Pester Lloyd, Juni 1869 (Jahrgang 16, nr. 125-149)

1869-06-01 / nr. 125

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Br." und ohne Zweifel die peinliche Mederraschung theilen, melde verfehle hier in allen Kreisen, wo echter, konstitutioneller Sinn und flare Bei­griffe von Takt zu Hause, hervorgerufen hat Sch­weiß nicht, ob Sie sich zu einer Urtheilsäußerung über diese ganz eigenthümliche Loyali­­tätsfundgebung werden veranlaßt fühlen. Ohne Ihrer Meinung irgendwie vorgreifen zu wollen, möchte ich Ihnen in Folgendem doc einige Wahrnehmungen an die Hand geben, die mir von Interesse scheinen, zur Beurtheilung der aus dem gedachten Artikel der „N. "Fr. Br.” Sprechenden Tendenz. Vor Allem muß Fonstatirt werden, daß die „N. Zr. Br." wirt­­lich einer im Publitum allgemein und tief gehegten Empfindung zum Anspruch verholfen hat. 63 ist nicht zu leugnen, daß geraume Zeit der im Wiener Publitum Gefühle sich regen, wie die von dem gedach­­ten Journale dargethanen , daß das­­ Vorurtheil, als wäre Ihre Maj. die Kaiserin den Wienern weniger zugethan wie den Bürgern der un­­garischen Reichshauptstadt, als würden diese auf Kosten jener bevor­­zugt, daß, sage ich, die vorgefaßte Meinung in immer weitere Streife der Bevő ferung gedrungen ist. „Die Kaiserin mag uns nicht leiden, die Ungarn sind ihr Lieber !" Das ist die naiv blöde Klage unserer lieben Wiener Kinder, die Jedermann auf Schritt und Tritt hören kann. Dieser sinn­ und grundlosen Selbstbejammerung entstammen dann die absonderlichten Auffassungen des Thuns und Laffens der erlaubten Frau. So z. B. konnte man die täppiichesten Glossien vernehmen zu der Meldung, welche dieser Tage duch die Journale ging, wornach ihre Majestät angeordnet, daß die Kuh, welche die Erzherzogin Marie Valerie in Göpölld mit Milch versorgte, nach Sachs transportirt werde. Diese müt­­terliche Fürsorge einer konstanten Nahrsubstanz für den zarten Spröß­­ling, eine Vorsicht, deren sich Faum irgend eine pflichtbemußte Mutter entschlagen dürfte, wurde ebenfalls in dem oben angedeuteten, selbst­­bemitleivenden Sinne gedeutet und angelegt. Ebenso wäre für Jeden, der es nicht miterlebt, die Aufregung kaum glaubt­, welche die Ge­müther der Nesidenzbevölkerung erfaßte, als es bekannt wurde, daß Ihre Majestät i­eder bei der Operntheater-Eröffnung, noch auf dem Balle des Neichstanzleids am Vorabend des Frohnleichnamsfestes zu­gegen gewesen. Der offiziell bekanntgesagte Grund , das Unmahlsein der kleinen Erzherzogin, fand bei den Wenigsten Glauben. Der Beffiz­iismus wollte durchaus in dem Fernbleiben der Kaiserin das Borzeic­hen dafür erkennen, daß die Erwartung, die erhabene Frau nach Jah­­ren wieder einmal beim „Umgang“ sehen zu können, gleichfalls in eine Täuschung auslaufen werde. Wie gesagt also : die hier gekennzeichneten Vorurtheile sind da, und hat die „N. Fr. Pr.” heute allerdings einer thatsächlichen Stim­­mung Worte geliehen ; das ist unleugbar. Nun, werden Sie und mit Ihnen gewiß jeder unbefangene Renner des Wiener Volkscharakters erstaunt fragen: woher biete ur: selige Gefühlsverwirrung ? Wie stimmt es, daß der Wiener, dessen ur: eigenstes Wesen frei ist von jeder Negung des Neides oder der Mik­gunst, eine Bevölkerung, deren Herzensgüte sich zu allen Zeiten in einer — oft über das vernünftige Maß hinausgehenden — Selbstlosig­­keit offenbart, wie die herzig guten Leute nur mit einem Male dazu kommen, scheelen Blide, die Strahlen der Huld zu zählen, deren sich Ungarn, nach Jahrhunderten ver­bittersten Entbehrung, nunmehr seiz­ten$ des gemeinsamen Herrscherpaares zu erfreuen hat?! Diese Frage ist nur zu begründet. Aber sieht man den eben ge­­schilderten Verhältnissen auf den Grund und hat man im Laufe der Jahre die hier zu Tage tretende Stimmung allmählig fi gestalten gesehen, so wird man unmöglich übersehen, daß die beregten Vorurtheile feinesmwegs­ im Bolfe gereimt ha­ben, fonden von Oben herab denselben einge­pflanzt worden sind. Die Aera der gebornen Generale und Staatsmänner ist, dem Himmel sei Dant! — in Oesterreich — für immer abgethan. Nicht so ganz läßt si das sagen in Bezug auf die gebornen — Hof Hargenträger An und für sich schon weniger berührt von der Bewegung der Zeit, eriftirt in den Hofsphären nahh­­e vor ein festgeschlossener Kreis von „Größen“, welche vermöge ihrer sozialen Stellung beanspruchen und zufolge ihrer vielfältigen, in den Bein­­gungen des Hoflebens wurzelnden Verhältnisse und Beziehungen, au mit einigem Rechte beanspruchen dürfen, die ausschließliche Umgebung der Krone zu bilden. Diese freifleinenen Größen, auf welche ver auf gewisse geborne Generäle gemünzte derbe Ausspruch Börne’s in ent­­sprechender Abänderung paßt, wornach vieselben, während sie „in’s Bett . . .", Hofwürdenträger werden, und schon im Mutterleibe zur Sanktion der hohen­ Cour gedrillt werden, — diese Größen repräsen­­tiren ein Gystem. Ein System, das in taufend und übertaufend ver­­wandtschaftlichen und sonstigen Interessenbeziehungen, aus dem Hof, freife hinaus, in alle Schichten der Bevölkerung sich verzweigt und Einfluß übt. Nun hat aber dieses in hundertjährigen Traditionen festgewur­­zelte System recht sehr empfindliche Stöße erlitten, gerade in Folge der vom Genius Ungarns herbeigeführten, segensreichen Wandlung in den Anschauungen der höchsten Potenz im Staate gegenüber von Ungarn. Denken Sie sich zum Beispiel das Entgeßen der hochgeborenen, erlauch­­ten und durchlauchtigen Hof-Ofenb­ark-Bewahrerinen, die bei dem Stu­­dium der Hof-Etiquette an Jahren und Ehren reich geworden, als diese urpröglic in ihrer unmittelbarsten Nähe, ein schlichtes Landfräu­­lein aug Kecafemet, ausgezeichnet durch das Wohlwollen der Kaiserin erblicten! Stellen Sie sich die ungeheuerliche Revolution der Geister (2) in diesen Kreisen vor, als die Kaiserin einen ungarischen Historiker der +++ Minister gewesen, zu sie befahl, um si von demselben erzählen zu lassen von den Helrenthaten, die der eine oder andere blaublütige Herr Schwager, Bruder, Cousin oder Onkel jener Hof-Ofenthürl,Be­­wahrerin anno dazumal an fi begehen ließ! Malen Sie fi selbst das Graufen aus, dag man da in diesen Kreisen vollends em­pfinden mußte, als die Staiferin einen ganz gewöhnlichen Menschen — Ja no weniger! — einen einfachen ungarischen Zeitungsschreiber (Ungar und Zeitungsschreiber! — Pfuil!), wer nicht das leiseste Ver­­ständniß für Orden oder Moelstitel jemals fundgegeben, einen solch ganz und gar inferioren Charakter, wie gesagt, ver Gnade würdigte die erhabene Frau in das Gebiet der ungarischen Literatur einzu­­führen! Alles das konnte man in jenen Sphären nicht verwinden. Hoc oben begann die Intrigue, die Medifance sich zu regen, wirkte und pflanzte si fort zunächst in gleichem Niveau. Endlich , wie die Medi­­fance in den höheren Schichten lispelte, so brummte der Trau­ch in immer volleren Tönen nach unten in die Fourier, und Lafaienschichten hinaus in die mit diesen ebenen Bevölkerungsschichten. Ich könnte in dieser Beziehung manch üppige Blau­chpflange, älteren und neuesten Datums, produziren, deren hohe Abstammung Jedermann auf den er­­sten BT­kenntlich würde. Nur Eines mag hier erzählt werden, um darzuthun, woher diese Rivalität zwischen dem Ungarn und Deutsch­­thum bei Hofe entstammt. Im Jahre 1864 suchte eine Deputation un­­garischer junger Leute um die Ehre an, von Ihrer Majestät in Audienz empfangen zu werden, um Allerhöchstversehlen die Einladung zu einer M Wohlthätigkeitsakademie zu unterbreiten. Der betreffende Hofbeamte, an den er die Deputation gewendet hatte, ein äußerst liebensunwürdiger Herr, beschied die Petenten abschlägig mit dem Bedeuten : „Ihre Ma­­jestät liebe es überhaupt nicht, feierliche Deputationen zu empfangen, € 3 werden im Laufe der Saison als Deputationsmitglieder bezeugen. Schlagwort: gewiß noch mehrere Einladungen ihrer Majestät unterbreitet werden ; wenn Allerböhim­­eselben nun die ung­aris­che Deputation empfinge, später aber der einen oder an­ deren deutschen Deputation die gleiche Ehre Sie ersehen versagen müßte, dann möchte dies gleichh Anlaß zu allerleiftih deutungen geben.” Ach verbürge Ihnen das eben Erzählte. Hebrigens können es die Herren v. R...t derzeit in Pest und Herr v. £. . .es aus Szeleneny hieraus, dab fon damals in gewissen Kreisen diese unsinnige Rivalität und Eifersüch­telei bei Hofe sehr wohl gelannt war. Und wird man nun begreifen, daß allmälig mag „die Kaiserin mag uns nicht leiden” hinaus in die Bevölkerung drang, während eigentlich nur eine Clique Hofschanzen beiderlei Geschlechtes, sich darüber zu beklagen hätte, sie nicht, wie bisher, dem Ausfluß der königlichen Huld nach Ungarn hin den Weg zu verstellen vermögen. Ob es politisch Hug war, diese fünftlich erzeugte Gefühlsregung einem großen Journale zu verdolmetschen, darüber will ich mir sein Urtheil anmaßen. Bemerken will ic­hlos, daß, wie mir versichert wird, die in Medve stehende, gewiß mohlgemeinte Enunziation heute fon von einer Seite her, welcher zu dienen die „N. fr. Br." sicher nicht die Absicht hat, gegen das Bolt auszumügen gestrebt wird. Die, mag sein Kindliche, im Grunde aber den­ Gefühlen treuer Klage, zu deren Vermittlerin jenes Blatt sich bergegeben, wird — um nach Oben die Privatverhältnisse, als ein­lichen Neigungen und Beziehungen der gen műre,­n b. Familie ausgelegt und verleumdet. Glückicherweise bestehen zwischen dem­ Wiener Volke und dem Herrseherhaufe viel mächtigere Bande, als daß von derlei Bmirchen­ trägereien banferotter „Größen“ zu befors in zu been — aló BVerfuh irgend heute etwas daß Loyalität entstammte eine unzulässige Einmengung im der Beeinflussung der persön: Grn­liches Heft, 31. Mai. (H.) &8 werden bald vierzehn Tage sein, seit die Adresdebatte im Abgeordnetenhause begonnen hat. Die Deal­­partei hat e8 durch die Fassung ihres Apreßentwurfes ange­­deutet und durch einige ihrer hervorragenden Nenner auch­ ausdrücklich erklärt, daß sie unter unseren Verhältnissen, wo der Parlamentarismus nicht, wie in einigen Staaten des Kon­tinentes, eine bloße Fiktion, sondern wie in England, eine Wirklichkeit ist, der Adresse und somit auch der Adrekdebatte seine große Bedeutung beilege ; und doch sehen wir, daß auch die Majorität ich an der Apreßdebatte in ausgiebigster Weise betheiligt. Von der langen Neihe der Redner, welche sie bisher ing Treffen fchiekte, ganz abgesehen, begegnen wir der eigen­­thümlichen Crscheinung, daß die ersten Redner der herrschenden Bartei, Eötvös Kerfäpolpi, ‚Balthasar Hor­vát­h, die schärfsten Waffen ihres oratorischen Arsenals her­­vorholen, um an dem geistigen Kampfe über einen Gegenstand theilzunehmen, den sie selber für unbedeutend halten ; ja sogar Franz Deäs, der Führer der Partei, soll geronnen sein, morgen (Dienstag) diesem zeittreffenden Moloch, Anrephebatte genannt, sein Opfer darzubringen. Wir Konstativen diese That­ fache, ohne Hier weiter nach ihren Motiven zu forschen. Zwei Wege standen der Dealpartei offen. Sie konnte die heftigen Angriffe der Opposition auf die staatsrechtliche Bali unieren gegenwärtigen Zustandes mit souveräner Gleichgiltigkeit schwei­­gend hinnehmen und das Urtheil der Öffentlichen Meinung außer dem Hause überlassen, — oder sie sah sich gezwungen, den Kampf selber aufzunehmen, d. h. ungefähr das zu thun, was sie wirklich t­at. Im ersteren Falle wäre sie unstreitig der Billigung der intelligenten Kreise sicher gewesen, und es wäre schwerlich auch nur ein einziger ihrer Anhänger durch die Angriffe der Linien in seinen Ueberzeugungen t­aufend ge­­macht werden ; die Menjorität hat jedoch den seiteren Weg gewählt, und wenn wir auch von seiner Zivwelmäßigkeit nicht überzeugt sind, so darf uns Dies doch nicht hindern, jenen Rednern unsere volle Anerkennung zu zollen, welche die ihnen fur den Willen der Partei auferlegte Pflicht der Vertheidi­­gung in einer würdigen Weise erfüllten. Unter diesen steht der Justizminister Balthasar Horpäth, der heute eine­ in jeder Beziehung meisterhafte Rede hielt, in erster Reihe. Diese Neve, welche wir dem vollen Wortlaute n­ach mit­­theilen, zeichnet sich durch eine außerordentliche Gedrungenheit und logische Schärfe aus, die geeignet ist, auch die Gegner — wenigstend in ihrem Immern — von der Unhaltbarkeit ihres Standpunktes zu überzeugen. Als Philippina gegen die Opposition überragt diese Rede Alles, was bisher in diesem Genre in unserem Parlamente vernommen wurde. Während in der Medve Eötvös eine gewisse Milde den Grundton bil­­dete, als hätte der Redner gehofft, die Opposition von ihrer falschen Richtung abzuziehen, ist der Grundton der Rede C­or­­váths die Entrüstung über das Vorgehen der Opposition, welches die Konsolidirung Ungarns unmöglich machen möchte. Horváth will die Opposition nicht „befsern“,­­ er weiß, Dab dies unmöglich ist; er will sie vor dem Nichterstuhle der öf­­fentlichen Meinung vernichten. Das Eigenthümliche in der Horváth’schen Rede ist, daß hier die logische Schärfe dem oratorischen Schwinge nicht im Meindetten Abbruch thut,­­ wie dies z. B. bei Kerfapolyi vielfach der Fall ist. Vielmehr ver­­einigen sich bei Horváth diese zwei Haupterfordernisse einer meisterhaften eve zu einem harmonischen Ganzen und brüden dieser schönen Leistung den Stempel der Flaffischen Vollendung auf. Während die Fernhafte Argumentation von Anfang bis zum Ende gleichsam das Gerüst bildet, auf welchem sich das Wort sostematisch aufbaut, zeigt das Pathos eine fortwährend freis­­ende Tendenz und nimmt gegen Ende der Rede, mit dem schneidendsten Hohne gegen die Opposition verjeßt, Dimensio­­nen an, welche an das "quousque tandem" erinnern, mit welchem der größte Redner Roms die fatilinarische Schaar der öffentlichen Entrüstung und der wohlverbeuchten Strafe preisgab. Die Rede zerfällt in drei Theile. Der erste Theil ent­­hält eine gedrängte, frühne Darlegung hefsen, was wir an Selbstständigkeit befigen und was wir ni­ch­t befigen und in Folge der pragmatischen Sanktion nicht befigen können. Es wird in diesem Theile gezeigt, daß wir wohl seinen voll­­ständigen Parlamentarismus haben, wie z. B. England, daß aber die Opposition, wie dies ihr Programm beimeist, eine Lösung suchte, welche, um eine fiktive Unabhängigkeit zu erlangen, den ganzen Parlamentarismus vernichtet haben wü­rde. Das Werk der Majorität mag unvollkommen sein — so schliegt Corváth diesen Theil seiner Rede —, ein Verdienst hat es doch, — das Verdienst nämlich, die Annahme des noch schlechteren Vorschlages der Linken verhindert zu haben. Der zweite Theil der Rede entwicelt die Resultate der Politik der Linken, wenn dieselbe die Majorität erhielte; er zeigt, daß in diesem Falle die Reaktion dies- und jenseits der Leitha hereinbrechen müßte. Der dritte Theil beschäftigt sich mit den Folgen, welche die Politik der Linken auf bisher hatte, ohne zur Majorität gelangt zu sein Der Schwer­­punkt der Nede liegt in diesem Theile. Der jedwerste Vor­wurf, den der Justizminister der Opposition entgegenschleudert, ist die Anklage, daß sie durch ihre ewigen Defriminationen die natürliche Demarkationslinie der Parteien verrüdt und die Bildung einer großen Reformpartei verhindert hat. Neu ist dieser Vorwurf nicht, auch wir haben ihn öfters ausgespro­­chen; im Parlamente aber wurde derselbe bisher nie so offen und entschieden erhoben. Die Konstativung dieser beilagens­­werthen Wahrheit durch ein Mitglied der Regierung wird ihre Wirkung im Lande nicht verfehlen. Wir unserseits wollen darin eine neue Garantie dafür erblichen, daß die Negierung — wenigstens so lange sie Horváth zu ihren Mitgliedern zählt — entschieden liberal sein will, daß sie die konfervativen Elemente ihrer Partei nur duldet, weil und so lange sie hiezu von der Opposition gezwungen wird.­­ I­n der heute Abend abgehaltenen Konferenz der Deák- Partei soll zuerst auf Antrag Karl Szentiványi’s die Druck­­legung und Verbreitung der heutigen Rede des Herrn Justizministers in allen in Ungarn gangbaren Sprachen einstimmig auf Kosten des Klubs beschlossen worden sein.Dann legte der Herr Finanzmini­­ster zwei Gesetzvorschläge vor,von welchen einer über den Goldgehalt­ ­..Wxsfspfrxsssskswc­ PSxkfi»Es-TIE- 1 und die Umschreibung neuer Goldmünzen handelt,die den Werth von 4 und 10 Gulden oder 10 und 20 Franken enthalten,dabei die Um­­schrift»Königreich Ungarn«mit dem­ Wappen Kroatiens,Dalmatiens und Slavoniens sowie Siebenbürgens zeigen,—der andere das Pau­­schale bestimmt,welches für die Ausgaben im Ressort der gemeinsamen Zolleinkünfte statt der jährlich gemeinsam festzusetzenden Regiekosten auf die Dauer des Handelsvertrages einzustellen kommt,nämlich 1,400·000fl.für Oesterreich,450·000fl.für Ungarn. Auf die bei dieser Gelegenheit von Zsedönyi gestellte Frage, um welche Zeit der Herr Finanzminister die aushaftenden Jahresrech­­nungen über die Staatsausgaben dem­ Hause einzureichen gedenke, soll derselbe mit einer längeren Motivirm­g die Erklärung abgegeben haben,daß die Rechnung für 1867—welche nur auf dem Prälimi­­nare des mit Anfang 1867 noch amtirenden österreichischen Finanzmi­­nisters basirt ist—schon im Jahre 1868 mit einem dokum­entirten umständlichen Vortrag von Seite des ungarischen Finanzministers dem Abgeordnetenhause eingereicht wurde,die Jahresrechnung von 1868 aber erst nach zwei Monaten richtig gestellt und eingereicht wer­­den kann. Hierauf unterrichtete der Herr Ministerpräsident die Konferenz,daß er den Gesetzvorschlag über das Rekrutenkontingent morgen dem Hause unterbreiten werde.Dasselbe beträgt 39.400 und für die Reserve 3900 Mann,also zusammen 43.300 Mann­.Nach einigen hierüber verlangten und gegebenen Aufklärungen wurde be­­stimmt,nach der Berathung über die auf die Tagesordnung schon ge­­setzte Interpellation wegen der Fiumaner Eisen­bahn die zwei Gesetzvor­­schläge des Finanzministers auf die Tagesordnun­g zu stellen und so­­dann das Rekrutengesetz folgen zu lassen. 3 · Aus dem Netchsinge. (Fortsetz­ung aus dem Abendblatte.) Justizminister Balthasar«Sorväd­»):Geehrtes Haus zwi­­schen jenen Adreßentwürfen,welche einerseits durch die vom Hause gewählte Komm­ission,andererseits von zweigrteischnitirungen der Opposition vorgelegt worden sind, bestehen zwei wesentliche Unters­chiede. Der eine liegt darin, daß während die Kommission des Hauses ganz im Allgemeinen die Regierung in den Reformfragen zu unter­ jtügen verspricht, damit diese eine dem Zeitgeiste entsprechende Lösung finde,­ die Opposition gleichzeitig ausführlich die Richtung, bezeichnete, welche sie bei der Verhandlung dieser Reformfragen einzuschlagen ge­denkt. Das ist der eine Grund, weshalb ich seinem der von der Oppos­ition eingereichten Adreßent­würfe meine Zustimmung geben kann, wenn sowie in der Thronrede nicht die Details jener Elaborate erwähnt sind, welche die Regierung bezüglich, der einzelnen Reformgegenständen auf den sid) des Hauses niederzulegen geweint, so kann es auch nicht in der Aufgabe der Apresse liegen, auf vielfältige Details einzugehen. Das Haus möge die Vorlagen der Regierung abwarten und nachdem es den Geist, die Tendenz, die Details versehlen kennen gelernt hat, möge er darüber ein zustimmendes oder mißbilligendes Urteil fällen. Aber schon im Vorhinein darüber aburtheilen hieße nichts anderes, als über die Vorlagen der Regierung schon ungesehen den Stab brec­hen, was meiner Meinung nachh nicht gerechtfertigt und in jeder Be­­ziehung unbillig wäre. Wohin hat die Thronrede das Haus gerufen ? Auf das Gebiet der inneren Reform. Darauf kann das Haus nichts Anderes antworten, als was seine Kommission­en bat, nämlich, daß es bereit sei der Negierung auf dieses Gebiet zu folgen. Weniger kann das Haus nicht sagen, ohne auf jenen edlen Beruf zu verzichten, welcher ihm von der Verfehlung zugefallen ist, nämlich im Wege der inneren Reformen das Vaterland neu zugestalten, mehr aber kann es nicht jagen, ohne der Zukunft vorzugreifen, ohne der Dis­­kussion der einzelnen Fragen mit gebundenen Händen entgegenzugehen. Die zweite sehr unwesentliche Abweichung zwischen den verschiede­­nen Adreßentwürfen, die sich abermals bestimmt, den Entwürfen der O­pposition meine Zustimmung nicht zu geben, besteht darin, daß die Opposition in ihren Entwürfen abermals die Angriffe gegen die staats­­rechtliche Basis fortfeht. Gegen den Gefegartitel XII : 1867, welcher das staatsrechtliche Verhältniß zwischen Ungarn und Oesterreich regelt, erhebt die Oppoz­­ition die schwere Anklage, daß derselbe unsere staatliche Existenz vor, Bee nationale Selbstständigkeit und Unabhängigkeit verrin­­ext habe. Eine so große und schwere Anklage, geehrte Haus, kann man nicht mit Stillschweigen übergehen ; um jedoch darauf antworten zu können, müssen wir erst über den Begriff nationaler Selbstständigkeit und Unabhängigkeit ins Meine kommen. Wenn Sie jenes Maß von Selbstständigkeit und Unabhängig­­keit für diese Nation in Anspruch nehmen, als z. B. Frankreich oder England besißt , wenn Sie von jener leitenden Idee ausgehen, welcher der Herr Abgeordnete Simonys Anspruch gegeben hat, daß zwischen Ungarn und Oesterreich sein anderes Verhälniß bestehe, als zwischen der Türkei und Frankreich, dann allerdings erkenne ich an, daß die bestehende staatsrechtliche Basis jenem Vlahe von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit nicht entspricht ; ich muß jedoch zugleich hinzufügen, daß ein solches Maß von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit unter den vorhandenen Verhältnisen "in das Neid­ der Träume gehört : (leb­hafter Beifall rechts) und daß vieses Maß von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit bei uns einbürgern wollen, das leichtsinnigste und ge­­wagteste Würfelspiel wäre, dem je eine Nation ihr 2008 und ihr Da­­sein ausgefeßt hat. (Lebhafter Beifall rechts.) Wenn Sie dagegen jenes Maß nationaler­­ Selbstständigkeit und Unabhängigkeit im Sinne haben, das sich mit der pragmatischen Sant­tion verträgt, dann entfällt der größte Theil der Einwendungen, welche gegen den Gesebartikel XII : 1867 erhoben werden können, von selbst. Dies weiß jene Parteischattirung, wer an Herr Simonyi ange­­hört, sehr wohl, und eben deshalb nimmt es mich nicht Wunder, daß sie es für ihre erste Aufgabe hielt, den Sinn und die Tragweite der pragmatischen Sanftion zu verdrehen. Sie erblicht in der pragmatischen Santtion nichts Anderes, als die Gemeinsamkeit und Identität der Souveräns zweier von einander völlig unabhängiger Staaten. ’ Angenommen,sie hätten recht,so müßte ich selbst dann bemer­­ken,dass schon dieser Inhalt der pragmatischen Sanktion an und für sich unsere nationale Selbstständigkeit und Unabhängigkeit in gewisse Grenzen eingeengt hat,insofern nämlich,als wir kein solches Vorgehen befolgen dürfen,wodurch die Identität des Souveräns der beiden be­­sonderen Staaten unmöglich gemacht würde Sp fannen z. B. Frankreich und die Türkei sich wann immer den Krieg erklären, so wie es ihre momentanen Interessen erheirschen ; dagegen kann Ungarn nie eine solche Polität befolgen, melde ven Kö­­nig von Ungarn in einen Krieg mit dem Kaiser von Oesterreich ver­­wideln könnte. Herr Simonyi wird jedoch, wenn er nicht absichtlich die Augen­ davor verschließt, in der pragmatischen Sanktion noch mehr als dies finden, nämlich das Prinzip der Untheilbarkeit der Monarche, aus dem die Pflicht des gegenseitigen Schußes entspringt. Während also die in der Identität des Souveräns liegende Personal Union nur negativ, hat diese Verpflichtung zu gegenseitigem Schuß auch positiv schon vor nationalen Selbstständigkeit und Unab­­hängigkeit so prägnante Schraffen gezogen, welche man nicht ignoriren kann und darf. Stanfreih und die Türkei können einander heute angreifen und morgen vertheidigen, je nachdem ihre Sinteressen dies mit sich bringen ; dagegen sind Ungarn und Oesterreich schon in Folge des Gefethes ver­­pflichtet, ihre mechselseitige Integrität gegen jeden feindlichen Angriff zu vertheidigen. Dan konnte dies ein dauerndes Schub- und Trußbindniß nen­­nen, g. Haus, wenn die Opposition den moralischen Muth gehabt hätte, diesen Vertrag auf internationalen Grundlagen zu errichten, allein während der staatsrechtliche Ausgleich hier­ Gegenstand der Des­batte war und ich diese Ideen anregte, da war es eben die Opposition, welche den engherzigen Begriff in den Vordergrund stellte, daß die ums garische Nation mit den Bölfern und Provinzen jenseits der Leitha gar nichts zu schaffen und daß die ungarische Nation blos mit ihrem eigenen Könige zu thun habe! Un:er sollten Umständen und Verhältnissen, welche nicht wir geschaffen, " sondern gleich einer Tradition von unseren Ahnen geerbt haben, und welche zu ändern weder in unserem Recht, noch in unserer Macht, noch aue in unserem­nteresse steht, — unter solchen Umstän­­den und Verhältnissen, da wir auf jedem Schritt und Tritt darauf tifleftiren mühlen, daß wir unseren Monarchen nit zu einem solchen Vorgehen zicigen, welches ihn mit den Völlern Oesterreichs in Kollision brächte ; unter solchen Umständen und­­ Verhältnissen, da wir nicht blos die Integrität unseres eigenen Vaterlandes, sondern auch die des Nach­­barstaates zu vertheidigen verpflichtet sind, da also die Würfel des Krieges und Friedens nicht ausschließlich in unsere Hände niedergelegt sein können, unter solchen Umständen, frage ich : Wann bei uns von jener Voll­ommenheit der nationalen­­ Selbsständigkeit und Unabhängigkeit Tann bei uns von jeder Volständigkeit des Parlamentarismus die Liebe Kan Die sie z. B. England oder­rankreich besigen. (Beifall von der echten. Täuschen wir uns nicht,meine Herren,und wiegen wir die Na­­tion nicht in Illusionen,di­ese Nation,welche durch so viele Leiden hindurchgegangen,und zu deren schönsten Tugenden die Begeisterung gehört,deren grober Nationalfehler es aber auch ist.Daß sie sich von Stoßen und schönenneen so leicht zur Hyperexaltation hinreißen aßt.(Wahr!von dem Recht­ 11.)Ich wiederhole,täuschen wir nicht uns und die Nationl jener Vollständigkeit der nationalen Selbstständigkeit und Unabhängigkeit haben schon unsere Ahnen in Berträgen emsagt,sie haben derselben ebenso entsagt,wie zuoei von­einander vollkommen unabhängige Nationen,welche­ miteinander ein Schutz-und Trutz­­bündniß eingehen,gewisse Attribute der eigenen Unabhängigkeit für die Zeit aufgeben,solange dieses Schutz-undiutzbündnis­ dauert. Der Unterschied zwischen uns und andren deart unvollkommen unabhän­gigen Staaten ist diesbezü­glich nuk der,daß wns Schutz­­und Trutz hüuptniß,welches unsere Ahnen durch die pragmatische Sanktion eingingen,uns so lange verpflichtet,als die zur Herrschaft berufenen Zweige der Dynastie nicht ausgestorben sind.­ Geehrtes Haus!Dies ist der Thatbestand,welchen man mit keinerjklügelei ·»ver·ändern kann.Von einem­ vollkommenen Parla­­mentarismus konnte sich m iit Ungarn angesichts der pragmatischen­ Sankti­on nur dann träumen,wenn in den cisleithanischen Provinzen noch imnper die absolute Gewalt herrschen würde,wenn nämlich der gemeinsame Herrscher all jene Angelegenheiten,welche die ge­­sammte Monarchie berühren und interessiren,der Entscheidung unseres Parlamentes anvertrauen und das,was wir hier beschließen,in Folge seines absoluten Rechtes den Erbländern anbefehlen würde.Allein Sie sind ja selber auch in unsern Reihen gestanden—wathnen und uns zur Ehre gereicht­,als wir mit einmüthiger Freude den hochherzi­­­gen Entschluß Sr.Majestät begrüßten,womit er die Segnungen des Konstitutionalismus auch auf die cisleithanischen Provinzen aus­­dehnte;ja,­Sie haben mit uns zusammen als eine der Haupts­­undamental-und Grundbedingungen des zu Stande gekommenen staatsrechtlichen Ausgleiches eben das aufgestellt,daß der Konstitu­­tionalismus hier wie dort ins Leben treten m­üsse.Was also wir durch den GesetzartikeleI:1867 gethan haben,das war durchaus nichts anderes,als der Ausfluß dieser Forderungen. Nachdem wir nämlich gesehen h­atten,daß es derartige,die ganze Monarchie betreffende Angelegenheit eingibt,welche die natürliche V­ob­­­wendigkeit der Verhältnisse von de­r ausschließlichen Wirkungskreise sowohl des Pester als des Wiener Parlaments ausschließt,nachdem es Fragen un­d Verh­ältnisse gibt,welche nur durch gem­einsame Ueberein­­kunft zweier Staaten geschlichtet werden könnnem so haben wir du­rch der1 G.-A-XII:1867 einen Modus besucht,und wie ich glaube,auch gefunden,durch welchen den Völkern beider Staaten ein konstitutio­­neller Einfluß auf die Schlichtung dieser Angelegenheiten gesichert werde. (Becfall rechts) Ob der G-A.XII.1867 diesem Zweck vollständig entspricht, kann ein Gegenstand der Diskussion und der Kritik sein.Rekrimi­­nationen und Anklagen aber wären nur dann gerechtfertigt,wenn­ wirszeit,wo dieser staatsrechtliche Ausgleichseegenstand der Debatte bildete,und wo das Zustandekommen des Ausgleichs eine Lebensfrage fü­r die Nation war,von den aufs Tapet gebrachten Moda­­litäten die schlechteren gewählt hätten.(Lebhafter Beifall rechts.­) Dieser Vorw­crf kann uns jedoch nicht treffen,und diesen Vor­­wurf kann am spenigsten jene Opposition gegen uns erheben,deren Vorschlag Um VWIes schlechter war als derjenige,der ins Gesetz über­ ging.(Lebhafter Reif»allrechts.) Was haben Sxelekt der Delegation vorgeschlagen,Daß die die EV Monarchie gemeinsam betreffenden Angelegenheiten l­üben und drü­ben,also der Diskussion beider Parlam­ente unterbreitet werden sollten. Dies wäre ein ganz korrekter und befriedigender Modus,solange beide Parlamente eines Si­ch­es sind. Wie aber,wenn Diese Uebereinstimmung nicht zu Stmnde kommt ? Darauf haben Sie geantwortet : Dann sollen die Delegirten der beiden Ministerien oder aber der beiden Parlamente eine Weiterein­­stimmung herbeizuführen traten. (Nute sinks : Natürlich !) Gut! wenn aber die Einigung nicht gelingt, oder, wenn die Bedingungen der zu Stande gekommenen Einigung von dem einen oder dem andern Parlamente verworfen werden ? Darauf sagten Sie: Dann sol der Monarch entscheiden. (Rufe links: Das haben wir nicht gesagt !: Mehrere Stimmen rechts: Es steht ja drin im Entwurf.) So war wenn hr Tebtes Remedium der­ Absolutismus. (So in ! fo its! von der Rechten, Widerspruch von der Linken) während wir das Recht der Entscheidung wenigstens in die Hände der Vertreter der Nation gelegt haben. (Rufe von der Linken: "Sa, in die Hände der Delegation ! Stimmen rechts: Vertritt denn die Delegation nicht die Nation ?) Wenn daher unser Vorschlag an dem Fehler leidet, daß er einige Dinge dem Wirkungskreise des Parlaments entzieht, so trifft Sie der noch größere Vorwurf, daß der Shrige dem Konstitutionalis- Malé­n bricht. (Lebhafter Beifall rechts; heftiger Wider­­pruch) Links. Eben­so ergeht er Ihnen in der Frage der auswärtigen Ange­­legenheiten. Eind Sie doch selbst in den lebhten Tagen mit dem Borz­flag hervorgetreten, daß bei den auswärtigen Mächten sowohl die ungarische Nation, respektive sowohl der König von Ungarn als al­cher Kaiser von Oesterreich ihre besonderen Vertreter haben sollen; den Ginen habe der ungarische und den Andern der österreichische Minister Des Aeußern ihre Instruktionen zu ertheilen. Auch dies wäre bis zu einer gewis­­sen Grenze ein sehr plausibler Modus, nämlich so lange die beiden Minister des Meußeren denselben Standpunkt einnehmen. Was aber soll in dem Falle gesehen, wenn die b­eren Minister von verschiedenen Ansich­ten ausgehen, wenn z. B. der Vertreter des ungarischen Königs am franzö­­sischen Hofe den Vertreter des österreichischen Kaisers desapouiren würde? Der gemeisame Monarch, wer den außmärtigen Mächten gegenüber nicht eine Bolität mit einem Janustopfe befolgen kann, müßte in einem solchen Falle entwieder den einen oder den andern Minister ent­­lassen. Und wenn er gerade den M­inister entließe, der das Vertrauen seines Parlamentes besigt, so käme der Monarch in Miiverspruch mit dem Millen des Parlamentes derjenigen Nation, melche der entlassene Minister vertritt. Wenn jedoch beide Minister de 8 Aeußeren die Majo­­rität ihrer respeftiven Parlamente für sich haben, muss gleichfalls ge­­schehen kann, wenn z. B. das Wiener Parlament und­ der österreichische Minister des Aeußeren für den Krieg, das ungarifsge W­arlament aber mit dem ungarisgen Wiinister des Heupßeten, für den Frieden sich er­­klären mürben, also aus die beiden Parlamente mit­einander in Wid­­erspruch stünden, so wird der Monarch, mag er nun var Votum des einen oder des andern Parlaments zur Richihnur nehmen, immer nothwendig was eine Parlament dem­ andern unterordnen." (Lebhafter Beifall rechts.) Und wohin säme es dann mit dem Parlamentarismus, mit der Gleichberechtigung der beiden Staaten, mit ver Warität ? (Lebhafter Beifall rechts.) Sie, meine Herren, haben auch in diesem Punkte die Formen des Parlamentarismus retten wollen, hätten aber das Wesen­­ desselben komproz­eittirt, hätten den Konstitutionalismus selber angegriffen und in fetter Analyse von Absolutismus inaugurirt. (Zebhafte Zustimmung von der Nechten). Wir aber haben nicht dies da wie dort den Konstitu­­tionalismus gerettet, sondern auch das, was man Warität nennt, die volle Gleichberechtigung der Staaten. Wenn wir also au dur die Annahme des G.­A. XII. : 1867 irgend­einen Fehler begangen hätten, so würde dieser Fehler weit überragt von dem viel größeren Verdienste, welches darin besteht, daß wir die Annahme des von Ihnen ausgehen­­den, viel schlechteren Projektes verhindert haben. (Stürmische Zustim­­mung von der Rechten.) 39 sage nicht, geehrtes Haus, daß Zeit und Erfahrung nicht vielleicht noch irgend einen besseren Modus zum Borz­schein bringen werden, sowie ich überhaupt nicht zu Denjenigen gehöre, welche die Nation, sei es nun auf dem Gebiete des Staatsrechtes oder auf jenem der inneren Reformen, zur Stagnation verdrammen wollen ; aber soviel ist gewiß, solange wir nicht eine bessere Modalität finden, jede Diskussion der staatsrechtlichen Basis ein solcher Berunch ist, zu den sich seine parlamentarische V­artei hergeben fan. Sie willen recht gut, daß vns bestehende staatsrechtliche Heber­­einsommer, wenn wir demselben auch seine internationale Form gegeben haben, in seinem MWesen dennoch den Charakter­ eines internationalen Vertrags bef ist. Denn der Gegenstand v desselben ist nichts Geringeres, als die Regelung des staatsrechtlichen Verhältnisses zwischen Oesterreich und Ungarn. Sie können also all gar nicht in Breifel ziehen, daß zu einer Nenderung dieser Basis die Ein­­willigung des Königs von Ungarn allein nicht hinreichend wäre, son­dern an die konstitutionelle Mitwirkung der Völker jenseits der Leitha erfordert würde. 63 it also gewiß, hab eine neuerliche Diskussion der staatsrechtlichen Basis­­ eine Erneuerung des staatsrechtlichen Kam­­pfes nicht blos hier, sondern auch jenseits ver Leitha grenzenlose Ver­­wirrungen anrichten müßte, und nun appetlire ich an ihren­ Patriot­zismus und frage, ob es wathsam wäre, hier dur die Erneuerung vieles staatsrechtlichen Kampfes die brennenden Fragen der inneren Reform, von denen die Zukunft der Nation abhängt, in den Hin­­tergrund zu drängen ? Denn das ist doch unbezweifelbar, daß Europa unser morali­­se Gewicht, unsern moralischen Werth nicht nach hochtönenden Mort n, nicht nach leeren Berafen und eiteln Nähmredereien beur­­theilen wird, sondern nach jenen faktischen Vorbiensten, welche wir uns um die Einführung, Einbürgerung und Verbreitung der euro­­päischen Ideen zu erwerben im Stande sind. (Zustimmung.) Dazu ist aber vor Allem nothwendig, waß wir unsere mittelalterlichen Institu­­tionen und unsere mittelalterligen Vorurtheile abstreifen und bemüht seien, so schnell als möglich jenen Höhepunkt der Kultur anzustreben, auf welchem jene Nationen stehen, an deren Einfluß auf die Ange­­genheiten Europa’s wir so gerne theilnehmen würden. 34 frage ferner und appetlire hier wieder an ihren Patriotismus, ob «8 rüb­­sam wäre, durch neuerliche Diskussionen der staatsrechtlichen Frage den Konsorm­ationsprozeß jenseits der Leitha, welcher auf dualistischer Basiz so günstig im Fortschreiten begriffen ist, abermals aufzuhalten ? (Zustimmung auf der Rechten.) Mürde dies nur eine schädliche Nacwirktung an auf uns üben, insoferne ein Kraftverlust unseres einzigen Bundesgenossen auch für uns ein Verlust ist und insoferne kaum eine gefährlichere und verz­dammenswerthere Politik gedacht werden könnte, als einen Zumwadhe­rer einen Straft daran suchen zu wollen, daß wir unseren Bundesgenossen schmähhen ? Würde nicht dieser erneuerte staatsrechtliche Kampf insoferne bei uns eine schädliche Rückwirtung ausüben, als er alle jene feindlichen Elemente wieder von den Todten erwecken könnte, melde die thatsäch­­liche Geltendmachung unserer staatlichen­ Souverann­tät achtzehn Jahre lang verhindert haben, und welche wir eben in Folge des wirklichen Baustandekommens des staatsrechtlichen Ausgleiches feierlich begraben haben ? Ich frage, würde dies nicht auch insoferne fhäßlich auf uns zurückwirten,, als es nach den Gel­den der Natur unmöglich­st, daß eine Nation eine gute Reputation bewahre , daß sie Kredit und Ver­­trauen erwecke, wenn sie es als die erste Aufgabe ihrer kaum begon­­nenen staatlichen Selbstständigkeit, ihres staatlichen Lebens betrachten würde, jenen Staatsvertrag anzugreifen und umzustürzen, welcher nach einem achtzehnjährigen Brovisorium ihr diese staatliche Selbstständigkeit zurückgegeben hat, ja nicht blos zurückgegeben, sondern dieselbe auf eine 10 hohe Stufe erhoben hat, auf welcher sie innerhalb der legten viert­­halbhundert Jahre niemals gestanden it. (Wahr! Sn if’ ! von der Rechten ; Widerspruch von der Linken.) ; a. Und dies wäre jeit nicht räthlich , es wäre selbst dann nicht räthlich, wenn wer bessere Modus, melden sie an die Stelle der ge­­genwärtigen staatsrechtlichen Basis einführen wollen, schon fertig in Ihrer Tasche wäre, (Sp­its! von der Rechten). Ich frage Sie, meine Herren, darf eine parlamentarische Partei die Opposition gegen die­­jenige Grundlage richten , deren Unterstüßung unter den gegenwärti­­gen unionsolidirten Verhältnissen unbedingt mit einer kleineren oder größeren Krise verbunden wäre? (Beifall von der Rechten). Nein, meine Herren, eine fonstitutionelle Opposition darf nie­­mals solche Prinzipien, solche Bard­en auf ihre galnen schreiben, welche sie überhaupt nicht oder blos unter Gefährdung der Baterlanz de3 verwirklichen könnte. (Lebhafter Beifall von der Rechten.)

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