Pester Lloyd - Abendblatt, März 1860 (Jahrgang 7, nr. 50-75)

1860-03-01 / nr. 50

Donnerftag, 1. März. Nr. 50. eft, 1860, (Die einzelne Nummer Eostet 3 Er, ő, @,) bendblatt as Pester Lloyd, Telegraph. Depeschen d. „Pester Lloyd.“ Wien, 1. März. In Ausführung des Septemberpatentes haben Se T. t. Apo­­stolische Majestät das den 12 Superintendenzen zugefi­­cherte Unterflüchungspauschale zu Funktionszulagen für die Superintendenten, Senioren, Pfarreien und zu Lehr­­unterftügungen, schon für das laufende Verwaltungsjahr mit 9400 fl. anzumeisen geruht. Turin, 1. März Die Wahlkollegien sind auf den 25. März, das Parlament auf den 2. April einberufen worden; 32 Senatoren wurden ernannt. Politische Nundschau, 1. März. Die von Rusland proponirte und von Preußen bedingungs­­weise unterflüßte Konferenz, — [chreibt man Der "Schles. 3tg." aus Berlin, — ist als gescheitert anzusehen, nicht sowohl weil Oesterreichh Die vier engli­­schen Punkte ablehnte, als weil England die Konferen­­zen wegen etwaiger Erörterung des­­ Vertrages von 1856 über die Neutralisirung des Schwarzen Meeres ablehnt, was bekanntlich eine Lieblingsidee des Fürsten Gottscha- Eoff­is. — Die momentanen Ab­sichten drant­reich­s werden von einem inspirirten Blatte folgender­­maßen sfizzirt :­­ Der Plan der Bereinigung Toskana ’s mit Die­mont ist definitiv aufgegeben. Das ist der Hauptpunkt. Die Bevölkerung von Toskana wird in die Lage gebracht werden, ihren Souverän zu wählen, und man wird gegen die Wahl des jungen Herzogs von Genua (Neffen Viktor Emanuel’) nichts einzuwenden haben, Benedig erhält eine Konstitution. Parma und Modena werden mit Piemont vereinigt, die Frage der Romagna wird vor­­behalten. Piemont und Italien werden dieser Lösung (2) beipflichten, wo nicht, sich verurtheilt dazu sehen, auf das verhängnißvolle Wort Karl Albert’s , Italia fara da se, zurück­­zukommen.” Dem „Mainzer Journal” ist eine „feierliche und gemeinsame" Erklärung und Protestation Des ge­­sammten Kathbolischen Egistopates von Belgien, Deutschland, England, Holland, Irland, Oester­­reich, Schottland und der Schweiz für das Recht des Dapstes und das europäische Völkerrecht zugenommen ; sie lautet : Nach furchtbaren Erschütterungen hatte der Wiener Kongreß ein Friedenswert gegründet, dessen wohlthätige Wir­­kungen man durch lange Zeit erprobt hat. In­folge der Er­­eignisse des besten Jahres haben die Mächte, welche die Vei­­träge des Wiener Kongresses unterzeichnet haben, beschlossen, sich neuerdings durch ihre Vertreter zu vereinigen, um bezüge­lich der mittelitalienischen Wirren in Berathung zu treten. Die revolutionäre Bewegung hat die Grenzen eines Staates überschritten , welcher in ganz besonderen Beziehungen steht zur katholischen Kirche und zu den Legitimsten Interessen von ganz Europa. Seit elf Jahrhunderten hat der Nachfolger des heiligen Petrus seinen Prag in den Reihen der souverä­­nen Fürsten eingenommen: er ist der älteste unter ihnen. Die Gerechtigkeit und der Friede haben bei der Errichtung seiner Macht den Borsis geführt; der Friede und die Gerechtigkeit senfen auch die Ausü­bung derselben, welche einzig und allein der Befriedigung der unwahrhaften Bedürfnisse seines Volkes gewidmet is. Die Erhaltung einer solchen Macht ist von unbestreitbarer Wichtigkeit für die politische Ordnung Euro­­pas. Alle Fürsten, welche Katholiken zu Unterthanen haben, müssen gleichmäßig wünschen, daß das Haupt der katholischen Kirche von seinem weltlichen Fürsten abhängt. Eine Partei, welche die Verwirklichung ihrer Pläne höher steht, als die göttlichen und menschlichen Gefege, hat von den Umständen Bartheil zu ziehen gewußt , um die Fahne des Aufruhrs in den Legationen aufzupflanzen, und ist bestrebt . Den ganzen Kirchenstaat an sich zu reifen. Das ist ein Angriff auf alle Fürsten, unter deren Szepter katholische Bevölkerungen leben; das ist ein Trevel gegen zweiihundert Millionen Katholiken, mit deren Interessen die Erhaltung des Kirchenstaates auf das innigste verknüpft is. Aber das ist überdies auch ein gegen das V­ölkerrecht geführter Stoß; denn die päpstliche Herrschaft befindet ss nicht bies einer Fraktion gegenüber, die in dem Innern des S Kirchenstaates sich gebildet hatte. Es ist offenkundig, daß die piemontesische Regierung von lan­ger Hand den Aufruhr vorbereitet hat, daß sie es fst, welche ihn flößt, ermuthigt und leitet; daß ein piemontesischer Ber­amter sich an die Seite des Aufstandes gestellt hat; daß die Truppen der revolutionären Regierung von Toskana in das Gebiet des Papstes eingefallen sind, um die getreuen Unter­­thanen Sr. Heiligkeit unter das Lec der siegreichen Partei zu beugen. Europa ist durch das Band eines Belferrechtes um­­schlungen, welches das Christenthyum zur Grundlage hat. Nicht die Macht eines Staates, sein Recht muß den Ausschlag geben; jeder muß anerkennen, daß die Gerechtigkeit höher steht,, als die politischen Sintereffen. Si­es aber erlaubt den irienfertigen Thron des heiligen Vaters durch derartige Mittel zu stürzen, dann ist das Band des europäischen Belferrechts zerrissen. Nedrigens sind jene Grundlage, auf welche die Ita­­lienische Revolution sich beruft, eine Kriegserklärung, melche nicht gegen den Kirchenstaat allein gerichtet ist. Zugeben, daß die Ansprüche, melche man im Namen der Nationalität erhebt, den Sieg davon tragen über die göttlichen Gebote und die Pflichten des bürgerlichen Gehorsams, das heißt ein Urtheil der Vernichtung aussprechen gegen die mächtigsten Reiche Europa’s, für welche von nun an die Erhaltung ihres Gesammtbestandes aufhört eine Frage des Rechts zu bilden, um nichts zu werden, als eine Frage der Gewalt und der Zweckmäßiigkeit. Indem die Unterzeichneten ihre Stimmen vor Europa erheben für die Erhaltung des Herrscherrechtes des Papstes, vert­eidigen sie zumal die Sache der Kirche und die geheilig­­ten Steressen von zweihundert Millionen Katholiken; sie vere­theidigen zu gleicher Zeit die Ueberzeugungen, welche allen Ehhristen, allen Söhnen der wahren Zivilisation gemeinsam sind; sie vertheidigen die Bürgschaften der Gerechtigkeit und des Friedens und die Zukunft der Völker Europa’s. Es wird nicht vergebens sein, daß ihre Stimme si hören Lief,’ Detailberichten aus Italien entlehnen wir: Der ‚„‚Bombardia‘‘ zufolge wird bald das ganze Heer mit gezogenen Gewehren versehen sein und auch die Proviant- , Kleider- und Fouragemagazine werden bald solftändig gefüllt sein. Die Einberufung der Kontin­­gente sol durch ein Telegramm von Mailand aus suspen­­dirt worden sein. Dem „‚E Corriere mercantile‘‘ zufolge zählt man in Zentralitalien gegenwärtig 48.000 Mann regelmäßig organisirte Truppen. Aus Palermo von 18 u. M. berichtet der Kor­respondent der „Nr. 3." : Seit einigen Tagen regen sich wieder unruhige Geister und Sonntag, den 11. d. M. fand die Verbreitung eines Aufrufs an die Steeth­ia­­ner statt, der an verschiedenen Straßeneden angeflebt und an eine bedeutende Anzahl einzelner Personen unter Cou­­vert gefcltert wurde. Zu diesem in heftiger Sprache gehal-

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