Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1857 (Jahrgang 4, nr. 223-248)

1857-10-09 / nr. 230

Zahlungsm­uspindirt.Verwicklungen bei den letzten Fallimente,m-hr abek noch dertr sehr weniger herrschende Mißkredit werden als Ursache dieses Falls angegeben.Die Passiva sollen nur gegen 30.000 fl.betragen.—Demselben Blatte wird aus Wien geschrieben: Die Frau eines bekannten hiesigen Großhändlers spielte seit längerer Zeit auf der Börse.Natürlich,das Klavier und Alexander Dumae’Fis genü­gten nicht mehr, die Etikethy der Kinder ist zu langweilig und den Zeitgeist verletzend,was bleibt also einer­ Frau anderes übrig,als in Nordbahn und Französischen,aus Patriotismus auch in Kredit zu machen.Und so kam es.Sie kam,spielte und—siegte?O,nein. Umgekehrt.Sie verlor und zwar so beträchtliche Summen,daß,wenn der Herr Gemahl die Differenzen zahlen wollte,sein ganzes,sehr beträchtliches Geschäft da­­durch in den Grund gebohrt wäre.Die Katastrophe ist noch nicht zu Tage gefordert. Die Frau ist für den Augenblick,,ausgeblieben««und dem Vernehmen nach sollen Un­­terhandlungen mit dem Vater der gemeinten Börsenheldin,der eine angesehene Firma in Brünn bildet, wegen Zahlung­ der Differenzen im Gange sein. Sie sehen also, wir sind in der Emanzipation der Frauen dennoch vorwärts gekommen. Auf der Börse sind sich von Mann und Eva gleich; beide künnen — „ausbleiben.“ Die Leipziger Ban hat den Disfonto für Wechsel und Anwei­­sungen auf 7 »Et, erhöht, *S holztann. ME Herr Nestroy die Direktion des Karltheaters über­­nahm, erzählt Die , "heat,­3tg." , forderte er W. Scholz auf, ihm in Bezug auf ein Engagement seine Bedingungen zu Übersenden. S­ch 0 1; genügte dieser Aufforde­­rung, und fehrteb unter andern die Bedingung Hin, daß, wenn Nestroy Direktor sei, das vertrauliche, freundschaftliche ,D­u" nicht wegfallen dürfe. Hierauf schrieb Nestroy an Scholz folgende Zeilen : „Lieber Freund Scholz! Indem ich Dir beifolgend Deinen neuen Kontrast zusende, hoffe ich, Du wirst es all einen neuen Beweis meiner Freundschaft anerkennen, daß ich das Risico unternommen, ein Mitglied ohne Probespiel und, ohne den Betrag „auf­ Gefallen oder nicht Gefallen“ zu enga­­giren, Du millst auch unser „Dufagen“ kontraktlich gesichert, darüber wünnschte ich einen Separatvertrag, mit der Klausel, daß Du für jedesmalige Unterlassung eine Monatsgage als Strafe zu zahlen hättest. Wien, den 10. Oktober 1855, Dein alter Freund und Junger Direktor Johann Nestroy.“ — — Dem Diäter & A. B­rant1. werden, wie der „Wand,“ berichtet, folgende Berfe auf Scholz’s Tod zu­­geschrieben : „Wenn ihr Liebling in der Unterwelt erscheint, Hült in Trauer sich die Muse ein und — weint ; Doch als Er das legte Opfer ihr gebracht, Hat unsterblich sie — gelacht.“ Ein­ Korrespondent der „Schl. 3." erzählt von ihm, daß er, wie viele Menschen, die Andere anrusiren müssen­, in seinem Privatleben nicht sehr glücklich war. Erst in den legten Jahren hat der alte Mann ein junges Mädchen in neuer Ehe geheirathet und war recht zufrieden. Früher mag er wohl öfter blutenden Herzens den Spaß­­macher gespielt haben.­­ Ein­ Sohn 3. 2., der ihm vielen Kummer gemacht hat und Soldat war, kam vor Jahren eigens nach Wien, um sich auf dem Grabe seiner Mutter — Scholz3 erster Frau — zu erschießen ! * Der Untergang der „Sentral- Amerika”. Den von uns bereits mitgetheilten Angaben fügen wir heute folgende űuferst interessante Schilde­­rung, nach der „N. 3.“, hinzu. Das Newyorker Dampflau­f „Sentral-Amerifa“ ver­­lief Savannah am 8. September mit 101 Mann Bejagung und 491 Pasfjagieren. Am folgenden Tage wurde das Wetter böse und ging bald in einen Aequinoktialsturm­ über; am 11. früh entdecken die Feuerleute, daß das Schiff einen fed hatte. Briefe und mündliche Erzählungen der Passagiere, in amerikanischen Zeitungen veröffentlicht, geben ein lebendiges Bild der Szenen, welche auf diese Entdeckung folgten. Es zeigte sich bald, daß die Kräfte der Mannschaft nicht ausreichen, das Was­­ser zu ü­bermäctigen. Die Passagiere traten an die Pumpen, und wo an sie troß ihrer großen Zahl endlich ermatteten, lösten die Frauen sie ab. Aber das Wasser stieg 5 eine kleine Dampfmaschine, die man an die Pumpen zu spannen suchte, mollte nicht gehen ; man versuchte das Schiff auszuöhren­­ mit das­ Wasser Feuer aus­ Schlägen gegen seine Längsseite zu entziehen, und das Schiff Fehrte Gesichtefreis in durchfuhten Wellen parallel, versucjte Eimern auszuschöpfen) ; aber und Löschte endlich die Das Schiff, mit dürftigem Segelwerf und so Her im Daffer gehend, war nit mehr zu und Iegte sich den Holzstücken Es den erschütternden man einen Schlepper, drag, zu Stande zu bringen, das ff eine Art von Bloß, das vermittelft eines langen Taues an dem Bug befestigt und von der Strömung fortgerisfen, das Schiff wenden sollte. Aber der Focmast, zu dem Zmwede getappt, fiel so unglücklich, daß er unter das Schiff­­ liegen kam, und dagegen hämmernd, den Led vergrößerte. Endlich gelang es ihn Bet zu machen, mit anderen großen zu verbinden und an einem Tau so weit auszulaufen, daß die erwünschte Wirkung eintrat und das Schiff vor den Wind gebracht wurde. Aber nur für kurze Zeit, das Trop rip unter der ungeheuren Span­­nung, seine alte gefährliche Lage zurück. Küste,, ohne Mittel das Schiff zu steuern, außer Stande ein von der das stetig wachsende Wasser im Raume zu überwältigen und mit einer See viel zu mild für offene und überladene Bote , sah man seine Rettung als durch ein anderes Schiff. Aber so viel Ängstliche Blide auch, den­n sie hatten nichts erspäht, als Die Nacht herabfant ; wieder kam das Licht, aber feine Strahlen fielen auf sein rettendes Segel. Die Sonne stieg und das Schiff fand, gut geladen und große zwei Uhr Mittags wurde endlich ein Segel es als Fracht. Summen waren im Besit der Passagiere, unter denen viele Goldgräber aus Kalifornien. Am Sonnabend Morgen wurden sie wunderbar gleicgistig gegen den sauer erworbenen Befig. Börsen mit 7 Tausenden von Dollars Wagen offen umher. Einer öffnete einen Sad und ftreute für 20.000 Dollars Goldstaub auf den Boden für den Liebhaber ; aber wer 24 Stunden früher lüftern nach einem Körnchen geschaut hätte, der blieb seht davon wie von. Hier und da wog ein Schwimmer des Goldes, und wadten Lebens, Yung man Besseres erwarten sollen, stehen sollten. Um Sicherheit gebracht, fie seewärts, so der Männer begann, war die Dunkelheit angebrochen , daß glühenden Kohlen, gegen das Gewicht Süßigkeit des mägt und wägt und fest die Rate ab und den Schwimmgürtel an. Einzelne und, wie erzählt wird, gerade Personen, von deren Bildung und Lebensziel­ holten sich holändische Courage, wärmten und waren im Wege und wurden in ihre Betten gebracht, aus denen sie nicht wieder auf­­windwärts erspäht, und eine halbe ai später lag es unter dem Stern, die Brigg „Marine.“ Dur Noth­­signale aufmerksam gemacht und die hilflose Lage des Dampfschiffes erkennend , legte sie bei , aber viel weniger tief liegend, trieb nicht die Bote eine ber­trächtliche Entfernung zurügzulegen hatten. Beim Anblic des Schiffes , „erzählt eine der Überlebenden Damen, wurden die ersten Thränen vergosfen. Die Männer an den Pumpen schöpften frische Kraft und Feiner von den rohen und vermwilderten Goldgrä­­bern dachte daran an ein Bot zu geben, so lange alle Frauen Um halb vier Uhr wurden zwei Bote ausgefegt und schlugen um. Es blieben noch drei übrig, von denen eins sehndhaft. Diese drei führten glücklich die Frauen und Kinder nach der Brigg über. Als das das Meberschiffen es vollendet, um 8 Uhr, sank das Schiff. Ich hörte, erzählt einer der Meberlebenden, feinen Schrei, nichts als das Rauschen und Ziehen­ der Waffer, die über dem Schiffe zusammenflugen. Auf dem Meere lag schon die Nacht, aber gegen die Finsterniß, in die ich mit dem Strudel des finsenden Schiffes hinabgezogen wurde, erfohlen mir die schmärzeste Nacht wie Tag.­ch fühlte mich mehr betäubt als erffekt, und meine Embfindungen ala­zo wieder an die Oberfläche kam, waren fast eben so fchmer unter dem Wasser erduldete. Als meine Besinnung ob­hntig surigachehen” Kan HN an, die Gegenstände um mic­her zu untersceiden, die Umriffe der Wellen und die schwarzen lebendigen Punkte darin, die Köpfe der Schiffprüchigen , die einen, mit Schwimmgürteln versehen, bemüht sich aus dem Bereich des Struperfg zu arbeiten die andern in der gefährlichen Nachbarschaft meilend, um eine Plante, eine Thür oder eine Tonne aufzufischen, alle darauf bedacht, sich in Nufes Nähe zu andern an halten und nicht allein zu fein in der Wafferöde, und zugleich besorgt, daß­ ein anderer in Zobesnoth sich an sie anflammern und in gemeinsames Berderben ziehen könne. An­mälig trieben die Schwimmer weiter auseinander, wurden ihrer weniger. Bon Zeit zu Zeit zerriß das Nachtgewöll und ließ ein blaffes Licht auf das Meer raden, das immer noch furchtbar hoch ging, obgleich der Sturm nachgelassen. Während der ersten Stunden war die Kälte des Wassers nicht unangenehm; erst nach Mitternacht, als ein frischer Morgenwind sich erhob, fingen meine Glieder an zu erstarren.­­ Endlich erspähte ich von dem Gipfel einer Welle die Lichte eines Schiffes. In meinem Leben habe ich mich so dankbar gefühlt, nie vorher hatte ich en a Dankbarkeit it,­­ Ich weiß nicht, ob ich geweint habe; aber ich weiß, dag ich erstaunt war meine eigene Sache zu hören. Weshalb ich gelacht, kann ich nicht sagen. Der Spruch, Gottes Wege sind wunderbar , ging mir fortwährend durch den Sinn oder vielmehr Durch die Ohren, als wenn ich eine Orgelpfeife wäre, so wenig hatte er mit meinem Willen zu thun. Als die Lichte näher kamen, fehrten ein Dugend Stimmen um mich her: Schiff ahot! Bot aboi! und ich simmte ein, und glaubte alle Noth fer am Ende. Aber die Lichte zogen vorüber, und das Schiff begann Heiner zu werden. Jept gab ich mich verloren, und was jegt folgte, weiß ich nicht. Ich erinnere mich nur, daß íg) das Schiff wieder größer werden sah und anrief und aufgenommen wurde und vor Ermattung niederfiel, als Igh auf das Dech der „Ellen“ gehoben wurde. Ein anderer Passagier macht diese psychologisch merkwürdige , aber durch­­aus nicht unerhörte Angabe : Ich falfuh­re, ich war etwa vier Stunden im Pa und von den andern weggetrieben , als es in den Wellen stil wurde und meine Mut­­ter mich fragte : Händchen, hast du der Schwester Weintrauben gegessen ? Seit stvane­­sig Jahren hatte ich an die Geschichte nicht gedacht. Ich hatte nämlich eine Schme­­tter,, die­ v­or dreißig Jahren an der Auszehrung starb, und während ihrer Krankheit hatte ein Nachbar einige frühe Trauben aus feinem Treibhause gefehtet, Weil, diese Trauben standen in dem Zimmer, in dem ich, ein einfjähriger Bube, war, und — lebendig hätte man mich dafür finden sollen — ich af­fie bis auf die legte Beere auf. Als ich fon im Bette lag , kam die Mutter und fragte mich : Hänschen, hast Du der Schwester Trauben gegessen ? Sie hatte darnach gesucht, um während der Nacht die Lieberlinge der Schwester damit zu Fühlen. Ich gestand und meine Mutter ging zwar mit Thränen in den Augen, aber ohne mich zu schlagen. Ich hatte lange nachher Getwiffenschiffe darüber , aber, wie gesagt , an zwanzig Sabre hatte ich nicht daran gedacht, als ig in dem Waller trieb, slarr vor Kälte und auf einmal die Stimme meiner Mutter sagen hörte und so deutlich, wie ich sie gehört : Hänschen, hast Du der Schwester Trauben gegessen? Ich kann es mir nicht erklären 5 es erschreckte mich gerade nicht. Doch hielt ich es für eine Vorbedeutung meines Todes. Kapitän Johnson von der Bart „Ellen“ erzählt eine andere wunderbare Ge­­sSichte, für die vielleicht weniger­ Präzedenzfälle vorhanden sind. Der Wind hatte mich ein wenig aus meinem Kurse getrieben und ich hatte eben ein wenig gewendet um den Verlust wieder gut zu machen, als ein Feiner Vogel ein oder zwei Mal quer über das Schiff stich und mir dann gerade in’s Gefecht flog. Ich naben Anfangs seine Notiz davon, als der Vogel aber zum zweiten Male kam und dasselbe Manö­­ver wiederholte, erregte er meine lebhafte Aufmerksamkeit, und als er zum dritten Male kam , beschloß ich, in den Kurs zurückzufehren, den ich eben verlassen. Kaum war das Schiff gewendet, so hörte ich Laute im Wasser und entdeckte, daß ich mir unter Schiffbrüchigen befand, von denen ich in wenigen Minuten eine Anzahl rettete. Von den 592 Personen an Bord des Schiffes sind, so viel beim Abgange der Hof Sehe­rn vi­ei gerettet­­e , Newyorker Handelszeitung” schreibt: Das untergegangene vam­i »Zentral-Amerika«,bis vor ganz Kurzem­,,George Latv« at war en neues Dampfschf, war aber, wie man leider zu spät erfährt, unter ru­­tifern als „crank“ bezeichnet, das heißt, in steter Gefahr, umzufippen,, was auch vor einigen Monaten geschah, als das Schiff hier ruhig im Hafen lag. Das geschwächte Ver­­trauen zu dem Fahrzeuge wieder zu befestigen, wurde der „George Law“ nach vollen­­deter Reparatur „Central-America” getauft und galt in den meisten Streifen als ein neuer Dampfer. Der Werth des Schiffes ist 250.000 Doll, und nicht versichert, stieg, versperrte den Zugang zu regieren die Gewüsse, die dem Kohlenraum Und fewer war das Schiff — mit Gold. Zwei Millionen hatte in Gedanken seine es ihm erfaufen Musterfraft könnte, gegen geschehen und die und Kinder in und lange bevor ... Börsen­ und Handelsnachrichten. kt M Wien, 8. Oktober. An der gestrigen Abendbörse verblieben Krevit­­astien 214, Staatsbahn 2491, Nordbahn 1744. Die von Paris und Ron­don anfangenden schlechteren telegraphischen Nachrichten übten Heute einen sehr ungünstigen Einfluß, und Krebitastien brachten sich im Morgengeschäft auf 2111 ,, Staatsbahn gingen auf 246, Nordbahn 1725­,. Eine weitere Ent­wert­ung in diesen Effekten trat jedoch nicht ein, vielmehr behauptete die Börse bei nam­­haften Deckungsläufen in Spekulationspapieren ziemliche Seftigkeit, wogegen Staatseffekten billiger offeriert waren. Junge Bahnen unbeachtet, und Orient billiger, abgegeben, Bankaktien unverändert, Dampfschiffe aber schloffen etwas unter gestriger Notiz, M Wechsel und Metalle unverändert. Särußkurse : Kreditastien 21174, Nordbahn 174/,, Staatsbahn 2473 /,, Theigbahn 1007/,, Orientbahn 48. Berlin, 7. Oktober. 5pEt. freiwillige Anleihe 99­,,; 5pCt. Met. 781, , Alpen Lore 104; Nationalanlehen 80'/, ; Staatseisenbahn 161; Kreditaktien ús Paris, 7. Ok­tober. 3pEt, Rente 67.90; A'/,pEt. 91.505 Gtaatebahn 675. Ungünstige amerikanische und englische Finanzberichte brachten, Abnds Staatsbahn 677. Berlin, 7. Oktober. Weizen:­mehr offerirt bei jedoch ungerände­­­ten Preisen. Roggen:auf Termine matt eröffnend, im Laufe der Ei­fe aber besser bezahlt und sehr fest schliegend. " Xofo ci­en "­, Thlr. über lau­­fenden Termin zu lassen, wegen höherer Forderungen geschäftslos. Gesündigt circa 600 Wispel, die größtentheils ohne Empfänger blieben. G­er­ät­e: etwas färfer angeboten. Hafer: disponible fehr knapp, auf Termine matter, Rübus: neuerdings niedriger verkauft, zulegt etwas feier. Gesündigt 200 Ztr. © p­ez rítus: feher animirt und ziemlich rapide steigend, fehliegt auch fest. Hamburg, 6. Oktober. Getreidemartt. Weizen Iofo flille, ab Aus­­wärts ohne Geschäft. Roggen Iofo und ab Auswärts flau. Der pro Herbst 29 °/,, pro Frühjahr 287/,,. Kaffee unverändert, int flau. London, 5. Oktober. Getreidemartt, Weizen etwas flau bei unver­­änderten Preisen. Schöne Dualität Hafer einen halben Schilling theuerer. Liverpool, 5. Oktober, Baummolle:17000 Ballen Umfab. Preise 1 höher. Verantwortliger Redakteur : Karl Weißkircher.­­ Schnellpreifendend von Emil Müller, Dorotheagaffe Nr. 12, — Berlag der Pester Logogesellfegaft.

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