Pester Lloyd, April 1868 (Jahrgang 15, nr. 78-103)

1868-04-08 / nr. 84

LA FORTE TTEEEETEH NT FETT Ya get, 7. april. Treue und Dankbarkeit (egen wir Heute einen fri­­schen Lorbeertrank auf das Grab jenes großen Mannes, der vor at Jahren mit eigener Hand seinem freudlos­­ gestorbenen Leben ein Ende machte. Was er auch gelitten im Laufe biefen Langen, vielbewegten Lebens, eS mar gering im Vergleiche zu jenem netten, tiefen Weh, mit dem er von der Elbe schieb; zu jenem unsäglichen Schmerze, der ihm das Herz zerfleischte, als er sah, oder zu sehen vermeinte, bag sein Leben ein ver­­lorenes ; daß er ein falscher Prophet geb­eten ; daß er, der sich stets gerühmt, eine durchaus reale Politik zu verfolgen , der in Kossuth den Speak­sten, den Phantasten bekämpfte, der­­ diesen populären Mann hauptsächlich deßhalb mit so uner­­bittlichem Grimme verfolgte, weil derselbe Irrlichtern nahe jage und die ihm nachstürmende Nation in den Sumpf führe — daß er selber ein Judealist, ein Phantast gewesen, der den alten Bau unterwühlt hatte, ohne den neuen, den er an dessen Stelle zu fegen gedachte, zu Stande bringen zu künnen. Das war die natürliche Ursache von Széchenyi’s unnatürlichem Tode. Der Schmerz, sich mit all feinen Fibeln, mit all feinem Lie­­ben, Sehnen und Hoffen an­ ein Phantom geflammert zu haben, der Schmerz brach sein glühendes Herz. Er erlag unter dem vernichtenden Gedanken, daß sein jugendliches Auge einst in sträflicher Leichtfertigkeit für erreichbare Wirklichkeit ge­­halten, was nur eine wesenlose Tata Morgana gewesen , daß Tausende und Tausende der besten Söhne des Baterlandes seinen Irrthum mit ihrem Blute bezahlen mußten, und so warf er all diesen verlorenen und, wie er meinte, durc seine Schuld verlorenen Leben als Sühne auch noch das Geis­tige nach. Und doch hatte er niemals mehr geirrt, als damals, da er wähnte, die Wahrheit erkannt zu haben. Nicht sein ju­gendliches Auge hatte sich getäuscht, sondern bag­a­s­­ternde, von Seelenschmerz und Körperleiden ums­chleierte , dem was das jugendliche Auge so herrlich und strahlend in der Ferne gesehen und was das alternde mitten durch die bidhz­ten Nebel einer unheimlichen Nacht nicht mehr zu erkennen vermochte, es war dennoch vorhanden, es stand nicht vor ihm, war nur durch eine kurze Spanne Zeit von ihm getrennt . Kurz allerdings nur im Vergleiche zur Lebensdauer einer Mar­tion, die sich nicht nach Tagen und Jahren bemißt. Acht Jahre sind seitdem verflogen und heute sind selbst die fühnften Träume Széchenyi’s weit überflügelt. Das Un­­garn, welches er vor nahezu 40 Jahren im Geiste vor sich sah, ist „geworden“, seltener und größer, als sein bester Sohn es fi gedacht. Die „V­ernunftehe” zwischen Ungarn und Oesterreich, deren Nothwendigkeit Szechenyi so oft betonte, die aber stets nur eine „wilde“ gewesen und jeden Augenblic auseinander zu fallen drohte, sie ist durch einen neuen Pakt besiegelt. Der­ freie Wille beider Theile hat jenes Band erneuert und befe­­stigt, ohne welches der „größte Ungar“ sein Heil für sein Vaterland zu erbliden vermochte,­­ erneuert und besiegelt nicht auf Kosten der Nationalität, sondern mit voller Wah­­rung, derselben, mit erneuerten Garantien für ihren Be­stand, ihre ungehinderte Entwicklung. Auf dem Gebiete der materielle I­nteressen, welches Szöchenyi mit solcher Vorliebe kultivirte, ist binnen Jahres­­feist das Unglaubliche geleistet worden und wenn an der poli­­tischen Reform vor und nach Szöchenhyi auch noch Andere gear­­beitet, das Verdienst, für die Reform auf volkswirthschaftlichem Gebiete die Initiative ergriffen, das BVerständnis für die ma­­teriellen Sputereffen geweckt, die Erkenntniß von der Nothinwen­­digkeit ihrer Förderung zur Neife gebracht zu haben, Dieses BVerdienst gehört ihm und ihm allein! Der Dant, der dem Lebenden wahrlich nur spärlich zu Theil gewor­­den, er möge Hundert­ und tausendfach dem Zodten gezol­t sein ! Allerdings Haben wir auch noch Anderes erreicht, über jene Grenze hinaus, welche Szechenyi seiner eigenen Thätig­­keit gezogen hatte, denn galt auch von ihm Göthe’s Wort : „Er hebt sich aufwärts und berührt mit dem Scheitel die Sterne”, so hafteten seine Sohlen doch immer an dem Boden seiner Zeit, und diese Zeit scheint noch nicht reif gewesen zu sein für manche Ideen, die, wie das parlamentarische Regime oder die Gleichstellung aller Konfessionen, heute bereit verwirklicht wor und stehen. Aber im Keime waren sie auch schon damals vorhanden und sie sind ja im Grunde nichts weiter, al die unabweislichen Konsequenzen jener Reformen, welche Széchenyi einst angestrebt und an beren Realisirung der unglückliche Mann verzweifelt hatte, — verzweifelt, obwohl sein Ohr noch die Donner von Solferino vernommen, obwohl er ihn bereits warten sah, jenen äußerlich stolzen, innerlich morschen Bau, den der Freiherr von Bach mit seinen Handlangern auf den Trümmern unserer Verfassung, unserer Rechte und Freiheiten aufgeführt hatte. Ja, er sah ihn endlich warfen diesen Bau, an dessen Fertigkeit er ja niemals geglaubt hatte; allein nach dem unvermeidlichen Zusammensturze vesselben erwartete er nur noch das Chaos, in welchem unser Wohlstand, unsere Nationalität völlig zu Grunde gehen müßten. Und die Quelle dieser Verzweiflung ? Széchenyi traute den entscheidenden Kreisen nicht den ernsten Willen, nicht den entschiedenen Muth zu, mit den ab­­solutistischen, ungarnfeindlichen Traditionen zu brechen, aber er traute auch der Nation nicht die Selbstbeherrschung zu, ruhig und wärbevoll, mit Beharrlickeit, fe an mit Mäßi­­gung ihr Ziel zu verfolgen. Die Demonstrationen des natio­­nalen Geistes nach der Niederlage Oesterreichs in Italien er­­schienen ihm als neue Feuerzeichen, die den „verendenden Ele­phanten” zu einem legten Schlage reizen würden, der noch immer wuchtig genug wäre, um und zu vernichten. Deshalb verzweifelte Szechenyi und deshalb gab er sich den Tod; er wollte es nicht zum zweiten Male erleben, wie jene Beiden, deren Ber­öhnung eines seiner Lebensziele gewesen, sich neuer­­dings zerfleischen und den Boden, der sie Beide ernähren soll, in ein Blutmeer verwandeln. Es ist besser gekommen, als Szechenyi geahnt; er war seine erste Prophezeiung, die nichts eingetroffen und daß sie nie, nie eintreffen möge, das wäre sicherlich ver­heißelte Wunsch, den er und zurufen wilde, wenn die bleichen Lippen heute noch zu uns geben könnten, wenn es nicht längst erloschen wäre, das seelenvolle Auge, das in den letten Jahren seines Lebens so sehmerzlich zu leiten wußte. Aber auch die stumme Lippe, bas gebrochene Auge, sie sind eine ernste Wah­­nung an jene beiden Theile, an deren gutem Willen, an deren weiser Mäßigung der große Mann verzweifelte, eine Mah­­nung nach der einen Seite Hin, den gegenwärtigen Zustand nicht als einen bloßen Webergang zu betrachten, um — wenn die entschwundene Kraft wiederfehrt — sie dann auch­ wieder zur Unterbrüdung derer verwenden zu wollen, die sich schlechter­­dings nicht mehr unterbrüden lassen und dem Kriege gegen ihre Freiheit einen anderen Krieg entgegenlegen würden — aber auch eine Mahnung nach der anderen Seite hin, die Gunst des Gefiides und die Früchte der eigenen Kraft und Ausdauer mit Mäßigung zu pflüden und von einem späteren Augenblicke zu erwarten, was der gegenwärtige naturgemäß noch nicht zu bieten vermag. Wenn diese Mahnung nach beiden Richtungen Beherzigung findet, wenn sich die trübe Voraussicht, die Szechenyi in den Tod trieb, nicht nur für einen Augenblick, sondern für die Dauer als unbegründet er­­weitet, dann­­ wird das Auge des P Verklärten aus fernen lichten Welten froh Hernie verblichen auf die Stätte seines Erbenwallens, dann wird die folternde Unruhe, die ihm vor acht Jahren die mörderische Waffe in die Hand brachte, einer innigen seligen Ruhe weichen, denn dann hat sich das pro­­phetische Wort des großen Mannes erfüllt, dann ist jenes Ungarn, dessen Werden er ung mit wunderbarer Seher­­gabe vor Yahrzehenten geweissagt hatte, x 1 Politischs militärische Briefe. III. Us 1866 nach der Schlacht von Königgräg die österreichisch-ungarische Monarchie beinahe dem Untergang nahe war, hat wohl jeder deutende Militär sehmerzich die Existenz einer brieften Landesvertheidigung bermißt. Kein Staat‘ darf sein Schiesal, wir möchten sagen sein ganzes Dasein, von einer Schlacht, und wenn sie auch die entscheidenste wäre, abhängig machen. Stausewig sagt in dieser Beziehung : „It der Staat ges­chlagen, so kann das Aufbieten neuer Kräfte und die natür­­liche Schwächung, welche jeder Angriff mit der­­ Dauer erleidet, einen Umschwung der Dinge herbeiführen, oder er kann von Außen Her Hilfe bekommen. Zum Sterben ist es immer noch Zeit, und wie es ein Naturtrieb ist, daß der Untergehende nach dem G Stephhalm greift, so liegt es in der natürlichen Ordnung der moralischen Welt, daß ein Bolt die legten Mit­tel seiner Rettung versucht, wenn er sich an den Rand des Abgrundes geschleudert sieht." Die Organisatoren der Wehr­­kraft durften nie und dürfen jegt fon gar nicht außer Acht lasfen, eine defensive Kraft zu schaffen, welche die offensive Macht in ihrem ganzen Umfang frei macht. Bekanntlich zerfällt die Vertheidigung, welche speziell in der österreichisch-ungarischen Monarchie eine gemeinsame ist, in die briefte und vnbriefte. Die Kraft dazu ist durch die Landwehr gegeben, und die bewaffnete Macht zerfällt ihrer ganzen Natur und daher auch in a) das stehende Heer — offensive · b) die See = c­ Kraft. Die Reserve ist als Ergänzung in jedem Theile beson­­ders enthalten und der Errat wird eben durch das gesammmte Ergänzungssoften gesichert. Wenn bieg aug wie alles im Nechtsftante nach B­ez fegen geschieht und geschehen muß, es wird doch nach gleichen Prinzipien geregelt, wenn auch das Gefeg von verschie­­denen Legislativen ausgeht, durch die Sanktion des Mon­­archen, durch die Webereinstimmung der Prinzipien wird das ganze ein gemeinsames Gefeb, ohne die Eigenschaften eines Landesgefeges hier irgendw­ie zu verlieren. Die ungarische Monarchie hat wegen der gemeinsamen Vertheidigung die Dynastie Habsburg - Lothringen auf den Thron berufen. Die BVertheidigung geschieht aber a) offensiv b) defensiv ; bei a) durch bas stehende Heer, bei b) zunnächst durch die Landwehr. Die gemeinsame­­ Vertheidigung muß nach dem ganzen Wesen des Krieges in jeder Beziehung ein­­heitlich geleitet und geführt werden. Dies schließt aber nicht aus, da­ das Mittel zur eigentlichen direkten Landesvertheidi­­gung im Kriege wie im Frieden unter den gemeinsamen Ober­­befehl gestellt wird, im Frieden dennoch zunächst unter eigene Landesbehörden gestellt und nach gleichen Brinzi­pien, die vom Oberbefehl ausgehen, sch­lagfähig ge­macht wird. · ű Wir wiederholen es: Das Leben der Armeen ist ein beständiges fi Durch­bringen und sich Bedingen ihrer Eigen­­schaften und Funktionen. Wir haben bereits gesagt, welches die Eigenschaften sind, Funktionen sind die Defensive und Offensive. Wenn wir nun für die Offensive eine Armee aufstellen, und bag­ietet diese hinsichtlich ihrer Leitung, Führung und Orga­­nisation zur Verfügung des Monarchen stellt, so man doch ein Moment eintreten, wo die Armee selbst inmitten der Of­fensive in taktisch defensive Lebensmomente gera­­then kann. Nach einer verlorenen Schlacht ist man meist gezwungen, momentan die Folgen buch eine günstige defensiv strategische Stellung abzuwehren, bis man wieder taktisch und strategisch offensiv vorgehen kann. Die defensive Strategie sichert die Verbindungen und be­­hauptet durch die defensive Taktik ihre Stellung, in beiden Fällen ist das Vorhandensein einer defensiven Macht von der größten Wichtigkeit. Diese hat zwar Eigenschaften wie die offensive (das stehende Heer), aber immer nur die uni tion der Erhaltung, selten oder zufällig jene der V­ernich­­tung. Obwohl sie aber sowohl­ Hinsichtli­cher Sicherstel­­lung der Bedürftigkeit als bezüglich der Schlagfähigkeit an die einheitliche Leitung gewwiesen ist, so geschieht dies doch ganz besonders zu Zeiten, wo sie sich in Funktionen befindet. Aus dieser eigenthümlichen Natur, die die Landwehr ha­­ben muß und nur haben kann, geht nun Folgendes hervor : a) die Organisation derselben muß den B Verhältnissen des Landes entsprechen, in welchem sie wirken sol; b) weil dem so ist, so fan die Landwehr nur national organisirt sein ; c) weil sie national organisirt ist, so muß sie birett unter den gemeinsamen Zelcheren gestellt werden, wenn sie d) duch den König aufgeboten und­­ buch die Legislative die Aufbietung gejeglich vo­­tirt ist. Da endlich nur jene Defensive gut ist, welche offensive Elemente in sich hat, so darf f) die Landwehr nicht los aus Lauter gut geschulten alten, sondern sie muß an, wenn auch zum kleineren Theil, aus jüngeren Kräften bestehen. Diese Site sind sämmtlich wissenschaftlich wichtig, ja wir möchten sagen unwiderlegbar. Da kommen aber diejenigen, welche die ältere Geschichte der Monarchie nicht stubirt haben, welche der ungarischen Nation sogar den Ruhm schmälern wollen, daß sie eine Fliegerische ist, welche da behaupten, die Generale unter Maria Theresia Hätten nicht zum größten Theil mit ungarischen Truppen die Franzosen an den Rhein gejagt, ganz Bayern im Fluge erobert, und die Erb­­staaten Maria Theresien­ vom Feinde befreit, biete An­hänger einer Schule, die „Gott Lob”, aber auch für die Monarchie gesprochen, „Leider“ für immer Frasse gemacht hat, waren stets treue Verbündete ver Bureaufralle gegen jedes ge­­sunde Rolfsleben. Noch Heute begreifen sie nicht Die Kraft, welche in befriedigten Völkern lebt — noch Heute ist ihnen der nationale Aufschwung eines durch freiheitliche Institutionen ge­­kräftigten Volkes eine Sache, die nur mit Resignation hinge­­nommen werden muß, aber gewin­nt es nur das „Miß­­trauen“, welches ihrer Geistesthätigkeit eine solche Richtung gibt. Wie sollten, wie könnten unter solchen Umständen große Institutionen ins Leben treten, wie könnte, wenn nicht der allein berechtigte Wille des Monarchen dazwischen träte, jemals ein Heer entstehen, welches nicht zerrisfen, in nationale Atome, sondern gekräftigt durch nationale Elemente, von Aufgaben ganz und vollständig gewachsen sein soll, welche die Zukunft der österreichisch ungarischen Monarchie stellen wird?! Die früheren Verhältnisse, welche im ber jet neu ge­kräftigten österreichisch-ungarischen Monarchie herrschten, ge­statteten es gar nicht, daß man eine Organisirung der Boltsz fraft zu defensiven Zrwedien benfen konnte und zwar umso weniger als das Volt damals mit seiner Lage so wenig zufrieden war, daß es überhaupt gar nicht gestritten hätte. Wo man aber dennoch in der Lage war, wie in Tirol, die Bevölkerung unter die Waffen zu rufen, da bewährte sich das Institut einer Landwehr vollkommen. Als die unglückliche Schlacht von Königgräf geschlagen­­ und verloren war, ging der Mildzug ohne Aufenthalt His­tor die Thore von Wien, der Feind drang in Ungarn ein und weder die erbländische noch die ungarische Boltóh­aft war in der Page „mnwirken" zu können, nur Tirol widerstand, weil eben die Mittel zum totalen Widerstand gegeben waren. Etwas naiv lagen die Anhänger der alten Schule : Wie weit die Feindschaft Ungarns gegen Oesterreich reiche, gehe ichon daraus hervor, daß man 1866 in Ungarn seine freiwilligen Truppen zusammen bekommen konnte. Allein Tag das Uebel nicht eben im den ganzen­­ Verhältnissen, wurden nicht Tausende wegen der verfehlten Organisation der Wehr­­kraft zum Fenster hinausgeworfen, und iwie sagt doch wieder Blaufetcit bei Gelegenheit der Besprechung der Boltübehwaffnung : „Wie Hein und schwach ein Staat in Beziehung auf seinen Feind auch sei, er soi sich die legten Kraftanstrengungen nicht ersparen — aber man müßte sagen, eg­e ei seine Seele in ihm. Eine Regierung also, die nach verlorener Haupt­­schlacht nur daran dennt das Bolt schnell in das Bett des Friedens steigen zu lassen, und übermannt von dem Gefühl einer fehlgeschlagenen Hoffnung, nicht mehr den Muth und die Luft in sich fühlt, alle Kräfte anzuspornen, begeht in jedem Fall aus Schwäche eine große Intonsequenz um zeigt, daß sie de8 Sieges nicht würdig und eben­­ deshalb auch gar nicht fähig war ihn zu erringen. — Wie entschieden also auch die Niederlage sei, die ein Staat erfahren, so muß doch mit dem N­üdzug des Heeres in das Innere des Landes die Wirksamkeit der Festungen und der Bolt­bewaffnung hervorgerufen werden. Hat Clauserwig diese unwiderlegbaren Sage etwa blos mit Hinblick auf Oesterreich geschrieben und find­et nicht viel­­mehr allgemein giltige Wahrheiten ? — Die bewaffnete Macht des Staates muß durch Landwehren vervolständigt werden und da legtere eben zur direkten Landesvertheidigung bestimmt sind, so können und müssen sie eine nationale Organisation haben und weil das Königreich Ungarn und seine Nebenländer einen Bertrag zur gemeinsamen Vertheidigung geschlosfen , so mag das stehbende Heer die Summe aller ungarischen Regi­­menter in sich als einen ergänzenden Bestandtheil aufnehmen, die Landwehr dagegen bildet nur einen integrirenden Theil der bewaffneten Macht; mag sie nun in offensiven oder defensiven Funktionen sich befinden so steht sie unter der ge­meinsamen, einheitlichen Leitung. Dieser macht es aber seinen Eintrag, daß das Mittel zum defensiven Zweck ein rein na­­tionales ist und bleiben muß, wenn nur auch dan­­ die Sicher­­stellung der Bedürfnisse und die Schlagfähigkeit vom gemein­­samen Oberbefehl gesichert erhalten­ und geleitet wird. Aus dem Unterhause. I. seft, 7. April (H) Also noch sein Budget ! Offenbar sollte den Vätern des Landes die Luft um den Osterkuchen durch tiese troffene Lektüre nicht verdorben werden. Der Finanzminister erhob sich von seinem Sitz, wir harrten mit Spannung seinen Worten entgegen, mit denen er die Vorlage des Budgets anmelden werde — allein wir harrten vergebens ; er meld­ete blos, daß er es am 16. April anmelden werde. Freilich find­­et nicht die obengedachten menschenfreundlichen Nachrichten, die Ce­ Erzellenz zur Berfchiebung dieser dringenden Angelegenheit bez wogen ; das Budget — heißt es — ist noch nicht volständig gebruct, die zahlreichen Beilagen sind noch nicht alle fertig. So sagte wenigstens der Herr Finanzminister. Die tiefer Lie­gende Ursache der Verzögerung besteht, wie wir hinterher erfuhren, einfach darin, daß das Budget, wie es fett vorliegt, wo ein Defizit von 400.000 Gulden auf­wei­st und das Ministerium die Absicht hegt durch verschie­­dene Abstriche diesen Makel ganz verschwinden zu machen, um mit einem durchaus „jungfräulichen“ Staatsporanschlage­ bebur tiren zu können. Wir meinen inbelfen, dieses Defizit sei denn doch zu geringfügig, um eine Verzögerung dieser so dringenden Angelegenheit zu rechtfertigen und falls es möglich ist, dasselbe gänzlich­ aus dem Budget auszumerzen, so hätte dies auch täglich doch das Abgeordnetenhaus vorgenommen werden können. Man jammert ohnehin jenseits der Leitha über unsere Defizitlosigkeit, welche­ man als das Resultet un unserer geringen Belastung dur die Staatsschuld und die Quote erscheinen zu Lassen bestrebt ist und wir hätten lieber mit einem nicht völlig defizitlosen Budget vorlieb genommen, als in Folge von zu weit gehenden Abstrichen das Gleichgewicht in unserem Staatshaushalte wohl auf dem Papier hergestellt zu sehen, aber nebst dem Neid und dem Obium unserer meft­­­ien Nachbarn auch noch die unangenehmen­­ Ueberraschungen etwaiger Nachtragsfrebste befürchten zu müssen. Der ök Finanzminister ist übrigens von der Dringlichkeit der Bud­­getvorlage nur zu sehr überzeugt; denn nur diese Ueberzeu­­gung konnte ihm verleiten, das Haus zu ersuchen, daß es das — noch nicht vorgelegte — Budget schon für­­ die­­ nächste Sigung nach Ostern, auf den 16. April, auf die Tagesords Pariser Chronik. Baris, 2. April. Für geistige Begabung jeglicher Art, für alles Fünfte­lerische und literarische Talent ist Frankreich von jeher das ges­iebte Land gewesen. „Das Genie wird bei und geehrt,“ ist ein Wort, welches die Franzosen mit Stolz und mit Net­ansz sprechen dürfen. Zwar erreichen Künstler und Schriftsteller, mögen sie glei auf der Höhe ihres Ruhmes fischen, hier jene gewaltigen materiellen Erfolge niemals, wie in England und den Vereinigten Staaten von Nordamerika, dafü­r aber werden ihnen mehr Würden und Ehren verliehen, als im jenen Ländern und nun gar als in Deutschland, welches die seinem Boden ent­­sprießenden Talente zu aller Zeit am schlechtesten zu behan­­deln pflegte. Berchiedenartig sind die Auszeichnungen, die hier zur Belohnung von in Wissensheft und Kunst hervorragenden Männern verwendet werden. Da ist zunächst das Kreuz der Ehrenlegion mit seinen fünf Abstufungen, allgemein erstrebt und weichlich verliehen. Es erregt, wenn man so will, unsere deut­­en Titel, die dem Franzosen, der ein einfacher Monsieur un­ter bleibt, mag er noch so viele Aemter befleiven, rein unver­­ständlich sind und er hat vor­­ diesen den Vorzug, das es seinen Träger in einer dem Auge kenntlichen Weise auszeichnet. Ein weit höheres Ziel des Ehrgeizes jedoch, als die Ehrenlegion, sind die Sitze in der Akademie der Wissenschaften, dem berühmten Institut de France, und hier aus dem sehr natü­rlichen Grunde, weil es­ ihrer im Ganzen nur 210 sind, während das rothe Band der Ehren­­legion nie ein Ende nimmt, soviel Ellen davon, zum Schmuckk unzähliger Knopflöcher, auch abgeschnitten werden. Der Titel membre de Vinstitut ist der einzige, den der­ französische Gel­­ehrte und Künstler, vorausgeseßt, daß er dazu ein Net hat, auf seiner Bifitenfarte seinem Namen beifügt. Die Künstler allerdings sind hierbei stiefmiütterlich bedacht, denn Maler, Graz­ieure, Architekten, Bildhauer und Musiker müssen sich, in die vierzig Sessel theilen, aus denen die Gestion der schönen Künste besteht ; weit mehr begünstigt sind die Gelehrten, denn sie füllen die drei folgenden Sektionen, von denen jede einen sonderbaren Titel führt: Akademie der moralischen und politischen Wissen­­schaften, 40 Gige für Juristen und SHistoriker , Akademie der Wissenschaften, 70 Gige für Mathematiker, Naturforscher und Aerzte ; endlich Akademie der Inschriften, 40 Lire für Philolo­­gen und Archäologen. Die Dichter und Romanschriftsteller, so­­wie alle jene Autoren, deren Werte durch elegante form, beson­­dere Schönheit der Sprache glänzen, haben ihre Lige in einer fünften Klasse des Institutes, die dem Nange nach die erste ist : in der academie française, deren 40 Mitglieder par excellence die Unsterblichen heigen. Nach dem Gedaulen des Shöpfers des ganzen Institutes, „des großen Könige“ Ludwig XIV., aber vielmehr seines ‚ mächtigen Meinisters Mazarin, sollte der academie franqaise die Aufgabe zufallen, die Sprache zu überwachen, zu entwickeln, zu hegen und zu pflegen, damit sie ald dann, wie ein spiritus familiaris der Fabel, uns­ter Stöpfel und Verschluß gebracht , resp. in einem bändereichen Wörterbuch je niedergelegt werden künne. Ein eines Wörterbuch haben nun die Herren Aademiter längst zu Stande gebracht, wann aber „das große Wörterbuch der Akademie* fertig werden sol , das weiß nur Gott allein ; nach menschlicher Berechnung könnte es Leicht noch einige Jahrhunderte dauern. Die vier an­deren Klassen des Instituts sind­­ seit dessen Bestehen ihrer wis­­senschaftlichen Aufgabe treu geblieben, aus der academie française aber ist eine reim politische Körperschaft geworden und literaris­­ches Berbienst fällt bei ihren Ergänzungswahlen weit leichter in die Wagschale, als eine gut oppositionelle Gesinnung gegen die bestehende Negierung , mag sie nun aus legitimistischen oder aus orleanistischen, oder aus republikanischen Reminiscenzen hervorge­­hen. Seit der Thronbesteigung Napoleon III. ist die französische Akademie zu einer Wachtparade literarischer Frondeurs geworden, und unter ihren vierzig Mitgliedern besteht heute ein gutes Drits­tel aus anständigen Mittelmäßigkeiten, die nur verständniß­­innig zu Lächeln und brav die Hände zu rühren verflehen , wenn er in der Antrittsrode eines neu gewonnenen Unsterblichen von mehr oder minder herben Anzüglichkeiten auf „den Eximwählten von 8 Millionen“ Hagelt, wie z. B. in der, in voriger Mode gehal­­tenen des Pater Grat­y. Gewiß ist der Pater, als Schriftsteller betrachtet, nicht der erste Beste ; er hat in manchem frägenswerthen Buche den Bez­weis geliefert, daß er zu denfen und zu schreiben versieht. Die „Erkenntnig Gottes”, „die Philosophie des Credo", „der Hriebe",­­ sind Werke, die man mit Vergnügen hieft, selbst wenn man nicht allen Anschauungen ihres Autors beizustimmen im Stande ist, und wie der Glaube Berge verfeßt, so Hilft der Styl über manche Schwächen der Beweisführung hinweg. Aber kaum zu rechtfertigen ist, daß die Akademie gerade den Lesfel, welchen ehemals Voltaire einnahm, gewählt hat, um ihn ihrem neuen geistlichen Mitgliede anzuweisen, welches sich denn aug, wie seine Antrittsrede zur Genüge dart hat, auf demselben Teiv sich unbehaglich fühlte. Bers gebens versuchte der greife­ Boet Vitet dem Pater Muth einzu­­flößen, indem er ausführte, dag die Akademie fortwährend zu= nehme an Erfenntnig und Weisheit, dag Barante, sein biverterter Vorgänger mehr werth gewesen als Boltaire und er selbst mehr als Boltaire wert sei. Das Argument traf den Pater wie jener Stein in der Fabel vom Bären und vom Schläfer, und raubte ih­m dermaßen die Besinnung, dag er zum Lobe Baranted nichts besseres zu­ sagen fand, als verselle habe treulich allen­­­egierun­­gen gedient, welche seit dem ersten Kaiserreiche in Frankreich auf­einander folgten und habe sie nur in den Tagen des Unglücks verlassen. Uebrigens haben sich von jeher alle französishen Staats­­männer, mit Talleyrand und Fouché angefangen, in dieser Natten­­politik ausgezeichnet. So falt und manierirt aber auch der Pater sich in seiner akademischen Antrittsrede gezeigt hat, ebenso begeisternd ja glühend ist er, wenn er von der Kanzel herab spricht , selbst die mathematischen Formeln, welche er, als Zögling der polytechnischen Schule und ehemaliger Hauptmann im Geniekorps, in seine Predigten zu verflechten liebt, werden im feinem Munde fast zu lebendigen Gleichnissen. Darum ist auch Pater Gratzh ein be­­sonders beliebter Kanzelrechner bei der Damenwelt, die seine Vorträge eifrig zu besuchen pflegt. So manche seiner Verehrerinen gehen sogar so weit, von ihm zu behaupten, er besige die Fähig­­keit Wunder zu thun und wenn er auf deren Ausübung ver­­zichte, so sei das bloße Bescheidenheit. Sicher ist, daß vor einigen Jahren der Pater im Ballgefühle seines Glaubens, dem blinden Historiker Augustin Thierry, seinem jegigen Kollegen von der Akademie das Bersprechen gab, er werde sein verlorenes Augenlicht gewinnen, wenn er sich von seiner heidnischen Weltanschauung zu einer gut katholischen befehren wolle. Der alte Geschichtsschreiber hatte jedoc­ k­­ein Vertrauen zu biesem Wunder und z­og vor, den Rest seiner Tage in Blindheit zu verbringen und­­ seinem gläu­­bigen Freunde eine Enttäuschung zu ersparen. Die zweite Karnevalshälfte ist in Paris von jeher dem­ Kultus der Mufti geweiht gewesen und darum finden auch feßt in allen Sälen und Winkeln, sowie zu allen Gründen der Nacht und des Tages Konzerte statt, in denen Berü­hmtheiten und solche, die es werben wollen, ihre Künste zumeist vor leeren Bänken produziren. Wer nur in entferntester Beziehung zu irgend­einem Blatte steht, hat sich mit Füßen und Händen gegen die Konzertbillets zu wehren, die ihm gewaltsam oder durch Hinter­ it­aufoftepyi­t werden sollen. Wenn namentlich­ die Denfilkritiker der großen Zeitungen allen Anforderungen genügen sollten, die in diesem Punkte an sie gestellt werden, müssen sie sich, mindestens verzehnfachen Fünnen, da sie das aber nicht können, haben die meisten von ihnen sich des Besuches von Konzerten überhaupt längst entwöhnt und­­ berichten nur­ noch darüber. Freilich, wenn eine Berühmtheit ersten Ranges, wie fest gerade Anton Rubinstein, ficy vernehmen läßt, ist der geräumige Saal Herz jenes Sanktuarium der Pianisten, bis zum Ersu­den angefüllt,­­ aber die unbekannten, wo empor strebenden Talente, zu melder Ueberredungskunst, welchen Ränfen müssen sie nicht ihre Zuflucht nehmen, um nur ihre Freibillets an den Mann zu bringen und schließlich doch in einem Saale zu spielen, dessen gespenstige Debe­bag Mark in den Knochen erstarren macht! Und von welchem Zufalle hängt es oft ab, daß aus einem unbekannten Individuum eine Berühmtheit werde ! Das Glüd hat sonderbare Launen. Napoleon I. wäre wohl niemals Kaiser geworden, wenn er an dem Tage, da er als Brigadegeneral zur Rheinarmee abgehen sollte, alle seine Gepäckfunde in Ordnung gehabt hätte ; da ihn aber deren befefter Zustand an der Abreise verhinderte, so konnte er drei Tage später die aufständischen Sek­tionen auf den Stufen der Kirche St. Nodus Yartätischen Taffen. Und um von einer minder berühmten Persönlichkeit zu­ reden, so wäre Herr Alberic Second, ein mittelmäßiger aber gutmüthiger und darum beliebter Schriftsteller, niemals kaiserlicher­ Theater­­kommissarius geworben, wenn ihn nicht die Gicht gezwungen hätte, im vorigen Jahre eine Waffer­ür in Bidy zu gebrauchen. Er war zur­ Zeit, als der Kaiser sich zu dem gleichen Zweckk ebenfalls in dem Badeorte aufhielt. ALS dersellte nun eines Ta­­ges, von seinem­ Adjutanten begleitet, im Park spazieren ging, fiel sein Auge auf einen anderen Spaziergänger, hessen stattliche Gestalt, gerördetes Gesicht und gewaltiger Schnurbart ihm das vollendete Aussehen eines Nittmeisters von den Küraffieren gar­ben. Auch war der Kaiser hierüber nicht im geringsten Zweifel, denn er wandte sich am seinen Adjutanten mit der Frage: Wer ist dieser Offizier — Ich kenne ihn nicht, Sire. — Holen Sie ihn herbei! — Der Adjutant fchoß wie ein Pfeil davon und kam zwei Minuten darauf mit Alberic Second zurück, der ängstlich sich im Geiste frug, ob er etwa an der gestrigen Abend» totel aufreizende Reden geführt habe. Er verneigte sich tief vor dem Beherrscher der französischen Nation, der ohne weitere Borr­iebe die Frage an ihn richtete : Von welchen Korps sind Sie? — Vom Korps der Schriftsteller, erwiederte Allsric gravitätisch, indem er sich von Neuem tief verneigte. Der Kaiser lachte ob der prompten Antwort und ließ sich mit dem falschen Rittmeister in ein Gespräch ein, in welchem bieser fi natürlich so Liebenswürdig und geistreich wie nur mög­­lich erwies, und so tam es, daß derselbe vor einigen Tagen seine Ernennung zum kaiserlihhen Theaterkommissär erhielt, unter­ wel­­chem Titel fi eine sehr wohlbezahlte Sinecure verbirgt. Auf theatralischen Gebiete erringen zur Zeit zwei kleine Novitäten bedeutende Erfolge: „Roger Bontemps“, eine Operette in zwei Akten von Bernard Lopez, mit Musik von Debillemont und „les grandes demoiselles“, ein einartiges Lustspiel von Gondinat. „Roger Bontemps“­ ist eine glückliche Natur, die bei allem Mig­geichied stets macht und singt, einer jener Typen, wie sie die Baubevillisten der alten Schule so trefflich zu schildern verstanden. Weit tiefer sieben die sieben großen Fräuleind des Herrn Gon­dinat, die in Wahrheit nur eine in’s Halbdramatische überlegte­­ Wiederausgabe der großen "pieces a femmes" aus den Genre­theatern sind, von denen sich das Publikum nachgerade mit Ueber­­druß abgewandt hat. Da das Stüdchen aber sieben schönen Schauspielerinnen des Gym­nasé Gelegenheit gibt, ihre Schultern und ihre prachtvollen Toiletten zu zeigen und der Dialog nicht ohne alles Berbienst­il, so anrusiren sich die Zuschauer und füllen das Haus wie die Kaffe des Direktors. Wer wollte si erführen, heute vom Theater auch noch mehr als dies zu ver­­langen ? 3. Wein,

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