Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1855 (Jahrgang 2, nr. 227-253)

1855-10-26 / nr. 249

Die einzelne Kummer Abendblatt des Pester Steitag,, 26. Oktober, Niro, 249, Fostet 0 1 fr. p­r. Me. def, 1855. 3 West, 26. Oktober. Dom Kriegsschauplase bringt heute die Levantepost und ein Bericht Muramieff’s die ersten näheren Nachrichten über den abgeschlagenen Sturm auf Kard. Auf diplomati­­schem Gebiete liegt ung ein interessanter Brief aus Konstantinopel vom 14. über das Verhältnis Oesterreichs zur Türkei vor. Seit dem G. b. M. befindet sich Graf Paar, Kommandant der österreichischen Truppen in der Moldau, hier, und hat nach einigen längeren Besprechungen mit dem Baron Koller dem Großvetter seinen Besuch gemacht. Aus guter Quelle erfahre ich, daß die B Vorstellungen, welche der türkischen Regierung gemacht werden, mehrfacher Art sind und aug verschiedene Gegenstände betreffen. Es sol sich zum Theil um die künftige Stellung der Fürstenthü­mer, Deren Regenten im nächsten Jabre neu zu wählen sind, dann um die Aufstellung der,faiserl. Truppen in den Fürstenthü­mern handeln, wenn d­e­ren Grenzen durch die Aufstellung allirter Truppen zum Kriegsschauplage werden sollten. Endlich hat Graf Paar auf­ die Bildung der polnischen Region als solche zur Sprache gebracht , und soll darauf Hinge­wiesen haben. Daß, wenn diese Truppe, welche sich ziemlich starf refrutirt,, auch vorläufig nur den Namen , Rofafen des Sultans“ trägt, so fei doch durch die Anerkennung des nationalen Prinzips der Keim zu neuen Berwtellungen gelegt. — Es wird nun erzählt, daß sowohl der Groß­­vetter als Fuad Pafııa aus­weichend geantwortet, und sich damit entschuldigt hätten, daß sie ohne Einverständniß der Gesandten der Westmächte seinen Entfehluß fafsen könn­­ten. Man ist nun hier der Ansicht, Daß die Reife des als Internuntius hieher bestimm­­ten FME, v. Brofefd nach Paris wohl zum Theil mit den Zwec hatte, Hinsichtlich dieser Forderungen Oesterreichs ein Kompromiß mit Frankreich zu­ fließen und erwartet deshalb auch, daß er bei seiner Ankunft im November die ganze Angelegenheit zur Zu­­friedenheit Oesterreichs fehlichten werde, . Vorläufig sollen aber z­wischen dem Wiener­ Kabinett und der Pforte, sehr lebhaft geschriebene Noten gemechselt werden. — Außer diesem ist das wichtigste Ereigniß Die beinahe schon erfolgte Ausführung Reihide Pafcha mit Mehemen Pafda, dem Schwäger des Sultans. Der Großherr selbst sol, die Verführung­ der beiden Todfeinde wünschen, um Refhid Pasda dadurch en­­en Ministerium zu bringen, und Lord Nedeliffe damit eine Art Genugthuung zu verschaffen. In­alas versuchte die griechische Bewässerung sich ber, zur Feier des Falles von Sebastopol angeordneten Illumination zu entziehen. Der Ssprannis ließ Indem das griechische K­asino durch Gensdarmen erleuchten, und zu demselben Behufe die Zimmer griechischer Kaufleute­­, in einem Hotel erbrechen. Aus London wird gemeldet, daß Kolonialminister Molesworth am 22. der zurückgetretenen Gicht erlegen ist; die Gerüchte, welche ab­wech­­selnd eine Prorogation des Parlamentes bis zum 11. Dezember oder gar eine Auflösung desselben in Aussicht stellen, erhalten fi. Die Agitation gegen die Banfregulation C Peel’s Banfakte von 1844) gewinnt immer mehr Ausdehnung: Liverpool und Birmingham stehen an der Seite der zu bdiesem Zweckk abgehaltenen Meetings. Die neuen Geldsendungen aus Australien sollen­ für die französische Regierung bestim­mt sein, in­ England selbst aber schrumpft die Zahl derjenigen, welche am Glauben der Regierung festhalten, daß der Krieg ohne gewaltige Krisen sie mit den gegenwärtigen beschränkten Zirkulationsmitteln werde fortfüh­­ren lassen, mit jenem Tage mehr zusammen. Die Flüchtlingsfrage ist noch immer an der Tagesordnung. „Daily News" nennt das formlose Verfahren gegen die Flüchtlinge auf Serfey „eine Ausübung des Lunchgefeges”. Einer der Ausgewiesenen, Obrist Piancini, behauptet, es habe sich eine Deputation von Kaufleuten, Ad­­vokaten und Munizipalbeamten vom Tag der Ausweisung zu ihm begeben, das Bedauern der „wahren Jerfey“ Men über den Vorfall auszuprüden und ihre Verwendung bei den Gerichten und der Regierung in London gegen den Machtspruch des Gouverneurs anzubieten. „Zimes” dagegen steh­t ganz auf Seiten der Regierung. „Sole Säfte — sagt sie — dürfen sich nicht wundern, wenn sie, nicht durch die freiwillige Entschließung des Kabinetes, sondern durch den Einfluß der öffentlichen Meinung, welche die Regierung zu einem starren Schritt drängt, aus dem Land gejagt werden.” Neue Sonntagsaufläufe im Hydeparf gingen ohne erheb­­liche Störung ab. Dagegen hat in Irland ein anderes obsoletes Gefes, welches nur von protestantischen, nicht aber von katholischen Regimentern­ den Gebrauch der Militärmufiz bei ihrem Kirchengange gestattet, zu depensifischen massenhaften Widerleglichkeiten der katholischen Miliz geführt. Sie weigerte sich, in die Kirche zu marschieren und mußte nach den Kasernen entlassen werden, da sie sich nicht vom Liede rührte. Aus Paris wird vom 24. gemeldet: Der Herzog und die Herzogin von Brabant werden am Sonnabend abreiien. Die Generäle Bosquet, Mellinet, Trondhu haben am 18. Frankreich verlassen, um sich auf ihre Posten zu begeben. Dem „Moniteur” schreibt man aus Stocholm bezüglich des, wie ges meldet, dem Kaiser Napoleon verliehenen Seraphinenorvens , daß­­ dieser älteste und angesehenste schwedische Orven gegenwärtig, außer dem Ka­iser, nur einen einzigen Slangofen unter seinen Mitgliedern zähle, von Marsc­hal Reille nämlich, dessen Ernennung von 1810 stattfand. Der Prinz Na­po­­leon beschenkte den O­pernsänger Roger, der am letten Montag im Hotel du Louvre die Kantate von Auber und Trianon sang, mit einem Kelche aus Adat, der mit Türkisen und Topaten reich verziert ist. Die gestivmz mission verehrte dem Künstler im Namen der Aussteller einen prachtvollen Diamantring. Die Zerwürfnisse mit Neapel waren so weit gediehen, daß man in Paris bereits von der Abberufung des Herrn de la Cour sprach. Bemerkenswerth ist, daß eine eben zu Turin erschienene Brochü­re aus der Leder eines italienischen Liberalen, Frindera, ebenfalls Lucian Murat ald das Heil Süditaliens anpreist. Der „Berl. B. 3." schreibt man aus Paris über diese Verwiclungen: Zum Glück für Neapel ist sein hiesiger Vertreter, Marchese Antonini, Evani, und es fehlt daher an der Diplomatischen Mittelsperson, die bisher Alles, was­­ nur Ungefchte in solchen Fällen zu leisten vermag, dazu beigetragen hat , die Sache schlim­­mer zu machen. Der Graf Antonini ließ sorglos die Dinge gehen, wie sie gingen, anti­­&hambrirte dann, wenn Noth am Mann war, unaufhörlich), Lie sich brüsque ab­werfen, fompromittirte sie und seinen Hof, und Tief schließlich zu den Spurnasen umbher , um ihnen Artikel zu infin­iren, die man hier der Polizei gegenüber für seinen besten Freund , nicht zu denken, geschweige für den König von Neapel zu drucen wagt. Er ge­hört ver­­­werfen und Batterien, Kategorie naiver Diplomaten an, melde Das büchste Maß von politischer Klugheit glauben aufgeiwendet zu haben, wenn sie große Mempires aufregen und an ihre Adresse seien Cartnt if ein anderer Mann, aber nicht besser, er geht nicht nach London zurü­ck, lebt in Paris und verhält sich den Differenzen zwischen der hiesigen und seiner N Regierung gegenüber so gleichgiltig, als handle es sich um eine Woftpartie von zwweifelhaftem Ausgange, Die , 3nb. b." erhält aus Turin die mehr als unwahrscheinliche Nachricht, wer öfterre icht ihe piemontesische Konflikt im Betreff der Klosterfrage sei seiner Ausgleichung nahe, da die Wiener Regierung geneigt sei, ihre Mairegeln zurückzunehmen. Nicht frischhaltiger ist die Berliner Nachricht desselben Blattes, die dänische Sundzolldepetche für nur Rußland, Schwerin, Preußen, Meklenburg und L­üibel zugegangen. Auf die Sraae, was geschehen wird, wenn in der Sundzollkonferenz Nichts zu Stande kommt und im April nächsten Jahres ein amerikanisches Schiff von Sund yaffirt, ohne den Zoll zu zahlen, gibt eine Berliner Korrespondenz der "R. 3." folgende Auskunft: England hat ion in vertraulichen Besprechungen zu erkennen gegeben, daß es für diesen Fall dasselbe Recht in Anspruch nehmen werde. Frankreich hat fich in ähn­­licher Weise ausgesprochen und zugleich sein Hehl daraus gemacht, Daß es seine Ber­anlafung habe, Dinemarfs Borschläge warm zu unterftüsen. Aus Wien wird und gemeldet: Die Angaben, die hiesige E3fompte­­gesellschaft werde ihren Zingfuß erhöhen, sind verfrüht, ein neues Hypo­­thesengefäß, das besonders auf ein beschleunigtes Verfahren gegen säumige Schuldner gerichtet sein wird, sol gleichzeitig mit der Organisirung der Hypothesenbank erlassen werden; auch, eine Abänderung des Wucherpatentes wird als bevorstehend bezeichnet, da die zukünftige Oppothesenbank jeder legalen Beschränkung des Zinsfußes entbunden werden soll. E. C. London, 22. Oktober. Die „Times” knüpft an die Eine­nahme von Kinburn folgende Betrachtungen: „Wiederum haben wir zwei Adern des russischen Handels unterbunden und die durch unsere Blofade verursachten Berlegenheiten wesentlich vermehrt. An Hof und Wasser werden wir bei Stinburn seinen Mangel leiden, und die eigenth­ml­iche Gestal­­tung der fandenge­macht es unseren Kanonenboten möglich, die Position gegen jeden Angriff einer feindlichen Streitmacht zu vertheibigen. Wir haben uns also wiederum auf einem Punkte des heiligen russischen Bodens festgefeßt, wir haben ein neues Pfand dafür in Händen, daß wir nur unter solcher ENGEN ‚ durch welche die gerechten und billigen 3wede der Westmächte vollständig erreicht werden, Frieden fehlteßen wer­­den, und icir haben einen neuen Streich gegen jene Kommunikation mit dem Inneren geführt, durch welche das russische Krimmheer bis jeht so wunderbar unterstüst wurde. Wir haben viel erreicht und dürfen, ohne ung eines übermüthigen und dünfelhaften Vertrauens schuldig zu machen, die Erwartung hegen, daß wir noch mehr erreichen werden. Alle Diese Errungenschaften erinnern uns in ihrer raschen Folge auf’s Eindring­­lichste daran, einer mie großen Gefahr wir auf den Wiener Konferenzen, entgangen sind und wie großen Dank wir jenem folgen Troge schulden, welcher die Anerbietungen, an denen sich die Westmächte in ihrem ernsten Verlangen nach Frieden genügen­­ seken, so­ hochmü­thig zurückwies: ‚Man bedeute, was Rußland fest ist und mas es sein würde, wenn im April Friede geschlossen worden wäre. Sebastopo­l würde noch da stehen , der Rest der Flotte unversehrt und die Festungsunwerke m w­rden mit dem alten Rufe der Uneinnehmbarkeit bekleidet­­en. Das asowisde Meer würde seinem unserer Kanonenbote Einlaß gewährt haben und seine Zugänglichkeit wäre so problematisch geblieben, wie je zuvor, Anapa wäre nicht zerstört, Kinburn nicht genommen, Taman nicht befegt, Smwenborg nicht bombardirt und Kars nicht mit Erfolg von uns vertheidigt worden. Rußland mw­rde mit völlig ungebrochener Macht aus dem SKcampfe hervorgegangen sein und wir würden die Früchte verloren haben, welche wir fest in so reichlicher Fülle als Lohn für ein sehsmonatliches Ausharren ernten. Es ist das eine eindringliche Lehre, die wir auf verschiedene Weise zu unserem Stommen berusen künnen.” Eine von Diesen Lehren, heißt es weiter, sei die, daß man Feine fremde Macht mehr als Vermittler zwischen Rußland und den Westmächten anerkennen werde, „Wie kam es, daß wir im legten April geneigt waren, die Früchte von so viel Tapferkeit und Selbstverleugnung zu opfern und Rußland zu gestatten, daß es mit vermehrter Stärke, erhöhten Ruf, unschäsbarer Erfahrung und jeder Leichtigkeit zur Erneuerung des Krieges, so oft es denselben für rathsam hielt, aus dem Kampfe hervorging ? Der Grund ist bekannt. Weil wir in Wien unterhandelten und eine Macht, die selbst vor dem Kriege zurück­hrat, mit einer Art vermittelnder Funktion zwischen den kriegführen­­den Mächten betrauten. In dem Bestreben, Oesterreich zu gewinnen, haben wir Ruß­­land Propositionen so günstiger Art gemacht, daß nur der verblendetste Dinkel sie ver­­werfen konnte. ... Sobald der Kaiser von Rußland Friede zu machen wäünscht, so weiß er, wo Diejenigen zu finden sind, mit denen der Friede zu fehliegen ist. Wir haben ein Recht, Darauf zu bestehen, daß der Fünfzige Friede sich lediglich auf die Hauptbe­­theiligten beschränke. England und Frankreich haben den Kampf bisher gekämpft und sind bereit, ihn ohne Beistand der deutschen Mächte zu führen und an, ohne ihren Beistand die Friedensbedingungen festzustellen. Bon Angeficht zu Angeficht sind mir unserem Beinde im Felde entgegengetreten, und Angeficht zu Angeficht sind wir geneigt, sobald meise und gemäßigte Rathschläge in St. Petersburg die Oberhand gewinnen, ihm in Konferenzen entgegenzutreten, um glücklich von Statten zu gehen, müssen die Unterhandlungen auf die kriegführenden Mächte beschränkt sein, und wenn Rußland den Frieden will, muß es ihn direkt von denen begehren, gegen die es sebt seit 112 Jahr einen ungerechten und unglücklichen Krieg geführt hat. England und Frankreich haben Alles zu gewinnen und nichts zu verlieren, wenn sie den Krieg verlängern. Wir haben Mannschaften, Geld und Schiffe und zwei ganze Nationen hinter und. Unser Kampf ist gerecht, und darauf kann fi Rußland verlassen, daß wir die Waffen nicht eher nie­­derlegen werden, als bis wir unser Werk sollendet und von der angreifenden Macht Bürgschaften erhalten haben, die uns überzeugen, daß wir mindestens in dem nächsten halben Jahrhundert nicht nöthig haben werden, nochmals­­ gegen den gemeinschaftlichen Feind und Feld zu rüden.“ Schwarzes Meer. B­eliffier hat die Zeitungskorrespondenten auf Balaslawa und die Karabelnaja beschränkt, wed er in Kamiesch, noch in Sebastopol selbst, am wenigsten aber auf dem Chamli > Plateau bei dem GroS der Operationsarmee Duldet er sie. Was man von hier aus hört, beruht auf den Erzählungen von Kaufleuten, die ihre Waren in die Des­pote abliefern und den Truppen nachziehen. Auf dem Pontus haben Die Stürme bereits begonnen. Dem „I. d. Conft.“ wird aus Sebastopol ges­­chrieben, daß die Russen beabsichtigen, si bei Simpheropol zu konzentriren. Man wollte ferner wissen, daß die Räumung der Nordseite von Sebastopol eine Längst beschlossene Sache sei und die Streitkräfte auf den dortigen Höhen fortwährend langsam vermindert würden. Die Errichtung von ‚Erb‘ womit man noch mehrere russische Bataillone bez

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