Oedenburger Zeitung, März 1924 (Jahrgang 56, nr. 51-75)
1924-03-01 / nr. 51
- 58,sqhkg.so1ge51.s« --:.T,« IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIEIIIIIIIII« HWUVWMYMPlaYZC HilasctmåtxszssabmevossonniundFeiertagesat jedesTuHngUbtuachm.UZUhr)z:-ir21usgabe. lIlIIIIIIL Ins-III-Instituts-sahst Unabhängige-politisches Tagblattsstkallestäude Samstag, den 1. März 1924. Anzeigen und Bestellungen wekdes in unseren Votwaus sowie auch im Stadtgeschäft Graben undofsangmomst Anruf:Schriftleitug Verwaltung 19,Geschäftgfb. Einzelblatt: K 600 Aus der Nationalversammlung. Graf Bethlen über die Nationalitätenpolitik. (Drahtbericht der „Dedensburger Zettung”.) Budapest, 29. Febr. (UTKB.) Die Nationalversammlung erledigte gemern den Geiäßentwurf betreffend den Gebrauch der Minderheitsfvrahen in den öffentlichen Nemtern. Im Laufe der Debatte ergriff Ministerpräsident Graf Bethlen das Wort und erklärte, daß es sehr unrichtig wäre, wen die ungarische Regierung in ihrer Politik davon ausginge, daß die Nachfolgestaaten ihre Verpflichtungen gegenüber den nationalen Minderheiten nicht einhalten. Das hätte seinen praktischen Wert und würde höchstens den Nachbarn einen neuen Vorwand bieten, um in ihrer Nationalitätenpolitik auf dem bisherigen Wege fortzufahren. Der Ministerpräsident erklärte, er wolle die frühere Nationalitätenpolitik nicht verteidigen, aber aus dem Umstande, daß Ungarn den Krieg verloren habe, könne noch nicht gefolgert werden, daß seine Rationalitätenpolitik falsch gewesen sei. Wenn die ungarische Verwaltung in der Vergangenheit Keller begangen habe, so hätten diese die Ungarn und Die Nationalitäten in gleicher Weise getroffen. Direkt der Wahrheit widersprechend seien Die Anschuldigungen, das Ungarn bestrebt gewesen wäre, die Nationalitätenn Unwissenheit zu erhalten. Im Gegenteil sei es eine Tatsache, da die Rumänen, Serben und Slomaten im alten Ungarn eine größere Kultur besaßen und weniger Analphabeten aufwiesen, als ihre Brüder jenseits der Grenze. Der Meinung gegenüber, daß die Dinge eine andere Entwillung genommen hätten, wenn Ungarn die Nationalitäten zur rechten Zeit mit Rechten ausgestattet hätte, müsse Redner auf Oesterreich verireifen, wo die Tschechen, Poten und so weiter mit Privilegien auf dem Gebiete der Verwaltung, des Kulturlebens und auf allen anderen Gebieten des Staatlichen Lebens ausgestattet waren. Und doch habe man Oesterreich zerstüdelt, und in erster Linie waren es gerade die Tschechen, die die Einheit des österreichischen Staates zerstört haben.Der Ministerpräsident erklärte schließlich, die Geseßesvorlage sei eine Notwendigkeit, weil in den bisherigen Verordnungen die Rechte der Minderheiten nicht so präzis festgehalten seien, wie es notwendig sei, wenn die ungarische Neigierung diese Verordnungen auch tatsächlich durchführen wolle. Ein großer Irrtum der früheren Nationalitäten ‚politis sei es gewesen, zu glauben, daß wer nicht gut ungarisch spreche sein Patriot frei. Man müsse den nationalen Minderheiten die Möglichkeit geben, Schulunterricht in ihrer Muttersprache zu erhalten. Die diesbezügliche Verordnung sei bereit bis zu einem gemilsen Grade durchgeführt. .+.— der Warenaustausc zwischen Ungarn und Sesterreich. Budapest, 29. Febr. Nach den statistischen Berechnungen des ungarischen Handelsministeriums betrug die An$= fuhr aus Oesterreich nach Ungarn im verfloffenen Jahre 147 Millionen Goldfronen (gegenüber den 158 Millionen Goldfronen im Jahre 1922). Dieser Ausfuhrrackgang ist darauf zurückzuführen, daß besonders von Baumwollstoffen, Papier und Papierwaren, appretiertem Leder, N Rohmetall, Eisenwaren, chemischen Hilfsmaterialien, Rohholz und aufgearbeitetem Holz wie auch von Wirfwaren österreichischer Provenienz bedeutend weniger nach Ungarn eingeführt wurde als im Vorjahre. Demgegenüber wird bei einigen anderen wichtigen Importartikeln aus Oesterreich eine geringe Steigerung konstatiert, so zum Beispiel bei Wollgern, Schafwollstoffen, Maschinen und Seidenstoffen. Die Ausfuhr Ungarns nach Oesterreich erhöhte sich von 127 Millionen Goldfronen auf 219 Millionen Goldfronen, in erster Linie infolge des gesteigerten Mehlerports. Nahezu 36 Prozent des Wertes der nach portierte Ungarn besonders Holz, Desterreich geleiteten Exportwaren entfielen auf Mehl, das sind 340.000 Meterzentner mehr als im Jahre 1922. Aus dem Burgenlande im Ribenschnitel und Pferdereden, der dahin geleitete Export umfaßte insbesondere Zucerrüben, Mehl, Ziegel, Hafer, ferner Schlacht und Zugvieh. Insgesamt entfallen auf die Einfuhr nach Ungarn mehr als 25 Prozent auf Oesterreich, dann folgt die Tichechosslowakei mit 24 Prozent, Rumänien mit 10 Prozent, Jugoslawien mit 3 Prozent. Der Anteil Deutschlands an der Einfuhr nach Ungarn macht 14 Prozent aus. An der Ausfuhr auslingearn partizipieren der österreichische Meartz mit Prozent, die Tichechoslowakei mit 11,7 Prozent, Rumänien mit 81 Prozent, Jugoslawien mit 6,6 Prozent. Außer Desterreich, der Schweiz, Italien und Großbritannien zeigt die Partizipation der übrigen Staaten an der Ausfuhr aus Ungarn eine starf sindende Tendenz. Konferenz der Nachfolgestaaten. Budapest, 29. Febr. „Uj Nemzedek“ erfährt an zuständiger Stelle, daß es im Frühjahr, Trängsten, aber im Sommer zu einer gemeinsamen Konferenz der Nachfolgestaaten mit Ungarn ‚zuweil ® Regelung verschiedener, diese "Staaten betreffenden Fragen kommen soll. ..e Der Sturz des belgischen Kabinetts. Paris, 29. Febr. Der „Temps“ berichtet aus Brüsfel, daß der Eindruck, den der Sturz des Kabinetts Theunis hervorgerufen habe, sehr tiefgehend sei. In geeissen parlamentarichen Kreisen hoffe man immer noch, daß Theunis, wenn die andern Kombinationen scheitern sollten, die Bildung des neuen Kabinetts wieder übernehmen werde, doch scheint wenig Aussicht zu bestehen, daß Diese Hoffnung sich verwirklichen werde, da Theunis feit entschlossen it, das Kabinett nicht wieder zu übernehmen, das Geheimnis der russischen allgemeinen Mobilisierung der Kriegsausbruch und die Kriegsschulditnge. Bon Prof. Stefan Bägi. II. fehles vielleicht das Gewissen der Rusen geregt hat, aber weit gefehlt, denn ı. Als im Jahre 1912 von allerhöchster russischer Seite den Militärbehörden bekanntgegeben wurde, daß die allgemeine Mobilmachung gleichzeitig Die Kriegserklärung gegen Deutschland und Die Monarchie bedeutet, wurde von den niedrigen Militärbehörden, die genau mußten, daß die Schlagfertigkeit der russischen Armee noch nicht Die Höherreicht hat, um im Falle der allgemeinen Mobilmachung auch sofort mit der Eröffnung der S Feindseligkeiten zu beginnen. Die Aufhebung dieses Befehles, der tatsächlich für ein nicht fertiges russisches Heer eine große Gefahr war, gefordert.Besonders der Warschauer Bezirkskommandant General Staliw arbeitete für die Aufhebung des Befehles, und die im November 1912 in Petersburg abgehaltenen militärischen Beratungen nahmen auch Stellung gegen diesen Befehl. Der Zar gab am 26. November 1912 seine Zustimmung, daß in Zukunft das Telegramm über die Mobilmahtungserklärung nit als allerhöchster Befehl zur Eröffnung der Kriegsoperationen anzutiehen ist. Man würde glauben, daß ich, bei der Aufhebung dieses ungeheuerlichen Be- Ein Ereignis größerer Bedeutung! (Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung”.) London, 29. Febr. Die Demission des belgischen Kabinetts wird hier als ein GreianiS betrachtet, dem mit Rücksicht auf die bevorstehende Entscheidung in der internationalen Politik größere Bedeutung zusomme, als dies meist bei einem Negierungsmechsel der Fall sei. Wenngleich die englische Presse die größte Vorsicht beobachtet, wird doch die Hoffnung deutlich zum Ausdruck gebracht, daß das neue Kabinett eine größere Selbständigkeit gegenüber Frankreich bemessen möge. Protokoll der Militärkommission, die sich mit dieser Frage beschäftigte, steht folgendes: „Die Anordnung, daß die Verfündung der Mobilmachung auch die Verfündung des Krieges ist, muß notwendigernweise aufgehoben werden. Eine solche Anordnung kann zu groben Mißverständnissen in den Beziehungen zu denjenigen Medhien führen, mit denen auf Grund Dieser oder jener politischen Umstände Krieg oder die Eröffnung der Feindseligkeiten wenigstens nicht gleich von Anfang an beabsichtigt ist. Andererseits Fanıı e3 fi als vorteilhaft erweisen, die Konzentrierung zu vollziehen, ohne die Seindseligkeiten zu beginnen, damit dem Gegner nicht unwiderruflich die Hoffnung genommen wird, der Krieg könnend vermieden werden. Unsere Maßnahmen müssen hierbei durch diplomatische Scheinverhandlungen massiert werden, um die Befürchtungen des Gegners möglichst einzuschläfern. Wenn derartige Maßnahmen die Möglichkeit geben, einige Tage zu gewinnen, so müssen sie unbedingt ergriffen werden.“ Man sieht also, da der Befehl nicht deswegen aufgehoben wurde, weil dur ihn eine eminente Kriegsgefahr entstand, sondern deswegen, daß man den Gegner noch im rechten Augendliche täuschen wollte, um ihn desto aussichtsvoller überfallen zu können. Der Befehl wurde tatsächlich nur formell außer Kraft gefeßt und man versteht jeßt, warum Die Nuffen bei Kriegsausbruch nach ihrer allgemeinen Mobilmachung die Verhandlungen mit Deutschland und der Monarchie weiterführten, bi ihnen die Kriegserklärung Deutschlands diesen Trumpf aus der Hand schlug. Im Jahre 1912 wurde noch eine wichtige Neuerung zur Kräftigung der Schlagfertigkeit der russischen Armee eingeführt, und zwar die Kriegsvorbereitungsperiode. Rußland hatte erkannt,das es den anderen europäischen Armeen im Falle einer allgemeinen Mobilisierung immer nachstehen werde, weil in Rußland infolge der ungeheueren Distanzen, dann wegen des Dürftigen Bahnsees, besonders im Osten des Reiches die Vorarbeiten der allgemeinen Mobilisierung, dann selbst umfassende Maßnahmen der eigentlichen Mobilmachung Wochen in Anspruch nehmen werden, welche Maßnahmen in den westeuropäischen Staaten Stunden, höchstens einige Tage in Ansprush nehmen. Um also den Vorsprung Deutschlands und der Monarchie irgendwie auszuschalten, verfiel man auf den Gedanken der Kriegsvorbereitungsperiode, welche eigentlich nichts anderes war, als eine geheime Vormobilmachung. Im russischen Reglement steht über die Kriegsvorbereitungsperiode folgendes: „S Kriegsvorbereitungsperiode nennt man die der Eröffnung der Feindseligkeiten vorausgehende Periode diplomatischer Verwiclungen, in deren Verlauf alle Behörden die notwendigen Maßregeln treffen müssen für Vorbereitung und Sicherstellung des Erfolges bei der Mobilmachung des Heeres, der Flotte und der Festungen, sowie für den Aufmarsch der Armee an der bedrohten Grenze.“ Heute twilfen wir, daß die Kriegsvorbereitungsperiode nichts anderes war, als eine geheime Mobilisierung, um vie weit im Reiche verstreuten Heereskörper näher an die westliche Grenze zur bringen ,und daß in der Kriegsvorbereitungsperiode unter dem irreführenden Dedfnamen in den Grenzkorps die Mobilmachung durchgeführt wurde, und daß in den Grenz- Dechmantel von Mandvern zur Sicherung der Mobilmachung Stellungen zu beziehen sind. So wurde es möglich, daß bei der Verfündung der allgemeinen Mobilmachung weit mehr al 40 Divisionen kriegs- und abmarschbereit an der Grenze standen. Durch die Einführung dieser Kriegsvorbereitungsperiode, die militärisch unbedingt als genial zu bezeichnen ist, wurde Rußland zu einem fürchterlichen Gegner, weil die schneller mobilisierte D deutsche und österreichisch-ungarische Armee die russischen Grenzkorps wo vor dem Eintreffen der östlichen Verständungen nicht mehr schlagen und vernichten konnten. Dieser Kriegsvorbereitungsperiode verdanfen die Mittelmächte eigentlich ihre Niederlage, weil eben wegen der Kriegsvorbereitungsperiode die Russen frühzeitig mit sehr großen Kräften in Ostpreußen einbrachen, und darum Kräfte vom Westen nach Osten überführt wurden, die dann an entscheidender Stelle in der Marneschlacht gefehlt haben, und so der grandiose Schlieffenische Plan zum Scheitern gebracht worden ist. Im Jahre 1913 arbeitete Burkland fieberhaft an der Vergrößerung der Armee und es wurde eine außerordentliche Heeresvermehrung vorgenommen, so daß im Sommer 1913 das Rekrutenkontingent um 136.000 Mann erhöht und dadurch die Friedensarmee im Sommer 1914 einen Stand von 1,581.000 Mann, im Winter 1914 aber einen Stand von 1,981.000 Mann erreicht hatte, ihren Bahnhofanlagen vergrößert, dann wurde Außerdem wurden die Strategiegebieten unter dem Sl se ee Tem + a ee ·