Oedenburger Zeitung, Juli 1921 (Jahrgang 53, nr. 146-172)

1921-07-01 / nr. 146

« J :«« .IH"-kk.I-IIZMX III-E no­w·««I«-«.­­YOU Zr a er EEE FUEL R% e « x « sss = ET er e­Y x? en + x 7 . - “ ( Seite 2, — Nr. 146. einer Oedenburger Zeitung die Bodennwertsteuer. Schluß.) I. Der Kürze halber sehen wir von der Aufzählung weiterer Schattenseiten die­ser Steuer ab und gehen auf Die Unter­suchung der dritten Besteuerungsweise über. Das ist die Steuer der nicht gehd­­rig ausgenüßten Gründe. Diese Steuer will die Eigentümer Durch Aa ihre­­ Steuerbelastung dazu zwingen, Gründe in entsprechenderer Weise aus­zumügen. Im vielen Fällen besteht die Notwendigkeit nicht, daß die zur Ver­­bauung geeigneten Gründe auch verbaut werden, oft wäre es sogar der Deffent­­lichkeit von Nachteil, wenn die Eigen­­tümer diesem , gewiß sehr sanften ab­ezu sogleich Folge, Leiten würden. Die separate Besteuerung jelder Gründe verfolgt ja auch Dem Zweck, daß der aus Arbeit der Allgemeinheit gewonnene Nugen in die Tragung der öffentlichen Zaiten einbezogen werde. Nun haben einen solchen Nugen aber auch die be­­bauten Gründe aufzuwessen und zwar in demselben Make. Wenn also der Zweck als richtig anerkannt wird, kann man nicht Klassifizierem­ahme ‚ungerecht wer­­den zu wollen. Zur Anspornung Der Eigentümer zur besseren Ausmügung ihrer Gründe, zunächst der Berbauung, man der Steuerschlüssel nicht hoch genug festgefegt werden, deshalb können wir auch nicht vom “gestedten Ziele abwei­­chen, die Steuer bloß auf eine Kategorie der Gründe. anwenden. 2 Betrachten wir uns aber Diese Kate­­gorie näher. Was soll das Kennzeichen der unvollkommenen oder nicht genügen­­den Auswägung sein? Der ‚Umsstand blei,; Da der Grund ausdrücklich als Baugrund betrachtet werden muß, aber nicht verbaut it? Das wäre ja eine ziemlich Deutliche Abgrenzung. Was heißt aber verbaut? Steht eine Hütte auf einem Grunde z. B. auf der Pfarr­­wiese, fan­s diese dann für verbaut be­­trachtet werden? Ist ein Grund auf der Grabenrunde ausgenüßt, wenn ein altes ebenerdiges Haus darauf steht. Soll die ganze Fläche verbaut sein oder, genügt hier oder, dort ein Drittel, eine Hälfte? Ganz natürlich ist, Das samtliche Gaflen und Blüte nicht mit Demselben Mahe gemessen werden künnen. Man müßte also Sprengel bezeichnen und in jedem jene Kennzeichen festlegen, welche die Ausnühung durch Verbauung anerken­­nen las­sen. Mit der Zeit müßte Diese Einteilung abgeändert werden, denn wern man ji Heute Hier oder dort mit einem Parterrehaus begnügt, wird man vielleicht schon nach zehn Jahren das Verbauen mit einstöckigen Häusern for­­dern müsse. Es sind aber auch andere Momente zu berücksichtigen. In erster Linie it auf die Ausnußung, wenn an nicht einzig und ganz erklärli, das Er­­trägnis bezeichnend, welches wieder von der Bauart, der modernen Hygienisc­hen Beschaffenheit des Baues­­ beeinflußt wird. Sehr viele Faktoren spielen also mit, welche die Festlegung von forresten und in jedem Falle ohne Zweifel und Bedenken anwendbaren Regeln hindern, Igana abgesehen Davon, da die land- Ausnüßung­ ‚eine noch bedeutend kompliziertere Frage wirtschaftlich genügende oe Betz­ ol einten­der Einer immer, allgemeineren Verbrei­­tung erfreut si­che a­n Keines-use Boden­­wertsteuer. Auch wo man mit den be­­sprochenen Formen Versuche gemacht hat (so namentlich in Deutschland mit der Wertzuwagssteuer), geht man auf Diese über. Die Bodenwertsteuer bezieht sämtliche Gründe in die Besteuerung ein und unterläßt jede Klassifizierung. Steuerbasis ist der Verkehrswert, dessen prozentueller Teil entrichtet werden muss als Gegenwert für jenen Nußen, welcher dur die Tätigkeit der Allge­­meinheit erzielt wurde. Ihre admini­­strative Behandlung it eine unvergleich­­li einfachere. Die Bodenwerte werden zu gleicher Zeit geschärt. Die Steuer wird mit einheitlichem Schlüssel bemes­­sen. Es muß weiter nichts berücksichtigt werden, als die Abweichung in den Ver­­kehrswertem in den verschiedenen Stadt­­teilen, Gafsen und Hottern. Und eben weil alle Gründe steuerpflichtig sind und zu gleicher Zeit,geschäßt werden, hat man Durch die V­ergleichsmöglichkeit eine verläßlichere Grundlage für die Schät­­zung. (Mancher Leser wird meinen, das städtische Extempel sprücht dagegen. "Hier wurde eben im Allgemeinen zu hoch ges­ ihäßt, und ist eigentlich nicht einmal von einer Schäßung Die Rede, sondern von der Feststellung der Verkehrswerte, wobei man sich auf die Daten des Rea­­litätenverkehrs sragen kann. Allerdings wird­ es vernommen, daßs im ersten Steuerbemessungsjahre Unverhältnis­­mäßigkeiten si zeigen, solche Erfahrun­­gen werden aber die Richtigstellung des Katasters zur Folge haben.) In ihrer Wirkung it diese Steuer auch eine, Zumachssteuer, nur besteuert sie den Wertzumwachs nicht im Zeitpunkte des Flüssigwerdens und nicht im Maße des Wertzuwachses. Man könnte es für ungerecht finden, dak alle Gründe in gleicher­­Weise besteuert werden, wo es d­och an Gründe geben wird, die zur Zeit, und durch einige Zeit überhaupt feinen MWertzuwachs aufweisen können, dak der Zuwachs, welcher in den verschie­­denen­­Zällen verschiedene Make zeigt, überall in gleicher Weise besteuert wird. Wo sein Zumachs it, werden die Er­­wartung und die Chancen besteuert, das­­selbe geschieht dort, wo der Wertzumachs ein 50—100prozentiger ist. Der Grund, der einen größeren Wert repräsentiert, zahlt an im Verhältnis mehr, weil ja nur der Schlüssel der gleiche ist. Auch die Auswügung des Steuerfondes ist eine größere, weil die Verteuerung nicht eine einmalige, sondern eine ständige ist. Die Belastung ist milder und gleichmäßiger, als bei den anderen Besteuerungsfor­­men. Der Kommunität ist nur ein be­­deutend größeres, dabei ebenfalls ständi­­ges Erträgnis gedient. Die Bodenwertsteuer löst Die Idee der Besteuerung des Wertzumahlies in praktik­herter­­­eise und macht Die sepa­­rete Besteuerung der nicht gemügend ausgenüßten Gründe überflüssig. Sie ist milder als alle anderen Besteuerungs­­arten, wird nur Dann und im dem Make bedrühend, wann und in welchem Make fs das Verhältnis zwischen stetig steigendem Wert des Grundes und stetig sich vermindernden Wert Des Baues verändert. Es it aber au­­richtig, dah er eine derartige Wirkung ausübe, Was wir bisher über V­erterment, Wertzuwachssteuer und Steuer der nicht genügend ausgenüßten Steuern gesagt und daran bemängelt haben, ist eigent­­lich schon die Bestätigung Deslen, daß die allgemeine, Bodenwertsteuer Die gerech­­teste, zugleich prafiticheste, aber al einträglichste und ungleich am mildesten belastende Art der Besteuerung jenes Zumwachtes ist, welcher dur die Tätig­­keit der Allgemeinheit, also unverdient, im Privatvermögen ersteht, also d­urch die Kommune in Anspruch genommen werden soll. Die Erwartung, welche die Theorie an diese Steuer tropft, ist na­­türlich vom der Höhe des Schlüssels be­­dungen. Je höher der Schlüssel, je grö­­ßer also die Steuerlast (bis zur erlaub­­ten Grenze), Desto anspornender wirkt sie zur rationellen Ausnäßung des Bo­­dens und trägt dadurch zur Förderung des unwirtschaftlichen Fortichrittes bei. Wir glauben, diese Beurteilung der Stage wird auch bei uns plaßgreifen und dazu wollten wir mit diesem Artikel beitragen. . er, #­­­rt. Freitag, 1. Juli Neber die Germitage. Unter dem Titel „Wieder eine Aktion gegen die Konsumenten“ brachte­­ unser Blatt vom 29 Juni einen Artikel über die neue Verordnung des ungarischen Finanzministers über die U­nter­­bindung der Wiener Einfuhr von Preßhefe. Hiezu erhielten mir eine Zuschrift, die hinter dem­­Verfasser unserer Notiz einen „blutigen Laien“ vermutet. Wenn er müßte, den wo unsere Information über den Grund der Minderwertigkeit der­ inkrimi­­nierten Germ stammt, würde er vor Scham erreiten. Den fachlichen Teil der Aufgrift bringen wir im Folgenden: Die Gichwindtsche Spirituosen und P­reßhefefabrik in Budapest stellt die auf den Oedenburger Markt gebrachte Hefe aus bestem, Weizenmehl durch ein Verfahren her, welches gegen die Fabrikationsmethode bow uffner oder Mauthner in Wien den Vorzug des besseren Rohmaterials, nämlich des besten Weizenmehls der Welt, innehat. Die Fabrik versendet täglich zirka 6000 bis 7000 kg frische Prephere nach allen Teilen Numpfumgar­d, was nicht möglich wäre, wenn sich diese Germ „zur Verwendung zu Badzweden nicht eignen würde“. Die „wilden“ Hefepilzarten, die diese unschul­­dige, infriminierte Budapester Germ be­­herbergen sol, sind nur in der Phantasie des Autikelschreibers vorhanden und ich möchte jenen Fachmann be­­sehen, die über ein freigelegtes S­­cheiden könnten, ob ed aus Budapest Fanmt. Man 1 dem biefigen Geschmadh dei­ß man die Germ etwag härter, Budapest üblich ist, direkt für unsere­­ erzeugt, aber von Bräune und üble ru­ft nichts zu merken. Der beste 2 für die Güte der Ware ist, daß Bädermeiter dieselbe mit bestem eingeführt Haben, nicht besprochen und dies ist Die La­gerhäfteleute. Ist die Wiener Pr bon der freien Liste gestrichen, so sih die Landplage, die Schmuggle drauf und reißt den Artikel aus der des legitimen Handels. Hier tut dring Hilfe not und die muß dem der Sta­polizei kommen. · Zu diesem,von einem,,Fachma gezeich­neten Artikel sei kurzfoismus merkt: .1. Der Verfasser beweist, daß Die der Sihwindtichen Hefefabrif ftan im Budapester Germ ganz ausgezeichnet Dagegen vergißt er zu erwähnen, daß rade die S Konsumenten (nicht die Gihwindtiger Germ arbeitenden Väs tatfähli eine hier allgemein ebenfal als Budapester bezeichnete ungarland Germ angeboten erhalten, die nach sehen und Eigenschaft genau unserer s­chreibung entspricht. Ist die Gihwind Hefe so gut, so muß dafür gesorgt wer daß ein so großes Ouantum h ‚geliefert werde, daß die notorisch Il Germ, don deren Eriftend obgenar Fahmann nichts zu willen scheint, Plage verschwinde. 2. Solange es noch­ an shlechte © in Oedenburg gibt, muß das Puhl leider froh sein, wenn es zu „geschmug­ter” Germ kommt. Ob dann die g Germ von Wien oder von der Budap Giäwindt-Fabrik stammt, ist dem B­i­­tum und ung völlig gleichgiltig. Wir di stehen nicht, warum der Artikel sehr behauptet, die Schmuggler macht Geschäftsleuten mit ihrer Germ Ko­renz, da er doch selbst davon überz­if, daß die Wiener Germ nit bil und nicht besser sei, als die „Budape­s“ bliebe denn da der Nugen Schmuggler. Oder schmuggeln diese aus Krifik­cer Nächstenlie Hut ab vor so edlen Schmuggler, verdienten im diesem Fall einen Vor franz der Konsumenten und nicht eine strenge Strafe. Nahhdruch verboten, Aus eigener Kraft. Originalroman von S. Abt. (2. Fortlegung.) Dampffärberei und Chemische Wach­­anstalt von Friedrich Müllenhof stand auf dem großen Kirmenschild zu Iesen, Das über der Einfahrt des hohen, Das dan von der Eisengitters angebracht war, stattlichen Gebäudefompler Straße abschloh. Ber der Einfahrt stand mit dem Glofenschlage eins der Onkel Sobjit und schüttelte so nachdrüdlich den Kopf, wie er heute morgen schon geschüttelt hatte. Auf allerhand Ummwälzungen war er ja gefaßt gewesen, hatte gewußt, daß da, wo vor zwanzig Jahren an der Weich­­­ Bildgrenze zwischen Schöneberg und Milmersdorf noch freies geld war, wur Die und da von dem An­wesen eines Adelbürgers durchlegt, jegt ein ganzer Stadtteil von modernen Häusern „mit allem Komfort der Neuzeit“ aus dem Boden gewachsen war — gemauht Hatte er auch, daß die fleine Färberei, die sein Bruder ehedem in einem dieser kleinen Häuschen betrieben, ji Tängit in eine große Farb-, Reinigungs- und Wajd­­­anstalt verwandelt hatte, aber dennoch , wie er nun emporsah zu den großen Hirmenschild, da fühlte er si, wie in eine fremde Welt verlegt, mit Der er ‚ihm jeßt entgegen und Friegte nichts anzufangen wußte, in der er nichts zu suchen hatte, Friedrich Müllen­­hof — der Zunge — ja, wenn der wenig­­stens noch da drinnen wohnte und füme ihn an den Schultern zu paden — „sobit, alter Kerl, hat's dich doc wieder übers große Wasser zurückgetrie­­ben? Ja, ja, Baterland bleibt eben Baterland!“ Aber der Frite, dem war's wohl auch zu ungemütlich und fremd ge­wor­­den zwischen all dem Strakenlärm und den neuen Häusern, und er hatte sich iin Kämmerchen ausgesuht, wo er's ruhi­­ger hatte. Born im alten Schöneberg, neben der Kirche, in dem grünen, stillen Garten, dort hatte Jobst Müllenhof vor­­hin seine Zwiesprach mit dem toten Bruder gehalten. Dort hatte er an den Brief noch einmal gelesen, den vor etwas über Jahresfrist, kurz vor seinem Ende, der Frige ihm gescrieben Hatte und in dem es hieß: „sowohl, mir hat's geglückt. Und doch hab’ ich meine Sorgen. Der Zunge — und ich trage selber Schuld daran. Weil er mein Einziger war, hab’ ich ihm die Zügel nicht so straff angezogen, wie's ihm dienlich gewesen wäre. "Ich will ja nicht etwa sagen, daß er ein Tunichtgut geworden ist, aber ein Leichtfuß ist er und will zu hoch hinaus, und fürs Ge­­schäft fehlt ihm das richtige Interesse. Und wenn ich mir denken müßte, dag nach meinem Tode das, was ich mit Bafkern und Plage hochgebracht, wie­­der zum Rückgang füme oder daß er viel­­leicht einfach alles verkaufte, weil ihm seines Vaters Erbteil nicht fein genug wär — ich glaube, im Grabe fänd ich seine Ruhe Davor.“ Die Hand auf die Tasche gedrüht, Darinnen der Brief tet, Durchschritt fest, fejsten Schrittes die Einfahrt,­ und wie er vom Wohn­­haus her über den großen Hof her über den Neffen sich entgegeneilen sieht, redt er den Kopf aus den breiten Schultern heraus — oho, er hatte schon was da­­drin zu Juden, und um seine Grabesruh sollte jo Teicht feiner fommen! — „sa, ja — laß sein — Hin ist Hin, und sterben müssen wir alle“, so hatte er dann verschlossenen Gesichts den Neffen gewehrt, als er etwas von dem verstor­­benen Bater jagte, daß der die Freude dieser Heimkehr nicht mehr hätte erleben können. « »Und verschlossenen Gesichsts ließ­ er ich durch das Wohnhaus führen, nahm in dem funfelnagelneu eingerichteten Speisezimmer an dem großen Eichen­­tuihe Pla und löffelte Tangsam die Suppe herunter, Die der­ Neffe ihm aufgab. Es war eine sehr gute Suppe, mit viel Eierflößen darin, die den Onkel zu der Stage veranlagte: „Hoffentlich hast du meinetwegen feine Umstände ge­­macht?“ „Umstände“, — der schöne Rudi bei eigen — „Umsftände ganz gewiß nicht, Onkel Sobit, aber trog dem 5­ich, Daß es Dir schmieden wird“, und reichte dem Onkel die Platte mit zweiten Gang. Eine große Platte war es. ich weik, rosenrot und gelb sah sie an. Gelb der Erbsenbrei, rosenrot zarte Schweinepöfelfleisch und grünli weik die fettglänzende Menge des Saue­rrauts. Noch immer mit der verl jenen Miene will Sobjit Müllenhof bedienen. Doch plößlich werden Augen groß und größer, schnapp weiten sich seine Nasenflügel, und ob sein Gesicht breitet sich ein Ausdris halb wie der wehhutsvolle Nadht langgehegter heißer Sehnsucht, Halb das Glücsleuchten endlicher Erfüll So Häuft er ji mit erregten Hän seinen Teller bis zum Rande voll, ich den ersten Bilsen in den Mund, und beiden Baden fallend, fommt ihm verzühtes Stammeln: „Eisbein und Sauerfehl“ — „Und dazu 'ne große Meike“, gänzt der Neffe, springt auf, fangt Büfett die graue Steinfruse her, Iodert mit Borfiht und Sahfenn den Verichluk, nimmt das große, bauchige Glas, Täkt die fühle Blon langsam hineinrinnen und reicht feierlicher Gebärde dem Onfer schäumenden Zabetrunf. (Sortfegung folgt.) Sobit Müllenhof *

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