. Durch Auen geht es weiter nach Osten zu, die bei Halbthurg die Bahn in eine waldlose Ebene einlenkt, in welcher nur selten Wildremisen auf herrschaftlichem Boden, ein paar Laub­­bäume bei einem Christusbilde oder einem Friedhofe, lebende Heden ans Grenzen des Großgrunddefiges, ein Akazienhain beim Do­rfe, die Eintönigkeit stören , sonst nur Reihen­­ junger Bäume längs der Straßen und halbwüchsige Alleen in den Schwabendörfern. Vergeben sucht hier das Auge nach einem Ruhepunkte, der müde Leib nach schattiger Lache in der Sonnenhige, fahl, leer und schwül­er. Scheint die Landschaft, deren Abschluß weit im Osten nur einen ungeheueren Wald­­streifen, der vom Hanfäg bis nach Raab zieht, erfolgt.­­ Fast kann man von einer Unendlichkeit dieser Ebene sprechen, da man nirgends einen genau abgegrenzten Horizont er­schaut, obwohl auf 70­ Kilometer im Westen die Ostalpen zum dunklen, schroffen Wale emporsteigen und in ebensolcher Entfernung östlich und südöstlich sich der Bakonyerwald breitet. Nach Süden und Norden­ hin geht es meist unendlich frei, fast eben in eine geheimnisvolle Weite eines unbegrenzten Naumes über. Aber auch diese Landschaft hat ihre Reize und ist gleich der Pußpen des Sreifend wert, denn sie zeugt fleißige Menschen, deren Arbeit Nahrung für Hunderttausende schafft. Der Aufenthalt in der nicht allzu über­­pölferten Ruftufteppe — der Südliche Teil ist soger menschenarm — bietet dem Natur­­beobachter reichliche Gelegenheit zum Schauen und Erfahren. Gänserharen durchpflügen die hohen Lüfte, Entenketten folgen ihnen, vereinzelte Neiher ziehen dahin, Sibige wippen, Dieven treffen, Hase und Nebhuhn bevölkern die Neder, Fasane und ehe die Remisen, Igel, Wiesel und Hamster haben Unterschlupf im Boden, während die Romantit zu allem ein schwingenstarfes Naubgevögel gibt. Troß zahlreichen Vor­­kommend räuberischer Vögel und frieden­­reicher Sagden — Fuchs und Marder sind selten — nimmt hier der Nugwildbestand nicht ab, denn die Gestaltung­­ und Er­­haltungskraft der Natur sorgt in diesem ge­segneten Gelände immer wieder für, reich­­lichen Erlag groß großer D Verluste. Fürwahr, es ist eine Luft, im der Kultursteppe Wieselburgg zu wandern, wenn der Sonnenball sich aus den Morgen­­nebeln über die Ebene zu wälzen sceint oder er rotgolden hinter abendlichem Wolfen­schwall versinkt; Freude muß man empfinden, wenn man Schönheit und Stärke der Natur in old eigenartigem Rahmen verfolgen kann ! R. Die Ruhestätte unserer 18er Handed in Galizien mit der vorn ihren Kameraden gezimmerten Kapelle. 4 Ins lebte Richt. | · „sa, 85 jeil“ rief Haydn: „Einer Und Haydn Iegte den Stab fill Außerdem waren nur noch wenige Wenn es mir jemals schwer gewort !Hervorragende Größen der Künstlerwelt den ist, die Feder zu ergreifen, um je­­mandem etwas Unangenehmes mitzu­­teilen, so ist dies heute und bei diesen Zeiten der Fall. Sie selbst wissen, wie sehr ich Sie Ichäße, wie­­ aufrichtig ich die großen V­erdienste anerkenne, die Sie si seit Sahren in meinen Diensten als Diri­­gent meiner Kapelle erworben haben. Es it natürlich, daß Ihnen gerade da­­durch- Diese Stelle Lieb geworden ist und dennoch sehe ich mich genötigt, Ihnen dieselbe zu nehmen. Wichtige und in meinem Familienleben tief eingreifende Verhältnisse zwingen mich nämlich, meine ganze Kapelle demnächst zu ent­­lasten. In vier Wochen haben wir das leßte große Konzert in meinem Balais. Es versteht sich von selbst, mein lieber Haydn, daß Sie Ihr Gehalt ungeschmä­­lert weiter beziehen, bis si für Sie eine passende Stellung gefunden hat, auch werde ih­m Sie stets als einen Freund des Hauses mit Freuden in meinen Sa­­lons sehen. Rechnen Sie vorkommenden Falles auf die Verwendung meines Einflusses. Ihr wohl affessonierter Esterhahn. In­­ so wohlwollenden Ausdrücken nun Ddiejes Schreiben abgefakt war, je sehr es mit fürstlicher Fürsorge Haydns Existenz sicherte, es mußte Ddiejen, der nun schon 30 Jahre der fürstlichen Ka­­pelle vorgestanden und sie zu einer der ersten der Welt herausgebildet hatte, dennoch schmerzlich treffen. Für diese Kapelle hatte er so viel geschrieben, dur­fte seine K­ompositio­­nen so herrlich aufgeführt. Sie war der Stolz des Fürsten gewesen. Er sah schon im Geiste seine Kapelle aufgelöst, deren Mitglieder in alle Welt zerstreut und sich selbst verloren. Aber was ist das? Warum flammen plöglich seine Augen. „Raffe dich auf!“ ruft ihm eine in­­nere Stimme zu, „Lasse wo einmal die volle Kraft der Töne sprechen und du wirst siegen!“ nieder, Löschte ebenfalls sein Licht aus und verneigte sich tief. .. nach dem anderen! Eines nach dem Spiel Haydn war als Kapellmeister | anderen! Jett weiß ich, was ich zu tun in der hochfürstlich Eiterhazyschen Haus- | habe.“ Kapelle seit 1760 angestellt. Fürst Eiter- Der Tag kam, an welchem­ das rechte dazu besonderer Freund ein= | Konzert stattfinden sollte. Der Zonfunit und einen größeren, der mur je die Räume des Ester- Meister derselben konnte er nicht finden, | Hazy ichen Palais betreten, hatte gr . „Hürst Esterhazy eilt auf Haydn zu, wo er je Schmerz den Entschlag des Fürsten ver­­a Den > tag: tejer erhielt nun einst zu einem | nommen, die Kanelle ( Ay), VaHon, Ihr bleibt und meine Kapelle CS­chreden folgenden Brief des Fürsten: | [öfen. ee au!“ Lieber K­apellmeister! Do in demselben Augenblick erhebt ich ein Sturm des Beifalles. Nun zei­­gen die tief ergriffenen Zuhörer, wie sehr sie ihren Meister shäten und Lieben. Haydn ruft­ die Mufifer zurück, teilt ihnen den Entschluß des Fürsten mit und fordert sie auf, weiter zu spielen. Wohr noch nie führten die Mufifer begeisterter und Hinreißender ein Konz­­ertstük auf, wie in diesem Augenblick. Jeder einzelne Jeistete sein Bestes und unbeschreiblich war die Wirkung. Auch Glaf und Mozart eilen auf Haydn zu, umarmten ihn und drüchen ihm herzlich die Hände. In ganz Wien sprach man aber von „rem fetten Licht“ wie von dem groß­­herzigen Sürsten und alles pries fi iglüdlich, den großen Meister Haydn und seine Kapelle der fünftsinnigen Musikstadt Wien erhalten zu wissen. Anton Hiehberger, geladen,unter diesen befanden sich Gluck ad Mozart. Das Konzert begann. Es war in seiner ersten Abteilung ausgezeichnet, wie immer, bot aber nichts Auffallen­­des; nur war nicht zu verfem­en, daß etwas Trübes und Gedrühtes im Or­­chester wie bei den Zuhörern herrschte. Sett aber wuchs die Spannung all­­gemein. Man wuhte, daß Haydn für­ die zweite Abteilung dieses Abschiedskon­­zertes eine neue Symphonie komponiert hatte und erwartete sich daher Großes. Nun gab Fürst Esterházy ein Zeichen und Haydn trat zu seinem Pulte. Er war blau und der unsichere Schein des vor ihm brennenden Lichtes gab ihm ein geisterhaftes Aussehen. Die Symphonie begann , alle Her­­zen schlugen Höher. Melodien raushten auf und nieder. Doch was it das? Die Baufen schwiegen. Der junge Pausenschläger padt leise ein, löscht sein Licht aus — und geht. Unerhört! Das war in der fürstlichen Kapelle wo Nie vorgekom­­men, aber die Musik tönt laut weiter, man­ achtet nicht auf dem Gehenden. Doch wie? Auch die Trompeter paden jahre ein, Löb­en ihre Lichter aus — und — verschwinden. Und ein Blasinstrument nach dem andern ver­­tummt — der Bläser löscht­ sein Licht — und zieht sie zurück. Aber die Musik dauert fort und fort — nur leiser und leiser. Und immer einsamer wird es im Orxdeiter. Ein Lächeln begleitet das Unge­­wöhnliche. Und die Bässe verstummen. Die beiden Celli folgen — die Brau­che — und jet­ragt in dem Dunkel ge­­wordenen Orchester nur no die erste Violine in sanften, ihm achtenden Tönen, in leifen Seufern ihr Lied — dann verstummte auch sie, das Licht erlosch, der Künstler ging. Sett war nur er noch da, der Meister. Id­enstille herrsschte ringsumher. Die Herzen konnte man schlagen hören. Erziehung zur Wirtschaft­­lichkeit. Die schmachvolle Abhängigkeit und unwürdige Anectiheit, welche der MWeltkrieg und seine Folgen uns aufer­­legten, haben nebst frajjer Selbstsucht, gewissenloser Ausbeutung und schranfen­­losem Wuter, wirtschaftliche Zustände hervorgerufen, welche uns mit einem Zusammenbruche bedrohen. Mo ist jener Gemeinsinn, das Ver­­antwortungs- und Pflichtgefühl, welche unser Volt als Erbe Jahrhunderte hin­­durch als Kardinaltugenden Hoc­hhielt und seinen Nachhkommen hinterlier!? Heute fennt man nur Genuhsucht; besonders die Jugend pflegt ihren Ge­­lüsten freien Lauf zu gewähren. Ju­gendpflege und­­ Nürsorge sollen und müssen tatkräftig mitwirfen, um die Vergnügungs- und Verschwendungssucht zu bekämpfen. Denn nicht nur in der Großstadt, sondern auch auf dem Lande Herriht machlose Verschwendung, Gier nach dem Gelde und Genüssen. Die grenzenlose Berchwendung hat ihre Hauptursache in der Geringihängung des Geldes und­­

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