Oedenburger Zeitung, Mai 1921 (Jahrgang 53, nr. 98-120)

1921-05-05 / nr. 101

«1..­«s. Donterstag, 5. Mat 1921. ‘ Er Stumde. Die Sonne lachte, jo vergnügt vom wolfenlosen Himmel hernieder, Die Gärten umd M Wiesen seitwärts vom Bahndamm standen im Blütenflor, und der Wald locte, Iochte im tiefen, moosi­­gen Grund. Er aber Hatte Dienst am Himmel­­fahrtstage. Gerade er. So ein Festtag mitten in der Woche war immer für ihn etwas ganz besonders Gutes gewesen, an solchen zugeschensten, freien Tagen hatte er immer eine ganz besonders gute Stimmung gehabt. Heute aber mußte der alte Inspektor Schmidt ausgerechnet auf den Einfall kommen, daß eine Revi­­sion der Abteile unbedingt notwendig wäre, da an einem solchen Tage wie Himmelfahrt die Züge­­ sicher überfüllt wären und die P­assagiere Geieg und Ordnung vergäßen. Also er hatte Dienst. Er hatte das zweifelhafte Vergnügen, den ganzen, sonnigen, heißen Nachmittag hindurch die zweite Magenklasse zu residieren, ob da nicht irgend­­wo ein verfappter Möbeltäter die Eisenbahnverwaltung zu hintergehen versuche und mit einer Fahrkarte dritter Klasse nobel und bei quem die zweite Magenklasse bewußte. Es war toll! Noch dazu diese ver­­w­ünschte Strecke an der Südbahn mit den unzähligen Stationen, auf denen er jedesmal das Vergnügen hatte, ein an­deres Abteil aufzusuchen, um dem Lie­­ben Festreisenden jeden d­urch seinen An­­blic die Stimmung zu verderben. Eine nette Himmelfahrt das! Am Tiebsten hätte er heute alle Menschen auf Betrug ertappen mögen, damit sie das Freuen und das Feiern vergessen. Es ging alles Gang. — seinen Ein altes Mütterchen,da g­ aiusslau­­ster Seligkeit,ihr­e­ Enk­elki­nder zu besu­­chem blindlings und wir von Sinneg mit ihrem braunen nillset·i-nid-i«erweiste­ s Wa­­genkbass seig­estiegen war,hatt­e e­rs doch unmögli­ch m­otieren können musts dieser großen Mutterwonne in dem faltigen Gesicht. Ernst wurde ganz tiefsinnig. Er sah, nachdem die drei Fahrgäste ordnungs­­mäßig revidiert waren, in seinem CEit und wartete mechanisch auf die nächste Station, mußte. regelrechten auf der er wieder umsteigen Die Sonne begann bereits hinter den Wald herabzufinten, und je mehr ich der Zug Der Stadt näherte, um jo mehr schwebten die Abendschatten gegen die geöffneten Abteilfenster. Meiche, warme Winde strömten her­­Ein Duft von frischem Gras und blühender N­ejeda war dazwischen . Ernst vergaß Amt und seinen bun­­ten Diensttod ein Weib­en. Er träumte. Das machte wohl der weiche Wind und der eigenartige Duft um­ ihn her. Vei einem Jahr war das auch so ge­­wesen, bei da Hatte er Himmelfahrt frei, und er sah weit draußen in einen Garten bei einem kleinen Haus, das rings von Blumenbeeten umgränzt war. Und ein Mädchenladhen war neben ihm gewesen, ein loser, roter Mund, den er ichon als Knabe beim Spiel gefüßt. Anne-Margret! Sie sang. Sie jummte in den Maien­­abend hinein, bald­ lachend, bald nef­­flich, bald versonnen. „Himmelfahrt — — in der Maienzeit, Mädel, nimm dich in acht, Da erblühen euch weit und breit Brennende Herzen zur Nacht.” — — Brennende Herzen! Heute wie damals standen sie in leuchtender Blüte ringsum auf den Gartenbeeten, dachte Ernst. Die Klei­­nen, rosa Herzchen erzitterten im Mass­enwinde, als hätte man ihnen ein Leid getan. . Bei einem Jahre, als Anne-Mar­­gret ihr Lied gesungen, war es wie klin­­gendes Feuer durch seine Seele gezogen. Noch näher war er an die schlanke, junge Gestalt im weißen Kleid heran­­gerückt. Es mußte ihr gar eng auf der schma­­len Gartenbank werden, da sie si heik und rot an seiner Schulter festhielt. „Ich bitte dich, Ernst — wenn das die Mutter sieht!“ „Solt , sie, Hann sie“, Tate er. „Singst ja selber eben von den bren­­nenden Herzen zu Himmelfahrt. — Sieh — — ich hab’ auch jo eins! Und du — Anne Margret?“ She rückte, so weit sie noch konnte, wieder don ihm fort. Beinahe wäre sie gefallen. „Meines ist fast wie Eis.“ „Das lügst Du .“ Mit beiden Armen hielt er die Wi­­derstrebende fest. „Du wolltest ja schon als kleines Mädel meine Frau werden — ja. — Nun wird’s Ernst, Anne-Margret!“ Sie lachte unfrei. „Spaß wird niemals Ernst, mich los!“ „Warum?“ Sie schüttelte unwillig den Kopf. „Weil ich nicht will!“ Er ließ sie jäh aus den Armen, als sie das gejagt hatte. „Sei fieb, quäl mich nicht wieder, Margret. Uebers Jahr, machen wir Hochzeit, ja?“ Sie war aufgesprungen und brachh unbedacht einen schwanfenden Zweig der kleinen rosa Herzchen am Garten­­weg. — „Ich werd’ grad’ jo einen von der Bahn heiraten, — — Ha jo dumm, Ernst! Ich warte, bis ein Graf­ fommt. Wenn man exit achtzehn Jahre alt ist, dann —“ sie steefte mitten im Sa$. Er Hatte ihren Namen gerufen, als müßte er ersu­chen an dem eimen Mort. Sie griff ganz erschroden nach seiner Hand.­­ Er nahm sie aber mit. Er ging auch nicht mehr zu ihrer Mutter hinein ins Haus, Die ihm lieb war wie die eigene, längst verstorbene, als er aus dem Gartentor auf die Straße Tritt. Nur fort wollte er, fort, ihm war, als wäre auch ihm das Herz so mutwillig‘ abgebrochen, wie jener fleinen, zittern­­den am Wege. — — „Mattersdorf!“ riefen die Schaffner in seine tiefen Gedanken hinein. Er schredte empor, legte die Hand an die Mitte und verließ­­ arnbend das Magenabteil. Einen Augenblick blieb er unent­­­pfossen neben der Meagenreihe stehen, um seinen Kopf wieder klar für den Dienst werden zu lassen. Neben ihn rief jemand sehr eilig den Bahndamm entlang, öffnete Hartig die nächste Tür und stieg im Sturmschritt ein, als sich der Zug auch schon wieder ins Bewertung seßte. Ernst sah die noch offene Tür des Abteils zweiter Klasse und sprang hin­­terher, während der Fahrt die Tür schließend. „Bitte die Fahrkarten zur Revision.” Ichnarrte er dann mechanisch herunter. Er bekam seine Antwort. Nur ein Paar dunkle, weit aufgerissene Mäd­­cenaugen starrten ihn an, sonst war das Abteil menschenleer. Er stand einen Augenblick los und wurde abwechselnd rot und blaß vor Diesem jungen,­­verstörten Gefihtchen, was da in ihm war. — Schließlich aber, als sie sogar zu sehr zit­­terte, mußte er lächeln: „Laß es gut sein, Anne-Margret, ich tue dir nichts. Ich werde Blok Deine Fahrkarte ganz rdnungsmäßig glei­ anderen residieren und dich dann auch seinen Augenbli länger s­tören. Und wenn ich mitten in voller Fahrt ab­­springen soll.“ „Am Gottes willen!“ stieß sie her­­we, um misstürlich seinen Arm festhal- Ihre große Angst verschwand all­­mählich.. Sie sah ihn ordentlich erleich­­tert an, und ihr Ei war ganz der alte, Liebe des zärtlichen Kindes von früher. „Ich hatte mich so furchtbar exrichrof­­fen, als ich deine Uniform sah, Ernst. Man erkennt dich ja kaum wieder nach — nach so unglaublich langer Zeit.“ „Das flang gerade wie ein­­ Vor­­wurf,“ dachte er. „Wenn das nun ein Fremder ge­­wesen wäre, der repidieren wollte,“ fuhr sie aufgeregt fort. „Sürichterlich gar nicht auszudeuten!“ „Warum?“ fragte er,­­ sah heimlich über ihre leichte Art wundernd, mit der sie sogleich wieder den alten, vertrau­­ten Ton gegen ihn fand. „Ra, ich hab’ dody blog dritter,“ lachte sie Finviich. „Ich konnte blog nicht mehr so weit 'runterlaufen bis zur an­­deren Wagenklasse.“ « Sie zeigstse ihm geheim­mägwü­lschte beausne F fahrkarte un­dl­iesst ihn dabei imimier noch am Asrmiefest »Gh’ich n­icht mitgek­ommen wärde,s­ida·cht­’i­ch,stetigst du liebet schnell ein und steigsts auf Der nächsteen Stad­son wieder um.“ Er ließ ihre Hand jachte von seinem Arm herabgleiten und sah sehr streng aus. — „So — — also tatsächlich­ Betrug,“ meinte er Kopfschüttelnd. „Das it ja eine nette Gesichte! Da muß ich selbst­­verständlich als — als einer von der Bahn“ — er machte absichtlich eine kleine Pause hinter diesen Worten — „als einer von der Bahn, den Yallı zur Anzeige bringen.“ Er wurde ganz drunteleot vor Ent­­gegen. „Mach doch feinen Unsinn, Grunt! Mich, — mich anzuzeigen! Ich — ich wollte Doch gar nicht betrügen, ich wollte doch­ bloß mit dem Zuge mit, daß Mutter ji nicht ängstigt, wenn ich so spät von meiner Freundin fomme. Und du hast ja selber gesehen, der Zug fuhr sofort ab!“ Er zuchte die Achseln. „Ans Beamten fann das Warum und Wieso im Dienst Höchst gleichgültig sein. Wir machen uns selber strafbar, wenn wir eine derartige Sache verheim­­lichen würden. Und dann“ — er schaute unbarmherzig in die h­ilflosen Augen dicht vor sich, die dem Meinen bedenklich nahe waren, — „und dann auch stehen wir uns beide ja längst nicht mehr je, daß ich irgend welche Rücksicht gelten lassen müßte.“ Sept schludigte Anne Margret wirk­­lich auf. Gleich­ hinterher verschludte sie zwar frampfhaft ihre Tränen und sah den Mann bitterböse und im alten Troß ins Gesicht. „Meinetwegen! Zeig’ mich an, du — du Ekel! Du verdienst es ja gar nicht, daß ich mich ein ganzes Jahr nach dir gesehnt habe und jast gestorben bin vor A­ngst, du könntest mich nicht mehr lieb haben. Ja, und nun merfe ich's ja an, daß ich dir nichts wert bin, wenn dir ja — jo gemein sein kannst. Aber bitte — geniere dich nicht, zeig’ mich ruhig an. Die paar Kronen Strafe werde ich auch nch erschwingen können, jawohl! Wber vergessen tue ich dir diese — diese Himmelfahrt nie — nie!“ In ihm war alles Jubel, Entzüden und Glüd vor diesem leidenschaftlichen, unerwarteten Ausbruch. Er hätte das temperamentvolle, jähe Mädel am lieb­­sten sofort in die Armes genommen. Er. ein. Simmelfahrt. Stigge von €. Straimtm., Nachdruch verboten, ärgerte ich von Stunde zu · · · _ Lak regungs­­_ 3um 100. Todestage Napoleons 1. Von Hugo Beiffl. Im Jahre 1809 wurde auch West­ungarn von den Franzosen heimgesucht , und bei Raab kam es am 14. Juni zu heftigem Kampfe gegen die Truppen des Erzherzogs Johann und Tosef, worauf die Stadt belagert und am 24. zur Ka­­pitulation gezwungen wurde. Sie mußte eine hohe Brandschagung erlegen und sah an in den ers­ten Septembertagen den gewaltigen Feldherrn in ihren Mauern, der in der Nähe eine große Truppenparade hielt, zu welcher er eigens am 1. September von Wien ab­­teilte. Nur sechs Jahre später, am 15. Juli­­ 1815 bestieg Napoleon in Rochefort als Flüchtling das englische Kriegsschiff­f„Bellerophon“, das ihn nächsten Tag nach England brachte, wo er sofort als Gefangener erklärt wurde und schon am 3.­August mit dem Schiffe „Northumberland“ nach Sankt Helena absegelte. In seiner Begleitung waren die Generale Montholon, Las Cajes und Bertrand, leiterer samt Familie und zwölf Dienern. Anfang des Jahres 1821 begann Napoleon zu tränkeln; er litt an Ma­­genkrebs, an welchem den sein Vater gestorben war und war bereits seit län­­gerer Zeit starkt abgemagert. Am Sil­­vesterabend erzählte er noch V­erschiede­­nes aus seinem Leben, dann aber ward er bettlägerig und apathisch. Im März verschlimmerte er sein Leiden und am 2. Mai hegte man bereits die größten Befürchtungen. Sein Zustand besserte ji am 4. nach Einnahme von Erfrischungen nur für kurze Zeit und nach fünf Stunden vor seinem Ableben gab er Anordnungen für den Fall seines Todes. Am 5. erwartete man die Ka­­tastrophe, denn­ um drei Uhr nachmit­­tags verlor der einst so gefürchtete Mann die Besinnung; seine echten Worte­­ wa­­ren: „Iete... sarmee.“ Um 5 Uhr 50 Minuten abends hatte er ausgerun­­gen. Miehklagen der Dienerschaft er­­füllte die bescheidenen Räume des Land­­hauses, im Nebenzimmer weinte laut­­­ran Bertrand. Napoleons Leiche ward durch­ zwei Tage ausgestellt. Der Ent­­seelte trug die Uniform mit dem Orden der Chrenlegion und auf der Brust lag ein Kruzifir aus Silber. Als Bahre diente Dasselbe Feldbett, welches der Kaiser auf seinen Feldzügen benugßt hatte und als Leichenjudy ein blauer, salbenverbrämter Mantel. Das Sterbe­­zimmer war schwarz ausgesch­lagen, zu Häupten des Bettes stand, einem ge­­äußerten Wunsche des Verstorbenen entsprechend, ein Altar, an welchem die­­ Ehren­­wache hielten. Das Begräbnis, zu wel­­chem die ganze, damals sehr starre Gar­­nison der Insel ausrücte, fand am 9. Mai statt. Die Leiche lag in einem dreifachen Sarge. Der innerste war aus mit Ebenholzleisten verziertem Aoajou­­holz verfertigt, der zweite aus Eichen­­holz, der äußere aus Blei. Vier Pferde zogen den schwarzbehangenen Leichen­­wagen, vor welchem der Priester, dann­ der Sohn des Marschalls Bertrand und­­­­ Bertrand und Montholon zwei Werzte sehritten. Zu beiden Seiten marschierten je zwölf Grenadiere. Graf Montholon und Bertrand hielten die Enden des Bahrrudes. Dem Wagen wurde Napoleons N Reitpferd nachtge­führt, dann folgten Frau Bertrand samt Toter in offener RRutiche, die vom Be­­dienten umgeben war, die Marineoffi­­ziere, der Generalstab, General Coffie, der Marquis von Month­enon, der Vi­­zeadmiral und der Gouverneur der In­­sel, Sir Hudson Lowe, mit dem er Na­­poleon so schlecht vertragen hatte. Hier­­auf folgte Lady Lowe und ihre Tochter in offenem Wagen, der an von der Dienerschaft umgeben war. Dreitau­­send Mann waren als Konduft in nach­­stehender Ordnung ausgerückt, und zwar Dragoner, die Freiwilligen von Sankt Helena, das Regiment Sankt Helena, Artillerie, Das 66. Regiment, die Ma­­rinesoldaten, das 20. Regiment und wieder Artillerie. Vier Musikkorps spielten Trauermärsche. Als die Wagen wegen des schlecht gewordenen Weges nicht mehr weiter ronnten, Grenadiere den Sarg bis zum Grabe, das über vier Meter tief ausgehoben und unten ausgemauert war. Es liegt im Tale „Stane“, das­ ji Napoleon als feste Ruhestätte gewählt­ hatte. Das Herz des großen Toten, sowie der Ma­­gen, wurden in gläsernen, mit Meingeist gefüllten Gefäßen in den Sarg gelegt. Während der Einsegnung spielte die Musik einen ergreifenden Choral und als der Sarg hinabgesenft wurde, don­­nerten 11 Schüsse von 32 P­fündern und 25 Schüsse des A­dmiralschiffes den trugen Die legten militärischen Gruß. Es war ein feierlicher, unvergeßlicher Moment, tief erschüttert umstanden Die trauergäste die Gruft, die nun die trdischen Weber­­reste wohl eines der bedeutendsten BEN barg, die Frankreich je beseisen atte. — . Napoleons Gefährten. Bald ward es stille auf dem west­­fernen Eilande, fehrten auf dem Schiffe „Kamel“ nach Frankreich zurück, die Garnison zog fast ganz ab und nur die größtenteils aus Tegern bestehende Bevölkerung blieb auf Sankt Helena. Erst im Jahre 1840 herrschte wieder regeres Leben auf der Insel, als die französische Fregatte, „Belle poule“ im Hafen erschien und der Prinz von Joinville die Gebeine des KRatjers abholte, um sie nach Frank­­reich zu­ bringen, wo sie im Invaliden­­dome feierlich beigeseßt wurden Man hat dem berühmten Feldherrn oft Unrecht getan, als man ihm uner­­sättliche Eroberungssucht vorwarf. General verteidigte er sein Vaterlarıı und als Kaiser wuRde er den Angriffen­ der revanchelustigen Gegner ebenso zu­ vorkommen, wie es Deutschland, Leider vergeblich, im Weltkrieg versucht hatte. War es doch fast ausschließlic Eng­­land, das die europäischen Staaten im Die Kriege hineinhegte und im Trüben sindend seine Macht vergrößerte. Des denfalls führte Napoleon die Kriege in­ ritterlicherer Art, als sie feßt geführt wurden und hat nie einem solcher Schmachfrieden diktiert, wie die heutigen Sieger, die nicht, wie er, auch den Waf­­fenerfolg für si hatten. Als. rin­­­­e »­­ nn a ne et MER k ER Ra Sa « » ar ,«». 1 Sr a LE 5 .·­...».

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