Oedenburger Zeitung, August 1934 (Jahrgang 67, nr. 172-196)

1934-08-01 / nr. 172

Oedeuburrei IIIIlIIIIIIIIIIllIIlIIIIlIIIlI"IIIlI--UIIIIIIIl-«tlllllllllllllllllll Verwaltung:Oedenburg,Deükpla356,Unruf:19. AnzeigensundAbonnementssUnnahme.Bezug-preis: Monatlich2.80Pengö(sathustellungin5Haus). s?.salirg.solae172. Mittwoch-l. August1934. .IE... Einzelblatt:12lslellck. llllllhllålllllllksllllllllfllch Schriftleitung:sOedenburg,D,eåkplatz56,Unruf:19. GelangtmitAusnahmevonSonnsundFeiertagen TlllllllllufmllllcsmllllctöglichnachmittsgsZUh-(15Uhs)ziis21usgabe. KommtnicVekfmnviannaZ ngegenwärtigenAugenblickgibtes fürllngarnkeinewichtigereFrage,als die,obe5zwischenOefterreichund DeutschlandalsbaldzueinerVerftändi­­gungkommenwirdodernicht.Derun­­glücklichePutschivsgrsuchinWienhatge­­zeigt.wiefehrOefterreichzurAchfeder europäifchenPolitikgewordenist«Was inundmitOefterreichgefchieht,verietzt. faftgsaanuropaingrößteAufreguIIg. DieJnteressen.diesich.heuteinOefter­­teichkreuzen.könnennurzuleichtzu einer-zweitenWieltksatastropheführen- DieieLsageiftaberbefondergseitder Spannung,3wifchenDeutfchl-and· und Deiterreich eingetreten. Solange zwilchen Biejen beiden Staaten ein inniges Ver­­bältnis bejtand, fonnten Die fremden SInterejien, die heute jo fraß in Erjdei­­nung treten, nicht zur Geltung gelangen, Nun fann es uns in Ungarn aber do nicht gleichgültig jein, ob in unjerer Nahbarihaft ein Weltbrand entiteht oder nit. Wir haben einen Weg, der ins Sreie führt, und diejer Meg it der über Dejterreih. Wenn nun die. Span­­nung, die zwilchen Deutjichland und Deiterreich beiteht,. mit der Gefahr für uns verbunden. ilt, dag auch. diejer Weg infolge. internationaler VBerwidlungen gejperrt wird, jo ijt es nur zu. jelbitver­­tändlih, wenn wir «alles daran jeten, damit Dieje Spannung endlihh behoben wird, Diejer Zujammenhang ift jo flar und jo eindeutig, dak man fi wundern muß, wenn ein Rolitifer vom Range Bajcsy-Zjilingfys den Außen­­minijter von Ranya dafür tadelt, daß diejer jeine Politif auf eine Verjöhnung zwilhen. den beiden deutihen Staaten aufgebaut hat. Der deutihe Reihskanzler hat offen erklärt, daß er eine Verftändigung mit Deiterreih wünjcht. Zur Befräftigung dejlen will er den gegenwärtigen Bize­­fanzler von. Bapen nah Wien als Gejandten jenden. BVizefanzler von Ra­­pen it ein Katholif, der nebenbei als Freund Deiterreichs befannt ijt. Auf der einen Ceite hat man aljo den eriten Shritt unternommen, um das unleidliche Verhältnis zu ändern. Dieje Gejte des Reichstanzlers Hitler hat bei jenen Staa­­ten, die feine unmittelbaren Snterefjen in Dejterreich haben, die daran hauptjäd­­fi vom Gtandpunft des europäilchen Eindruf gemaht. Aber nicht beiten überall. Zur Zeit, als dieje Zeilen niedergejhrie­­ben werden, hört man au; Meinungen, die mit der Milfion, die dem Vizekanzler von Papen zugedacht ift, nicht einver- Itanden find. Sa, es gibt Staaten, die ein riefiges Kriegsgejchrei angejchlagen haben und für alle Friedensbeteuerungen der Reichsregierung nur ein taubes Ohr haben. it das nit ganz merfwürdig? Anitatt froh zu jein, daß die eine Partei ihren riedenswillen offen befundet und au dem eriten Schritt zur Verfühnung unternimmt, will man davon gar nichts willen. Es jheint aljo, was immer ge­­munfelt wurde, dag mande Mächte an dem Etreit zwilchen Deutjchland und Dejterreich ganz bejonders intereifiert find und unglüdlih darüber, daß diejer Streit jein Ende nehmen fünnte. Papen, dem die Yähigfeiten zu feiner bejonderen Milfion zuerfannt werden, joll Tieber niht nad Wien fommen, denn wer wei, vielleicht fünnte er doc eine Verjöhnung zuftande bringen. Manden Mächten mag es unangenehm Friedens interejfiert find, Den der Mö NWMMMstMmFsKQMWD »was-Tos- rder dr. Dollfuß’ vor dem Militärgericht. Bollitändige SHeritellung der Ruhe in Seiterreih. — Maknahmen gegen Die Aufrührer. — NKonfisfation des Vermögens aller an dem Aufruhrveriuch beteiligten Perlonen. Yus Wien wird gemeldet: Der außerordentliche Minijterrat, der geitern unter dem Borfite des Bundestanzlers Dr. Shuidhnigg Itattfand, nahm zus nädjt einen Bericht der Staatsjefretäre für Landesverteidigung und Sicherheits» wejen entgegen und. jtellte mit Befriediz gung feit, Da in ganz Deiterteih die Ruhe wieder volljtändig hergeitellt ijt und da; auch die Tehten Verjuhe der Zujam­­mentottung von Aufjtändijhen, die ohne: bin nur geringere Iofale Bedeutung hat ten, zujammengebrodjen jind. Sodann beihlog der Minijterrat grundjäglih ein Bundesverfaflungsgejeg, betreffend die unverzüglich anzuwenden­­den Maßnahmen gegen die am Umiturz­­verjuch vom 25. Juli beteiligten PBerjonen, Nah diefem Gejeg wird einerjeits Die Anhaltung der Minderbeteiligten in An­­baltelagern mit Zwangsarbeit, anderjeits eine Konfisfation der Vermögen aller an diejem Aufruhrverjudh | beteiligten Per­­jonen. erfolgen. Meiter beichlog der Minijterrat, den Generalprofurator Minterjtein mit der Leitung der bejonderen Unterfuhungen über die Vorfälle des 5. Juli in Wien zu beauftragen, die rajheitens zu Ende zu führen find und deren Ergebnis der Deffentlichfeit befanntgegeben werden wird. Unterbliebener Angriff der öjterreidhi­­ihen Legion, Aus KRufjtein. wird gemeldet: Ende der vergangenen Woche gelangte der hiefigen Behörde zur Kenntnis, daß ölterreihiiche Legionäre einen Grenz: übertritt beabfihtigen. Es wurden jo­­fort die notwendigen Abwehrmaknahmen getroffen und es wurde bemerkt, daß eine größere Abteilung von, Legionären jich der Grenze bei Kiefersfelden nähere. Der An­­griff unterblieb jedod. Später wurde befannt, daß dieje Abteilung Le­­gionäre von deutjcher Reihswehr geitellt, gefangen, entwaffnet und nah Münden zurüdgebranht wurde, Bei diejem Anlak haben die Legionäre Widerjtand geleiitet, und es find auch; Todesopfer zu verzeich­­nen. Das Militärgeriht in Aktion. Geitern abend fand vor dem Wiener Militärgericht, deiien Präfident General­­major Albert Oberueger ijt, die erite Verhandlung jtatt, und zwar gegen den Mörder des Bundesfanzlers Dr. Dollfuß, den Sdjährigen Handelsangeitellten Otto PBlanetta, und gegen den Anführer des Ueberfalles gegen das Bundeskanzleramt, den 29jährigen Gleftrotechnifer Yranz Holzweber, Beide find des Hochverrates nach Paragraph 58 c, Planetta überdies des Mordes nah Paragraph 134 St. ©. angeflagt. Nach Befragung der Nationale der Angeklagten und VBerlejung des Antrages der GStwatsanwaltihaft beim Militär: gericht, erhob fi Staatsanwalt Doftor TIrupp zum Wort und führte im jeiner Anflagerede u. a. aus: „Am 25. Juli drangen verkfleidete Nationaljozialijten in das Bundeskanzleramt ein. Der Türhüter Eduard Hedvicet jah vom Fenjter aus das Cinfahren der Autos und hörte den Lärm. Er tradtete vor «allem, den Bundeskanzler in Sicherheit zu bringen, Er traf den: Bundesfanzler im Säulen: jaal an und bat ihn, ihm jchnell zu fol­­gen. Er hatte die Abjicht, ihn dur jein Arbeitszimmer und das Edzimmer in den KRongrepjaal zu bringen, von wo er ihn über eine Wendeltreppe in das Archiv und von dort zu einem rükfwärtigen Yus­­gang führen wollte. Möährend Hedvicef den Bundeskanzler aufforderte, ihm zu folgen, wurden die zwei zum Gäulenjaal führenden _ver­­jperrten Türen von außen eingedrüdt und zehn bis zwölf Aufrührer drangen ein. Eine Fluht des Bundesfanzlers war nicht mehr möglid, da die National­­joztaliften, die eingedrungen waren, ihre Rijtolen anjchlugen. Einer der Terro­­tiften hat nach Ungabe Hedvicefs fnapp vor dem Kanzler jtehend, in dem Augen: blid, als der Kanzler die Hände zur Abwehr über den Kopf gehoben Hatte, fnapp nacheinander zwei Schülje abgefeu­­ert, die den Bundestanzler trafen. Weitere Vorgänge ı Hedvicet noh der Kriminalbeamte Steinberger verfslgen, weil fie von den Leuten gezwungen wurden, die Hände hochzuhalten und fi mit dem Geficht zur Zimmerwand zu jtellen. Einige Stunden jpäter wurden jie in einen Gaal geführt, wo bereits Bundes­­minijter ey, Staatsjefretär KRarwinsky, die Minijterialräte Chavanne und Huber und Hauptmann Stahl gefangengehalten und mit der Bijtole in Chad; gehalten wurden unter der Drohung, bei der ı geringiten Bewegung oder, falls vom 'außenher gejchoifen würde, erjchoffen zu werden. ‚Sämtlihe im Bundestanzleramt anwejenden PBerjonen wurden auf Diejelbe Art zujammengetrieben und durh Mäffen in Shah gehalten. Wie Durch die bisherigen Erhebungen feitgeitellt ijt, blieb Bundesfanzler Dr. Dollfuß troß der jchiveren Berlegungen noch einige Stunden am Leben und teil weife auch bei Bewußtfein, obwohl er exit nah ungefähr 20 Minuten verbunden tpurde, Der Staatsanwalt jtellte deni An­­trag die beiden wegen des Verbrechens des Hochverrates nah $ 58 c und Pla­­netta außerdem des Verbrechens des Mordes nach $ 134 abzuurteilen, Nach einer Paufe wurde das Verhör mit Planetta begonnen. Auf die Frage ob er Sich jchuldig befenne, erflärte er: „Jeur teilweife, nicht im Sinne der An- Klage. SH habe unabjichtlichertveije ge­­ioflen.“ Planetta gab an, daß feine zufällig losgegangen fei, meinte aud;: Rn: it möglich, da die Waffe gedoppelt yat, Schließlich erflärte Planetta, daß man niemiand töten] wollte. Solzweber hat ih­­nen beauftragt: ,Keinem Mitglied der Regierung darf etwas zugefügt werden — 28 geht um umjere eigene Sicherheit. Wenn die Regierung gefangen gejeßt: ift, Bar Ihiegen, außer im äußerjten Not­­fa Nach der Einvernahme der beiden An­­geflagten und einer Reihe von Zeugen, darunter Minifter $ey und Staatsjefre­­tür Dr. Rarwinsfy, wurde die Ver­­handlung nad Mitternaht auf Heute Dienstag vertagt. Nah Planetta Holzwebers. folgte das BVerhür Ihuldig befennt, entgegnete Holzweber: „Nur injofern, daR ich eingedrungen bin, aber ohne an Gewalt zu denfen.“ VBerhandlungsleiter: vielleicht „Na, wollten Sie Bundesfanzler Herrn einen Anftandsbejuh ab­­tatten?“ Angeflagter: „Ich hatte den Auftrag, die Regierung im Namen des Bundesprä­­fidenten gefangen zu nehmen.“ Verhandlungsleiter (zornig): it doch die Hödhjite Frechheit; Wer Ihnen den Auftrag gegeben?“ „DAS hat Angeflagter: „Ein Zivilift, der an der Aktion teilnehmen jollte.“ Auf die fonnten weder Frage, ob jchwer bewaffnet dem er fi Stauermelle für dr. Dollfuß in Yedenburg. Dedenburg, 31. Iuli. Auf Erjuden der in Dedenburg wei­­lenden öjterreichiihen Zoll-Grenzwarhes jowie Sicherheitsbeamten und Eijenbab­­ner, wurde geitern vormittag in der Stadtpfarrfirhe dur Stadtpfarrer Prä­­lat KRoloman Bapp für das Geelendeil des ermordeten söiterreichiichen Bundes= fanzlers Dr. Engelbert Dollfuß eine Trauermelie gelejen, welder auch die Mitglieder der ungariihen Legiti­­miitenpartei, ferner Oberhausmitglied Dr. Stefan Pinezih, Obergejpan a. D. Eugen Fertjaf, Oberdireftor Dfida,- Dber­­direftor Dr. Illes rKemenes, Direftor Dr. Eugen Siflay u. a. beiwohnten, Vertreten waren die Beamten der Unga= riihen Staatsbahnen, der Raab-Deden­­ı BurgeEbenfurter Eijenbahn, die Polizei, die Ortsgruppe der Kriegsinvaliden und die hiefigen Rameradihaftsperbände. Den mufifaliihen Teil der Mejfe bejorgte un­­ter Leitung des Regenschort Iojef Strug: li der Chor der Kirhenjänger. wenn zwilhen den beiden Bruder=­­ftaaten eine VBerjtändigung zujtande fommt. Ungarn ift in Höditem Make daran interejfiert, daß dieje Verjfändi­­gung zujtandefommt. Te eher, deito fein, bejier für uns. Wer das nicht einjehen will, der verjteht entweder nichts von Außenpolitif, oder er betreibt eben nur Barteipolitif. Arpad Töröf. * ee

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