Oedenburger Zeitung, März 1933 (Jahrgang 66, nr. 49-73)

1933-03-01 / nr. 49

IIlIIIIlllIIlIIIIIIlIIIIlIIlIIlIIIIIistIIlIIIls-sllllllllllllllllllllig.tII Verwaltltng:Oedenb11rg,Deåkplatz56,Unruf:19. UnzeigensundUbonnementsszlnnahmeBezugsprei5: Ulonatlich2.80pengö(samtzustellungin5Hau5). Tauvlanfår 66. Jahrg. Folge 48. ‚Mittwod, 1. März 1953. Ginzelblatt: 12 Heller. Ullllllllfllllllllkslllllillllllks sllkSlslllllc Schriftleitung:Oedenburg,Deåkplatz56,21nkuf:19. GelangtmitUuSnahinevon-Sonn-undFeiertagen täglich nachmittags 5 Uhr (15 Ubr) zur Ausgabe. das Berliner Neidhstagsnebäude in Slammen. Ein holländiiher Kommunift als Brandftifter dverhnitet. Berlin, 238. Febr. Das Reichstags­­gebäude jteht im hellen Ylammen, Yus ganz Groß-Berlin werden die Feuer: wachen zulammengejogen, um den Brand zu befümpien. Es ijt bereits feitgeitellt, dag Branditiftung vorliegt. Das Feuer | brach in der zehnten Abenditunde an vier verihiedenen Stellen des Reichstags: gebäudes plößlich aus, Beim Eintreffen der Keuerwehr jtand der große goldene KRuppelbau des Reichs­­tagsgebäudes im hellen. Slammen. Ueber die ganze Umgebung ergoß fi; ein Sprüh­­regen von unten. yeuerwehr und Polizei drangen in das brennende Gebäude ein und hier gelang es, einen Mann feit­­zunehmen, der unummunden die Branditiitung zugab. Er erklärte, der niederlänbiihen KRommu­­nijtenpartei angugehören. Der Branditi­­ter wurde unter jbarfer poligeilücher Bes dedung auf die Wache beim Brandenbur­­gertor gebradit. Die Wbiperrungsmaßnahmen werden außerordentlich streng gehandhabt, Du man im Gebäude noch andere Perjonen vermutet, die mit der Branditiltung im Verbindung jtehen. Das Reihstagsgebäu­­de darf nur von Polizei und Feuerwehr betreten werden. Gegen 10 Uhr abends bildete Die ge­­jamte Kuppel des Reichstagsgebüudes zwiichen den vier Türmen ein einziges wo­­gendes Klammenmeer. Auch die gejamte Ditjeite des Gebäudes jteht in Flammen, Es it faum damit zw vechnen, dag. wejent­­liche Teile des DOfttraktes werden erhalten werden fünnen. Die Feuerwehr Hat größte Schwierig­­feiten, mit ihren Leitern an die Brand­­berde heranzufommen, da fie feine Möge lichleit befißt, in den Hohen Gemwölben des Haujes Leitern anzulegen. Es wur­­­­den 30 Brandherde in verichiedenen Tei­­len des Hawles gefunden. Man befürdtet jeden Augenblid den Einjturz des Ruppel­­bauss. Es hat fi herausgeitellt, Daß’ nod jfieben bis acht weitere Brandherde in Ge­­halt von Venzinflajchen vorhanden find. Man rehnet jegtmit 20 bis 30 Brandherden Die Täter müllen austeihend Zeit gehabt haben. Sim Reichstagsgebäude befanden fi; abends faum noch andere Perjonen außer den Mächtern, da die Beamten des Haujes ihon früher weggegangen waren. Der verhaftete Täter befigt einen hol­­ländiichen Pak und Nusweispapiere der niederländiihen Kommuniftenpartei. Er hat bei der eriten Vernehmungg jofort ein Getändnis abgelegt. Den vereinten Anjtrengungen der Feuerwehr gelang es ihlteklich, den Brand auf den Hauptherd zu beichränfen. Bei dem im Gebäude feitgenommenen Birand­­itifter Handelt es fih um den holländilchen Rommuniften van der Qübbe. Die bisher vorliegenden Nahrichten über die, Entjtehung der Brandfataitrophe führen zu der Vermutung, daß es ih um eine fommunsitiihe Aktion Handelt, die als „Propaganda der Tat“ zw bewerten wäre, da eim unmittelbarer politilcher Zwed diefes Verbrehens nicht zu erfen­­nen it. Da nicht weniger als dreißig Brandherde feitgeitellt wurden, ift mit Gewikheit anzunehmen, dak es fi nicht um die Tat eines einzelnen handelt, jon= den um eine wohlveorbereitete Berihwörung. Berremdend wirkt es, das dieje planmäkige Branditiftung troß der jtrengen Ueberwahung des Haufes an vielen Runften erfolgen fonnte. Subiläums-Kirtag Des Yedenburger Fitherbundes. Dedenburg, 28. Febr. Luftig und fidel ging es auf dem mit einem Masfenrummel verbundenen Subiläums-Kiritag zu, welden der Oedenburger Zitherbund anläplich jei­­nes Adjüährigen Beitehens Sams­­tag abends in den Heitlüch gejchmüdten Tanzräumlichfeiten des Ralinos arrangiers te. Unten den Klängen der Sugendhort­­mulifiapelle z0g die „Gmoa“ im den! gro- Ben Saal ein, gefolgt von den Groß- und Kleinbauern, Gwf- und Kleinbäuerin­­nen,, jchneidigen Burjhen und feichen DirndIn, Anechten und dem Gfindl jowie vieler Iujtiger Masten. Der „Buaga­­majta“ (Eijenbahnbeamter Iohann N eu: bauer) beitieg eine jhön deforierte An­­höhe — die mit der Ziffer „40“ geziert war — und richtete an die Bejucher des Subiläums-Riritags eine mit Humor durhwobene Begrüßungsanipradhe, Die große Heiterkeit auslöfte Der „Buaga­­majta“ richtete am Ende jeiner Anjiprache an den „Klowrichter‘“ (Wifton Dunit), an die „Gihwurnan“ (Sojef Dorner, R. Lichtl), am.den „Omoafrigler“ (RK. Rei­­ward) und an den „Nahtwachta‘ (Ed­­mund Hoffmann) die Aufforderung, bar­­auf zu arhten, dag auf dem Kiritag Drde nung herride und „net grafti wird“, wie dies am Kiritag üblich ift. Sodann wurde der „Gmoa-Malzer“ getanzt, welchen der Erbgrofbauer Schneewiejer (Präjes des Zitherbundes Sojef Schabely) mit einer vefoluten „Bäuerin“ eröffnete. Lärmend und jodelnd, Kahend und täne zelnd, erjchienen Hernach 16 jtramme „Buam“ und 16 jaubere „Dirndln“ im Saal und führten unter einem mädtigen, mit bunten Bändern geihmüdten Mai­­baum den „Salzburgen Schuhplattler- Bündertang“ auf, der riefigen Beifalls­­fturm auslöjte. Den maleriihen Tang, von Tanzlehrer Karl Trittnammel ein­­ftudtert, führten folgende Damen und Hermen auf! Gretl Kraly, Manch Molnar, Margit Tremmel, Sophie Lagler, Vilma Szebedits, Alexandra Pruziingiy, Linesi Preis!, Betty Dorner, Nözfi Hideg, Anny Preis, Gretl Pater, Lory Groß, Lily Raker, Margit Töpfl, Gifela Leyver und Margit Geiftlinger; Karl Lihil, Edmund Hoffmann, Guftav Röhl, Franz Szebe­­dits, Iofet Thirring, Viktor Durft, Mi- Hael Leyver, Johann Yarkas, Michael Chey, Franz Kurz, Yranz Preist, Gyuri Koväcs, KRoloman Reinhardt, Andreas Lagler, Gottlieb Brudnen und Rudolf Steiger. Zum Tanz, welder dann für alle Be- Tücher. folgte, jpielte die ISugendhortmufik­­fapelle alte und neue Meifen, nad) denen die - Gmoa-Mitglieder, die Buam und Dirndf jowie die bunten Masten im der gehobenjten Stimmung bis zum Miorgen­­grauen tanzten. Won den jhöniten Mas­­fen gelang es folgende zu notieren: Migzt Perge (Dirndl), Elije Kreti (NRotkäpp- Ken), Marie Haas (Holländerfnabe), Io­­lan. Ianzis (Rofate), Hermine PRöltl (Stu: benfägchen), Luije Schabely (Spanierin), Helene Bugzolits (Türfin), - Gretl Trem­­mel (Dirndl), Irene Ianzjo (Iodey), An­­ny Ctippinger (Csitös) life Göfchl (Dirndl), - Elije Etubenvoll (Steirerbua), Sophie Leitner (Ungarin), Marista Sans 316 (Türkin), Mizzı Stippinger (Pierret­­te und Margit Romper (Baby). Unter den Masten befand fich auch eine zierliche, nedilche Steiverin, deren Namen jedoch nicht zu erforichen war, nahivem die holte Masfe vor der Demastierung die Unterhaltung verlieh. In den Nebenräumlichfeiten waren verichiebiene Zelte aufgeitellt, wie man-Jie auf Kinhweihfeiten findet. Es gab da ein Lebzeltergelt, im welchem fleine und große Herzen oder Honigbuflerim zu haben waren. In einem Zelt, welhes «als „Standesamt“ bezeichnet wurde, fonmten ih Heinatsluftige trauen Tajien. Diejes Amt verjiah mit Würde Alerander 2Lag­­ber, der es ausgezeichmet: veritand, jal­­bungspolle Reden zu halten. Er trennte auh „unglüdliche Chen“, wenn dies verlangt wnd bezahlt wurde. Und wenn jemand mit fi und mit dem heutigen Verhäktnifen unzufrieden war, bonnte er ih in der „Gifthütte“‘ einen Raufy an­­trinden, daß en alles vergak, jelbit das Bezahlen der genofjenen „Gifte“. Zur allgemeinen Gemütlichfeit trugen natür­­lich auch die „OftangIn“ und „Lieder“, welche Chrenpräjes Alexander Freund- Marköd auf der Qaute (von feinem Sohn Fredy auf den Violine beqleitet) im der großen Tanzpaufe zum Beiten gab, bei. — Die Veranftaltung, welder auch meh­­vere illujtre Gäjfte beiwohnten, ftand unter dem Hauptarrangemend des Herinm Ernit Mühl dem Guftan Rich jun. jowie viele andere Mitglieder des Zitherbundes tatkräftig beiftanden, und jomit das Gelin­­gen des Jubeläums-Riritags fihenten. Fran Kittfe freigeibrochen. Budapeit, 28. Febr. Der Budapeiter Staatsgerichtshof Hat geitern mittags im Prozer gegen Frau Roja Littfe, die beihuldigt war, den Hauptmann Rwit­­fay ermordet zu Haben, das Urteil ver­­fündet: die Angeklagte wurde Freige­­jproden. . Sn der Urteilshbegründung heikt es, die Behauptungen der Anklage hätten fick im Laute des PBrozejles ais nicht ftihhältig erwiejen, es beitünden feine Anhalts­­punfte für einen Anjhlag der yrau Littfe gegen das Leben Ruttfays oder eines jei­­ner Angehörigen, ferner jei erwiejen, dab Hauptmann Ruttfay vor zublxeichen Zeugen feine Selbftmordabfichten geäupert | bat. Die Tatjahe, da Frau Littfe jich frz vor dem Tode des Hauptmannes in ihrer Wohnung im Scheibenichiefen übte, jet zwar eine verwerflihe Nadläffigkeit, fönne jedoh nicht als Generalprobe für die Ermordung eines Menjhen aufgefaht werden. Die Begründung des Gemats ihliegt mit den bemerfenswerten Cäten: Die Angeflagte Hat den Hauptmann Ruttkay nicht ermordet, ihn nicht einmal zum Gelbitmord veranlagt. Co ijt fie zwar nicht mit der Rechtsordnung in einen Konilift geraten, dagegen mit der mora­­lichen Ordnung, da ihr Verhalten eine der Haupturjachen gemwejen ift, die den Hauptmann in den Tod getrieben haben. Se. Saltnadht. (Zum 28, Februar.) Zum Wein der Karnevalsvergnügun­­gen wird heute pridelnder Sekt jenpiert, der die Seiter toll jhäumen, manchmal aub überihäumen Tägt. Mohlauf denn! ’s it doch der „Dorke-“ oder „Torfeltag“, wie man im einigen Gegenden Deutich­­lands bezeichmenderweile jagt, und man muß auch an das altdeutihe „Sajenacht“ gleich Fajelnacdht denken, um die mander­­lei Lujt und ausgelafjene Freude zu ver­­itehen, die gerade am Yaltnachtsdienstage die Gemüter bewegt. Tan; und Mume menichang find am „Salj’labend“ jeit als tersher beliebt. Die Nürnberger Hatten ein von den Zünften ' veranitaltetes „Schönbartlaufen“, die Münchener hatten das Privilegium des „Mebgeriprungs“, die Böttcher dortjelbjt amüfieren fih und andere durh den „Schäfflertang“, und jelbit die rheiniihe Kloitergeiitlichfeit be­­ging von jehen ihren „Faftelabend“ durch allerlei drollige Vermummungen. Bei Faltmahtsumgügen wurden und werden au jest no in manden Gegenden Spen­­den gejammelt; diejes Gabenheilchen bei lolhen und ähnlichen Gelegenheiten ift ja ein uralter, * deutihen Braud. Im der Gegend von Ofterrode Holen fih die gro­­tesf verfleideten Jurnggejellen möglichit viel — befrängte Bratwürjte, und im hu­­moriltiichen Verjen pocht man dabei auf ein altes, gutes Redt: „Unjere vorigen Alten haben’s jo gehalten, haben’s uns befohlen, win jollten uns eine Bratwurit holen, wär’s feine Bratwurft, jo wär's ein Stüf Geld, was uns Brüdern auch ge­­fällt.“ Neben den Yaltnadhitsbrezeln und den PBiannkuchen fennt man in Deutich­­land auh Haldingskrapfen, Krüöppel, Hormaffen, Haltefühle, Faltnachtsährle, Heedeweden und anderes Tyeitgebäd. Es iit wohl feim Zweifel, daß die fidele Haltnaht auf ein altgermaniihes Yrüh­­lingsfeit zurüdgeht, an dem unjere Alt vorderen der wiederfehrenden Conne ent­­gegenjauchzten. Man wollte uriprünglic nur der allgemeinen Freude an der all mählih erwadenden Natur Ausdrwf ge­­ben. Aufj diefe Meije lajjen fi vielleicht die immergrünen Stehpalmen, die „Sa­­itenitwäuche‘‘ deuten, mit demen fi Bur­­ihen und - Mädchen, zum Beilpiel im Schaumburgiichen, unter Scherzworten ge= genjeitig jchlagen. Der berühmte altdeut- Ihe Schimmelweiter, hinten dem fih MWiotan verbirgt, geht auch zu Faftnacht um, aber man fündtet ihn wicht, jonderm ahmt ihn in Tujtiger Weife nach, indem eim Burjche ih möglichjt funjtwoll als Pers mit einem „KRlappmaul“ verkleidet. Daß Faltnaht auch als eine Art Yrühlings­­feit im alterv Deutichland galt, bezeugt uns u. a. die Meltchronif Sebajtian Srands, wo von einem feurigenRade berichtet) wird, das man gegen Abend bergab laufen ließ, und „das gleich anzujehen..., als ob die Sonne vom Himmel lief“. Exit mit dem teigenden firchlichen Einflufje befam der legte Tag vor der Haitengeit den Charaf­­ter des Abichieds, da es ja Ihoen vom fol­­genden Tage an hieß: Carme vale, d. i. leiich, leb’ wohl! Aber umjo ausgelaj­­jener gejtaltete fi eben diejer Yaltnadhts­­abichied. Wie heikt es oh? Mas die Melt morgen bringt — — heute it Heut’!

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