Pester Lloyd - Abendblatt, Juli 1862 (Jahrgang 9, nr. 149-175)

1862-07-01 / nr. 149

geordnetenhauses gegenü­ber den Budgets der drei Hofkanzleie­ni indem die Berathung Dieser Budgets durch den Reichsrath die Autonomie der Länder zur Stusion mache. Das offiziöse Blatt sagt : „ Der Auffassung der Majorität des Reichsraths zufolge würde dem Geiste des Oktoberdiploms und des Feberpatentes entgegen, die Autonomie Ungarns auch bezüglich der inneren Verwaltung beschädiget werden. Um dies durch ein praktisches Beispiel zu erhärten, führt „Sürgöny“ folgen­­des an : Leicht dünfte der ungarische Landtag, Traft der dem­­selben auch im Feberpatente zugemessenen Kompetenz, neue Sefege,im Fache der Justiz bringen, und er konnte auch eine Bes­timmung in der Prozesordnung treffen, welche eine Ver­­mehrung der Richter nach sich ziehen müßte. Zu melden Konflikte würde dies nun führen, wenn dem Reichsrathe das Recht zustände, den neuernannten Richtern die Bezahlung zu verweigern ? Was mi­rde ferner die Autonomie in Sachen des Unterrichtes nüben, wenn der Reichsrath das Recht hätte Das hiezu erforderliche Budget zu verweigern ? „Täuschen wir uns nicht — sagt das Organ der ungarischen Regierung — sondern sagen wir es gerade heraus, das, wenn die gemein­­same Behandlung der Finanzangelegenheiten auch auf die Justiz und Administration, auf die Kultus- und Schulange­­legenheit ausgedehnt wird, wie dies die Majorität des gegen­­wärtigen­­ Reichsrathes beabsichtiget , dann wäre die Auto­­nomie Ungarns in diesen öffentlichen Angelegenheiten, jene Autonomie, welche sowohl im Oktoberdiplom , als auch im Teberpatente ge­währleistet wird, nichts anderes als eine großartige Illusion. (Es wäre dies eine unzweideutige Verlegung jener Urkunden, welche der­­ Reichs­­­ sath als unveränderliche Grundgefege anerkennt.” . In der gestrigen Sigung des Wiener Ab­geordneten­­hauses hat das Ministerium eine Niederlage erfahren : Der Berichterstatter des Ausschusses, Dr. H­erbst, trug darauf an: Das Haus molle beschließen, es sei dem Herrenhause Nachstehendes zu eröffnen: „Das Abge­­ordnetenhaus ist im Sinne des §­ 10 des Gefehes über die Geschäftsordnung des Neichärathes nicht in der Lage, in Die­­ Berathung des mit der Zuschrift vom 10. Mai 1862 mitge­­theilten Entwurfes eines Prefgefebes einzuge­­ben; denn dasselbe ist nach jenem Gefeke erst dann berech­­tigt, einen von ihm bereits in Berathung gezogenen und an das Herrenhaus geleiteten Gefekentwurf abermals in Ver­­handlung zu nehmen, wenn er von diesem Hause mit oder ohne Abänderungen angenommen wurde. Dies ist jedoch bis fest nicht geschehen, da die gegebene Zustimmung ausdrücklich als eine solche erklärt wird, die gegenwärtig nach seine Wirksamkeit haben und selche nur unter einer gemilsen Vorausfegung erlangen sol.” Das Herrenhaus hat ‚nämlich seine Zustimmung zu dem Preßgefege an die Be­­dingung geknüpft, da­ dieses Gefeg erst dann in Wirk­­­samkeit «zu treten habe, wenn auch die Vereinbarung über ‚das Strafverfahren in Angelegenheiten der Presse und über die Novelle zum allgemeinen (und Militär-) Strafgefeche er­­­folgt sein­ wird. Zur Begründung des Antrages bemerkt der Berichterstatter, daß die von dem Herrenhause aufgestellte Bedingung wider die Verfassung und die Geschäftsordnung insbesondere sei. Nie habe das Abgeordnetenhaus, so viele Konzessisten es auch ton gemacht habe, um das Zustande­­‚kommen von Gefegen zu ermöglichen, eine ähnliche Bedingung aufgestell. Die Geltung eines solchen­­ Prinzipes wäre dem Beifaffungsleben denn auch gefährlich. Wie, wenn das Ab­­geordnetenhaus jüngst bei der Betírung eines Kredites von 50 Millionen zur Bededung des Defizits diesen Art als Be­­­dingung aufgestellt hätte, um mit Reinigung der Berlegendheit, ‚in welcher sich die Regierung befand, sonst nicht durchzubrin­­gende Gesete Gefege straft erlangen zu sehen? Aus Rücksicht auf die Wahrung der Rechte der Krone selbst also dü­rfte ein solches Prinzip nie zur Geltung gelangen. Ginge man auf die Isnfinuation des Herrenhauses ein, so wäre dies , ein höchst gefährlicher Präzedenzfall ; im Berfaffungsleben aber gebe es nichts Wichtigeres als Präzedenzfälle. Es waren an in der That alle Mitglieder des Aus­­schusses darüber einig, daß es nicht gelegmäßig sei, die Wirk­­samkeit eines _Krieges an die Dotirung eines andern zu knl­­­­pfen, und alle waren einhellig der Ueberzeugung, pa Hefer Ball verschieden sei von jenem, wenn das entworfene Sefeb selbst die Bestimmung enthält, daß feine Mirfiamfett erst mit einem bestimmten Zeitpurifte oder unter Vorausfegung eines gemissen Ereignisses zu beginnen habe. Der Ausschuß glaubt nun im Sinne des Hauses zu sprechen, wenn er sagt, daß nur derjenige, welcher Andere achtet, sich auch selbst achtet. Und deshalb glaubte die große Majorität des Ausschusses, dem Antrage einzelner Stimmen desselben, daß man den Betrat des Herrenhauses, weil dasselbe hiezu nicht berech­­tigt gewesen sei, so k­ommen ignoriren und die Zustimmung des Herrenhauses als eine unbedingte ansehen sole, nicht beipflichten zu künnen.­­ Der Ausschuß glaubt dies mit der am andern Haufe schuldigen Achtung nicht vereinbaren zu­önnen. Redner widerlegt hierauf die Einwendung, als ob es nur eine bloße Tormlade sei, und daß man deshalb darüber sich h­inmegfegen solle. Allerdings sei es nur Form , aber diese sei im Berfafsungsleben etwas sehr Wichtiges, und namentlich bei einem so jungen­­ Verfassung sieben, mie das österreichische it. Man könne sich hiebei die praktischen Eng­­länder zum Muster nehmen, welche, eifersüchtig die Form der­wachend, jede, auch die geringste Verlegung derselben, ja selbst eine geringfügige Störung des Geschäftsganges, als einen Privilegienbruch bezeichnen. — Dr. Herbst bekämpft nun den von Dr. Mühlfeld eingebrachten Antrag, daß zum Zwecke der Vereinbarung des Prefgefeges, sowohl bezüglich des materiellen Theiles als jenes des Verfahrens, dann der Strafgefegnovelle eine gemischte Kommission bei­­der Häuser dem Herrenhaufe beantragt werden solle. Dieser Antrag sei geschäftsordnungswidrig ; die Ausschüsse des Ab­­geordnetenhauses haben sich mit den ebengenannten Gefetent­­würfen befästigt und zum Theile bereits Beschlüsse gefaßt. Dem Haufe wird zugemuthet, zu wiederholten Malen bereits gefaßte Beschlüffe anzufragen. Wie verlegend muß dies für die Mitglieder der Preßgefesausschüffe sein, deren Beschlüffe man noch gar nicht fenne und doch, ohne sie zu hören, Re­­solutionen fafsen wolle ! Daß gerade der Obmann des Preß­­gefegausschuffes es sei, welcher einen für­­ denselben so wer­­hen Antrag eingebracht habe, sei sehr befremdend. (Het­­terfeit.) Dr. Mühlfeld sucht hierauf seinen Antrag zu recht­­fertigen. Nach ihm ergreiff Minister Kaffer das Wort: Die Regierung — sagt er — legt einen Werth darauf, Daß das Preigefeb zu Stande komme und ihr ist jedes Mit­­tel willk­ommen , wodurch Dieb gefördert wird. Ein solches ist der Antrag Mühlfelds. Die Differenzen sind nicht so groß, daß nicht ein Ausgleich möglich wäre, wenn man ihn will und eine mündliche Mittheilung führt eher dahin. Es ist noch der einzige Weg, wenn man Personen und Ver­­­ältnisse berücsichtigt. Einige Paragraphe der Regierungs­­vorlage über die Preßordnung sind herausgenommen und als Novelle besonders behandelt worden. Die Regierung hat da­­gegen nicht remonstrirt, weil sie die Zusammengehörigkeit bei der Behandlung hoffte. Die Regierung hält den Standpunkt, den damals der Staatsminister kennzeichnete, noch heute fest. Diejenigen Herren, welche das Zustandekommen des Prefge­­seßes in dieser Seifion wollen, werden mit Mühlfeld stimmen. (Oho, Oho.) Diese Zurufe werden mich von meiner Meinung nicht abbringen. Diejenigen Herren, welche das Zustandekommen in dieser Session wollen, werden für Herrn 9. Mühlfeld stimm­en, (Obo ) 7 Trot dieser ministeriellen Erklärung ward der Antrag des Ausschusses angenommen, der Antrag Miuhlfelds mit 68 gegen 61 Stimmen abgelehnt. : Dem , Magyarorhág" wird aus dem Mar­­­maroser Komitat geschrieben, daß dort unter der ruthenischen Bevölkerung eine Danfadreffe zur Unterfer­ft zurfüh­rte, im welcher dem Munfacser Bischof und Kon­­sistorium für ihre am 12. Dezember 1861 abgegebene Erklärung, daß das ruthenische Bolt die Lösung der Na­­tionalitätenfrage vom ungarischen Reichstage erwarte, Danf und Vertrauen votirt wird, Diese Danfadreife,

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