Oedenburger Zeitung, Januar 1922 (Jahrgang 54, nr. 1-25)

1922-01-01 / nr. 1

..·»«»,T WXHHSTIZC L «- «| Seite 2. — Nr. 1. E««:«jneuen Jahr. Eine vorausschauende Politis muß die erlittenen Niederlagen, wenn nicht vers­teilen, je Doch zurückteilen. Denn es ist auch für Ungarn eine Lebensnotwendig­­keit, in den beginnenden Strom eines normalen­­Weltwirtschaftsverkehrs ein­­geschaltet zu werden. Sogar die in ihren natürlichen Hilfsquellen fast unbe­­grenzte So­wjetrepublik muß ihre zu­­nächst selbstgewollte Vereinsamung auf­­geben und sucht den Anschluß an die Welt. Wie vielmehr erst ein durch den Weltkrieg zu einem Kleinstaat gewor­­denes Reich, mit einer erst im Anfangs­­stadium des Werdens befindlichen In­­­dustrie. Wir Hoffen vor allem darauf, Das aus diesen Erwägungen heraus sich im nächsten Jahre ein gedeihlic­hes Ver­­hältnis zu Deiterreich entwickelt. Deiter­­reich, industriell Hochstehend, ist für Un­­garn schon valutarisch das billigste Be­­zugsgebiet für seine fehlenden Industrie­­artikel, während Oesterreich bei norma­­len Verhältnissen als Abnehmer der landwirtschaftlichen Produkte Ungarns in erster Linie in Betracht kommt. Eine rationellere Pflege der ungarischen Landwirtschaft (Arbeiten mit landwirt­­schaftlichen Maschinen, billigem Kunst­­­ hünger) könnte­n diese Meberproduktion bedeutend steigern und im Austausch­­wege auf Grund eines zu schließenden Abkommens besser verkaufen, als durch Zahlung in ewig schwankender Wäh­­rung. Die Außenpolitik der Zukunft darf nur von wirtschaftlichen Notwen­­digkeitern diktiert werden. Mir Hoffen und erwarten viel nom. Wenn erst unter der Menschheit der gute Wille" mit allem Halt und Umvernunft zu brechen, starr "geworden ist , und er wird schon des­­halb stärker, weil immer mehr das Bewußtsein Boden gewinnt, dak der­­­­bisherige Weg zum Altgrund führt — dann können wir gewiß sein, dak wir nicht zu viel Hoffen! An die Bevölkerung! Commission des Generaux Allies. L’homologation des r6sultats “du plebiseite par la Conference des Am­­bassadeurs et la ratification du Proto­­cole de Venise par l!’Autriche viennent de clore l’oeuvre de paix accomplie a Sopron. Les Göneraux Allies ex­­priment l’espoir que cette oeuvre sera durable. En quittant la ville de Sopron que les Generaux Allies ont conservee sous leur autorite depuis le 3 Octobre, aunom des Grandes Puissances Alli6es, ils remercient les citoyens de leur hospitalite et de la correction de leur attitude. Is expriment la conviction que, dans cette population, qu’ils ont eu le loisir de connaitre et d’appre&cier, la coexistence d’el&ments des deux nationalit6s, loin d’etre une source d’animosit&E et de conflits, cr6&era au contraire, entre les deux peuples, un terrain de contact qui leur donnera loccasion de d&velopper les liens les plus &troits et une libre intimite des plus propices aux meilleures relations entre les deux Nations. Fait a Sopron, le 31 Decembre 1921. La Gommission des Göndraux Alliös Hamelin Gorton Ferrario President. Durch die Anerkennung des­­ Resultates der Volksabstimmung durch den Botschafter­­rat und die Ratifizierung des Protokolls von Venedig durch Oesterreich, wurde das Wort des Friedens in Sopron vollendet. Die verbündeten Generäle geben ihrer Hoffnung Ausdruck, daß dieses Friedens­­wert auch von Dauer sein wird. Bei der Gelegenheit, daß die alliierten Generäle die Stadt Sopron verlassen, in der sie im Namen der alliierten Großmäche seit dem 3. Oktober die Oberhoheit aus­­übten, sprechen sie den Bürgern der Stadt für ihre Gastfreundschaft und ihr korrektes Verhalten ihren Dank aus. Die Generäle geben ihrer Heberzeugung Ausdruck, daß das Beisammensein der beiden Nationalitäten in der hiesigen Bevölkerung, die sie kennen und fhäten gelernt haben, seinen Anlaß zu Gehäffigkeiten und Streit­­igkeiten geben wird, sondern daß gerade dieser Umstand die zwei Nachbarwölter mit einem engen Band aneinander nüpfen wird, wodurch die Möglichkeit geboten erscheint, daß zwischen den beiden Nationen das beste Verhältnis und eine segen­reiche Fremd­­shaft sich entwickeln könne. Gegeben in Sopron, am 81. Dezem­­ber 1921. Interalliierte Generalskommission Hamelin - Gorton Ferrario Bräsident. A ne6pszavazäs eredmönyenek a Nagyköveti Tanäcs ältal törtent jövä­­hagyäsa, valamint a velencei szerzö­­desnek ratifıkäläsa Ausztria r&szeröl, teljesse tette a beke müvet Sopronban. A szövetsöges täbornokok reme&lik, hogy ez az ällapot tartös is lesz. Most, amikor a szövetseges täbor­­nokok elhagyjäk Sopron värosät, amely­­ben oktöber 3-ätöl fogva a szövetseges Nagyhatalmak neveben a fenhatösägot gyakoroltäk, köszönetet mondanak 4 väros polgärsägänak velük szemben tanusitott vendegszereteteert &s ki­­fogästalan magatartäsäert. A szövetseges täbornokok kifeje­­zest adnak abbeli meggy6zödesüknek, hogy e lakossägban, melyet megismer­­tek &s amely nagyrabecsülesüket ki­­erdemelte, a k&t nemzetiseg talälko­­zäsa nem lesz a gyülölködesnek &s az ellensegeskedösnek szülöforräsa, hanem ellenkezöleg ez a körülmeny arra fog szolgälni, hogy a ket szom-. szedos n&p a legszorosabb kapcsokkal füzödjek egymäshoz, aminek folytän a ket nemzet között a legjobb viszony &s egy äldäsos barätsäg fejlödhetik ki. Adatott Sopronban, 1921 dee. 31-En. Szövetsegközi Täbornoki Bizottsäg Hamelin Ferrario elnök. . Gorton _ j « Interalliierte Generaiskommissioms Szövetsegközi Täbornoki Bizottsäg, l l “ u u” Duell Benkö-Szmrecsänni. (Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung”.) SB. Budapest, 31. Dez. Gestern morgens um 3 Uhr wurde die bekannte Ehrenaffäre zwischen Gabriel Bentö und Georg Szmrecsanyi in der Franz­­osef-Kavalleriekaterne durch ein Ru­torenduell ausgetragen. Das Duell wurde von Albin Lingauer geleitet. Es erfolgte in einer Entfernung von 30 Schritten zweimaliger Kugelwedsel. Beim ersten Gange feuerten beide Par­­teien ihre Maffen gleichzeitig ab und beide Schiffe gingen fehl. Nunmehr er­­folgte von Seiten Albin Lingauers ein Aussöhnungsversuch, der jedoch er­­folglos blieb, da Gabriel Bentö dem Munide Szmrecsanyis, Bentö möge erklären, daß er Karl den Vierten mit seiner Parlamentsrede nicht ver­­leßen wollte, nicht zu entsprechen geneigt­ "war. Beim zweiten Kugelwech­el ver­­tagte die Waffe Szmrecsän­gis, der Schah Bentös ging fehl. Nach beendigtem Duell erklärte Bentö nach 7 TEE­NER ETTE TARTE Oedernburger Jettung wiederholten BVBersöhmungsversuch, er wollte an den Handlungen des Königs bloh Kritik üben und ihn persönlich nit verlegen. Nach vieler Erklärung versöhnten sich die Parteien. Tariferhöhungen in Sesterreich. (Hrabbhbericht der „Oedenburger Zeitung“) Wien, 31. De. . Die österreichische Regierung hat die Wiener Handelskam­­mer offiziell verständigt, das zu einem noch näher zur bezeichnenden Zeitpunkte die Tarife der Bundesbahnen um 30 Prozent für den Persio­nen ud um 150­0­rozent für d­en Güterverkehr erhöht werden. Gleichzeitig wird die Aufhebung sämt­­licher noch bestehender Begünstigungen einzelner Stadtkategorien vorgesehen. Wie verlautet, soll die Erhöhung am 1. Februar in Kraft treten und Gleich­zeitig an eine WW prozentige Er­­h­öhung der Boist, Teleartamme und Telephongebühren vor­genommen werden. ern . dr. Rathenau in Paris. (Draftbericht der „Debenburger Zeitung”.) SB. Paris, 31. Des Die Mit­­tagszeitungen begrügen die Ankunft Dr. Rath­enaus mit Sympathie und Schreiber, wenn Dr. Rathenau komme, so sei das eine Tatsache.­­ Die Aufmerksamkeit verdiene. Nicht er, aber die Engländer haben erzählt, daßs Rathbenau ihnen gesagt habe, es gebe nur einen Ausweg, nämlich, Das England auf seinen Anteil an den Res­parationsforderungen zugunsten Frank­­reichs verzichte. xSonntag,1.Jänner1922. “es a ee sa 2a BE. ‘ _ 5 =“ 17, 5 der Deutsche Sitenbahner sei. (Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung“.) SB. Berlin, 31. Der. Der west­­deutsche Eisenbahnerstreif gewinnt an Ausdehnung; er erstrebt si bereits an auf das belikte Gebiet. Auf den Befehl der interalliierten Kom­­­mission, wonach sämtliche Beamten­ und Arbeiter auf ihren Pfosten bleiben müssen, erwiderte die Delegation des deutschen Eisenbahnerverbandes, das sie­­h unter Brotest den Gewaltmaß­­nahmen der Bejagungsbehörden den Befehlen füge. s. SB-Dibssfel·dorf.31.Den 7. im deutschen Eisenbahnerverband orga­­n­isierten Eisenbahner in­­ Düss­el­­dorf haben bet­loffen, in den Streit zu treten. Die Besat­­zungsbehörden in Diüsfeldorf haben be­­fohlen, da die Arbeit fortgesett werde. ” Die Dresdener Eisenbahnerwerkstättenarbei­­ter haben in einer Bersammlung nach einer­­ stürmischen Aussprache den Streit abgelehnt. Auch nach den Meltungen aus B­rank­furt a. M. it es im Bereiche des dortigen Direktionsbezirkes völlig ruhig. SB. Dresden, 31. De... — x 3 Be ER = 2, der N­achdruch verboten. Iberitu­hlrichter. Roman von &, Deutsch. 4 Fortiegina.­ „Snädigster Herr. Oberstuhlrichter! Ich bin aus dem Dorfe Turn und heiße Suro Semen. Die Zeit der Orientierung rüdt heran, und da hat jeder Bursch im Dorf sich zu stellen, oder er muß nac­­­weisen, daß er ent­weder frans oder der einzige Halt seiner Eltern ist, wenn er befreit werden sol. Ich könnt’ schon einen ganz guten Soldaten abgeben, denn ich bin gesund und das Pulver tät ich auch nicht scheuen, aber ich habe eine alte, franke Mutter und vier unversorgte Geschtwister, die ich ernähren muß. 63 weiß das jeder im Dorf, ich hab's sogar ich war, auf weiß vom Leren Doktor und Pfarrer “und doch will’S mir weder Richter no Notar bestätigen.” „Und warum dies? Wie dürfen sie sich weigern, was euter heiligstes Recht und ihre Pflicht it?“ Die Orest m­it flammenden Bliden. „Sehen Sie, gnädigster, Herr Ober­­stuhlrichter, die­ Sache verhält sich so: Ich hab’ auch­­ ein herzig frisches Mädel — der Bursche errötete bis über die­n bei­ diesem Geständnisse — und diesem meinen Schoß hat unser Herr Graf nachgestellt. Ich habe ihn da­­bei erm­­ischt, wie er sie hat füllen wollen, und war nit faul und hab’ ihn über den Haufen geworfen, daß er die Füße gegen den Himmel gestreft hat. Da hat er mir Rache geschmworen, ich müßt zu den Soldaten. Der Richter und Notar halten zu ihm; er ist ja der hochmächtige Herr Graf und ich nur ein armer Bauernburich, und so verweigern sie mit die Unterschrift. Da hab’ ich mich in meiner Verzweiflung entschlossen, zu den Herrn Oberstuhlrichter zu kommen. „Habt ihr das Schriftstü­k bei euch?” fragte der­ Oberstuhlrichter, auf dessen Stirn die dunkle Wolfe noch stärker lagerte. Der Bursche zog aus feiner Brust­­tasche ein sorgfältig zusammengelegtes Papier heraus, das er dem Oberstuhl­­richter­ überreichte. Dieser nahm es und trat an eines der enter. Da stand es ja wirklich, wie es der Bursche berichtet, dat die Mutter alt und Franslih und noch hier­­um versorgte Gesch­wister da seien, die ohne des Bruders Hilfe zugrunde ge­­ben müßten, daß er ein braver Sohn sei und sonst auch ein müchterner, Fleißiger Mensch, dem man­ nur Gutes im Dorfe nachjagen könne, sind darunter Standen Doktor und Pfarrer unterschrieben. Der Oberstuhlrichter faltete langsam die Schrift zusammen, dann trat er an einen der Tische im Nebengemache. „Schreiben Sie dem Manne da den Befreiungsschein, Herr Oberkommiliar Naivaf, er Soll mit den anderen zur Bes­­tätigung an die Obergespanschaft ge­schieft werden.“ „Ihr werdet den Rad des Kaisers nicht tragen,“ wandte er ich dann mit gütiger Stimme zu dem jungen Bauern, „geht ruhig nach Hause und bleibt fer­­ner ein guter Sohn und Bruder.“ Der Bursche wollte sprechen, aber er fonnte nicht, Tränen stürzten ihm aus den Augen, er füßte dem Oberstuhlrichter die­ Hand und entfernte sich. — Der Oberstuhlrichter blieb einen Augenblic in der Mitte des Zimmers stehen, und sein flammender Blick über­­flog die Beamten und Schreiber. „Dieser Fall soll aufs strengste unter­­sucht werden,“ sagte er dann mit tiefster Entrüstung. „Herr Oberkommisssar Na­­waf, Sie werden ji morgen mit einer Gerichtskommission nach dem Dorfe ver­­fügen, und wenn fi die Sache ja­ ver­­hält, so wird dieselbe dem Ministerium unterbreitet und eine neue Richter- und Notarwahl ausgeschrieben. Ich will doch sehen, ob ih­m dieser Unredlichkeit und Gewalttätigkeit seine Schranken jegen kann.“ Er ging in sein Zimmer und schritt einige Zeit aufgeregt auf und ab, dann blieb ex vor dem Fenster stehen. „Es ist ein Kampf, der nicht enden will,” sagte er mit tiefen Schmerze. „Ich kann mit dem tüciichen, unsichtbaren Feinde nicht fertig werden. Ex ist wie ein fauler­­ Grund, der in Brand geraten ist: hier lösche ich eine Flamme, dort brechen zehn andere hervor.“ „Der Herr Adpofat­­ Josef Dresi, meldete in diesem Augenblich der dienst­­tuende Heidud. Durch die­­ offene Tür trat ein Heiner, alter Herr und­ blieb in der Mitte des Zimmers stehen. Kein Gruß von beiden Seiten. Der Ober­­stuhleichter blieb mit verschränften Yr­ 5­men an das Fenster gelehnt stehen, aber auch der Alte machte seinen Schritt bot­­wärts, während seine kleinen, freenden Augen huchbohrend an dem Antlite des Stiefsahnes hafteten. In diesem Ver­­hä­ltnis standen­­ zueinander, so unähn­­lich Sie sich auch sahen. Hoch, feit und stattlich die Gestalt des einen, Klein und zusammengeschrumpft die des andern. Das Antlit des jüngeren tar und energisch, das Abbild geistiger Kraft und Männlichkeit, das des andern aus lauter Falten und T­räh­chen bestehend, wie ein eng het­riebenes, zer­­m­ittertes Stüdf Pergament. © fein reiner Zug in dem Gesicht, Feine edle Zinne, alles hart, gemein und niedrig. Eine Weile war es ganz still im­ Bim­­mer, dann sagte der Oberstuhlrichter: „Was wünschest dur von mir?" „Ich will dich sprechen.” E war ! E i­­­n jedes deutsche Haus gehört die „Yedenburger Zeitung“. Sr 3 — Be f ( ee er) = \ Far: er

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