Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1858 (Jahrgang 5, nr. 224-249)
1858-10-14 / nr. 235
Auslandedem inationspunkten auf das Genaueste entsprochen wird. Weiter wird aus Berlin geschrieben: Die Gerüchte von Ministerveränderungen dauern fort.—Ausefh1Sx.königl.Hpr it des Putzen von s preußen sollen fortan die Immediatberichte und Eingaben an Höchst denselben gerichtet und mit der Adresse,,Andess«prinzen von Preußen,Regenten, königl.Hoheit««versehen werden.—Gesetze,Verordnungen und andere in ähnlicher Weise abzufassende Ausfertigungen sollen, nach der Bestimmung Sk.königl.Hoheit-nachstehenden Eingang erhaltenz»im Namen Sr.Majestät des Königs.Wir Wilhelm,von Gottesnaden,Prinz von Preußen,Regent, verordnen u.s.f.«Unter die Ausfertigungen der Okdtes sob letz die Worte gesetzt werden:»Im Namen Sr.Majestät des Königs.” Pariser Berichte melden : Der Kaiser und die Kaiserin hielten am 11. ihren Einzug in Rhetms,den Anlaß bot die Grundsteinlegung zur Kirche St Andre im Faubourg Cerås dar.2lle in Paris anwesenden Generale waren zum Festzuge eingeladem dem auch die drei Marschälle Canrobert,Pelissier und Vaillant beiwohnten.Bei ihrer Ankunft in Rheims begaben sich der Kaiser und die Kaiserin in die Kathedrale,wo ihnen zu Ehren ein Tedeum abgehalten ward.Der Kardinal-Erzbischof empfing die Majestäten an der Spitze des Metropolitanklerus und geleitete sie unter den goldenen Himmel,der bei Karls Krös nung angewendet wurde, in die Kirche. Dann nahmen sie ihre Wohnung im erzbischöflichen Palast, dessen fest lange verödete Säle, in denen die zur Salbung kommenden Könige Frankreichs zu wohnen pflegten, von der Stadt Rheims aufs Prunkhofhafteste hergestellt worden sind. Das Schlafzimmer des Kaisers ist mit einem Bilde geschmackt, das die Krönung Karl’s X. darstellt. Nach dem Empfange der Behörden gab der Kaiser ein Festmahl, an dem nur eine Feine Zahl Auserwählter Theil kam. Abends ward die Stadt erleuchtet und fand ein auf ihre Kosten, dem Kaiser gegebener Ball statt. Es versteht si von selbst, Daß nach den hier umlaufenden Gerüchten dies Alles nur als das Beispiel der Krönung anzusehen wäre, welche wagträglig doch nicht ausbleiben werde. Es war auf das bestimmteste verboten, während des Einzuges Blumen in den Wagen zu werfen oder Bittfeschriften abzugeben. Die Depeteren mußten auf der Präfektur deponirt werden. Der bekannte Agitator Delecluge, der bald nach den Februartagen an der Seite einer „risquons-tout” benannten Steifehaar einen Einfall in Belgien versuchte, hat vor Kurzem seine Strafzeit überstanden, sol jedoch wegen seiner besonderen Gefährlichkeit nach Cayenne deportirt worden sein. — £armartine hat der Hoffnung entsagt, seine Vermögensverhältnisse durch die Nationalsubskription wieder herzustellen ; er fehrte jüngst einem andern Dichter, er werde seine Güter seinen Gläubigern übergeben, er habe sich so lange dagegen gesträubt, eigentlich nur der 200 Bauernfamilien wegen, die auf seiner Scholle seßhaft. Das ist schon glaublich, denn da für martine seine Erben hat, so ist der Berlust seiner Güter persönti für ihn auch mit einer großen Erleichterung verbunden, Webrigens, man mag sagen, was man will, es ist doch traurig, daß sich das französische Bolt so jämmerlich zeigt bei dieser Gelegenheit gerade, Lamartine ist doch der größte liebende Dichter Frankreiche, und hat als er an der Sorge der Regierung fand 184%, an manchem schweren Tage die reiche Bourgeoisie dur die Gewalt seines Wortes vor einer allgemeinen Plünderung bewahrt. Der Arrodissementsrath. von Maulvai (Niederpyrenäen) hatte den Wunsch ausgesprochen, man möge Maßregeln ur Austreibung der Zigeuner ergreifen, melde in für allemal und verbesserliche Landstreicher und Spisbuben sind. In Folge dessen war auch der Polizei und der Gendarmerie der Befehl ertheilt, alle dem Department nicht angehörige Personen, die seine regelmäßigen Papiere hätten, zu verhaften. Das geschah auf die Verhafteten wurden verurtheilt und nach Abfigung ihrer Strafe auf Schub über die Grenze geklagt. Man hat aber bemerkt, daß sie, sobald sie nicht mehr eskortirt sind, wieder über die Grenze nach Frankreich gehen ; von jehht an sollen sie daher den spanischen Behörden übergeben werden, von denen sie alsdann in ihre Heimath geschafft werden. Diese werden sie in Zukunft nicht mehr ohne regelmäßige Pässe verlassen können. Unsere sonstigen Berichte resumiren hir Mrz : Portugal, wird in Paris verbreitet, set mit Engeland in einen analogen Konflikt, wie mit Frankreich,gerathen. Man erzählt, der englische Konsul in Mozambique habe bereits seine Flagge abnehmen lassen, weil ein britisches Schiff, obgleich es sich schon nicht mehr in einem Hafen jener portugiesischen Kolonie befunden habe, durchsucht worden sei. Die Betätigung wollen mir indeß erst abwarten. — Zugleich verlautet aus Zetuan In Marotto, dag der britishe und französische Konsul arg mishhandelt worden, ja diesen Angriffen sogar unterlegen seien. Die authentische Bestätigung ist jedoch gleichfalls noch abzuwarten. Der englische Konsul daselbst ist ein Eingeborner , der französische ein Tranzose von Geburt. Shamyl’s Sohn, Dshemal Eddin, derselte, welcher als Kind von den Russen gefangen genommen worden und erst vor zwei Jahren gegen die Fürstin Tshamdjehamapze ausgetauscht worden war, ist in diesem Sommer an der Lungenschwindlugt gestorben. — Die Sündenschaft in Burnrest bat, was der „Tem. 3.”, auf die Entdeckung desjenigen, der den scheußischen Kindermord in Folschen verübt hat, einen Preis von 500 Dukaten feiert. Mad der genannten Stadt geht auch deswegen, wie serlautet, in den nächsten Tagen eine aus Delegirten sämmtlicher Daselbtt gehienden Konsulate zusammengefegte Untersuchungskommission, unter Borfig eines mar lagisdhen Justizbeamten, ab. Das „Monumento di Genova“ häst sich aus Torrialta melden, daß dort eine bewaffnete Bande die ländliche Bevölkerung förmlich brandfragt. Sie legt ihm Hinterhalte auf Venen, welche von den Bewohnern der Seldarbeiten halber häufig betreten werden und treibt Dieses saubere Handwerk nun beinahe schon ein Jahr lang. Die „Staffetta” versichert, daß an Genua in einm Werbebureau ein junger Mann verhaftet wurde, gegen den feiwere Sinzichten vorliegen, den Mord an dem bekannten Parrott zu Locarno vollstreckt zu haben. Aus Wien wird geschrieben : Das b. Finanzministerium hat verordnet, das nur wahrhaft Dürftigen und verdienten Beamten und stabil angestellten Dienern, die ohne verschwenderische Gebahrung durch Krankheit oder andere unverschuldete Unglücksfälle in Schulden gerathen sind, und sich hierüber durch glaubwürdige Dokumente "ausweifen können, in dringenden Nothfälen ein- bis dreimonatliche Gehalts- oder Löhnungsporschüffe bewilliget werden dürfen, denen Borfchußmwerbern, welche einen von früher erhaltenen Vorfchuß noch nicht zurücgezahlt Haben ein Meiterer Grhaltsvorfchuß in feinem Falle zuzugestehen. Wien, 13. Oktober. Im gestrigen Abendgeschäft war die Stimmung eine recht günstige und der BVerkehr ein sehr lebhafter, in Staatsbahn selbst stürmischer. Die Schlußfurfe waren : Kredit 2411/,, Staatsbahn 2585/,, Nordbahn 170 °. Die heutigen niedrigen Pariser Kurse übten bei der günstigen Disposition der Börse gar ihnen Einfluß aus; die Befseiung machte im Gegentheil weitere Sortschritte und ungeachtet einiger durch Geministrealisationen hervorgerufenen Schwankungen schlossen die Kurse fast durchgängig höher. Auch die Nahbörse war ziemlich fest und schloß: Kredit 242, Nordbahn 170%/,, Statsbahn 259 °/,, Orientbahn 623/4, Kreditlose 98%, Silber 1001/,, Silberzehner 99 °/,. Die Börsenkammer hat folgende Kundmachung erlassen : Mit Erlas vom 22. September ist von dem hohen Finanzministerium gestattet worden, als Usance des Pages zu erklären, daß hier fällige Wechsel, welche auf eine fremde Baluta lauten und nicht in derselben bezahlt worden, an ihrem Beifallstage Vormittags in österreichischer Währung eine Faflirt werben, und zwar zum Durchschnittsfurfe, und wenn der Durchhschnittsfurs nicht notirt worden wäre, zum Mittel zwischen Brief und Geld des Testen Kurses vom vorhergehenden Tage mit Zuschlag des Banf- (Plag-) Stonto des fremden Planes für 90 Tage. Verantwortlicher Redakteur Mart Weißkirchers Schnell Pressendruck von Emil Müller, Dorsthengaffe Nr. 12. — Verlag der Pester Lloydgesellschaft, .