Oedenburger Zeitung, Dezember 1933 (Jahrgang 66, nr. 273-296)

1933-12-01 / nr. 273

Se-ite2.—N«r-.273. .»,—.«,- »W- Sa FETTE BEREITETE »O-I—«’ «t-«-. « --« . 2 Dedenburger Zeitung Das „ELITE-MOZGÖ* meldet mit ftolzer Freude, daß es wieder gelungen ift, den fchönften Dezember an das prachtvolle, alle Kerzen Film aller Zeiten zu erwerben! Wir führen vom 1. bezwingende Filmfingfpiel: „beise Hiehen meine Lieder” der Liederfürft Franz Schubert. vor, das Willy Forft infzenierte. — An der Spitze der Bauptdarfteller ftebt "Martha Eggertb mit ihrer pbänomenalen Stimme. Im Mittelpunkt der Handlung Im verfchwenderifch ausgeftatteten Film klingt bis zum Ende Mufik, ewigfchöne Melodien, die wir auch taufendmal gern an­­bören würden! traktionen umwoben: 1. Das feffelnde, intereffante Thema wird von mufikalifcben At: „Leife fleben meine Lieder“, Röslein rot“, gefungen vom Wiener Sängerknabenchor, 3. B-Moll:Symphonie, gefpielt von den Wiener Philharmonikern, 4. 2. „Röslein, Röslein, Wiener Opernchor. „Ave Maria“, gefungen vom Die äußeren Filmaufnahmen wurden in Ungarn, die Jnte= rieuraufnabmen aber im Wiener „Safcha“-Filmatelier gedreht, wo es am beften gelang, die Wiener Stimmung, die dem Film fo eigen ift, wiederzugeben Die jranzöfiichen Erborteure ftellen Die Schrotlieferungen nad deutihland ein. Mie Aus Berlin wird gemeldet: gemeldet wird, haben die Frangöfiichen Großhändler und Erporteure von Schrot aus Gründen der nationalen Snterejjfen beichlojjen, die Ausfuhr von Schrot nad Deutichland- einzuitellen und auf deutjche Ss Kauivorjchläge nicht mehr zu antworten, da die Schrotmengen der deutihen Yabri­­fation von Kriegsmaterial dienen wür­­den. Re 5 di * i Genen die Heberhandnahme der Maftihweinzucht in Yehterreich. Aus Wien wird berichtet: Die öjter­­reichiiche Regierung erlieg unlängjt eine Verordnung, nah der die Zudt von Maitichweinen in größeren Mengen nur mit bejonderer Grlaubnis der Regierung gejtattet jei. Zu diejer Angelegenheit er­­fahren. wir: Die Majtichweinezugt in Deiterreich erfuhr in leßter Zeit jolhen Aufichwung, dab der Markt, wenn man die Kontin­­gente us Zugojlawien und Ungarn, die Deiterreih nah den - Verträgen überneh­­men muß, Dazwrechnet, bei weiten nicht imitande ijt, diefe Mengen aufzunehmen. Der Viehhandel in Deiterreih Hat fich ichon des Weberjlufies an Maftihweinen angenommen, er fauft fie zu billigen Preilen auf und bietet fie im Auslande an. Für die Kontingentpartner Deiter­­reichs ergibt fih nun diejelbe Qage, wie unlängit mit dem ungariichen Weizen, in Deutichland, als die deutjchen Käufer, die das ungariiche Getreide nur zu dem Zwede einfauften, um eingefrorene Kre­­dite foder zu machen und Inödujtrieer­­zeugnilfe nach Ungarn erportieren zu Eön­­nen, den ungariichen Weizen zu Sihleu­­derpreifen auf den internationalen Markt beachten und jo die Preife für ungarijches Getreide niederdrüdten. Ihren Bedarf an Jämtliden photo» graphiigen Artikeln für die gefamte Rh“ tographie und deren verwandten Fächern deden Sie am beiten bei der älteften Löwen-Drogerie Franz Müller, Grm: benrunde 52. Sie erhalten dort mtr eritklaffige Artikel, die allerreiniten Che mifalten, nur frifhe Tlatten und Bar piere, ferner bereitwilligit alle Ratichläge und Yustünfte. die Kindesleihe im Fah. Aus Wien wird berichtet: Die Gat­­tin des Geldbrieiträgers Schneider fand in ihrer Hütte in der Schrebergar­­tenhüttentolonie „Eiparjette“ in Meidling die Leiche eines neugebornen Knaben, die in einem ah verjbeht war und ein Stüd Handtuch - um den Hals gewidelt hatte. Der Neugeborne war erdroffelt worden. Am Munde des Kindes fand man Giras­­büjcheh, — Die Erhebungen leitete Rolizei­­fommiljär Dr. Otto Heger. Da befannt war, daß der Sohn des Geldbriefträgers mehrfache Verhältnijje unterhielt, tauchte |der Verdacht auf, da die Kindesmüörde­­rin vielleicht eine feiner Geliebten jei. Schneider wurde nad jeiner legten Bezie: hung befragt. Er nannte die 26jährige Hilfsarbeiterin Paula Breit. Sie wur: de einvernommen und geitand, daß jie die Mutter und die Mörderin des Kindes jei. Sie hat fih nadts in die Schrebergarten­­hütte geihlichen, dort das Kind zur Welt gebradht und es jofort erdrofielt. Paula Breit wird nah Mbihluß der Erhebungen dem Inquilitenipital übergeben werden. * Kannibalismus in Belaiih-Rongo. = Ymiterdam, 30. Nov. In Belgiicd- Kongo find die Behörden mit der Aufflä­­rung geheimnisvoller Mordtaten bejchäf­­tigt. Es handelt fih um 80 Morde, ver­­übt dur Eingeborene, die fich in LQeopar­­denfelle gekleidet hatten und als Qeopar­­denmenjchen auftreten. Acht jolcher Leo­­pardenmenjhen wurden zum Tode, zwei. zu je 20 Iahren Zwangsarbeit verurteilt. Die anderen Fälle werden noch erhoben, Iedem Mord Holgte ein Feitmahl, mobei Menihenileiih verzehrt wurde. Leopar­­den, Löwen- und Tigermenjchen find dem Ethnehogen wohlbefannte jeltiame Er- Iheinungen. Gemwilje PRrimitive glauben, durch das Anlegen eines Raubtierfelles ih in das betreffende Raubtier zu ver: wandeln, und begehen als „Raubtiere“ die furcchtbarjten Morde. So berichtet der Franaoje Leny-Bruhl über dieje Raubtier­­menjchen. FCREITEET TOTER FW BE: Fe BEER: 2; Freitag, 1. Dezember 1933. „APOLLO“ Spezialgeschäft für Chemikalien, Pariümerle- und Krankenpflege-Artikel. GRABENRUNDE 121, gegenüber dem Hotel „Pannonia‘“. Kammwaren, Rasisrkliugen: — Nährartikel, Desinfektionsmittel, Gummiwaren, Irrigators, Verbandzeug usw. Säuren, Glyzerin, Salmiak usw. Nikolo- und Weihnachts-Geschenke I sind in bester Qualität erhältlich. Kosmetische Artikel, Seifen, Manikürkästchen, ERÖFFNET! Kleine Nachrichten. Aus Budapejt wird berichtet: Nach pri­­vaten Shäßungen wurde heuer infolge der niedrigen Weizenpreije ein um 5 Bro­­zent Heineres Areal mit Weizen bebaut An Stelle des Weizens namentlih Deljaaten, ange: Die Wiener Wirtihaftspolizei hat den TIheateragenten Biltor Roman, den ehemaligen Schaufpieler Leo Deutid und den Verleger Ferdinand Mayer­­bofer, die im Iahre 1932 den Danubia- Verlag gegründet haben, in Haft genome men. Der Berlag it zufammengebroden, da einer Schuldenhaft von rund 35.000 Etilling außer der Konzejjton und einem ganz geringen Mufifalienperrat feinerlet Aktiven gegenüberjtehen. Der Danubia- Berlag hat namentlich die junge Dihter­­und Komponijtengenerationen dadurdh Ihwer geihädigt, dag den Künjtlern, Die fich auf verlodende Reffameangebote mel­­deten, Drudfojtenbeiträge bis zu 500 Chilling bar abverlangt wurden, für die jedoh eine Gegenleijtung nicht erfolgte. Blättermeldungen zufolge joll das ölterreihiihe Kinanzminiiterium bereit jein, probeweije die Bieriteuer herabzu­­jegen. Man rechnet damit, dab, wenn gleichzeitig jowohl Brauereien als au Galtwirte Nahläfe von ihrem Nuten und Zwilhennußgen gewähren, eine größere BVerbilligung im Bierausihant und damit eine Hebung des Bierfonfums erfolgen fönnte. Der Miener PVizebürgermeilter Em merling ijt in Budapeit eingetroffen, um das bei der Budapeiter Straßenbahn ein­­geführte KRurzitredeniygitem zu jtudieren. In der Nähe von Natow (Rolen) wurde ein Kaufmann mit jeinem Gejpann von Wölfen angefallen, die. zuerit über die Pferde und dann, als dieje durdgin­­gen, über den vom Wagen » berunterge- Ihleuderten Kaufmann. herfielen. Er fonnte nur dadurd gerettet werden, daß zwei Soldaten hinzufamen und den einen Moif erlegten, worauf die anderen Die Flucht ergriffen. Die Prager Bolizeidireftion hat dur Maueranihlag Ffundgemadt, daß auf “ Grund des Beihlufies der Regierung vom 11. November über die Auflöjfung der Nationaljozialijtiihen Partei alles be: wegliche und unbeweglidhe Vermögen die­­jer Partei in Prag beichlagnahmt wird. — Die Verbreitung der Velhagen- und Rla= ing Monatshefte in der Tichehojlowatei wurde bis 31, Oftober 1935 verboten. — Glofien. Studentendemonjtrationen im Früh: jahr Studentendemonjtrationen im Herbit. Studenten, weil man ihnen eingeredet hat, es gebe feine Minderheitenfrage in Ungarn, wer davon jpricht "als im Vorjahr. wie _eS5 werden die gewinnbringenden. Indujtrie- Profi. Bleyer getan hat — jei ein Hodver: | ‚ pflanzen, Obzwar von diejer Yrage — ob baut. räter. fie nun beiteht oder nicht beiteht — das Schikfal der Studenten fat gar nit beeinflußt wird, Haben gewilje Zeitun­­gen, die jogenannte Ringprefie, es unter­­fafjen, die Studenten darauf aufmerfam zu machen, Daß es ihre Aufgabe ijt Ter­­nen, lernen und. wieder lernen. Dieje Zeitungen haben die Rolle des Moralpres digers abgelegt und mande konnten ihre belle Freude über die Demonitrationen faum unterdrüden. — Im Herbit haben die Studenten wieder zu demonitrieren begonnen, nicht wegen irgendeiner polis tijch-theoretiihen Frage fjondern weil jie das Gefühl baben, ihre eigene Zufunft jei ganz und gar unficher. Diesmal riche tete fih ihre Demonjtration auch gar nicht gegen einen einzelnen, jondern gegen ihre wirtjchaftlich Starken Konkurrenten. — Und obzwar es fih diesmal wirflid, um. eine uteigene Afademiferftage han delte, hat die gleiche Ningprefje, die fich im Frühjahr in die Fäufte gelacht Hat, plöglihh ihre Moraltogn aus dem Kajten geholt, um die Jugend zu belehren: Pro­­bleme find nicht dazu da, um von ihr ge: löjt zu werden, fie möge. lernen, lernen und wieder lernen. Woher diejer plößliche Gefinnungswandel? — Diesmal geht es eben nicht um die Haut eines dritten, jon­­dern um die — eigene, At. Autobus nad) Wien. Täglich; ab Sopron (Hotel ‚Bannonia“ 7.20 Uhr, ab Wien l., Schwarzenbergplat 1. täglich 19 Uhr. Ab Wien Sonn und Feiertags 19 Uhr. Fahrlarten und ermäßigte TourRetour­­farten bei der Fremdenwerkehrstanglei, Srabenrunde 44, beim Portier des Hotels „Pannonta“ und in der Papterhandlung Blum, Autobus Wien— Budapeft. Täglich ab Mien I, Schwarzenbergplag 1, 7.30 Uhr, 13.30 Uhr und bis auf weiteres 16.15 Uhr. Fahrpreis Schilling 2.—. Im Frühjahr demonitrierten die | Yu Diit Inie ein DBumder. Ronan von Anny-b. Banhuys. Copyright by Martin Feuchtwanger, . Halle (Saale) Nur keine Eitelkeit! Nur feine Einbil­­dung! Shr Spiel, ihr Gejang waren ihm jym­­pathilh und bejonders jeiner Mutter. Dafür war er vielleicht ein bigchen freund: liher gegen te als gegen Olga. Wenn es jich nicht überhaupt völlig um einen Strtum handelte. Läherlih war es, einer Hoffnung zu belajten, die fich nie erfüllen würde. Erjt jeit geitern gegen Abend befand fie fich im Schloß, und Ihon ging ihr die Rhantafte durdh. Au die Olgas fihlug- Purzelbäume Ein Chwamm, vollgejogen mit faltem MWaf­­ler und über dem Halswirbel ausgedrüdt, würde die Phantafie jchon in die Flucht Ichlagen. Sie hielt fih die Schläfen, Hinter de­­nen es plößlich zu arbeiten aniing wie ffeine Räderwerfe. Sie dachte an Achim von Malten, und ein nie gefanntes Gefühl erfüllfe fie. Es war, als zwänge fie jemand auf die Anie nieder. Eie konnte fih einfach nicht weh­­ren. Da anf fie vor einem Stuhl Hin, und ihre Hände legten: fich wie im Gebet auf das Politer. Sie war fich jofort darüber far, fie mukte nun bald von hier fort. Gie durfte nicht hierbleiben mit diejer jäh erwadhten Liebe jür einen Mann im Herzen, der ih jeine Frau bejtimmt aus ganz ande­­ten Gejellihaftskreijen holte als aus den ihren. Es flopite jhon wieder, und ehe Mar­­fene noch aufjpringen und „Herein!“ ru­­en fonnte, Hörte fie Auguite Helms Stimme: „Sind Sie noch auf, Fräulein Merner?“ Ein etwas erjtauntes „Ia!“ war die Antwort. „Sind Sie noch angezogen?“ die zweite Frage. x Fe erflang ein etwas eritauntes Sal“ „yann it's ja gut!“ Augufte trat mit der ihr eigenen Wichtigkeit und Würde ein. „Die Gnädige verlangt nad, Ihnen, Die weike KReiterin hat fie jehr aufgeregt. Natürlich Hat fie die Piifte gehört und die weiße Reiterin gefehen. Aithma und Aufregung vertragen fi nicht. Das it, als ob man Petroleum in ftumpfe Glut giekt; gleich brennt’s lichterloh. Die Gnä­­dige möchte aljo noch ein paar Lieder von Ihnen hören. Sie it ganz verliebt in Ihre Mufit. Es ijt allerdings jajt zwölf Uhr; aber darauf fommt es ja nicht an.“ Erjheinen der weißen Keiterin folgen? „Oh, gnädige rau, Das jollten Sie nit denten. Der Brand der Scheunen war Zufall.“ Die Stimme der Cchlokfrau wurde „Bor zwei Iahren, dicht vor dem jehredlichen Miord, joll fie fich au haben bliden Tajien. Roberta Olbers Hat mir jpäter gelegentlich erzählt, fie wäre Ipät vom Dorfe mit dem Iagdwagen nad) bier unterwegs gewejen, und da hätte fie die weiße Reiterin dicht an fick worbei­­26 füh den Kopf mit „ lautete Ein Handfug! Frau von Malten ja im Lehnituhl ihres Wohnzimmers, und es duftete ganz ganz leije: eigen im Zimmer. Leichte graue Nebel ihienen über allen Gegenjtänden zu lie gen, Die alte Dame erklärte: KRäucerpulver einatmen müljen, „Sch habe danach wird mir immer bejjer, und die Atemnot | die | jaufen jehen. Sie wäre wie rajend gefah- läkt nad.“ Gie mahte eine bedauernde Bewegung. „Es tut mir jehr leid, dap ic Sie noch jo jpät Habe türen Tafien: aber ih babe die Norjtellung, wenn Sie mir ein paar liebe, weiche Lieder fingen, fann ich Heute naht Ruhe finden.“ Sie zog den taujhigen Morgenrod feiter über die Brut zufammen, als friere fie, und fragte ‚eiie: „Mas meinen Sie zu der weiken Reiterin? Ich bin nicht abergläubiicdh; aber was man mit eigenen Augen jieht, fann-einen Doch wohl zu anderer Meinung bringen. Bor einem Sabre zum Beijpiel ließ fie fich auch jehen. Gleich hinterher, no in derjelben Naht, brannten zwei unjerer großen Ciheunen bis auf den Grund nieder. Branditiftung! Nerwös masht jo etwas. So töricht es ift. Ich muß jegt immerzu denfen: Mas wird diejfem ten, um jie einzuholen; aber es wäre 'ge­­wejen, als ob das Pferd gar nicht den Boden berührte mit jeinen Hufen, als ob es dicht über der Erde hinflöge.“ Marlene jchüttelte den Kopf. „zräulein Olbers macht eigentlih gar nicht den Cindrud eines Menfchen, der fih vor Gejpenjtern fürchtet, als ob fie daran glaube. Ich habe den Spuf von Maltitein aejehen, zufammen mit der Ba­­tonelle und Frau Helm, und weiß nicht recht, was ich dazu jagen joll; aber jo un­­heimlih die Sache im Augenblid au war, jet glaube ih, troßdem ich den Spuf jah, dor nicht daran. Argendeine Erflärung muß jih dafür finden.“ (Fortfegung folgt.) A Fe

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