Pester Lloyd - Abendblatt, April 1863 (Jahrgang 10, nr. 74-98)
1863-04-01 / nr. 74
trieben. Bei Mola werden Schanzen aufgetworfen und eine Redoute für 36 Kanonen it bereits fertig. Die außer Lande befindlichen Mitglieder des Staatsrathes senden ihre Demissionsgesuche ein. Die Eisenbahnzüge verkehren wieder ohne Unterbrechung von Granica bis Warschau und umgekehrt. Alle schaphaften Brüden sind wieder hergestelt, die Bahn ist wieder ausschließlich in den Händen der Rufen. Auch die Telegraphenrettung ist wieder in Ordnung. In dem Briefe des Erzbischofs Teliissi an den Ezar heißt es unter Anderem : „Angesichts der Ströme Blutes, die vergossen werden, in Augenblicken, die für das Land außerordentlich feiert sind, halte ich es als erster geistlicher Würdenträger des Königreiches Polen für meine Pflicht, an Sie, kaiserliche Majestät, meine Stimme zu richten, um das auszusprechen, was ich für das einzige Mittel halte, um dem schredlichen Unglück, welches das Land trifft, ein Ziel zu fegen. Administrative Reformen, sogar im ausgedehntesten Maße, — man darf sich darüber keine Ilusion machen — werden Niemand in Polen befriedigen ; die Nation sehnt sich nach politischem Leben, verlangt Unabhängtigkeit,. Die sohrediichste Repression wird nicht im Stande sein, diesen Geist zu erfüden, der Alle durchdringt und mit jedem Tage nur eine tiefere Scheidung zwischen der Nation und dem Throne herbeiführt. So it es, Ew, Majestäts, nur wenn Polen seine positive Unabhängigkeit zurückerhält und blos dur ein dynastisches Band mit Rußland verbunden bleibt, kann die traurige Warsscheinlichkeit in Zukunft verschwinden, daß Em, Majestät nicht über eine blühende Nation, sondern über Trümmer und Ruinen von Dörfern und Städten betridten werden. Deshalb wollen Ew. Majestät die Entfoemdung unserer Sache nicht bis zu der Zeit hinausfcieben, Wo der Aufstand unterdrückt sein wird . Ew. Majestät sind mächtig, und deshalb wird Ihnen Grofmuth nit als Schwäche ausgelegt werden.” ts. eber. die cuffische Truppenmacht in Polen bringt die , Dp. nat." folgende Auseinandersegung : Rußland besigt ein System der Uebertreibung, welches den Weiten oft irre führt. Die mäßigsten Angaben berechnen die Armee in Polen auf 180.000 Mann, währe die Verstärkungen, welche man aus dem Innern erwartet. Indessen beträgt Die Zahl der Truppen 26,000 Mann in Warschau, 20,000 in Radom und weniger als 20,000 in den Gouvernements Hof und Augustowo. Litthauen hat ungefähr 23,000 Mann, wovon 6000 die Eisenbahn von Eydtfuhnen hüten, und in den eitgedehnten Provinzen Wolhynien, Podolien und Ukraine sollen nur 16,000 Mann stehen. — Alles zusammen 100,000 Mann. Hierin sind aber schon die aus dem Innern gesendeten Berstärfungen begriffen, beim Ausbruche des Aufstandes waren nur 70,000 Mann in Polen. Die Berichtertatter haben gut reden, daß man 40,000 Mann Berstärtung in Petersburg verlangt habe. Die ungeheuren Streitkräfte Rußlands stehen nur auf dem Papier. Das ganze Reich hat nicht 300.000, unwahrscheinlich nur 250.000 Mann wirklicher Truppen, und bei der bedeutenden Macht, welche sein ungeheures Gebiet im Innern fordert, muß man sagen, daß es seine rechten Kräfte in Polen aufwendet. Man sagt, die russische Armee habe zu Polen den Bortheil der Ueberzahl, das ist richtig , obwohl die Insurrektion Leicht 60 bis 100.000 Mann stellen kann. Der Bortheil der Ruffen siegt vielmehr in ihrer Bewaffnung und Disziplin. Für zwanzig der überall zerstreuten Infurgentenhaufen ist eine rufsische Infanteriedivision furchtbar, denn für jeden einzelnen Haufen ist das Mißverhältnis an Zahl und materiellen Hilfsmitteln ungeheuer. Aber die Infurgenten schreiten in der Organisirung vor, während die Ruffen fidesorganisiren und von Tag zu Tage an innerer Stärfe verlieren. So gleichen fiete Kräfte von beiden Seiten immer mehr aus, und darin siegt eine große Hoffnung des Erfolges für die Aufständisschen, so wie eine Gefahr für die Russen. Krakau beherbergt nun nicht mehr Yangtemwiez, dagegen ist der englische Legationssekretär Mounfey daselbst eingetroffen, um Erhebungen wegen der daraufische Truppen erfolgten Mithandlung des britischen Unterthans Ludwig SFinkestone zu pflegen. Herr Mounfey wird sich zu diesem Zwed auch nach Giebukon, dem Ort der That, begeben. — Den weiteren Nachrichten der heutigen Post entnehmen wir: Ein Turiner Korrespondent des „Journal des Debats“ glaubt folgende vollkommen zuverlässige Auskunft über das Befinden Garibaldis geben zu können : „Seine Munde ist beinahe geheilt; man hält sie aus Borfidt offen, aber sein allgemeines Befinden ist vortrefflich und Niemand zweifelt daran, daß er in zwei Monaten im Stande seint wird zu reiten. Diese Mittheilungen sind mir von einem seiner Freunde, einem Abgeordneten, gemacht worden, der so eben von Caprera zurückgefommen ist — Im Neapolitanischen ward die Bande bei Chiamone bei Benevent angegriffen und von den Truppen zerstreut. Aus Berlin vom 31. März liegt folgendes Telegramm vor : In der heutigen Stitung des Abgeordnetenhauses bringt Minister Bodelschmwingh den Gefegenttwurf wegen Beststellung der Einnahmen und Ausgaben für 1862 ein: Die Einnahmen betragen 149 Millionen, die Ausgaben 144 Millionen (9 Millionen ausserordentliche). Dies wird als Grundlage für die Rechnungslegung festgelögt. Damit hält die Regierung ihre Zusage für erfüllt. Die Mehreinnahmen betragen über 9 Millionen, die Mehrausgaben etwa 11% Million. Die Erhöhung erklärt sich teilweise dadurch, daß gemeifte Ausgabefonds wegen des nicht festgefesten Etats nicht flusig waren. — Bismard legt die Vereinbarungen vor, welche am 28. mit Belgien abgeschlossen wurden. Dieselben betreffen einen Schifffahrtsvertrag, eine Literarissche Konvention, Protokoll wegen der Ablösung des Scheldezolles,. Der Minister bezeichnet diese Vereinbarungen als einen neuen Fortschritt auf der Bahn des französisch-preußischen Vertrages. Für die Ablösung des Schelbezolles habe Preußen seine Mitwirkung bis zu einem gewissen Maximum versprocen. (Eingesendet.) Kredit,Lose Promefsen und Raten, zur heutigen Ziehung bis Abends um 6 Uhr bei Holler , Pirnißer, Wechselstube, Dorotheagafse Nr. 10. + Wien, 31. März. Die heutige Barbörse war tendenzlos. Die Nachriut , Fould habe seine Demission eingereicht, welche in Paris einen so bedeutenden Rückgang der Rente veranlaßte, hat bis jeitere Bestätigung noch nicht gefunden, Kreditaktien wurden exklusive Dividende mit 203.70, 203.50, 204.20, 203.80 abgegeben. In Nordbahnaktien wurde 1828 gemacht, in 1860er £ofen 94,65. Um 114 Uhr notirten Kredit 203,80, 203.90 , Nordbahn 1827 bis 1828. Mittags war die Dörse nicht ohne Fertigkeit, wenngleich die Umgäbe ohne Belang blieben: Kredit 203.90, 204,20, Nordbahn 1827, 1828, Staatsfonds fest, nur fünfperzentige Metalliquss eine Kleinigkeit billiger und mit 75.80 zu haben, National 81.20, fünfperzentige in österr. Währung 70.10, 1850er £ ofe 94.65, 94 70, Fünftel 1860er £ ofe 95,80, 95.90, Kreditiofe 136, Kreditiofe nach der Ziehung 132,75. In Bankaktien wurde 796-797 gemacht. Dervifen und Bafuten ganz unverändert. Schlußfurfe : Krebitaftien 204.70, Nordbahn 1830, 1860er Lofe 94.80, Kreditlose 135.90, London 112, Silber 111.25. Un der Abendbörse variirten Krebitaftien zifen 204,80, 205 und 204,50. Schluß 204,50—204,60, 7 orb. bahn 1831—1832, 1860er Lore 94,85 —94,90, an Paris, 31. März. Anfangsrente, 10 Cent, höher, 69.15, Schlußrente, 30 Cent, höher, 69.45, Staatsbahn 506, Credit Mobilier 1332 (2), Lombard 596, Confolg 9242 gemeldet, Verantwortlicer Redakteur : Rori Meiskircher. Schnehpfeffenbruch von Emil Müller, Dorotheagafe Nr. 14, Veh, 1863. — Derlag der Vester Lioydgesellschaft,