Pester Lloyd - Abendblatt, Februar 1855 (Jahrgang 2, nr. 28-50)

1855-02-05 / nr. 30

E.C.London,30.Jänner.Dass­ Ministerium ist endlich seinem Schicke­n sab­eklegen.Die geittige Debatte, welche die Entscheidung herbeiführte, war bis 9 Uhr Abend matt, das Haus spärlich besucht. Manche der Haupthelden aus dem Unterhause kamen erst spät, so waren unter Antoren selbst Roebud, Layard und Sir 3. Peel lange auf der Gallerie des Oberhauses. Erst nach 9 Uhr füllte sich das Unterhaus, und lange bevor es zur Abstimmung kam, war Jever von der Niederlage des Ministeriums überzeugt. Wenn erst die Abstimmungstiften bekannt werden, wird er sich Mar herausstellen, daß Nuffel’s Austritt unmittelbarer noch als der Roebud’sche Antrag das Ministerium zum Falle brachte. Und doch war selbst das Haus über das numerische­­ Resultat der Abstimmung merkwürdig über­­rascht. Sonst feiert die Majorität ihren Sieg gewöhnlich mit lauten Cheers, na­­mentlich wenn es sich um eine so wichtige Frage wie die Existenz oder Nichtexistenz eines Kabinetes handelte. Diesmal war das Erstaunen der Majorität über die Differenz der Boten so groß, daß bei Ankündigung des Abstimmungsresultates Severn die Stimme zu versagen fehlen. Einige Sekunden lang herrschte Topten­­sile im Saale, aber diese war an und für si nach dem eben errungenen Giege To absonderlich, daß fidy das Komische der Situation bald fühlbar machte. An die Stelle der gebräuchlichen Cheers trat ein allgemeines Gelächter, und das Haus trennte sich im besten Humor. Da Roebud vurch seine Krankheit vollständig zu Boden geworfen ist, fiel die Hauptrolle bei dem Anklageafte Layart zu. Doc enthielt auch die Rede des ersteren manche energische Stelle. Lebhaft beflatscht wurde z. B. folgender Parlus: „Ein Untersuchungsfomu­s, sagt man, wird das Ministerium paralysiren , als ob dasselbe nicht fon volständig gelähmt wäre! Kann es mit dem Kabinet noch weiter kommen, als es bereits mit ihm gekommen ist ? Kann es noch tiefer in Un­wissenheit, Unfähigkeit und Ohnmacht verfinden? Nicht das Land ist es, weldes die Regierung: die Regierung ist es, wie das Land im Stiche gelassen hat! Möge das Haus es wohl bewenfen , daß es die Gemeinen sind, die man in Zukunft für alles Unheil verantwortlich machen wird. Man sagt uns, wir sollen warten, bis die Expedition beendigt ist! Warum nicht lieber und gerade heraus auflo­dern, und zu gedulden, bis unsere Armee vollständig vernichtet sein wird? 34 tage Ihnen: beschliegen Sie die Untersuchung! retten Sie unser Heer! Die Nation fegt in Sie ihre einzige Hoffnung: verraihen Sie ihr Vertrauen nicht !" Lord Palmerston’s Premierschaft scheint gewiß zu sein, so groß das Opfer sein dürfte, das die Königin mit dieser Ernennung ihren persönlichen Gefühlen auferlegt; und doch ist es gegen das alte Hek­ommen, die Bildung eines Kabinets einem Manne anzuvertrauen, der Mitglied eines eben Gestürzten war. Man wird somit wahrscheinlich den Ausweg ergreifen, den alten Marquis of Landdomne, der nur dem Namen nach unter Aberdeen diente, nach Windser zu berufen, und dieser wird — so­­ laubt man allgemein — Lord Palmerston als ven einzig Mögli­­chen empfehlen. Er würde mit dieser Empfehlung den Wunsch der Nation und der gesammten Presse aussprechen. Das Losungswort ist heute Palmerston. Ob es ein glückischhes ist , wird sich zeigen. Von den Morgenblättern sträubt sich nur „Daily News" gegen den Mann, wessen liberale Politik ihm verdächtig geworden ist; sonst sind alle Blätter für ihn. Times triumphirt nicht sowohl über den Sturz des Kabinet, als über die Eingeständnisse, jenes einzelnen Ministers, daß die Kriegführung wirklich so bo­­denlos schlecht gewesen sei, wie sie von ihr gefepilvert wurde. Die gestrige Sigung war eben sowohl eine Sreifprechung des Cityblattes wie eine Berchrammung der Re­­gierung, denn mit Ausnahme Mr. Gladstones hat in der That nicht ein einziger Redner der ministerielen Partei an nur den Bersuch gemacht, Die gerügten Nei­belstände in Abreve zu stellen. Cabrera hat eine Engländerin, die Tochter eines Banquiers, geheirathet, und ist in der Nähe von Winpfor ein Landgut um 22,000 2%. gekauft. — Von der Admiralität ist nach allen Kriegshäfen des Landes die Weisung ergangen, sämmtliche Schiffe der Dostseeflotte gegen Ende Feber vollständig seefertig zu hal­­ten, um Anfangs März zu einem allgemeinen Rendez­vous in den Dünen (vor Dover und Deal) zu erscheinen. Man hält es für wahrscheinlich, daß der Kaiser und die Kaiser un ter Franz­oten um diese Zeit herüberkommen, und er sollte die Flotte besichtigen werden. Das Gerücht, Sir Charles Napier werde das Kommando über diese Flotte an Rear-Nomiral- Martin abgeben, erhält sich. Confoils zeigen sich durch den Sturz des Kabinets gar nicht affizirt, und ständen viefen Nachmittag sogar 1/5 höher, * Maris, 1. Feder, Abends. Der „Moniteur" bringt zwei Dekrete, wodurch eine Menge von Beförderungen und Ernennungen in der Ehrenlegion, die General Canro­­bert provisorisch vorgenommen hatte, so­wie zahlreiche von ihm ausgegangene Verleihun­­gen der militärischen Medaille vom Kaiser bestätigt werden. Gestern war in den Tuile­­rien unter dem Borfide des Kaisers der Ministerrath ungewöhnlich lange versammelt. — Man will wissen, daß für den Fall einer durch den Krieg veranlaßten Entfernung des Kaisers aus Frankreich Graf Morny zum Generallieutenant (Statthalter) reic­es ernannt werden solle. — Prinz Jerome will angeblich die Rückkehr seines Soh­­nes durch ein großes Diner im Palais Royal feiern, dem die Prinzessin Mathilde und überhaupt ale in Paris anwesenden Mitglieder der Familie Bonaparte beimwohnen wür­­den. — Der Schneider Lefevre, der, wie seiner Zeit gemeldet, wegen vierfachen Mordes am 30. November 4. 3. zum Tode verurtheilt ward, wurde gestern Morgens hingerich­­tet. — Admiral Dundas ist vor einigen Tagen hier angelangt. — Aus Havre wird bee tichtet, das der dortige Handelsverkehr mit London sich fett den liberalen Abänderungen des Zolltarifs mehr als verdreifacht hat. Man unterhält sich in den politischen Kreisen viel von den Abschiedsworten des Sultans Abdul Mepschid an den Prinzen Napoleon, die zu bemeisen scheinen, was es für mich gethan hat, sehr erfenntlich,“ fatserlichen Familie für die Freundschaft, 6 Wochen sehr dringende Schritte am schwedischen Hofe gemacht. Der König wollte die Verantwortlichkeit einer definitiven Antwort nicht allein auf sich nehmen, sondern zog Türken ihre wahre Lage richtig zu würdigen anfangen: „Ich bin Sranfreih die sagte er, sie mir daß die alles auch die Resultate des Kampfes sein mögen, so werden stets sehr bitter für mich sein." * Maris, 29, Männer, (Allg. Big). Der „Moniteur” meldet heute den An­­schlag Piemonts an den Vertrag vom 10. April und fügt Hinzu, es sei das ein echtes Beispiel für ale diejenigen, welche nach Maßgabe ihrer Kräfte zur­­ Wiederherstellung des Friedens auf festen und dauerhaften Grundlagen beitragen­ möchten. Das offizielle Blatt spielt damit auf das an, was man mit den Heinen Staaten vor hat. Ich habe Lünen schon früher berichtet, dag Belgien, als man es fondirte, die Antwort gegeben, daß es nur durch Die Neutralität existire, und daß eg nur mit Zustimmung des ganzen ‚Europa’s aus derselben Heraustreten künne. Man hat nicht weiter gedrängt, denn man weiß, daß Belgien in England Unterfrügung findet. Dagegen m wurben vor 5 oder darüber nicht bies seine Minister, sondern auch eine Menge anderer Männer­ zu Ratte, und auf ihren einhelligen Mannh ist er zu dem­ Beschluß gelangt, in der angenom­­­menen neutralen Stellung zu verharren. Dänemark hat dieselbe Antwort gegeben. Man hat sich darauf an Holland gewandt, aber auch dort einen ablehnenden Bescheid erhalten, obgleich man ihm sehr verlobende Verheißungen gemacht. Bei Portugal is man glücklicher gewesen, und ich kann auf das bestimmteste ankündigen, Daß ein Vertrag mit Portugal, ähnlichen Inhalts wie der Vertrag mit Piemont, dem Abflug nahe ist, so nahe, daß noch binnen der nächsten acht Tage eine offizielle Mittheilung darüber zu erwarten fleht. Portugal verpflichtet sich durch Diesen Vertrag, auf Schiffen, welche Eng­land stellt, ein Korps von 12.000 Mann nach dem Orient zu senden. ‚. Paris, 2. Feber. Das schon bekannte Affenstüc, welches von Biofus [ver Häfen im schwarzen und alawischen Meere verkündet, wird heute durch den "Moniteur" verkündet. Aus Trapezunt hört dasselbe Blatt, daß die Auffen Bajazid aufgegeben und sich nach Erivan und Gumri zurückgezogen haben, aus Cattaro, daß die Montenegriner das Fort Sablad angegriffen haben, aber mit Berlust zurückgeschlagen worden sind. Die Skulpturarbeiten im alten und neuen Lo­uvre sollen, auf ministeriellen Befehl, so beschleunigt werden, daß wenigstens die Sagapen bei dem Beginne der Ausstellung fertig sind. Die Zahl der, nach der Krimm abgesendeten Baraden, beträgt jecht nach offiziellen Angaben : 600 Offiziersbaraden ; 2450 Soldatenbaraden für 69,400 Mann ; 210 Stallbaraden, die 10.000 Pferde fassen. * Rom, 30. Jänner, Der Papst hat das Konsistorium in Piemont mit Kir­­chenstrs­fen bedroht. 3 Petersburg. Die Petersburger Blätter bringen folgende amtliche Mittheilung. Ein allerhöchster an den dirigirenden Senat gerichteter Mai vom 10. (22.) Jänner 1855 besagt : „Bei Unserm noch so aufrichtigen und beharrlichen Wunsche, das Ende Des gegenwärtigen Krieges herbeizuführen, in welchen Rußland lediglich Hineingezogen worden ist, um das Recht zu frngen und seine Grenzen zu vertheinigen, kann sich Doch dieser Krieg noch verlängern und bedeutende Ausgaben erheirschen, Die mit den gewöhn­­lichen Mitteln des Neichschabes in seinem V­erhältnisse siehen. In­folge deffen und um, ohne Auflage neuer und Erhöhung bestehender Steuern, dem Reichsschabe die Möglichkeit zu gewähren, alle dermaligen Bedürfnisse zu befriedigen, Haben wir es für gut erachtet, übereinstimmern mit der im Reichsrathe geprüften Vorstellung des Finanz­­ministers, dem Reichshabamt aufzugeben, die außerordentlichen Ausgaben dur tempo­­räre Emissionen von Reichskreditbilleten zu deden, auf folgenden Grundlagen: 1) Die Emission der Billete ist nur für den Fall einer unumgänglichen­­ Verstär­­kung des Reichsfhabes vorzunehmen und jenesmaliger Rücsprache mit dem Finanzmi­­nister und Unserer besonderen Genehmigung. 2) Bei jeder Emission ist aus dem Neiche­­rhabamte der sechste Theil des Betrages der emittirten Billete in ingender Münze in die Expedition der Reichstreditbillete zu schaffen und zu dem daselbst angehäuften Fonds für die U­­wechselung der Kreditbillete zu schlagen. 3) Die Ergänzung dieses Fonds ist im erforderlichen Salle genau auf Grundlage Unseres Manifestes vom 1. Sänner 1843 zu beschaffen. 4) Binnen bei Jahren nach Abschluß des Friedens und wenn es sich thunlich zeigt, auch früher, oft zu der allmäligen Herausnahme der temporär emittirten Kreditbillete aus dem Verfeht zu füß reiten. — Der dirigirende Senat wird nicht unter­­zaffen , die nöthigen Verfügungen zur Ausführung des Vorstehenden zu treffen. * Wien, 2 Zeber. (Bröl, 3.) der briefliche Verkehr z­wischen dem Kaiser Franz Joseph und dem Kaiser Napoleon ist gegenwärtig ein sehr lebhafter. Erst vor Kurzem hatte Ersterer ein Schreiben an den Kaiser der Franzosen abgesandt und bereits vorge­­stern ist die Antwort hier eingetroffen, welche Baron Bourqueney gestern zu überreichen die Ehre gehabt hat. Meiner bessen Inhalt ist nichts bekannt geworden. — &3 ist alle Aussicht vorhanden, daß die Beziehungen zwischen Oesterreich und Sar­­dinien in fürzester drift zur Ausgleichung gelangen und wie ein Gerücht wissen will, sol vor wenigen Tagen ein Schreiben des Königs von Sardinien an unseren Kaiser angekommen sein, Wien, 4. Jänner, Se. TE. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchst unter­­zeichnetem Diplome den F. E. Oberlandesgerichtsrath in Pet, Dr. Gustav Conrad, als Ritter beg Faifers, österreichischen Ordens der eisernen Krone dritter Klasse, den Statuten dieses Ordens gemäß in den Ritterstand des österreichischen­ Kaiserreiches allergnädigst zu erheben geruht. — Baron Koller ist vorgestern nach Triest abgegangen. Er erwartet daselbst den Freiherr von Bruch und begibt sich nach Rüdsprache mit de­m­selben sofort nach Konstantinopel. — Se. Faiferl, Hohert Erzherzog Sigismund ist von hier nach Pest abgegangen. Sicherem Dernehmen nach ist dem in Rom weilenden Fürstergbishhofe von Wien der Wunsch mitgetheilt worden, der Kirchenfürst möge seine Rüdkehr in die Referenz bespleunigen und wo­m­öglich bis zum 20. d. M. Hier eintreffen. Wie man hört, it Cr. Türstlichen Gnaden die hohe Ehre zugedacht, bei dem erstgebornen Kinde St, Majestät des Kaisers die heilige Taufland­ung zu vollziehen, Herr­n. Bethemann-Hollweg ist aus Berlin hier eingetroffen. Se. Erzellenz Herr Baron von Brus wird, wie wir aus zuverlässiger Duelle erfahren, erst in der zweiten Hälfte b. M. Hier eintreffen­ des Kaiser­­für „Ich danke ganz besonders der stets bewiesen hat, Aber welches . Wiener Börse am 3. Yeber, In Folge höherer auswärtiger Nohtrungen ergab die heutige Börse für Fonds und Affen eine ziemlich feste Haltung und die Kursvariationen waren, mit Ausnahe von Rauber- und Nordhahnaftien, von seinem wesentlichen Belange. Devisen und Metalle Anfangs billiger, schloffen um zirka 1], 0], höher, Solo 311­,, Silber 27, Wien, 3. Teer. Fruchtbörse. Der Verkehr an der heutigen Fruchtbörse war äußerst lebhaft und Der Umfag von Weizen betrug über 30.000 M., wobei die Preise sich einer steigenden Tendenz zuneigten. Protokollirte Verkäufe: Weizen, Banater Sofo Wieselburg (83—851//pfb.) 6 fl. 58 fr.—7 fl. 50 fr., loto Wien Br.­ Sf. 6—9 fr. ung. Korn loto Wien (74pfb.) 5 fl. 36 fr.5 ung. Gerste foto Wien (76pfv.) A fl. 6 In; Hafer in transits (49pfv.) 2 fl. 48 fr. pr. M. Theater vom 5. Weber. R­ationaltheater. Szeleburdi. Vigjatek 3 felvonásban. Deutsches Theater, Die K­arlsthüler. Schauspiel von Zaube, Diner Stadttheater, Herr und Madame Robin, verantwortlicher Redakteur : Karl Weisskircher, Buchbruderei von Gustav Emich. — Verlag der Pe­ter Lloyd Gesellschaft. e .

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