Pester Lloyd - Abendblatt, Juli 1857 (Jahrgang 4, nr. 147-173)

1857-07-24 / nr. 167

Abendblatt des Petter Floyd. = Be Emm Redaktions-­­ Bureau, Do­­ersten Grod. ra IE Per, 1857. Freitag, 24. Juli. ro. 167. — Wien, 23. Juli, Ich beeile mig, Ihnen zwei interessante Nacı­ Öten mitzutheilen. Der Vorschlag der „O­berungarischen Berg­erfsindustrier und Eisenbahngesellschaft,” mit der Theiß- Ingesellsgaft eine Koalition einzugehen, wurde in einer gestrigen Berathung t­­iebtgenannten Gesellschaft nicht genehmigt. Wie es scheint, hat Die der ungarische Gesellschaft die Zmedmäßigkeit und Nothwendigkeit ihrer Pro­­fition nicht genügend motipirt, um Die Theißbahngesellschaft von ihrer pro­­fuirten Trace abgehen zu machen ; überdies ist der Bau der Gtrede von agy­­da nach Ungnar, in den Propositionen als Pflict der Theisbahngesell­­art eingestellt, nach genauen Untersuchungen als unausführbar er sefen. Soll daher der Oberungarischen Eisenindustrie Gerechtigkeit wider O pfer ihr gebracht werden dürfen. Dielleicht liefern die soeben von ihrem latte veröffentlichten Daten über die in Rede stehende Eisenindustrie das er­­ünschte Materiale , um so größer­st in diesem Salle das Verdienst ihres erfassers, des Herrn Dr. Bidermann. Die zweite Nachricht, die mir soeben zugeht, betrifft Die angestrebte BVer­ 00,000. fl. nämlich auf 1,000,000. Wie mir verläßlich beh­äutet wird, Hatte je, bezügliche Deputation, als Vertretung der Direktoren und Zensoren der enannten Filiale, nachdem sie gestern ihr Anliegen dem Herrn Bantgouverneur argetragen, heute eine Audienz bei Sr. Erzellen, dem Herrn Finanzminister u­nd nahm an beiden Orten Aeußerungen entgegen, melde Hoffen lassen, bag re Schritte nicht erfolgl­o­s bleiben. an Politische Rundschau, 24. Zul. Ein Odessaer Brief der Pariser: „Dreffe" berichtet über sehr ernste völkerrechtwidrige Unbilden, welche die zuffischen Behörden sich gegen Die, nach dem Abzuge der unwestmächtlichen Armeen in Sebastopol zurückgebliebenen Franzosen erlaubt haben sollen. Auf Einladung des Admiral Budatoff waren nämlich 68 französische Kaufleute von Kamiesh nach Sebastopol übersiedelt und hatten dort Etablissements errichtet, deren Gesammtmwerb­ sich auf etwa Eine Million Stancs belaufen mußte. Die Heine Kolonie sandte allein zur Unterfinchung der Ueberschwermten im Mutter­­lande 6000 Free­ in die Heimat ab. Sobald aber Budatoff bird) Den Bízes­admiral Hefe in dem Kommando Sebastopols erlebt warb, begannen Die Chifa=­nen gegen die Ausländer , in welche endlich im November den Befehl erhielten, binnen acht Tagen die Stadt zu räumen. Mehrere Kaufleute begaben sich in­folge dessen mit ihrer Habe nach Dodeffa, kehrten indes im Februar wieder in die Krimm zurück, nachdem Graf Stroganoff, der Generalgouverneur Neurußlande, die Ordonanz Heise's Fafhirt hatte. Bald aber änderte an Stroganoff seinen Sinn und, angeblich auf ter­­egraphischen Befehl des Kaisers, wurden die Franzosen angewiesen, bs zum 27. Sunt auszuwandern, wenn sie nicht in Seiten zu Lande nach Ddefja trans­­portirt werden wollten. Gleichzeitig traf die Lokalpolizei alle Anstalten, um ihnen den Verkauf ihrer unbeweglichen Güter unmöglich zu machen, untersagte ihnen z. B. den Gebrauch des städtischen Tambours zur Ankündigung der Li­­zitation u. fe .. Am 30. Juni wurden wirklich sämmtliche Franzosen durch eine aus 200 Mann bestehende Abtheilung Polizeisoldaten aus ihren Wohnun­­gen gerissen und, nachdem man ihnen kaum Zeit gelassen, etwas Wäsche mitzu­­nehmen, wie Verbrecher an Bord des russischen Schiffes , Baladlama" eskortirt, das sie nach Ddeffa brachte. Die zurückgelasfenen Bouti­en solen darauf von rufsischen Soldaten geplündert worden sein, den Werth des so vernichteten franzö­­sischen Eigenthums schäbt der Korrespondent auf 200.000 Fred. Auch eng­e­fe Gräber auf den Militärfriedhöfen sind nach demselben Bericht­erstatter mehrfach von den Auffen entweiht worden. Aus Konstantinpoyel vom 18. wird telegraphirt : Zur Zerstarfung der Armee in Syrien sind 10 Bataillons bestimmt. Die Tieher­­feffen rüsten sich fortwährend zum Kampfe gegen die Naffen und befestigen besonders Gelentshid. Die Expedition des Surreya Palcha gegen die Unruhstifter in Naplus hatte guten Erfolg. Wie der „D. A. Zig.” gemeldet wird, hätte Lord Nedcliffe pas, ihm von Lord Glarendon zur Begutachtung überwiesene Projekt zur adminis­­trativen Union der Donaufürstenthbümer einfach ad acta­elegt. Es heißt, die holsteiniíd­en Stände sollen am 17. August zusam­­­mentreten. Der „Espero” meldet: In Oneglia sind am 14. d. M. in den Wohnungen des Herrn Medoro Gravini aus Piacenza und des Herrn Carlo Allesfandrini aus Bologna Haussuchungen vorgenommen worden, worauf Beide die Welsung erhielten, die piemontesischen Staaten zu verlassen. Ale großen englischen Blätter vom 23. sprechen sich mit Absehen gegen Mazzini aus und drucen den betreffenden „Monsterr"Artitel ab. Prinz Albert wird am Samstag nach Antwerpen abreisen, um der Hochzeit Gr. fatferl. Hoh. des DurHi, Herrn Erzherzogs Berbinand Mar beizumahnen. Im „Univers“ finden wir folgende Mittheilung : „Schon seit einigen Jahren waren Beranger’s Ansichten über die katho­­lische Religion anders, als zur Zeit, in der seine irreligiösen, aus der Epoche der Restauration herrührenden Dichtungen solchen Erfolg hatten. Er selbst­ete von Zeit zu Zeit merken, i wie­ er bedauere, daß jene mehr als heftigen Angriffe sein Werk seien. Er hatte eine Nonne zur Schwester, Marie-des-Anges, eine würdige, achtungsmerthe Frau, die nie aufgehört hat und auch fest noch nicht aufhört, für ihn zu beten. Er besuchte sie bisweilen in ihrem Kloster, wo er mit rührender christlicer Liebe aufge­­nommen wurde. Sie fürchtete nicht, mit ihm von Gott und seiner Seele zu sprech­en ; wenn er sie auf nicht ohne reife Sronie anhörte, so zeigte er doch nie Bitterkeit oder Ungeduld. Ueberhaupt beobachtete er bekanntlich im Gespräche jederzeit die äußerste Schieiih­eit und Zurückhaltung. Er besprach sich mit seiner Schwester Über seine guten Werke, für die sie sich mehr interessirte, als er glaubte, indem sie hoffte, daß seine Wohlthärgkeitsafte und seine Dienstwilligkeit ihn der göttlichen Barmherzigkeit theilhaftig machen konnten. Beide Geschwister erinnerten sich sehr gerne ihrer Tante, die in demselben Kloster, in welchem Marie-des-Anges lebte, als Nonne gestorben war und ihnen ihr ganzes fer­ben hindurch die zärtlichste Liebe bezeigt hatte. Noch vermochte sich der Geist Beran­­ger’s jedoch nicht sicher einen zwar sehr ehrerbietigen, aber vagen Deismus zu erhe­­ben. So oft von unserem Herrn Sefus Christus die Rede war, [er der Dichter, od» mohl in den ehrfurchtsoffsten Ausdrücken, Doch unverkennbar durchblichen, dag er im Heiland, der Menschen eben nur wieder einen Menschen zu ehren vermochte. Seit einem Jahre schien er jedoch gläubiger geworden zu sein. In einem Briefe an seine Schwester empfahl er sich ihrem Gebete mit der Bemerkung, daß all­er in seinen Gebeten stets ihrer gedenke. In der That hat man in Erfahrung gebracht, daß er sett dieser Zeit gebetet hat. Wir haben Fein Recht zu sagen, welche von der himm­­lischen Barmherzigkeit ausermählte Seele ihn hinlänglich geliebt hat und von ihm­ wie­­der hinlänglich geliebt wurde, um ihm Luft am Gebet einzuflößen und es ihm zur Ge­wohnheit machen zu können. Die demü­thige, trostreiche Ausübung rittlicher Tugend ist für A selöft auferlegten Opfer hinreichend belohnt, sobald sie derartige Resul­­tate erzielt. Als im Laufe dieses Jahres eine zu Beranger auf dem vertrautesten Fuße ste­­hende Person dem Tode nahe war, gab sich der Dichter große Mühe, sie zur Empfang­­nahme der h­ Sterbesakramente zu bewegen. Sie weigerte sich und der Kummer, den er darüber empfand, ließ hoffen, daß er sich entschlossen habe, sich feiner selbst zu er­­barmen. Sin Folge jenes Schielichkeitsgefü­hls, das er im Privatleben stets befundete, oder vielleicht auch von einem höheren Beweggrunde geleitet, sprach er sein Bedauern darüber aus, daß Lammenais sich von der Kirche losgesagt hatte, Lammenais, — sagte er zu seiner Schwester — hatte eine schöne Lebensrichtung vor sich, die er nicht hätte verlassen sollen. Beranger stand in sehr freundlichen persönlichen Beziehungen zu seinem Pfarrer, dem Herrn Abbe Souffelin, den er schon von der Zeit her kannte, in der er noch in Paffy gewohnt hatte. Gleich nachdem er eine Wohnung im Pfarr­­sprengel Sainte-Elisabeth bezogen, besuchte er seinen Priester, stellte ihm alljährlich für seine Armen eine eine Summe zu Gebote und entschuldigte ich, daß er nicht mehr thun könne. Der würdige Priester wußte bereits, daß wohl Das Vermögen Be­­ranger’s beschränkt, seine Herzensgüte aber fast unerschöpflich sei. Als Beranger endlich Frank wurde, gab er sich seiner Täuschung über die Höhe seines Leidens hin. Der ihn besuchende und von Gott sprechende Pfarrer wurde sehr gut aufgenommen. Dem ersten Besuche folgten nach dem Wunsche des Kranken noch mehrere, und einer davon fand ohne Beisein irgend eines Zeugen statt.­ Nach einer „tonsidentiellen Besprechung” (wtr. gebrauchen von Ausdrud , dessen man sich bedient hatte), wollte der Kranke in Gegenwart der gewöhnlich anmwetenden Freunde seinen , Pardon" (Berangers eigener Ausdruch) erhalten. Er bekreuzte sich ehrfurchtssoft, legte das Glaubensbekenntniß ab, betete voll inniger Neue und empfing den priesterlic­hen Segen und die erbetene Bergebung. Am nächsten Tage ließ er den Pfarrer neuer­­dings rufen und sagte ihm vor allen Anwesenden: „Noch einmal den ‚Pardon !" Der Pfarrer glaubte, daß er mit diesen Worten die Absolution verlangt habe, und er­­theilte sie ihm. Bei diesen Vorgängen und namentlich während seiner festen Lebens­­tage befundete Beranger kirchliche Gesinnungen; er rief die Heiligen und Märtyrer an und sagte: „Mein Gott, Du bist so groß und ich so Hein, erbarme Dich meiner !" Bezüglich seiner Gedichte sagte er mit dem Ausdruckk des Bedauerns zu seinem Pfarrer: „Herr Pfarrer, in der Jugend thut man gar Dieles, das man im reiferen Alter nicht mehr thun würde.” In Petersburg wurden vor 14 Tagen viele vornehme­ Familien in tiefe Trawer verfebt. In Folge eines Diners, das an dem St. Katharineninstitut gegeben wurde, in welchem unter dem Patronat der Kaiserin eine große Zahl adeliger Staulein erzogen werden, erkrankten eine­ große Zahl derselben in gefährlicher Art; 6 davon starben bald darauf. Der Kaiser hat se sofort am Ort und Stelle begeben, und befohlen, bag die Zöglinge in den Tauri’schen Palast, am Ufer der Nema verfebt werden sollen, um eine reine Luft in dieser Taif, Residenz einathmen zu können. Aus Wien vom 23. d. wird geschrieben : Die feierliche Schlufftein­­legung in der neuerbauten Granz J­osep­h-Kaserne wird übermorgen (Samstag) im Beisein Sr. Maj. des Kaisers stattfinden. Das Leichenbegängni des Herrn Constantin v. Stinas, Tf. griechischen Gesandten und bevoll­­mächtigten Ministers an dem T. Tf. österr. , 1. bairischen und FE. preußischen Hofe, wird übermorgen (Samstag) 10 Uhr Vormittags stattfinden. Der ver­­storbene Hatte ein Alter von 57 Jahren erreicht,­ und Hinterläßt eine Gattin, geborne Bald, und zwei unmündige Kinder, Demeter und Helene. In der neuesten Nummer der „Gerichtszeitung” seien wir folgende Ent­­scheid­ung des obers­ten Gerichtshofes, die für Ungarn von besonderem Interesse ist: „Aus einem im Jahre 1855 in Ungarn anhän­­gig ge­wordenen Retöftreite wegen Zahlung einer Kapital­forderung und der Binsen ergab sich, das am 1. Mai 1853, an welchem Inge in Ungarn das allgemeine bürgerliche Gefegbuch in Wirksamkeit getreten ist, die Zinsausstände bereits die Höhe der Hauptschuld erreicht hatten. Nun entstand die Trage, ob in diesem Falle die dem ungarischen Rechte fremde V­orscrift des §. 1335 des a. b. ö. B., nach ,n welcher das Net des Gläubigers, von dem Kapitale m wei­­tere Zinsen zu fordern, in­soferne erloschen ist, als er erst vom Tage der er­­hobenen Klage wieder Zinsen verlangen kann, Anwendung finde. — Von beiden Untergerichten wurde Die Trage im verneinenden Sinne entschieden und Der bes­­agte Schuldner zur Zahlung aller Zinsen von der Zeit an, als er mit der Erfüllung seiner Zinsenschuld im Nachstande geblieben war, mithin auch der in der Zeit vom 1. Mai 1855 bis zum Tage der Sllage (14. Jänner 1855) fällig gewordenen, verurtheilt. Ueber das Revisionsbegehren Des Beklagten wurde vom­ obersten Gerichtshofe Das Gegentheil, nämlich die volle Anwendbar­­keit des §. 1335 des a.b. G. B. auf den vorliegenden Fall grundfäglich aus­­gesprochen und demnach der Kläger mit feiner Zinsenforderung, in foferne sie den Zeitraum vom 1. Mai 1853 bis zum Tage der angestellten Klage um­faßt, abge­wiesen.“ Nach einer uns zugegangenen telegraphischen Mittheilung aus Triest hat der dortige Stadtrath in seiner Sitzung vom 22.d.beschlossen,Sr.Exz. dem Herrn Minister Toggenburg und dem Herrn Ministerialrath Ritter v.Ghega das Ehrenbü­rgerrecht der Stadt­ Triest zu ertheilen. Volkswirthschaftliche Rundschau.Die Frage wegen Einrichtung einer permanenten und unmittelbaren Dampfschifffahrtsverbin­­dung zwischen Triest und New York scheint demnächst wieder in den Vordergrund treten zut wollen.Bekanntlich hat man schon vor länger 5“ «

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