Pester Lloyd, Februar 1865 (Jahrgang 12, nr. 26-48)

1865-02-01 / nr. 26

Telepr.II-pesåxmdei«peäerwyk. Wien,31.sämter.Das Abendblatt dt k am klichen »Wiener·zeitung«(Abendpost)zittrt in gespkktkek Schrift diqukte des Nuudschquees der,,apeuzzeitung««:Es steht fest,daß die Einigkeit Oesterreichs Und PWUBSUsWedims , · größerer Feldheriode kein gewiegterer Staatsmcch­tusemalchti­gung und Grundlage der Einheit Deutschlands ist, und Haft Die Geltendmachung und Anerkennung der realen Macht­­verhältnisse der Graf, Mittel­ und Kleinstaaten in Deutsch­­land der Grundgedauke aller solchen Bundesreform sein müsse." Wien, 31. Jänner. Abendbörse, Kreditaktien 190.50,­­1860er Lofe nach der Biehung 95.55, 1864er Lofe 87.50, Nordbahn 1866 , Karl-Ludwigsbahn 225.50, Staatsbahn 204.50. Durch Nach­­läufe fester: Schlußrente 67.15, Credit Mobilier 973, Konfols 89%­, Staatsbahn 450. Von Berlin wurden Kreditartien 84, 1860er Lofe 843­,, 1864er Lole 51%, Staatsbahn 119.75 ; von Frankfurt Kredit­­artien 196.50, 1860er Loje 817%, 1864er Coje 90%, gemeldet. Der Staatsbahnausweis zeigt ein Plus von 10,306 ft. TSA NNNENNNNNONNNNNKNNNTEEKNNTNKKESKKEee Sur Zagedgefgichte, Weit, 31. Iänner. Wie wir bereits telegru­­ Ueber die Angelegenheit des Tages, die in Wien einge­­ange preußische Depesche, theilt unsere folgende Korrespondenz so viel mit, als man Dort außerhalb der freng diplomatischen Kreise erfahren kann. phifch benachrichtigt wurden, will das , Vaterland" von dem Aftenstüdée eine nähere Kenntnis haben, und wir geben vorerst ‚den Wortlaut des betreffenden Artikels. Das "Vaterland" sagt: „Meber die schon vorgestern erwartete, indeß durch einen Anfall verspätete preußische Antwort auf die diesseitige Depesche vom 21. De­­zember können wir für heut nur mittheilen , daß sie wesentlich darauf gerichtet it, einen raschen Ausgleich der schwebenden Differenzen her­beizuführen. Der Herzog von Augustenburg hat, wie die Staatsmänner in Münden und Dresden bereits mit großem Mibfalien erfahren haben, ein vertrauliches Abkommen mit der Krone Preußen getroffen, welches vor der Hand als Geheimniß betrachtet und darum in dem ve­­rwöhnlichen diplomatischen Schriftwechsel zunächst nicht bistutirt werden sol. Die Haltung unsers auswärtigen Amtes gewinnt durch ihre Mäßi­­gung gegen Rechts (Preußen) und Links (eigentliches Deutschland) eine beratöbere Bedeutung. Frankreich wie England haben sich in jüngster Zeit beeilt, durch ihre Bevollmächtigten dem Grafen Mensonrff aus­­drücklich die Bersicherung geben zu lassen, daß sie im vollsten Vertrauen auf seine Thätigkeit sich von einer eingehenderen Antheilnahme an der Löftung der Her anehage auch weiterhin fernhalten würden. Die Berliner offizielten Blätter bestätigen dies, wenn auch unter möglichster Wahrnehmung ihrer bisherigen Stellung zur Sache. Von diesen Sägen ist sein eittziger, der nicht, weentlichen Reventen ausgeregt wäre. Will die Depetche einen „wachen Ausgleich" herbeiführen , so können mir diese Erklärung nur als einen Wig des Herrn dr. Bismarc von zweifelhaften Werthe ansehen, denn alle Welt weiß , daß die Ursache der Verzögerung in Berlin und nicht in Wien ist. Daß das Ab­­kommen Preußens mit dem Augustenburger geheim gehalten werde, ist Oesterreich gegenüber geradezu eine Lächerlichkeit, denn man wird doch die Zustimmung Oesterreichs nicht für eine Konvention in Anspruch nehmen, die man ihm verschweigt. Die­­ Versicherung aber, daß Frankreich und England im Ver­trauen auf Oesterreich sich am der Lösung Der Herzogthü­mer­­frage nicht betheiligen wollen, brauchte, um pisfutirt zu werden, eine weit stärkere Bürgschaft, als ihr das , Baterlandb" geben kann. So lange nur das Wiener Journal dafür einsteht, sehen wir diese Nachricht nur als die Verstärkung der neulich in die Welt geschicíten Erfindung an, wonach die deutschen Mittelstaaten die Führung dieser Angelegenheit dem Wiener Kabinet überlassen hätten, was bekanntlich bald offiziös wider­­legt wurde. In den französisichen Journalen finden die preußischen Annexionsgelüste eine Wü­rdigung , welche gegen die nationale Beschränktheit früherer Zeiten vortheilhaft absu­ht. So Täßt si der „Courrier du Dimanche“ in einem Artikel, der gerade auf die gegenwärtige Lage trefflich paßt, unter Anderem so vernehmen : 3 it nicht so leicht, den Cavour auf veränderter Basis zu spielen. € 3 anneltirt nicht Jeder „so, wie er will." Ein Adler trägt wohl ein Schaf in seinen Horst, allein ein Nabe verfängt sich mit den Klauen in der Wolle und wird vom Schäfer gefangen.” . . . „So lange es nur darauf ankam, die Dänen todtzuschlagen, hatte Herr v. Bismarc freie Hand.­­Der Oesterreicher half ihm , der Ruffe, der schaute gleichgiltig zu, John Ruffell schrie und geberbete sich wie ein Fa auf der Kanzel und drohte ihm die Mühe an den Kopf zu merk­en . Baiern, Hannover, Sachsen und Württemberg (die Unschuldigen !) eg Beifall, als habe er das deutsche Vaterland gerettet, die fran­­zösische Neuierung sch­wieg und berechnete vielleicht, daßs Köln mohl nicht schwerer zu erobern sei, ala Mexiko, wenn nur erst die Zuaven wieder zurück sind.” . . . Mer zweifelt nicht, daß die Annerion ge­­lingen werde. Ja, da der Appetit während des Osiens kommt , wird Herr v. Bigmard auch noch Hannover und Sachsen schladen und Deutschland mit Oesterreich theilen wollen. „Allein noch vor dieser Zeit wird eine solche Wratenpolitit ihren Lohn erhalten. Wenn Preußen Schleswig-Holstein nimmt, nachdem es die Dänen umgebracht hat, so wird ein Anderer Preußen umbringen, um das linke Rhein­­ufer zu nehmen. Denn in dieser Welt begegnet man immer jemanden, der stärker ist, und wer heute niederfäbelt, wird­ selber morgen nieder­­gejäbelt werden. Das ist das ewige Gese ver Vorsehung. 1808 wollte Napoleon Spanien erobern. Anfänglich zog er al Freund ein, be­legte die Festungen und Zeughäuser, lagerte mit seinen Soldaten in Madrid, und führte die ganze königliche Familie weg. Damals gehorchte ihm, mit Ausnahme Englands, ganz Europa. Seine Generäle waren Lannes, Maffena, Men, Davoust, Murat , seine Armee Tam von Au­­sterliß, Jena, Friedland, sein Schach stroßte von Feindesbeute ; er selber war Napoleon. Und fünf Jahre später war Spanien verloren für uns, unsere Heere waren vernichtet, umsere Karten erschöpft , umsere berühm­­ten Generäle tobt oder des Krieges überdrüskig , und die Spanier gin­­gen über die Rivasien und fielen in Frankreich ein. Möge dies Herrn v. Bismarc als Lehre dienen! Er schmeichelt sich wohl nicht ein poleon. Er schaue auf dessen Sturz und zittere. Sein Sturz wäre nit furchterregend, sondern — rivital !" Die Erwählung des französischen Oppositionskandidaten­­ Bethmont im Departement der Charente inferieure í­erscheint der „Zimes" als ein Ereigniß, das wohl zu einem , Bt in die politische Zukunft Frankreichs anregen darf. "Das, sagt sie, gehört zu den Nachtheilen der väterlichen Regie­­rungsmeile, daß ein einziger Vorfall solcher Art die ganze regierende Klasfe außer Fassung bringt, die Kaffeehäuser mit politischen Geflüster füllt, das Ausland zu Bemerkungen veranlagt und in der ganzen Ge­­sellschaft eine Neuung des Bangend oder der Erwartung weht. In England gibt es Wahlkörperschaften von allen Schattirungen. Die Wahl eines eingefleischten Zory in einem ausschließlich Agrikultur treibenden Distek­t wird noch keine Niederlage der liberalen Sache bedeuten. Ein notorisch radikal gesinnter Machfleden mag einen Gleich­­gesinnten ins Parlament wählen und es wird da in der Brust des Suchtsamsten seine Angst vor der Möglichkeit einer Revolution entste­­hen. Anders in Frankreich. Der Verlust eines Departements lehrt die Regierung, daß die Majorität der Bevölkerung auf einem bestimmten Slädenraum die Prinzipien des Kaiserthums nicht mehr für unfehlbar hält, daß hier ein Meinungswechsel stattgefunden, der nur Zeit und Gelegenheit bedurfte, seine Wirkung zu äußern. Die Charente infés rieure war sonst seine mißvergnügte Gegend. Emil Girardin erinnert daß jener Distrikt im Mai 1849 während der Republik die Herren Barocje, Chasseloup , Laubat, Prinz Napoleon und Montholon gewählt und auch in den Jahren 1852, 1857, 1863 Regie­rungskandidaten in die Kam­mer geflicht hat. Man soll daher diese Niederlage der Regierung bedeuten . . .“. Sie ist ein Zeichen, daß in der politischen Verfassung frankreichh n­cht Alles ist, wie es sein sol. . . . Die innere Winpstille, deren sich die egierung seit vier oder fünf Jahren erfreut, kan­n nicht ewig dauern. Der Kaiser hat seiner Nation Ruhm, Wahlfahrt und schöne Bauten und Bou­levards gegeben. Aber der Franzose lebt nicht von diesen Dingen allen. ... Die Presse labt sich nicht ganz zum Schwei­­gen bringen, und einige ihrer Organe sind noch immer­ von­ Män­nern geleitet, die, Danz ihrem Charakter und ihrer verbien ich Ver­gangenheit, großen Einfluß im ganzen Lande haben. Wenn Terklage erheben, so kann man ihre Worte unbeachtet hafsen, aber sie bleiben nicht ungehört. Sie graben sich tief ins Herz des Volkes ein, und ob auch jeder Reihe oder nach Reichthum singende, jeder unter dem neuen Gyítem Gmporgestiegene oder Steigende, zur Beruhigung seines Gewissens sich sagen mag, daß die Klagen­den unprak­iiche Schwärmer und dergleichen seien,­­ kann er doch nicht umhin zu gestehen, daß einige Aenderung im französischen politischen Leben nöthig ist, und daß die Freiheit, wenn sie ohne Gefahr gemährt werden künnte, ein Glück sein würde. Diese Gefühle mögen keine allgemeine Bewegung hervorrufen, aber sie sind noch stark genug, um der Regierung fortwäh­­rende Unannehmlichkeiten zu verursachen. Die Pariser Wahlen waren ein Zeichen, daß die Primipien des Herrn v. Verfiany in der Haupt­­stadt nicht als die wahre Grundlage moderner Regierungsweise angese­­hen werden. Die Encyclicas dieses ergebenen Staatsmannes haben sei­­nem Gebieter und seinen Kollegen die Hingebung der großen Masse der Pariser gekostet. Vor zwei Jahren wählte Paris die ganze Liste der Oppositionskandidaten,­ und ähnliche Kundgebungen machten Marseille und yon. Die Warnung wiederholte sich vor einigen Monaten. Dage­gen fällt, freilich, die überwiegende Masse der ländlichen Bevölkerung ins Gewicht. Der Kaiser kann heute, wie vor 14 Jahren, auf seine Millionen von Stim­men zählen ; sie werden ihm wieder dienen, wie sie ihm in den drei großen Krisen seiner politischen Laufbahn gedient haben. Aber wenn die Städte dem gegenwärtigen System immer mehr abhold wer­­den, wird es sich nir leicht aufrecht halten lassen. Selbst unter dem­ System des allgemeinen Stimmrechtes sind die Zahlen nicht Alles. Die aufgeklärten Wahleuftritte müssen noth­wendiger Weise einen mor­ralischen Einfluß im Lande üben, und hat Genie und die Beredsam­­keit ihre Macht in dem gefekgebenden Körper fühlen lassen. Sole Angriffe auf die öffentlichen Freiheiten, wie der Prozeß der Dreizehn, können nur beilagen, den Gegenfaß der liberalen Partei zur Regie­rung täglich noch mehr zu Schärfen. — Wollte Gott, wir könnten jene Meisheit und­ Mähigung, die der Kaiser ohne Zweifel in internatio­­nalen Angelegenheiten­ bewiesen hat, auf die heimische Verwaltung an­­gewandt sehen. Gine Zahlreiche­s hält er für eine Entehrung Frankreichs, daß ihm die Freiheit raubt sind, die er einst mit sol­cher Energie und solchen Opfern erobert hat ; und die Griftenz einer solchen Klaffe it ein sch­werer Uebelstand. Der französische Liberale sieht sein großes , 36.000,000 Seelen zählendes Vaterland von dem Kleinen Belgien, das nur 4.­00,000, und der noch kleineren Schmeiz, die nur 2.000,000 Einwohner hat, im Punkt der Freiheit überflügelt... Das regt zu bitteren Vergleichungen an. Selbst der Papst und seine Anhänger brauchen Frankreich nichts schuldig zu bleiben. Wie muß Einem, der an den Prinzipien der Revolution hängt, zu Muthe sein, wenn er Gtellen wie die folgende aus der kraftvollen Feder des Bis­chofs von Orleans liest : „Wir lesen täglich in den Zeitungen, daß die geringste Freiheit eine Gefahr sei. Die stärkste der Regierungen des kompaktesten Staatsgebietes wagt­en nicht 20 Bürger zusammen: fommen, 3 Bischöfe sich besprechen, eine Kleinfingerschule ohne große Schwierigkeit eröffnen, oder eine päpstliche Bulle von einem Priester verlesen zu lassen ; und in dieser Lage befinden wir uns 76 Jahre nach 1789,­­ dessen berühmte Prinzipien in vielen Beziehungen ein zival ger­achtetes, aber ein an notes Sdeal sind!" Das ist die Wahrheit, ob­­gleich sie aus Seinen kommt , und die allseitige Wiederholung solcher Kritiken kann nicht umhin , ihre­ allseitige Wirkung zu üben. Der Hereichher der Franzosen muß sich künftig immer weniger auf seine zwei großen Alliirten, das Heer und das Priesterthum, verlassen. Durch die Beilegung der großen Fragen, die zum Kriege führen, wird die Armee von geringerer Bedeutung in Europa werden ; die Geistlichei­ aber wird ihm durch die Politik entfremdet, melche ihm die öffentliche einung und sein eigener Sinn für Gerechtigkeit aufnöthigen. Dann bleibt noch die große Masse des Volkes, und er kann sich darauf bek­­lassen, daß sie seinen Thron frügen wird ; aber die volle Liebe des Bol fes wird doch nur durch­ Zugestehung der von ihm einst besessenen Frei­­heit zu erlaufen sein. Die aus Mexiko gemeldet wird, hat der Kaiser Ma­ximilian ein Deamifest veröffentlicht, welches die Kirchengüter zu Staatsgütern erklärt. — Die Nachricht , die mexikanische Provinz Sonora sei an Frankreich verpfändet worden, ist inso­­fern wichtig, als Frankreich die dortigen Bergwerke einer fi­an­­ag­eltár behufs ber­­edung einer Anleihe überge­­en will. » e Note vom 21. Dez. ift endlich gestern Abende me. H. Wien, 30. Männer. Die preußische Antwort auf die Öfterk in die Hände des preußischen Gesandten­ gelangt und heute Nach­­mittag von demselben dem Grafen Mersdorff mitgetheilt wor­­den. Der Inhalt des weitläufigen Schriftstückes war übrigens dem Minister seineswege mehr ein völliges Geheimnis. Auf vertraulichen Wege Fannte Kerselbe im Voraus wenigstens den allgemeinen Tenor dieser preußischen Nachäußerung. Die Berz­muthung dürfte wohl begründet sein, daß Kieselbe allerdings einen Fortschritt in der schmwebenden Verhandlung bezeichnet, dagegen in dem Hauptpunkte, wer den bekannten Vorschlag des österreichischen Kabinets betrifft, auf dem Verlangen beharrt, der Einlegung eines auch nur faktischen Inhabers der Negie­­rungsgewalt in den Herzogthü­mern die Feststellung der Ver­­hältnisse Preußens zu dem neuen Staate vorangehen zu lassen. Hoffentlich bezeichnet aber zum mindesten die preußische Note die­ näheren Meodalisäten dieses Verhältnisses , wie es die preußische Negierung auffa­ßt, denn zu Kem­ Behufe hat sie sich ja die Vorschläge der Ministerien des Kriegs, der Marine und des Handels unterbreiten lassen. Präzisirt sich das preußische Kabinet in dieser Hinsicht, dam­­it das Wiener Kabinet immerhin endlich in die Lage verfest, in concreto die Grenz­­linie zu finden zwischen dem spezifisch - preußischen Intere und dem deutschen Necht. Und des ist sehr unwesentlich denn wird auch Oesterreich bereit sein , einzelnen Konzessionen an Preußen das Wort zu reden , so kann es dies doch nur unter der Vorauslesung thun , daß diese Zugeständnisse die bundes­­mäßige Grenze nicht Überschreiten, daß Fürst und Land gleich»­berechtigt in die deutsche Gemeinschaft eintreten. G. Wien, 24. Jänner. Die Untersuchung wegen Vers­iegung des Amtsgeheimnisses in Folge der in der „Presse” veröffentlichten österreichisch-preußischen Depeschen über Schles­­wig-Holstein wird mit einer beispiellosen Haft und Schärfe fortgeführt. Die Sensation, die dadurch in hiesigen diploma­­tischen, bureaufrat­schen und journalistischen Kreisen hervorge­­rufen ist, läßt sich leicht melden, aber kaum beschreibge. Heute wurden nacheinander die beiden Rebastionsdiener, dann Herr Zang zum z­weiten Male und ber Metternsenpages zum zweiten M­ale vernommen. Der eine der Nedaktionsdiener, Maolzer, ein im Dienste der Sournalistis ergrautes Haupt, sagte in der ihm eigenthümlichen beredten Weise aus, daß er gar nichts wisse und auch nichts wissen könne. Der andere, Aloys, ein biverber Tiroler, sagte mit etwas weniger Une­rchweif als sein Kollege ungefähr dasselbe. Auf eindringliches Fragen gab er unod az dag er die Papierfarbe in mitter­­nächtlicher Stunde nach Schluß des Blattes ausleere, und mit dem gewichtigen Inhalte derselben des Morgens darauf ein­­beige, aber nur so lange es Winter if. Die Kouverts der Briefe aus Paris, die seien, wie en,vermuthe, auch in den Papierkörben drin, und wenn er bie von der Post Hole, so lese er zuweilen aus einer ihm eigenen" unbezwinglichen Neu­­gierde die Adressen verselben, aber von wen die Briefe­ sind, wisse er darum body nicht. Herr Yang sagte bei seiner szivet­ten Vernehmung genau dasselbe, was er bei seiner ersten augz gesagt. Dagegen protestirte er gegen die Beschlagnahme jener Manuskripte (jammiliche­ Zuschriften aus Paris) im Nebal­­d­ongbureau, zu deren San­irung die beiden mit der Haus­suchung betrauten Kommissäre seinen richterlichen Auftrag hat­­ten. Er wurde man der Staatsanwalt Herzugeladen, und es begann eine ordentliche V­erhandlung. Die Manustripte­­ von Hrn. Zang schon bei der Beschlagnahme in einer Enveloppe mit seinem Siegel belegt) wurden über Antrag des Staatsanwalts in Ge­­genwart Zang’8 aus der Enveloppe genommen, und Hr. Zang aufgefordert, die Namen der­ Schreiber der verschiedenen Hand­­schriften anzugeben. Daß er dies theilg nicht konnte , theile nicht mochte, ist begreiflich. Cs m wurde des §­ 119 der Straf­­prozeßordnung (Zeugenzwang durch Geld» oder X Arreststrafe) Erwähnung gethan aber von demselben vorläufig noch nicht Gebrauch gemacht. Zur Sache selbst , wer nämlich Derjenige sei, dem die , Breife" das wichtige Manuskript des österreichisch­­preußischen Depeschenwechsels zu verkaufen habe, machte Herr Zang zwar seine diversen Aussagen,, aber doch Andeutungen, die allem Aufscheine nach das Niederschlagen des Prozesses zur Folge haben dürften. Die Vernehmung des Herrn Zang dauerte nahezu dritthalb Stunden. Die Vernehmung des Meeteur­enspages, die hierauf folgte, war fon minder energisch. Er sollte die Handschriften agnosciren ; die einfache Aussage, daß er dies nicht fenn@fi genügte, er wurde nicht wie am Tage vorher beerdigt. In Zang wurde aber , wie ich höre, als er sich entfernte, das­­ Versprechen abgenommen , über seine Bernehmung Diskretion zu beobachten. — In der östert er­­rischen Diplomatie gibt sich ein großes „Mou­­ bement“ fund. Kourriere fliegen seit einigen Tagen von­­tinuhlich von Zen nach Berlin und Paris, von Berlin nach Paris und Wien, vom Paris nach Wien und Berlin. An Kehl kreuzten sich vorgestern drei Kourriere, darunter einer mit Deperdien aus Rom. — In Bezug auf die räthselhafte Di­re­sion des Prinzen Friedrich Karl von Bret fen an unserem Hofe erfahre ich, daß der Prinz ein Schreiben­­ der Erzherzogin Sophie an die Königin-Mutter nach Berlin mitgenommen, welches mit einem Heiratsprojekt zwischen einem­­ österreichischen Erzherzog und einer preußischen Prinzessin (Erzherzog Ludwig Viktor und Mieranprine ?) im Zusammen­­hang stehen sol. Wenn dieses Projekt auf Wahrheit beruhen sollte, so wäre der Fall schon aus dem Grunde merswirbig, weil dadıreh in der Gefehrte zum zweiten Mal das Ereigniß der Barebeligung eines Mitgliedes des österreichischen Kaiser- Teufen protestantischen Fürstin eintreten könnte. Ber­­anntlich Hätte auch weiland. Erzherzog Joseph , der Balatin, eine Protestantin , eine Prinzessin von Wü­rttemberg zur Gemahlin. V. Wien, 30. Jänner. Die Heutige außerordentliche Generalversamm­lung der Theißeisenbah­ngesell­schaft war eigentlich, eine bloße Formalität, indem die Ne­gierung es hier nur mit einem Attionär , nämlich mit der Kreditanstalt, zu tuun hatte, die aus naheliegenden Gründen seinen so heftigen Widerstand machen konnte, als die vielköpfi­gen Versammlungen der übrigen Bahngesellschaften. Wie bei den übrigen Gesellschaften, hat es sich auch hier vorzugs­weise um die Wirk­ung des Baukapitals, um die Einkommensteuer nd schließlich um die Auszahlung des Coupons gehandelt und äßt sich nicht verlennen , hat die Regierung bezüglich des Anlagekapitals sehr roulant vorgegangen. Was die Einkommen­­steuer und die Auszahlung des Coupons betrifft, so wird sich der Verwaltungsrath ber Theisbahn gleich den übrigen Bahn­­gesellschaften an den Reichsrath menden , um von demselben jene Zugeständnisse zu erlangen, die der Finanzminister vers­tweigern zu knürfen geglaubt. Auf eine Anfrage Baron W­o­­dbianers, ob der Verwaltungsrath der Theigbahn gemein­­schaftlich mit dem übrigen im gleicher Rage befindlichen Bahn­­gesellschaften oder für sich allein petitioniren sol, ermwidert Direktor Hornbostel, daß es am besten wäre, dem Ver­waltungsrathe freie Hand zu lassen und es seinem Ermessen anheimzustellen, ob er follektiv oder für sich allein petitioniren wolle. Die Versammlung schließt sich dieser Anschauung an und adoptirt sodann alle vom BVBerwaltungsrathe mit Bezug auf dag Uebereinkommen gestellten Anträge. In Abwesenheit des Herrn Grafen Andpräfjn hatte Herr v. Szögyyenyi dag Präsidium übernommen ; obgleich seine Debatte zu leiten war, weil Niemand eine Einwen­­dung zu machen hatte, so merkte man Doch aus dem Expose des Präsidenten, daß ein parlamentarisch geschulter Meann ben Borsig führe .In der That war die Auseinanderlegung des Herrn v. Szögyényi so präzis und fachgemäß, daß selbst dem blödesten Aktionär die Wahrheit des Sates einleuchten mußte, ein magerer­­­ergleich ist besser, als ein fetter Prozeß. Der Andrang zu den Substriptionen auf die Afften der Pfan­dleihbanstalt war heute so enorm, daß polizei­­liche Afsistenz requiriet werden mußte, um die Ordnung auf­­vet zu erhalten. » ! | ti Die Regierung daran, | Die ungarische Akademie, | In der am 26. b. abgehaltenen Sieung des Direk­­tionsrathes der ungarischen Akademie wurden,­ da die Funktions­­dauer des gegenwärtigen Präsidenten und Vizepräsidenten abge­­laufen ist, die Ternanorschläge zur Wiederbefeßung dieser Woften festgestellt. Unter den vorgeschlagenen Mitgliedern stehen, wie mit Necht zu erwarten war, bei der Kandidation für die Präsidentschaft Graf Emil Defffemwffy, und bei der Kan­didation für die Vizepräsidentschaft Baron Josepp Edtndüs an erster Stelle. — Ferner wurde Graf Emerich Milo an die Stelle des verstorbenen Andreas 3 á­y zum Mitgliede des Direktionsrathes gewählt. Schließlich beschäftigte er die Ver­­sammlung mit der Bu­dget- und mit der Palastangelegenheit. Ueber die erstere Angelegenheit entnehmen wir dem "P. Naplo" die folgende Mittheilung : Der Fond der Alademie wurde auch im verflossenen van der Stiftungen hochherziger Patrioten (Graf Koloman Deffemwffy 1050 fl., Franz Ghyczy 3000 fl., Georg Ipanovics 200 fl., Frau Cate Sztrolay 1000 Dulaten), durch Legate (Soseph 3mestal 3000 fl, Stephan Szilágyi 2000 fl., Soseph N­éz­meth und dessen Gattin 1000 fl.,Soseph Rn­oston 100 fl), und durch Spenden Joseph Burgstaller 315 fl., Sammlung des Sa­muel Szőcs 152 fl. u. f. m.) vermehrt. In Folge dieser Zuflüsse hob fich der Fond der Akademie bis auf 1.110,167 fl. 69 fl. Da jedoch ein Heiner Theil dieser Summe zum Baue des der Akademie gehörenden Heinshauses verwendet wurde, belief sich der Fond der Akademie am 81. Dezember 1864 auf 1.100,989 fl. 69 fl. und 800 Dukaten.. . Die detaillirte Vergleichung des vorjährigen Budgetvoranschlages mit den wirklichen Einnahmen und Ausgaben bei Seite lasjend, heben mir nur einige Daten von allgemeinerem Interesse hervor. An dem Voranschlage für 1864 waren die Einnahmen mit 58.500 fl. ange: tabs I­ W: Marie Antoinette, (Nach der „Revue des deux Mondes“) va Mit dem Wetterfehlage von 1789 beginnt Haum in der That die eigentliche Tragödie , zu der die bisherige Regierung Ludwig­s XVI. nur der Prolog gewesen, — der große und fehredliche Zweikampf zwis­chen der neuen Gesellschaft, die pmöglich hervorleb­t, und dem König­thum, welches von den Seinen verrathen wird, das beim ersten Angriff von mehr als zur Hälfte besiegt und dahin gebracht ist, sich mühselig zypischen Kapitulation und vergeblichen Auskunftsmitteln fortzuschlep­­pen. Man spürt, wie sie in Doppelschritt heranrüht, diese Revolution, die so mächtig­ durch eigene Kraft, aber wo mächtiger durch den eitlen MWiverstand, wer ihr entgegen gejegt wird, und wie die Mehrzahl der Revolutionen vollzieht sie sich in Folge der Unmöglichkeit. Worin­­ff das Königthum befindet , um­ nur materiell noch fortzufommen. "Die­ Strangverlegenheit führt zur Notablenversammlung, zu den General­staaten, zu all den Balliativen der Ministerien Calonne’s und Neder’s ; durch­ die erste Bresche tritt das Unbekannte heran, und aus diesem Unbekannten wird nach und nac­h die Erstürmung der Bastille am 14. Juli, der Bootszug nach Versailles am 5. Oktober 1789, die Kon­­stituante, der Konvent und ein gefangenes Königthum, das endlich im Blute ertränkt wird. Das Unbekannte ist, mit einem Worte, die ent­­feffelte Revolution, die hastig vorwärts bringt ohne einen Augenblick anzuhalten. Eine der merkwürdigsten Wahrnehmungen soll im ersten Moment “der Revolution it wohl die plögliche und unaufhaltsame Auflösung alles dessen, was bisher noch einigen Anschein imposanter Größe ge­­habt. Kaum hat die Bewegung begonnen, und diese mehrhunderte alte Monarchie versinkt krastlos in das Nichts ihrer Traditionen und Fic­tionen. Sie stürzt unter dem frischen Windhaube zusammen wie ein altes Gemäuer, worüber der Sturm fährt. Sie hat seine Herrschaft mehr weder über sich selbst, noch über die Dinge, die sich rings herum vollziehen. Ihre Politik it die Politik ver Schwachen und Besiegten, ein rathloses Staunen, oder „das zusammenhangslose Geberren der verbrießlichen Ungeduld”. Man halte nur einige der wichtigeren und entscheidenden Daten gegen­einander: Zu Ende des Juni 1789 sieht das Königthum neben sichh die Generalstaaten, welche sich eben als Na­­tionalversammlung erklären; am 14. Juli kapitulirt es schon vor der siegreichen Susurrestion,, indem es Neder wieder beruft; am 5. Okto­­ber, als das Bolt nac Bersailles zieht und das Königthum von dort weg nach Paris als die Beute des Tages schleppt Da ist das Könige­thum schon nichts Anderes, als ein bewachter, herabgewürdigter Ge­fangener, und hat «3 keine andere Wahl mehr. Als entweder durch eine Allianz mit der Revolution, die es nicht bedufft, wieder empor­­zuheben und zu befreien, oder in seiner moralischen und politischen Er­­niedrigung bis auf Den legten Punkt zu kommen. Was bleibt noch übrig inmitten dieser Erschlaffung aller Institutionen und Traditionen­­ über verliert,“ die mit einem Schlage ihr altes Prestige verloren haben ? Der Geist einer Frau, der Königin, die rebt die fette Kraft des Königthums wird oder den Pr der Monarchie mindestens noch mit einem legten Strahle DEs Lebens und der ihre unerschrochene Anmuth verschönt. Das ist das Schauspiel, welches Marie Antoinette drei Jahre hindurch uns bietet. 63 ist der unausgeregte, verzweifelte Kampf einer hochherz­­igen Natur gegen die Unmöglichkeiten , die sich in ihrer Nähe immer dichter zusammenziehen. Da ist nicht einmal blos die Königin, die für ihre Krone kämpft mit deren, welche aus ihren republikanischen Hoff­nungen kein Hehl mehr machen ; es ist das Weib, welches sich um sein Leben wehrt gegen den drohenden Mord, es ist die Mutter, die ihre Kinder in den Tagen der Gefahr blitten und retten will oder besser gesagt, es sind die Königin, das Weib und die Mutter unzer­­trennlich Eins in ihr gemorben und gehen demselben Gefihd entgegen ; denn es ist ein wahres Wort, welches Mirabeau im Jahre 1790 mit feinem tiefen Blide und mit einem Accent des G Stolzes, mürdig der­­jenigen, für die er seine Stimme erhoben, gesprochen : „Ich glaube er pen, daß die Königin Fein Leben ohne Krone wünscht, aber dessen bin Ach gewiß, daß sie das Leben gar nicht andert, als nur mit der Krone zu retten vermag“. Marie Antoinette it weder eine Schuldige, noch eine Heldin ohne Schwächen, noch ein starker politischer Kopf. Sie ist ein Weib, das sich durch das Unglück in die Politik hineingetrieben findet, ohne dafür Geschmach, Erfahrungen oder IMusionen zu besigen, die aber alle das erfeßt dur einen feinen Anflug von Energie, womit ihr Charak­ter angehauchh ist. Es ist das Meib, das vom ersten Moment seine thätige Rolle übernimmt, das allein seine Ruhe bewahrt inmitten der Menge am 6. Oktober, und Bailly erinnert, das Wort „Vertrauen“, welches dem stammelnden Könige entfahren, dem Bolte nicht zu wie verholfen ; es ist das Meib, welches am Tage nach vieler Krise, die das K­önigthum erschüttert, und fast al Gefangene in den ZTllilerien an Mercy.Argentean die Worte schreibt : „Ich habe den Tod in der Nähe gesehen, man gewöhnt sich daran, Herr Graf... Ich befinde mi wohl, Sie künnen ruhig sein. . . Ich hoffe, daß, wenn nur das Brod nicht mehr fehlen wird, viele Dinge wieder ins Geleite fommien werden. 34 spreche zum B Wolfe ; Milizen, Fischweiber, alle streben mir die Hände entgegen, ich reihe ihnen die meine . . . Diesen Morgen verlangte das Bolt, daß wir hier bleiben. Ich antwortete im Namen des Königs, der sich an meiner Seite befand, daß unser Hierbleiben nur von ihnen abhänge, daß wir selbst er nicht anders wünschen, daß aller Haß schwin­­ken möge, daß wir aber bei dem mindesten Blutvergießen mit Schred davon fliehen würden. Die mir zunächst standen, sagten, daß nun Alles zu Ende sei. Ich habe den M­oi­farden gesagt, daß sie Alles, was sie von uns soeben gehört, weiter verbreiten mögen. . . ." Das war ge­­wiß für eine Königin von Frankreich ein ganz sonderbarer Eintritt in den Strudel des öffentlichen Lebens, und sie hat nicht Unrecht , wenn sie, beunruhigt von Allem was sie umgibt und droht, mit aufrichtigem Schmerz in ihren ersten vertraulichen Mittheilungen an Mercy ge­steht, „daß ihr Herz zerrissen ist und bak sie ihren Beistand dar: Berfuhen mir, die zerfahrene und schwanfende Situation in dem Momente, wo die evolution ihr furchtbares Näthsel aufgibt, die Königin von der gebieterischen Nothwen­digkeit der eigenen Bertheidiz­gung zur Aktion gedrängt wird, und wo jede verlorene Stunde den Schaden unheilbarer mat, vor unserem Blide zu fliiren. Von Seite des Volkes bricht der Haß unter allen Gestalten hervor, und man er­­kennt fest die Frucht, welde aus der giftigen Aussaat der bisherigen Berleumdungen hervorgegangen. Alle Anflagen, alle Gerüchte, melde doch die Leichtfertigkeit mißgestimmter Hofleute verbreitet worden, haben in­ dem Herzen des Volkes Wurzel geschlagen und brechen bei der allgemeinen Gährung plößlich hervor. Nicht mehr die golegen schmüchten Salons und die Vorzimmer in Bersailles sind es fest, wo man einander die perfiden bereinigenden Gerüchte zuflüstert,­­ auf dem Markte und auf den Straßen erhebt sich fest die laute Stimme der dafür herangebildeten Dlaffe zu Schmähungen gegen die „Dester­­reicherin“, welche zu ihrem Bruder, dem deutschen Kaiser, Millionen habe wandern lassen, welche für ihre Launen und ihre Favoriten den Staatsfrag verschleudert und ihr Leben in ausgelassenen Galanterien zugelernt habe! Marie Antoinette selbst schildert mit bebender Hand diese wachsende Vollamuth in einem Schreiben an ihren Bruder, den Kaiser Leopold : „Ach werde täglich mit Beleidigungen und Drohungen überschüttet. Vom Tode meines armen lieben Heinen Dauphin’s (2. Juni 1789) schien die Nation gar seine Notiz zu nehmen. Seit jenem Tage ist sie in einem Delirium, und ich höre nicht auf Thränen zu vergies­chen. Wenn man die Schreden des 5. und 6. Oktober durchlebt hat, darf man Alles erwarten. Der Mord lauert an unseren Thüren. 30 Tann, selbst mit meinen Kindern, mic) an seinem Fenster zeigen, ohne von einer berauschten Wolfsmenge, der je­­doch nie das geringste Leid, im Gegentheil nur Gutes zugefügt habe, und unter der es gewiß Un:­glückliche gibt, denen ich hilfreiche Hand geleistet, infultirt zu werden. Ich bin auf jedes Ereigniß gefaßt, und falten Blutes höre ich heute, wie man meinen Kopf verlangt... .” Also das findet Marie Antoi­­nette von Seite des Volkes : Mißtrauen, Schmähung und Bedrohung. Legtere war aber nicht bloc­kceres Geschrei des Pöbels. Der Mord oder irgend­eine andere Gewalt­ hat lag wirklich auf der Spike jeder dieser Drohungen, und jeden Augenblick glaubte man, die Szenen des 6. Oktober sich erneuern zu sehen. Die Nationalversammlung­­ that Nichts zur Abwendung der Gefahr, und aller Muth, dessen Dupont de Tertre, seit 1790 Minister, fähig war, bestand in der Erklärung, daß er sich niemals zu einem Morde hergeben werde, daß es aber eine andere Sache wäre, wenn man Marie Antoinette den Prozeß machen wollte. — Mo ist die Stube, die Hilfsquelle der Königin von Seite des Hofes oder von Seite des Weberrestes dieses vom Sturme getroffenen Hofes ? Die Tanten des Königs, die seither noch mehr gealtert und noch­ entfernter von den Gesellscchaften geblieben waren, feben hartnädig fort ihren Reinen Krieg im Reifen und Grollen und in biffigen Reden über Marie Antoinette, die in ihren Augen unzweifelhaft eine Vers­tätherin am Hause Stankreich is. Monsieur, der Graf v. Provence, lebt zurückgezogen im Palais Luxembourg und spielt den geschichten und berechnenden Diplomaten ; er macht Broben für eine Rolle, die seinem Ehrgeiz schmeichelt und vor der er doch erschricht , „er fürchtet Furcht zu haben” sagte Mirabeau von ihm. Der Graf v. Artois, der seit Neder’s Ministerium galt gegen die Königin geworden, ist nach dem 14. Juli ganz muthlos3 und gibt reichsfirmiger Weise das erste Signal zur Auswanderung. Der Herzog v. Orleans , erbittert dur das Mis­trauen und die Kälte des Hofes , lädt sich ganz von seiner Umgebung renten, von Mme, Buffon und Anderen , die feinen Groll oder feine Raster ausbeuten und ihn ins feindliche Lager, wo sie ihm eine Par­­tei Schaffen, hinüberdrängen. Die anderen Prinzen von Geblüt, die Bonde’3 u. A., ziehen davon oder gehen bei Seite. Der Adel verliert allen Halt beim ersten Stoß der Revolution ; er gibt sich entwweder der Bewegung hin, oder wandert aus oder zieht sich unzufrieden in die Einsamkeit zurück ; er möchte gerettet sein ohne etwas für seine Ret­­tung zu thun und erhebt ein Geschrei über die Opfer, die nun nöthig geworden. Nur einige vereinzelte wahrhaft Ergebene nibt e3 noch unter diesem politisch ganz geistlosen Adel, die si­ch der Gefahr zusammen um die Königin schaaren. — Und wer König selber ? was thut und dent er? Wäre Ludwig XVI. ein Mann der Gewalt und des Degens ge­­wesen , so hätte er die Revolution zu bändigen versucht , und er wäre ihm wahrscheinlic gelungen sie hinaus zu schieben; wäre er ein ges­i­aler Betrüger gewesen , so hätte er die Revolution doch Herabwür­­­­digung und Korruption zu besiegen oder zu gewinnen versucht, und es wäre ihm, für den Augenblick wenigstens , vielleicht nicht ganz­ fehlgeschlagen, wäre er auch nur ganz einfach ein Hal­­bfichender und gefhichter Kopf getreten, so hätte er vermöge der Rechtschaffenheit, die er von Natur sein , vom ersten Tage an aufrichtig und entschlossen die Allianz mit der neuen Macht ange­strebt und durch iiese Allianz eine schabhafte Monarchie beseitigt. Ludwig XVI. besaß aber weder die Vorzüge, noch die Fehler, die zu einer dieser Rollen gehörten. Er wollte die Revolution bändigen, ohne an seine eigene Kraft zu glanben ; er machte Berfuche, mit ihr zu unterhandeln ohne Vertrauen; er versuchte geheime Machinationen und seine Neulichkeit ward an ihm zum Berräther. Er war ih­s weiter als unentschlossen und fassungslos. Al Z er, der früher an Jagd und an Leibesbewegung so gewohnt gewesen, in den Zuiler­en wie ein­­ Befangener lebt und zu einer fichenden Lebensweise genöthigt it, muß er manches peinliche Wert anhören. „Man hat mir vorgeworfen,” schreibt er naiv an Frau v. Polignac, die damals schon ausgewandert war, „hab ich zu viel effe, aber ich glaube, hab ich mich allmälig schon eingeschränzt habe.” — Eine der interessantesten Persönlichkeiten, wächst der Königin, in dieser auf einmal in so große Gefahr hinein­­gerathenen königlichen Familie, eine Figur, melde fast verwischt ge­ mesen und die erst nur neuere Veröffentlichungen sie wieder aus dem Gemälde hervorhebt, ist Madame Elisabeth, dieselbe Brinzeffin, die von Marie Antoinette, als sie noch Dauphine war, als ein scheues, halbwildes und dennoch sanftes Kind dargestellt worden, dieselbe, welche Nonne werden sollte und in ihrer Verborgenheit eine anhängliche Prinzessin geblieben ist. Sie ist eine etwas brasse Natur, von geistvoller­­ Naivetät, geradsinnig, von eifriger und einfacher Frömmigkeit und bat |

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