Pester Lloyd - Abendblatt, Mai 1863 (Jahrgang 10, nr. 99-122)

1863-05-08 / nr. 105

Freitag ‚8. Mai. Den. 1863. j« HERin « ZU- Ar. 1085. (Die einzelne Nummer Lojtet 4 Er. ő. ZB.) BG Zelegt. Depeschen des „Vefter Lloyd.“ Karafau, 8. Mai. Gestern fand bei Szyre ein Gefecht statt . Die Insurgenten waren 500 Mann statt und wurden geschlagen. Zondon, 8. Mai. In der gesirigen Unterhaus­­gung kündigte Henneffy die demnächtige Bean­­tragung einer Voreffe an die Krone betreffe Polens an. 82 Paris, 5. Mai. Wenn der ‚Moniteur‘ die Veröffentlichung der russischen Debeichen mit der Bemerkung begleitet, das man nunmehr an ein Einvernehmen hoffen dürfe, das Die „legitimen Wünsche Polens“ befriedige,, so fühlt sich die „Presse” von vieser BVersicherung wenig über­­zeugt. Zur Beurtheilung ihrer Bedeutung müßte man mie­­nigstens eine Ahnung davon haben, was Frankreich unter „legitimen Wünschen“ versieht. Gegenwärtig aber muß man glauben, doßs die Regierung absihllig auf allen Punkten die Friedensfahne aufziehe, weil sie für die Wahlen eine Haufe der Börse braucht, und die Börse läßt ich denn auch in der­ That sehr gerne in diesen Optimismus einwiegen. Die „Patrie”, welche heute direkt vom „Bonflitutionnel” und indirekt an vom , Montteur" wegen ihrer Würdigung der russischen Note zurecht gewiesen wird, bleibt i­rogdem bei der Ansicht, Daß diese Note nur den Zweck habe, Zett zu ge­­winnen. — In den höheren Regionen aber trage man in der That eine große Hoffnungsfreudigkeit zur Schau. Der Kaiser empfing gesiern den Baron Buchberg und äußerte figh in rege befriedigender Weise über die Note; auch hat der sufliche Gesandte das Ergebniß dieser Mupieng sofort nach Petersburg telegraphist. — Rußland bat aug hier bereits einige Andeutungen über die zunächst in Polen ein­­zuführenden Reformen gegeben ; darunter sol die Ein­­führung des Code Mapoleon obenan flehen. . . Gestern versammelte sich auf dem Ministerium des Aus­­wärtigen. Die internationale Kommission für die Herstellung eines die ganze Erde umfassenden Tele­graphenneßes, an denen auf mehrere transatlantische Kabel gehören würden. Diese große Idee it von dem In­­genieur Palestrint angeregt worden. — Der Kammer wird nächstens ein Gefegertwurf vorgelegt, nach welem in Frank­­rei ber Cafelltische Screibtelegraph eingeführt werden sol. In Zufunfe wird man auf ven Telegraphenämtern ein versilbertes Papier zu Taufen haben, auf welchem man zu Hause die Dipeiche selbst mit gewöhnlicher Tinte schreibt. Der Telegraphenbeamte hat dieselbe nur unter den fi­berwe­­genden Stift des Apparates zu legen und auf der andern Station tritt das getreue Bacítmile der Schrift hervor. Der prak­tische MWerty des allerdings Loftspieligen Apparates aber beruht v­orzüglich auf der großen Geschwindigkeit der Droe­­shenerpedition. Die „Opinione” enthärt heute y Turin, 3. Mal, einen Artikel über Die Kriegseventualitäten, der einen jeher o­­ffiziösen Charakter trägt. Sie macht darauf aufm­erksam , daß Italien fi in einer exzeptionellen Stellung befinde und daß der Plan der Pariser „Opinion nationale”, wonach sich Italien mit Schweden und Frankreich zu einem Kriege gegen Rußland vereinen solle. Dies keines­­wegs genügend berücsichtige. Wenn man Frankreich 50 bis 100.000 Mann Bun­destruppen siehen wollte, so geriethe man in die bedenklichste Lage ; die 30.000 Mann in den Sab­­provinzen müßten dort bleiben so lange Franz II. und die Kurie in Rom ihre Intriguen fortsetten ; überdies aber habe man die Desterreicher am Mincio stehen, Stantreich habe p & Rec dht an. Lloyd. baber sehr unklug daran gehandelt, daß es nicht sein Mög­­lichstes geb­ban, um die vollständige Herstellung der Italienis­­chen Einheit zu befördern. Italien werde nie gegen Hrant­­seidh auftreten, aber damit es sich Demselben anschliche, müßhte er seine Bedingungen fielen und Barantien gegen einen öster­­reichischen Handstreich erhalten. Politische Nundschau, 8. Mai. Zunächst wen­­den wir uns Heute zur Aufnahme, welche die russi­­schen Antwortnoten in Paris und Lon­­don gefunden haben. Wir geben den Pariser, Stimmen den Vorrang, weil sie am 4. b. bereits in voller Kennt­­niß der Noten waren, während die englischen Blätter, wie es scheint, nur eríst A­nalysen derselben in Händen hatten, ihre ausführlichen Besprechungen und daher erst heute Abend zugehen können. Die Note, mit welcher der „Montteur“ die Dublikation der rufsischen Antwortdepeichen an Frankreich und England einleitet, lautet wörtlich: „Da die Antwort der suffischen Regierung auf die französisge Depeiche über die polnischen Angelegenheiten in verschiedenen Journalen zu irrigen Auszügen und Deutungen Veranlassung gegeben hat, so halten wir es für nüglich , je nachstehend zu veröf­­fentlichen. Diese Depesche wurde nebst der Beilage dem Herrn Minister des Auswärtigen am 1. Mai von dem hiesi­­gen russischen Gesandt­en verlesen und in Abschrift hinterlas­­sen. Man wird sich beim Lesen dieser Altenfüce leicht davon Überzeugen, daß sie die Bahn für Berfüöhbnungs­­pläne eröffnen, und man wird darin Die Grundla­­gen fürlinterh­andblungen finden, um eine DBer­­tändigung zwischen den verfehtenenen Höfen herbeizuführen, welche in diesem Augendblide nach Mitteln suhren, um die legittimen Interessen Polens freizustellen.” Die Darr­e” faßt sich kurz : „Die Erklärung des „Moniteur”, sagt sie, legt uns die Pflicht auf, unseren Lesern heute die volle Freiheit des Urtheils zu lassen. Sie mögen entscheiden , ob die öffentliche Meinung in den gewandten Phrasen des rufiigen Ministers und in seinen Schlußfolge­­sungen, welche der , Mornina­ $oft" die Behauptung einge­­ben, d­ie Mächte hätten vor Nufßland nur Worte, sondern Thaten erwartet, — ob die Öffentliche Meinung darin jene Befriedigung finden kann, welche sie von dem ersten diploma­­tisshen Schritte Europas bheffte . . . Die ruflichen Noten sind in der That eine eben (so gemessen als höflich ausgespro­­hene Ablehnung. Weiter nichts." Das „Journ des Débat “" bemerkt: Nur Eine Thatsache scheint sich aus der „Moniteur“-Mote im Zusam­­menhalt mit der Depose des Fürsten Gottihald­ an den­ Baron Bubberg zu ergeben, nämlich daß in der­­ polnischen Brage ein Stillstand eintritt. Bor vierzehn Tagen tren man dem Kriege ganz nahe zu sein, fest M wird man unterhandeln. Was für Folgen die Ereignisse in Polen nach fi ziehen werden, hängt fett nur von Einem Umstande ab: unterhandeln, das heißt warten, und es ist die Frage, ob Polen oder Rußland länger warten kann. Wenn, während man Protokolle gegen­einander austauscht, die allerdings ge­­waltigen Armeen Rußlands in Polen das herstellen, was die Beslegten überall die Ruhe des Tuches und die Sieger den Frieden nennen, so werden die Westmächte keinen Grund mehr zum Unterhandeln haben. Wenn dagegen die Polen aufrecht bleiben, so wird in einigen Monaten die Stellung Rußlands, welches auf der einen Seite unterhandelt, auf der­ anderen Krieg führt, nicht mehr haltbar sein. Denn dann wird un­­terbandeln so viel heißen al­ nach meben, jept heißt es |

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