Pester Lloyd, Dezember 1855 (Jahrgang 2, nr. 280-304)

1855-12-08 / nr. 286

RE Bi­ ersuchen jene unserer Herren Abonnenten, deren Der Pränumerationspreis beträgt für­­ bei täglich einmaliger Zusendung A fl, druckten Adressenfehleifen wird gebeten. WEN her bis Ende März, RE 2 täglich s zweimaliger A­­ga Pränumeration mit lette Dezember endet, Dieselbe Baldmöglichst erneuern zu wollen. Iren mit täglich z­weimaliger Zusendung ing Hans 31.30 Er. mit Postversendung . 30 Er, welche in fr­ansi­rten Briefen einzusenden sind, ist Weitblut einer der ge: Die Expedition. nen 3.0 ru a h EZ. : UBB - u MSB groß, Daß Neue Hoffnung für den Weinbau. — West, 7. Dezember. Neben der­­ Produktion von Körnerfrüch­­ten und Schafwolle, bildet die Weinerzeugung den wichtigsten land­­wirthschaftlichen Faktor Ungarns. Nicht nur der sogenannte „König der Weine“, der auf der Gebirgskette der Hegyallja seinen Sit aufgeschla­­gen, auch der große Hofstant in seinem Gefolge, der sich über das ganze Land hin aus­dehnt, hat unter dem Titel „Ungarnwein“ sich allge­meine Anerkennung erworben. Allenthalben wird dem angestammten Adel, der „geistigen” Begabung gehuldigt, mit denen Mutter „Natur“ ihn ausgestattet, — allenthalben, „so weit die deutsche Zunge reicht,” wird ihm der beste Geschmad abgemonnen. Gar viele Millionen würde Ungarn durch dieses übereinstimmende »einheitliche Gefühl«der sonst so vielfach zersplitterten Deutschen haben gewinnen können­,aber leidet­,zum größten Nachtheile für deutsche,,Ge­­schmacksbildung·«und ungarische Weinkultur,hat die»deutsche Zunge« ihre sehr engen Schranfen, — die Zollfehranfen. Ehe das Glas guten Tischweines son Dfen nach Berlin gelangt, um dort die bürgerliche Tafel zu würzen, muß es dem­­ Zollbeamten einen Tribut abtragen, der in gar feinem Verhältnisse ‘zu feinem bierartigen Preise sieht, und denselben häufig genug auf d­as Doppelte steigert, und noch höher. Wir unter­­lasfen heute, die regenreichen Folgen zu detailliren, die eine Herablegung der Weinzölle für den vaterländischen Weinbau haben müßte, waren doc zur Zeit der österreichische deutschen Zollverhandlungen die Hoffnungen und Bestrebungen aller ungarischen Defonomen eben d­iesem Zolle und fei­­ner Herabminderung zuge­wendet, war. Doch die Enttäuschung sehr bitter empfunden, als es am Schluffe der Holl­onferenzen sich herausstellte, daß wir ed nur mit , frommen Wünschen” zu thun gehabt! Dagegen beeilen wir uns, hier folgendes, aus Wien an uns gelangte Schreiben mitzus­theilen, «welches dem Beweis liefert, daß Freiherr v. Brudh­au die­­sen" Zweig nationalen Einkommens wesentlich zu fördern bemüht ist. Der Brief lautet: "Von bevorzugter Seite wird uns die erfreuliche Nachricht mitgetheilt, dag von Wien aus neuerdings Schritte geschehen, um von Preußen eine Herablesung des Zwischenzolls auf österreichische Weine zu erlangen, und gibt man sich der Hoffnung hin, daß die diesfälligen Bemühun­­gen­ nicht ohne einen günstigen Erfolg bleiben werden. Man ist hier Der aller­­dings wohlbegründeten Ansicht, daß Preußen um so eher in eine Herabfegung des gedachten Zwischenzolls ein­willigen könne, weil es eigentlich nur die sü­d- Deutschen Staaten sind, welche von dem österreichischen Wein zu fürchten hät­­ten, und­ zwar nicht allein weil die Tiroler und ungarischen wohlfeilen Weine dem wohlfeilen fündeutschen Wein den Abrat versümmern könnten, sondern weil auch swohlfeiler Wein die Ausfuhr der starken Biere aus Baiern verdrängen w­ürde. Nun aber sind es durchaus nicht die süddeutschen Staaten, sondern lediglich nur Preußen, welches an dem Weintarif festhält, während er Doc auf der Hand liegt, Daß Die ungarischen Weine den edlen Rheinweinen keinen großen Schaden zuz fügen können, und zwar nicht, weil die schweren und feurigen Sorten der ersteren die Konkurrenz mit den lebteren zu seheuen hätten, sondern weil sie, ohnehin schon theuer, auch nicht in größerem Maße geworfen werden Finnen ohne Nachtheil für die Gesundheit.­­ Sie werden immer nur bei besonderen Gelegenheiten getrunken werden, wie es schon recht geschieht. Die mehlfeilen Ungarmweine aber, die leichten Rothmweine sind von den R Rheinmweinen so verrschieden, daß sie, als ein völlig an­­deres Produkt, für eine völlig andere Konsumtion und für eine ganz andere Kafse von Konsumenten betrachtet werden müssen. Konkurrenz findet aber in der Regel, und besonders in diesem Halle, nur bei gleichen Konsumenten statt. Die wohlfeilen Ungarweine dürften leicht Das sogenannte, und leider nur „soges nannte" bairische Bier im Norden verdrängen. An die Stelle der Bierstuben würden Die Weinstuben treten, und wahrlich mit Bortheil für die Gesundheit und mit Rücwirkung auf den Geist und das physische Behagen.’' Erhält aber erst unter Wein-Handel Flügel, um die Zollver­­einsgrenzen zu ü­berschreiten, dann sind wir auch um die Wein-Pro­­duktion nicht weiter besorgt. Freiherr v. Bruch ist der Mann nicht, derung eine „Scheide ohne Klinge” darzureichen vermöchte. Die auf dem Weinbau Ungarns so fehwer lastenden, von uns bereits mehrfach bes­­agten Momente müfsen und werden die entsprechenden Modifikationen erfahren, — die seit lange beantragte „Pester Zentralweinhalle" wird vom Papier zum praktischen Leben übergehen. G Wien, 5. Dezember. Obwohl erst nach fünf Tagen die Sub­­striptionen auf die Aktien der neuen Kreditanstalt werden an­­genommen werden, To ft der Andrang des Publikums um die vorgez­cchriebenen Blanquets bei der Nationalbank seit einigen Tagen sehen so die Anforderungen der­ Parteien nur mit der größten Mühe befriedigt werden können. Geschäftsfundige ist, Leute der Shäpen nach dem Grade der Theilnahme, wie sie ss für das neue Institut auf dem hie­­sigen Plage bisher geltend gemacht, die Höhe muthmaßlichen Ein­­zeichnungen auf 50—60 Millionen ; da aber die öffentliche Substriktion mit 45 Millionen Gulden Ermitert so würden großartige Redittionen zu­ erwarten sein. Was die Bildung­ des­­­erwaltungsrathes anlangt, so sol dieselbe bereits solendet sein. Die 44 neuen Personen für Diese Korporation sind bereits gewählt, und da die sieben Gründer den Sta­­tuten gemäß als Glieder in den Verwaltungsrath eintreten werden, so wird diese Körperschaft hiedurch, vollzählig sein. Die italienische Eisenbahnfrage it noch immer nicht erledigt. Wie ich höre, so wäre es recht beantragt, daß­ die lombardischen Banquiers und Gutebefiker, die wegen der Uebennahme der Bahnen mit dem Staate in Unterhandlung gestanden sind, in die Kreditgesell­­schaft als Aktionäre mit einem namhaften Betrage eintreten sollen; sie wären dann nicht übergangen, wenn der Staat das Geschäft mit der Kreditgesellschaft, deren Partizipienten sie in diesem Falle wären, ab­­sehliegen würde. Um diesen Kernpunkt sollen sich fest die Unterhand­­lungen der Regierung nach beiden Richtungen hin drehen. Der Bevollmächtigte der Gesellschaft von ber­sischen Kapitalisten für montanistische und Eisenbahn­­unternehmungen in Ungarn ist von hier wieder in seine Hei­­math abgereist. Er wird sest seinen Mandataren die Pläne und verein­­barten Entwürfe, (deren Nederlegung Ives Französische vorher hier verz­anlast wurde) vorlegen, und sich mit dem Eintritte der besseren Jahres­­zeit wieder nach Oesterreich begeben, worauf Die­ Ausführung der einge­­leiteten Unternehmungen in Angriff genommen werden soll. Ueber den Plan, von dern eine hilfige Zeitung kürzlich bez richtet hat, Wien mit Belgrad dur eine Eisenbahn zu vereinigen, wozu eine neue, große Kapitalistengesellschaft sich zu bil­­den im Begriffe stehe, habe ich bisher nichts Näheres erfahren künnen, und ich vermuthe, Daß Die ganze Meldung auf einem Irrthum beruht, der aus der Nachricht von der bevorstehenden, gä­nzlichen Vollendung der Wien-Raaber Eisenbahn entstanden ist. Diese Bahnlinie Tiefe sich später allerdings zur Ausführung eines solchen Unternehmens benußen. Englische Stimmen zur Friedensfrage. + „Die Friedensfrage ist nun angeregt‘, sagt die „Post‘’ in ihrem ersten gesperrt gebrachten Leitartikel und nach einem sehr stolzen Hinweis auf die Waffenthaten der Westmächte und die Niederlagen des einst so gefürchteten, heute aber , selbst den Türfen verächtlich gewordenen‘ Rußland, — zeichnet sie in allgemeinen Umriffen die Gestalt des Griedens, welchen England Coder jedenfall Lord Palmer from im Auge hat: »Die Waffen Englands und Frankreichs haben die orientalische Frage faktisch gelöst.Anders stand die Sache voriges Jahr.Es kommt jetzt nur darauf an,die errun­­genen Resultate permanent zu machen».Die nothwendigste Bedingung zu diesem Be­­buf ist die Bernichtung der russischen Macht im Schwarzen Meere.Sebastopol darf sich nie wieder zur Bedrohung der Türken erheben­ noch darf je wieder eine russische Kriegsflotte auf den Wellen des Pontus schwimm­en.Dies ist unumgänglich,dies sichert Konstantintopel und schü­tzt die Freiheit der euxinischen Gestade.Wenn aber auf diese Art den Russen der Wasserweg gegen die Türkei versperrt ist,so muß der Landweg ihnen ebenso fest verrammelt werden.Rußland m­uß die Donaus­mündungen aufgeben und diese nebst den von der russischen Schirmschaft befreiten Donaufürstent­­üm­er 11 müssen der Türkei durch die bindendsten Garantien zuge­­sichert werden.Auf jegliche Anmaßung und Einmischung der Unterthanen der Pforte gegenü­ber m­uß Rußland vollständig Verzichten,ferner andere die Ostsee und die allgemeine Interessen Europas betreffenden Anordnungen annehme an einer Fassung,welche an der sichern Festigkeit und Kraft des angestrebten Frie­­dens keinen Zweifel bestehen ließe.Diese Umrisse der einzigen Friedensbedingun­­gen,welche unserem Deck entsprechen würden,enthalten die einzige Art von Vorschlägen,denen die Westmächte mit gutem Fug Gehör geben könnten,—da sie gewiß sind,daß,weist Rußland sie jetzt zurück,noch ein Feldzug ihre Annahme erzwingen wird.Wenn Oesterreich mit seinem annähernden Unterhandlungsschritt die Erzielung von so befriedigenden Bedingungen zum Deck hat und wenn es bereit ist,wie Schweden und Dänemark dies sind,sein Urtheil zu unsern Gunsten abzugeben und wenn die Noth gebietet,die Geltung dieses Urtheilspruchs zu er­­zwingen—­dann wird es niicht der Westmächte,Eröffnungen,die keinen unge­­wissen Schein oder diplomatische Chikane auf der Stirn tragen,sondern offen bestimmt und redlich sind,Beachtung zu schenken. Dagegen nimmt das»Chronicle«an,daß die vorherrschende Stimmung der Nation­ Großmuth und Friedfertigkeit in einem Grad athme,welcher dem fremden Beobachter unerklärlich scheinen könnte. König Viktor Emanuel werde beim Anblick der furchtbaren Rüstkammern von Woolwich und Portsmouth begriffen haben,wie das«Bewußtsein unwiderstehlicher Kraft es sei,was England diese,,Erhabenheit über gewöhnliche Leidenschaften lehrt«.England habe das Bewußtsein,so viel gethatt zu haben,daß ein einziges Wort vom Feinde uns deh­ Nothwe­ndigkeix­­den würde,mehr zu thun.­«Nun folgt die pli­­tische Yuan ! Theilt Lord Palmerston dieses allgemeine Wolfsgefühl? Wird er von den­selben hochherzigen Gesinnungen bestimmt, wie seine Landsleute? Fann er iit dazu aufschwingen, seinen angebornen Stolz und die Aussicht auf Rache für den jahre­­langen Schimpf zu opfern, den er als Diplomat von den verschiedenen absolutisti­­schen Staatsmännern Europas zu ertragen hatte? Dies ist die eigentliche Frage des Augenblicks,. Die Gelegenheit zur­­ Wiederherstellung des Friedens ist vorhanden. von mehreren Seiten kommt die Vereicherung, daß nicht nur Vorschläge gemacht sind, sondern daß Unterhandlungen längere Zeit im Gange gewesen und... Wir können ung kaum eine Stellung von größerer Verantwortung wenfen, als die, welche Lord Palmerston in Diesem Moment einnimmt... Bevor die Bedingungen be­­kannt sind, unter denen man Rußland empfiehlt, Frieden zu machen, kann das Land nicht für oder gegen ihn entscheiden. Doch so viel fit gewiß, — sollten jene Be­dingungen genügend sein und er trosdem sie vernwerfen wollen, so sind andere Staatsmänner bereit, der Krone in dieser Schwierigkeit ihren Beistand zu Ieiften. Vergleicht man das Friegerische Programm vor , Holt" mit Den letz­ten Zeilen des „‚Chroniele-Artifeld, so erscheinen Die nachfolgenden gleichzeitigen Enthüllungen des , Apvertiser' nicht ganz aus der Luft ges griffen. Wir brauchen kaum zu erinnern: Daß lebt eres Blatt der Demoz­­ratische, so wie „Post“ der aristofratische Schildträger Palmerstons ist. Ein „‚Korrespondent‘ meldet ihm als ein im Westend verbreitetes und glaubwürdiges Gerücht, daß Palmerston durch die „Intriguen Der aristo­­fratifggen aktion” in und außerhalb des Kabinets in die Enge getrieben, sich zur Abdankung entschlossen habe. In diesem Fall werde die Königin Lord 9. Neuffell rufen, der die Bildung eines neuen Ministeriums ab­­lehnen, aber eine Kombination, die ihm den Weg zur Premierschaft bah­­nen müßte, empfehlen werde. — Im Leitartikel zieht nun der , Advertiz fer" gewaltig gegen die Hofpartei und die Majorität im Kabinet 108, welche die Existenz russischer Eröffnungen beharrlich ableugnen lassen, um das Publikum in Sicherheit wiegen und mit dem fertigen Friedens­­machwerk überrumpeln zu künnen. Lord Palmerston bleibe seine Wahl als entweder noch tiefer als Lord 3. Nuffell zu fallen oder durch seinen Rück­­kritt der Nation die Augen zu öffnen und eine rechtzeitige Warnung zu geben. „Resignation ist nach Allem was wir hören der einzige ehrenhafte Ausweg, welcher dem edlen Lord offen steht; denn nicht mit einem feindlichen Unterhaus, son­­dern mit einem unfreundlichen Kabinet hat er zu kampfen. Möge er denn ohne Wet­­ter es ausscheiden, und wir werden bald fehlen, wer­­ stärfer ist, das Land oder der Hof in Verbindung mit der Ministermehrheit.” Der ministerielle „Globe“ begnügt si in ziemlich allgemei­­nen Ansprüchen darauf hinzu­weisen, daß sich der Stand der Dinge seit dem Abbruche der Wiener Konferenzen geändert : Sebastopol ist unser. Wir haben ein Unterpfand in Händen ! Wer mag noch behaupten, daß Rußland, um des Friedens willen, sein Opfer zu bringen, seinen Preis zu zahlen habe? Die „Times“ scheint nicht nur seine Ahnung von einer Meinungs­­verschiedenheit im Ministerium zu haben, sondern sie thut in ihrem letz­tenden Theile der Unterhandlungsversuche, über die man ihr aus Wien und andern Orten berichtet, mit feiner Silbe Erwähnung. Hierbei ist zu bemerken, daß Die überwiegende Mehrheit ihres Publik­ums die Mit­theilungen vom Kontinent selten eines flüchtigen Bildes würdigt, und überhaupt seine heimische und auswärtige Frage kennen lernt, bevor Der Reitartikel sie ihm v­orgestellt hat. © Temesvár, 4. Dezember. Galgóczi hat in seinem sehr verdienst­­lichen Werfe über die landwirthschaftliche Statistik Ungarns eine bedeutende Zahl inländischer Orte aufgezählt, deren Jahrmärkte in Der einen oder der an­­deren Hinsicht zur Wichtigkeit gelangt sind. Ein Temespärer würde sich wundern, daß so viele obifure Namen der alten, ruhmreichen Stadt Temesvár in dieser Hinsicht vorgezogen werden, um so mehr, als der Verfasser Die Märkte Temes­­várs zwar nicht unerwähnt laßt, aber, was für uns noch fehl immer , von ihnen nur so viel erwähnt, Daß dieselben sich nicht zu jener Höhe erhoben haben, wozu sie Die Verhältnisse der Umgegend und der Reichthum an Rohprodukten berechti­­gen würden. Wir führen dieses an, um den Beweis zu liefern, daß es­ seine Parteiansicht ist, wenn man behauptet, die Temerspärer Jahrmärkte seien vert­rümmert, und zwar dam­it , weil man Alles unterlassen hat, was ihren Auf­­schwung befördern konnte. Imdesfen dürfte die Zeit bald um sein, wo Partitu- Tarinterefsen das Gemeinwohl unterdrücten. Die hohe Ei, Staathalterei hat bereits die Anordnung getroffen, daß Das bisher als Marttplat bewüßte Terrain vor dem Wiener Thore planirt werden soll, und dies bedeutet nicht we­­niger, als daß in Zukunft alldort sein Jahrmarkt mehr abgehalten werden darf. Wohin derselbe distozirt wird, soll noch nicht bestimmt sein; es läßt sich jedoch leicht erraten, Unsere Stadt kann doch nicht für ewig das Aussehen eines Mannes mit nur einem gesunden Arme behalten. « Für Jagdfreunde theilen wir mit,daß vor Kurzem auf dem Territorium der naheliegenden Gemeinde Liebling ein ermatteter Hirsch gefangen wurde.Es fand sich,daß das edle Thier,wahrscheinlich ein Flüchtling aus Siebenbürgen, angeschossen war.Der einstige hierartige Bürgermeister­,Josethlapka,hat im Jagdwalde,welcher zu unserer­ Stadt gehört,vor etwa 70 Jahren den letzten Hirsch erlegt,und seither ist ein solcher lebend und frei in dieser Gegend nicht­ gesehen worden. Auch ein Schwan wurde hiernächst geschoffen. Der naive Schübe sah das poetische Thier für eine Wildgang an ! EEE a a a Sonntagsbrief.­ ­Eine Krönung, — Der traurige Monat November, — Die schöne Epifuräerin, — Daguerrentppische Dramen. — Lü­dlen im Repertoir des Nationaltheaters, — Nomen und Sulte, — Shafespeare am Sonntag.) A.D. J8ir haben jüngst Pariser Klagen über die Prosa der Zeit veririrt, und wollten eben zu einem schönen Gegenfab überspringen, als der uns offene Raum plöglich geschlosfen wurde; die Poesie, deren Spur wir nachzumessen hatz­ten, mußte draußen bleiben. Der Gegenfaß, von welchem wir damals erzählen wollten, trug sich eben während der Schlußfeierlichkeiten der Industrieausstellung zu. ’ Ein alter, lieber Geist erwachte in einer Stadt Europa’s, der Geist, der dem Geist zu Huldigen weiß, der im Mittelalter die Bevölkerung ganzer Städte auf die Beine brachte, zu seinem anderen 3wed, als daß sie freudevoll zusähe, wie einem Poeten die Krone gereicht wird. In den rechten Tagen des Novem­­bers feierte eine ganze Stadt ein großes Deft, Deputationen anderer Städte ka­men herbei. Die städtischen Behörden warfen sich in Feierkleider, ein Minister des Staates kam nach dem Schauplab der Feierlichkeit, er hielt eine goldene, mit Perlen belebte Krone in der Hand, und febte sie vor allem Bolt — einem Maler aufs Haupt. Die Stadt ist Antwerpen, der Minister war der Minister des Ins­­ern von Belgien, und der Maler heigt Leys. Kringt das nicht wie eine liebe Mähr aus dem Mittelalter ? und Doch ist es eine wirkliche Geschichte, und deshalb um so schöner. Es war das wohl das schönste Ereigniß im „traurigen Monat November”, in dem Monat, der sich sonst durch Nichts , als durch Nebel, Regen und lebens­ müde Menschen auszeichnet. Da geht ein Schauer und Bangen Durch die Na­­tur, ein thränenreiches Abschiednehmen von der Sonne, dier nun immer schiefer zu unserer Erdhälfte steht. Man sagt, im Monat November, in dem die lechten Blätter von den Bäu­­­­men fallen, in Dem Nichts mehr reifen kann, reifen Die Gedanken Derjenigen, Die auf Selbstmord sinnen, zur That. Und wirklich schienen mehrere Bälle, die sich hier ereigneten, dieser Behauptung Recht geben zu wollen. Doch erfehren in Sranfreich Dieser Tage ein Buch über Den traurigen Gegenstand, Den uns der Monat November in Erinnerung gebracht hat, Das ganz andre Ursachen dessel­­ben nachweist. Die meisten Selbstmordfälle, sagt der Berfasser, der in seinem Buch Sranfreich vor Augen hat, kamen unter den gebildeten Ständen vor. Wäre die Bildung ein so tödtliches Gift? Nein, aber die einseitige Bildung ist 28. Beweis dessen ist in Bezug auf den berührten Gegenstand die Zeit des Berz­falls bei den Alten ; die Stoifer und die Epikuräer,­ Jünger einseitiger Philoso­­phie, zählten Die meisten Selbstmörder unter sich. Wir erinnern uns hier an die sehöne Epifuräerin Marguerite Gautier, die Dame mit den Kamelien, sie öffnete sich aber nicht Die Adern im Bade, sie mischte sich mit Gift in den Trank, sie öffnete ihrem Leben nicht mit einem Dole den Ausgang , Be afphirirte sich nicht mit Kohlendampf, sie sprang nicht in die Seine, sie schlang sich Fein mörderisches Band um den weißen Hals,­­ ihre Dol, ihr Gift, ihre Kohlendampf waren Bälle und Champagner. Sie spielte die Tragödie der Zivilisation, die es zuweilen versteht, sich zu Tod zu lei­ben, und Dumas machte ein Drama , der neuen Schule‘ daraus, — der Schule, die sich zur Schule der eigentlichen Poesie verhält, wie Daguerreotypie zur schöpfe­­rischen Kunst. Ein guter Daguerreotypeur zu sein, ist übrigens auch etwas Ver­­dienstliches. Es ist auch nicht ganz ohne Verdienst, wenn eine Direktion sollte Daguer­­reo typische Dramen, die in Paris großes Aufsehen gemacht, auf die Bühne bringt. Sie befriedigt einerseits dadurch eine gerechte Neugierde des Publikums, und geht andererseits d­enselben Weg, den das Drama heute überhaupt geht; sie macht die Entwickklungstrümpfe, die Fehler der Uebergangsperioden mit, und wird im guten Falle mit den übrigen Bühnen zum Guten und Beten durchdrin­­gen, und im schlimmen Falle in geistiger Beziehung nichts Neigeres bringen, all jene. Wir wissen wohl, daß das Nationaltheater die Aufführung Aufsehen erre­­gender Ephemeriden, wie die oben erwähnte, mehr dem Streben einzelner Büh­­nenkräfte, namentlich bei Benefizevorstellungen derselben, zu verdanken hat; aber gewiß ist die Bereitwilligkeit, mit welcher die Aufführung dieser Novitäten unterstüßt wird, auch auf Rechnung des Bestrebens zu bringen, Das die Inten­­danz an den Tag legt, um das Publik­um nan allen Seiten hin zu befriedigen. Im Vertrauen hierauf machen wir Die Kräfte, Die Dramatische Werfe für das Nationaltheater bearbeiten, auf Die dramatischen Dichter aufmerksam, Denen wir auf der ungarischen Bühne am wenigsten begegnen, die aber sowohl dem Puz­blikum willkommen wären, als auch den exzellirenden Kräften Gelegenheit böten, ihre Fähigkeiten in Dankbarer Weise zu erproben. Otto Ludwig’s, Oubinm’s und Hebbels Werke gaben eine mürdige und gewiß dankbare Auswahl von Stüden, die vom Publik­um und von der Kritik gleich beifällig aufgenommen würden. Möge z. B. Jemand der Frau Iolat Gelegenheit geben als Judith, und Herrn Egreffy als Holofernes aufzutreten. Das Nationaltheater darf schon solche Versuche wagen,wagt es doch auch Shakespeare zur Aufführu­ng zu bringen,obwol die Shakespeareabende nicht zu denjenigen gehören,an welchen man Vor Gedränge nicht zu seinem Sperrsitze gelangen kann.Mäßig,beinahe wie an einem heißen Sommerabend,war das Theater gestern den6.besucht,trotzdem oder weil,,Romeo und Julie«gegeben wurde.Die begeistertsten Freunde Shakespeare’s ziehen es vor,ihn zu Hause allein oder in geselligem­ Kreise zu lesen;dieselben sind aber auch dankbar dafü­r, wenn sie ein oder das anders Wort in rechtem Sinne,mit rechter Empfindung gesprochen hören.Und,mit bescheidenen Ansprüchen,hatte das Publikum der letzten Aufführung vo­n»Romeo und Julie«­Ursache,theilweise zufrieden zu sein«Wir erwähnen hier Frau Bulgovsky,die angulie in der Bal­­konscene,im Gespräche mit Romeo die zartesten­,wohlklingendsten Töne hören ließ­ und das»gute Nacht!«in unübertrefflicher Weise sprach.Auch in den Szenen,die noch folgen,war sie voll tiefer Empfindung.Die geschätzte Künst­­lerin hat eines der glücklichen Organe,die nur leise zu flüstern brauchen,und doch vernehmlich klingen.Herrn Feleki gelingen die modernen Salonschwärmer, die Gluth EJromeo’­E gehört aber nicht zu den Seelenzuständen,die er darzustellen weiß.Am fühlbarsten war dieser Mangel in der Szene bei Lorenzo,wo sich Romeo selbst kennzeichnet,indem er sagt: Wärest du so jung,wie ich,und Julie dein, Vermählt seit einer Stund’erschlagen Tybalt, Wie ich von Lieb’entglüht,wie ich verbannt: Dann möchtest du nur reden,möchtest nur Das Haar dirraufem dich zu Boden werfen, Wie ich,und so dein künftiges Grab dir messen. Hier bereitete Herr Feleki die Zuschauer weder durch Gluth der Sprache, noch durch Gluth der Aktion darauf vor,daß er sich zu Boden werfet­ werde. Hervorzuheben finden wir noch Herrn Bolnai,der die hextqreJroni»e«Me»t­ cu­» tíns gut erfaßte. Auch die Amme wurde von Gian Therese,Horsäth nit übel gegeben. von den Hebungen laßt sich nichts weiter sagen, als da sie eben

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