Pester Lloyd, November 1869 (Jahrgang 16, nr. 254-278)

1869-11-26 / nr. 275

T Pest,25.November. (II.)Die Ereignisse auf dem Kriegsschauplatze im süd­­·"­lichen Dalmatien haben ihre dunklen Schatten auch­ in das ungarische Abgeordnetenhaus geworfen.Drei Interpellationen und ein Beschlußantrag wurden über diesen Gegenstand in der heutigen Sitzung des Unterha­uses eingebracht.Die Interpel­­lation des Grafen Ferdinand Zichy entsprang offenbar der leider nur zu sehr gerechtfertigten Besorgniß,daß die Mittel, welche zur Unterdrückung des Aufstandes von der österreichi­­schen und der gemeinsamen Regierung in Anwendung gebracht worden sind,sich noch immer als ungenügend erweisen könnten. Diese Interpelleition ist ihrer inneren Natur gemäß nichts Anderes,als ein ernster Mahnruf zu einer möglichst energi­­schen Thätigkeit,ein Mahnruf,dem sich bei der gefährlichen, nunmehr nicht mehr abzuleugnenden panslavistischen Natur des Aufstandes gewiß die öffentliche Meinunggaanngarns anschließen wird.In der Militärgrenze ist bekanntlich eine Menge revolutionären Zündstoffes angehäuft;das proximus ardetllealegon!««des Grafen Ferdinand Zichy ist daher nicht nur genügend motivirt,sondern es erscheint geradezu als die Erfüllung einer patriotischen Pflicht. Diese Interpellation ist die Affirmation, nicht die Negation der bisher gegen die Aufständischen entfalteten Thätigkeit ; es ist hieraus rar, warum dieselbe ganz allgemein gehalten werden mußte, in warıım sie nicht auf die Details des Gegenstandes eingehen, oder in irgend­einen positiven Vorschlag auslaufen konnte. Ferdinand Bichh fordert eben die genauere Aufklärung über die Details von der Regierung, und die Nothiwendigkeit, sowie die Richtung ein­es etwaigen po­sitiven Vorschlages wird eben nur aus diesen Aufklärungen erkannt werden können. Eigenthümlich ist die­ große Äh­nlichkeit zwischen der Interpellation des Abgeordneten Butlovics und der Iterpella­­tion, beziehungsweise dem Beschlußantrage Spetozar Miletics’ betreffend den dalmatinischen Aufstand. Wir sind überzeugt,­­ bak Herr dr. Drurovich, der die baldige Bewältigung des Mor­­latenaufstandes gewiß aufrichtig münscht, selber am meisten reappirt war, als er den Grundgedanken seiner Interpellation, ja sogar einzelne Wortfügungen verfehlen, in der Interpella­­tion und dem Antrage des ultranationalen Apostel wieder­­fand. Bufovics fragt den Ministerpräsidenten, ob er dafür gesorgt habe, daß „der gegenwärtige Fall, wonach ungarische Truppen zur Herstellung des inneren Friedens außerhalb des Gebietes der ungarischen Krone verwendet werden, nicht etwa später gegen uns als Präcedens benügt werden könne ?" Mi­ Ietics fragt den Ministerpräsidenten, ob er in den­­ Verfügun­­gen, welche zur Unterbrächung des dalmatinischen Aufstandes getroffen werden, „nicht ein gefährliches Präcedens und Prä­­jubiz für die Selbstständigkeit und die Verfassung Ungarns er­­blich ?" Butovics fordert die möglichst schleunige Abberufung der ungarischen Truppenabtheilungen vom dalmatinischen Kriegsschrus plate. Miletics formulirt diese Forderung noch entschiedener in einem besonderen Beschlußantrage. Beide sagen und fordern fast wörtlich dasselbe und doch besteht ein unermeßlicher Unterschied zwischen ihren Forderungen. Miletics hat die Tragweite seiner Interpellation und seines Beschlußantrages wohl er­­wogen, er hat die wahrscheinliche Wirkung derselben berechnet, er weiß für und bestimmt, was er will. Herr Butovics scheint über die politischen Wirkungen der in seiner Interpel­­lation enthaltenen Forderungen sich seine so genaue Rechenschaft ge­geben, er scheint es nicht erkannt zu haben, welchen Tendenzen er mit seiner­nterpellation Vorsehub leiste. Miletics wollte ein politisches Ziel erreichen, Butfovics wollte­­ eine Inter­­pellation stellen. Das ist der Unterschied zwischen ihnen. Bei Miletics weiß Jederm­ann auf den ersten Blick, was er von bessen Besorgnissen über die Gefährdung der ungarischen Berfaffung und der Selbstständigkeit Ungarns zu halten habe. Man weiß, daß b­iefe Worte im Munde des Abgeordneten von Neufag eine Satyre sind, daß derselbe biefe Worte im Unteresse der panflavistis­chen Propaganda mißbrauche. Die gute Absicht Butovics hingegen kann nicht bezweifelt werden, er glaubt wirklich, daß er, indem er die Abberufung der unga­­rischen Truppen aus der Bocca fordert und die Anwendung versellen zur Herstellung der R­uhe in jenem Theile der Mon­­archie als ein gefährliches Präcedens bezeichnet, den Sinteref­­fen Ungarns einen Dienst erweist. So hoch die konstitutio­­nelle Gesinnung Butfovics über jener Spetozar Miletich’ er­­haben ist, so tief steht — mindestens in diesem Falle — seine politische Einsicht unter jener des Agitators von Neufak. Es fällt uns schwer, gegenüber einem so geachteten und ach­­tenswerthen Mitgliede der Opposition, wie Herr dr. Butovics, diese Thatsache konstativen zu müssen ; es ist aber unsere Pflicht, die Wahrheit rücsichtslos auszusprechen, jelr wenn sie unangenehm ist, nicht nur für Senen, dem sie gilt, sondern auch für uns, wie wir sie offen herausragen müssen. Die politische Wirkung der Sonterpellationen Burovice’ und Miletic ®’s zu ermesfen, ist nicht schwer. Er wird unter die Truppen der Aufständischen und wohl auch unter die mit ihnen ihm pathisirenden Montenegriner bald die dunkle Runde bringen, daß in dem ungarischen Reichstage die Zurückeru­­fung der ungarischen Regimenter gefordert wurde, welche einen beträchtlichen Theil des in dem Gattareser Bezirke operirenden Truppentorps ausmachen. Die natürliche Folge hievon wird die Erhöhung der Kühnheit der Aufständischen sein. Sie wer­­den in ihrem Widerstande bestärkt, die Montenegriner hingegen zum Angriffe, von welchen sie ohnehin kaum mehr zurückge­­halten werden können, geradezu ermuthigt werden. Die ganz entgegengefeßte Wirkung wird dieselbe Nachricht in dem ge­­meinschaftlichen österreichisch-ungarischen Heere hervorrufen. Wenn es der ungarische Soldat, der auf den öben Felsen bei Krivosole, allen Mühseligkeiten und Echreden einer unter den ungünstigsten Verhältnissen ausgeführten Campagne bivonatirt, hö­en wirv, daß er, nach der Ansicht von Männern, bei denen er die genaue Kenntniß der Gefege vorausfegen muß, nicht­­ verpflichtet sei, für die Herstellung der Ruhe in jenem Lande die Waffen zu ergreifen, so kann dies auf seine Ausdauer, auf seinen Muth, auf alle seine militärischen Mgenden nicht ander als lähmend wirken. Die Gewalt der militärischen Disziplin auf seinen Geist wird erschüttert werden durch das Bewußtsein, daß diese Disziplin im vorliegenden Falle ein gegen ihn und sein Vaterland verübtes Unrecht sei. Wenn Herr dr. Butfovics dies erreichen wollte, wenn er die Absicht hatte, den kannibalischen Schaaren der Rebellen seine mora­­lische Bundesgenossenschaft anzubieten, so wird er wahrschein­­lich dieses Ziel erreicht haben. Das wollte er aber sicherlich nicht und kann es nicht gewollt haben. Deshalb müssen wir auch solch eine Gedankenlosigkeit in diesem Momente, wo der drohende Charakter des dalmatinischen Aufstandes immer un­­zweideutiger hervortritt, tief bedauern. Sa, aber das Gefeh! das Gefeg! — ruft man auf jener Seite, wo man noch immer so häufig in den alten Wahn zurücfinkt, als konnte die Freiheit und­ Unabhängigkeit Ungarns durch starre Gefeßesparagraphe allein und nicht viel­­mehr nur durch das mächtige Wirken lebendiger Volkskräfte gerettet werden. Nun, wir haben die Gefege, auf denen das Verhältnis Ungarns zu den übrigen Ländern der Monarchie beruht, ebenfalls gelesen. Auch wir fennen das Heeresgefeg und die Verpflichtungen und Rechte, welche in demselben uns auferlegt oder gewährleistet werden. Wir fennen diese Gefege, aber i wir finden in denselben feinen Paragraph, welcher die neugebadene Doktrin des Herrn v. Butfovics über unsere Nicht-Verpflichtung zur Vertheidigung der Ruhe und Sicher­­heit der österreichischen Länder rechtfertigen würde. Die prag­­matische Sanktion wurde zum Schuße der Integrität und der äußeren und inneren Sicherheit aller Länder der Hachs­­burg-Lothringischen Dionastie geschlossen. Dies haben­ wir un­­zählige Male, in Aoreffen und Gefegen,auch im XII G.A. 1867 anerkannt. Auch der XL. 6.A.: 1868 bezeichnet in seinem achten Paragraphe die Erhaltung der inneren Ord­­nung und Sicherheit als Aufgabe der gemeinschaft­­igen Armee. Freilich wagt an Herr­­ v. Bufovics diese Gefete niet zu blingnen. Er meint nur, daß die Verwendung ungarischer Truppen zur Vertheidigung der inneren Ruhe der österreichis­­chen Länder nicht bei jeder kleinen Ruhestörung stattfinden könne. Er meint, der König müsse zuerst — in einem Reskripte an den ungarischen Reichstag den Ausbruch innerer Unruhen in seinen übrigen Ländern notifiziren, worauf dann der ungarische Reichstag darüber zu berathen hätte, ob wirk­­lich ernste Ruhestörungen vorgenommen sind, welche diesen Namen verdienen ; erst dann, wenn der ungarische Reichstag sich von­ der ersten­ Natur und der ungewöhnlichen Bede­tung der Unruhen überzeugt, wirde derselbe die Verwendung ungarischer Truppen zur Unter­brücung jener Unruhen ges­­tatten. Nun, es laßt sich alles hies schön sagen, wo steht esS aber geschrieben? Es ist ein politischer Nonsens, zu behaupten, das über die Frage, ob die innere Ruhe eines Landes gefährdet sei, nicht die Negierung dieses Landes, sondern das Parlament eines benachbarten Landes zu entscheiden habe. Nur die Mer gierung eines Landes hat die Mittel in der Hand, um solch eine Frage zu entscheiden. Wenn die Frage der gegenseitigen Hilfeleistung erst von dem Beschlusse des anderen Parlaments abhängig gemacht werden sol, wenn sie aufhört, eine unbe­dingte Pflicht zu sein, dann is Die pragma­­tische Sanktion ganz und gar unwdthig, wenn Frankreich oder Nordamerika kann in Oesterreich zur Unterdrückung des dalmatinischen Aufstandes ebenfalls behilflich sein,­­ wenn es­ will. Har v. Vlufovics will für Ungarn das Recht wahren, daß nur es selber befugt sein solle, wenn auf seinem Territorium eine Rebellion ausbricht, dieselbe zu unters­prüchen. Wir daufen schönstens für ein solches Recht. Nie­mand wird uns dasselbe streitig machen wollen, und daß uns Jemand seine Hilfe aufnöthigen werde, daran ist doch nicht zu denken. Uns aber gewährt es eine Beruhigung, zu wissen, daß die österreichischen Provinzen verpflichtet sind, und zu helfen, wenn wir je in eine ähnliche Lage gera­­then sollten, wie sie ihnen dur­ Subdalmatien bereitet wurde. Nicht von Rechten also, sondern von Pflichten, von wechselseitigen Pflichten ist hier die Rede. Mit Rechten hat man noch gebändigt, sondern dies war und ist nur möglich durch die Erfüllung schwerer Pflichten. Wenn ein Aufstand in irgend­­­einem Theile des Gebietes der ungarischen Krone zu den ab» feine Rebellion von der Natur des dalmatinischen Aufstandes­­­­folgten Unmöglichkeiten gehören wird, dann könnte vielleicht selbst ein Politiker, dem es mit der Erhaltung der Integrität Ungarns Ernst ist, so sprechen, wie Herr v. Butovics. Diese optimistische Ansicht scheint aber nicht allgemein getheilt zu werden, auch Herr Miletics scheint sie nicht zu theilen und darum­­ spricht er gerade so, wie Herr v. Vufopics. = Bon Seite des hohmn. Herrn Bfarrad­ministratord der Franzstadt erhalten wir nachfolgende Zuschrift: „Der Herr Berichterstatter des „Weiter Lloyd“ hat mich Unterfer­­tigten im KötteleE nicht bemerkt; was ich fort persönlich gegen­­wärtig war, fann ic durch zwei nichtkatholische Zeugen erhärten : 34 bat einen Cigarrenstaudgen den jungen Herrn, man wolle doch Szilágyi reden lassen. „Wozu“, lautete die Antwort, „soll ich und mein Freund, der ein Karaelite ist (da deutete er auf einen sehr hübschen , jugendli­­chen, moderneelegant* gefleiveten brünetten Mann mit Vihtem Paletot), nicht in eine Schule gehen künnen ? Der sonft feinsmanierliche Herr Israelite rief dabei begeistert aus: „Nem kell nekünk katholikus is­­kola ." (Wir brauchen Feine katholischen Schulen !) „Sie nit, gab ich zur Antwort, „aber wir!" Der zweite Zeuge ist Herr Gabriel Bár­rady, seiner Religion nach reformirt, Hauseigenthümer in der Franz­­stadt, Liliengasse. In Folge seines wiederholten lauten Rutens Elopfte ih ihm die Achtel mit der Bemerkung : „Sie werden sich eine Heiler­ feit zuziehen !" — „Macht nichts”, war seine Antwort. Dies im Interesse der historischen Wahrheit. Man könnte mein Ferngebesensein mit eigheit bezeichnen. Wenn die als Po­­litiker so hervorragenden Persönlichkeiten, die Herren , Tipa Kalman, Zsedényi­­c. , für gut fanden, zu Gunsten der protestantischen Schu­­len ihren ganzen Einfluß in die Wagschale zu werfen, und wenn eben am gesteigen Tage (23. November, Monogasfe Nr. 7, Vormittags zehn Uhr) eine deutsche reformirte Schule feierlich eingeweiht werden konnte, wenn alle anderen Glaubensgenossen Bet’3 ihre konfessionellen Schu­­len als solche behalten, während nur wir Katholiken derzeit in ganz Veit seine katholische Elementarschule befiben, da müßte das Nichter­­scheinen des Pfarrverwesers bei einer Katholikenkonferenz, welche die Strihtung katholis-Konfessioneller Schulen anstrebt, mit Feigheit be­­zeichnet werden. Bi Um Aufnahme obiger Zeilen bittet achtungsvoll t, 25. November 1869. Wilhelm Kur, Admin. zum hl. Franz.” Pe­r Mus dem Reichstage. eft, 25. November. I) Der neuernannte Minister des Innern, Herr Paul Rainer, hat heute einen fast einstimmigen Beifall bes Ab­­geordnetenhauses geerntet, welcher für die Zukunft seiner Amtirung nur von der günstigsten Vorbedeutung sein kann. Die Sache, welche er vor dem Hause vertrat, war allerdings an sich geeignet, für ihn die Sympathien des Hauses zu ge­­­winnen ; es war die Sache der Gerechtigkeit und der öffent­­lichen Nähe gegenüber den ge­wissenlosesten Agitationen einer unsinnigen und gefährlichen Demagogie ; die Art und Weise jedoch, wie er diese gute Sache vertrat, deutete Darauf hin, daß an Herrn dr. Rajner das Ministerium eine sehr fhätenswerthe Kraft gewonnen hat. Seine bereits im Abend­­blatte wörtlich mitgetheilte Nede, mit welcher er die Inter­­pellation des Abgeordn­eten Alexander Román in der Angele­­genheit der Tófalvaer Pächter, die in Folge eines Richter­spruches ihre bisher innegehabten Wohnungen verlassen muß­­ten, beantwortete, zeichnet sich durch eine große Klarheit der Darstelung, durch staatsmännliche Ruhe, Würde und Mäßi­­gung aus. Auch konnte das Abgeordnetenhaus aus den Darle­­gungen des Ministers die Ueberzeugung gewinnen, daß er jenen Agitatoren gegenüber, welche zu ihren staatsgefährlichen poli­tischen Zwecken das unwissende Bolt mißbrauchen und Das­­selbe hiedurch nur ins Unglück stürzen,­­sowohl bisher die nöthigen Schritte gethan habe, als auch für die Zukunft die hier unbedingt gebotene Strenge und Energie zu entfalten gebenfe. Die Versicherung des Herrn Ministerd, daß die 200 Napoleons Vor, welche durch nicht näher bezeichnete Emisjäre unter die Tofalvaer Anfassen vertheilt worden sind, nicht, wie dies von jenen Emisjären dem D Wolfe angedeutet wurde, von eine fremden Regierung herrühren,, diese Ber­­sicherung halten wir keineswegs für eine auf Vertuschung ab­­zielende diplomatische N­ebensart. Das in unserem Abendblatte vom 24. b. Mt. reproduzirte Communiqué der­­rumänischen Regierung, welches den Lügenhaften Heßereien der rumänischen Presse gegenüber den wahren Sachverhalt in der Zöfalvaer Affaire darlegt, berechtigt uns zu der Vorauslegung, daß hier nicht die rumänische Regierung, sondern höchstens eine rumänische Partei die Hände im Spiele habe. Der Energie und dem Takte des M­inisters des Innern wird es hoffentlich gelingen, die geheimen Fäden diefer gegen den inne­­ren Frieden Ungarns geplanten Konspiration an das Tages­­licht zu bringen. Die Leidenschaftlichkeit des rumänischen Eraltado’s Baches, der sich durch seinen unbändigen Fanatis­­mus so weit Hinreißen ließ, dem Präfidenten, als dieser die erfolgte Zur­ Kenntnngnahme der ministeriellen Antwort ver­­kündete, die Worte: „Nur darauf 108!" — Csak rajta! — zuzurufen, zeigt eg nur noch Flarer, mit was für Elementen man es hier zu thun habe. Und Jrányi ließ sich dessen un­­geachtet herbei, aus Gründen, die uns schlechterdings unbe­­greiflich sind, diesen Abgeordneten und bessen abiiesenden Ge­­sinnungsgenossen Roman noch in seinen Sohn zu nehmen und von der Ritterlichkeit zu tafeln, welche, wie er meinte, dem Minister die Verpflichtung auferlegt hätte, den Inter­­­­­­pellanten im Voraus davon zu verständigen,­ das­s seine Ar­terpellation heute zu beantworten gedente, damit Herr Ro­­man auch in ver Giltung erschienen wäre. As ob nicht jeder Abgeordnete in jeder Sigung antresend zu sein hätte und als ob das „Schwänzen“ in der That nicht mehr als Ausnahme, sondern geradezu als Regel zu betrachten wäre. Der Minister des Sinnern hat indessen die von Sränhi verlangte — hier in der That übertriebene — Ritterlichkeit dem Abgeordneten Ro­­man gegenüber beobachtet. Kann der Minister dafür, wenn jener, in der Üc­erzeugung, auf die Antwort des Ministers Nichts erwidern zu können, den Saal verließ und gleichsam bei der Möglichkeit einer Nephis die Flucht ergriff? Uebri­­gens theilen wir — wie gesagt — seineswegs im Allgemei­­nen die Ansicht, daß es seitens der Minister ein Gebot der Ritterlichkeit sei, die Abgeordneten im Voraus davon zu ver­­ständigen, daß man an diesem oder jenem Tage auf ihre In­­terpellation antworten wolle. Es ist die Pflicht der Ab­­geordneten, in den Situngen des Hause zu erscheinen und es kann nicht die „ritterliche“ Pflicht der Minister sein, ver Pflichtvergessenheit der Abgeordneten “­orschub zu leisten. Um­­so weniger kann dies von den Ministern gefordert werden, als auch die Abgeordneten in den wenigsten Fällen den Betreffen­­den Minister von ihrer Absicht, eine Interpellation zu stellen, im Voraus verständigen. Einem Theile der sogenannten „Na­­tionalitsabgeordneten" gegenüber, welche sich bekanntlich um die Arbeiten der Legislative in der Regel gar nicht kü­mmern und nur dann im Hause erscheinen, wenn es gilt, eine kleine Nationali­­tätskomödie zu insceniren, — diesen Abgeordneten gegenüber fann aber von Gold einer „ritterlichen" Pflicht am allerwenigsten die Nede sein.­­ Nedrigens ist es sein Geheimniß, warum diese Herren so Häufig in einer Weise das Wort ergreifen, daß der Präsident­­ sie zur Ordnung weifen, oder ihnen sogar das Wort entziehen muß. Sie wollen in ihren unwissenden An­­hängern, welche von der Natur einer parlamentarischen Ver­­handlung und von den Grenzen, welche einer solchen Ver­­handlung dur­che Hausordnung gezogen werden. keine Ahnung haben, den Glauben wachrufen, als wu­rde im unga­­rischen Ageordnetenhause ihre Redefreiheit unterdrückt. Dieses wahrhaft macchiaveltistische Bestreben muß von jedem Ehren­­manne mit Entrüstung zurückgewiesen werden. Die übrigen Gegenstände der heutigen Sigung boten, abgesehen von den Sinterpellationen, welche wir in einem be­­sonderen Artikel besprechen, wenig Anteressantes. Der in einem Leitartikel unseres jüngsten Morgenblattes bereits angedeutete Beischlußantrag, betreffend die Prüfung­ des Rechnungsabs­­chlusses, wurde durch den Abgeordneten Yoseph Yu­rt­h ein­­gebracht und für Samstag auf die Tagesordnung gefekt. Dasselbe geschah in Bezug auf den Gegenantrag Koloman Chyezys über denselben Gegenstand ; übrigens gruppiren sich die Mitglieder der Rechten immer zahlreicher um den Antrag, welchen der Präsident des Deat-Klub­­ heute eingebracht hat und die Annahme desselben ist schon Heute mehr als wahr­­scheinlich. Wir fegen unseren Bericht die heutige Situng des Ab­­geordnetenhauses fort, wo man hab.­­­achdem der Präsident seine Mißbilliun darüber aus­­gik spkvchem daß Vinzeps Babes«Nur drauf ins Es gerufen,will dieser das Wort ergreifen­.Großerj«ärm.Fortwährende Rufe von der Rechten:Zur Tagesordnung!Man kann jetzt nicht sprecheni ques versucht wiederholt sich Gehör zu verschaffen;jedesmal aber beginnen Lärm­ und Tum­ult von Reueim sobald er die ersten Worte gesprochen­ Diesdausxt so m­ehreren Minuten lang,bis endlich der Braufident b durch die Bemerkung die Gü­lle herstellt, Babes wolle in persönlichen Angelegenheiten sprechen. B. Babes : Im Sinne der Hausordnung pellant das Recht, auf Warum war er nicht da? 63 műre seine Pflicht gewesen hier zu sein!) deßhalb konnte Das hat Ich geübt, persönliche nur ein wenig geduldig zu sein... dafür habe er seine Rüge das Haus mit denselben Ja Jbenvelatte abge, hat der Inter, die Antiwort des Ministers seine Bemerkungen zu machen. Alexander Roman war aber nicht im Hause (Lärm Großer Lärm.) Er habe nur sein Recht nehmen, dieselbe zurück und protestire dagegen. „Rufe: (Großer Lärm. Tagesordnung“) (neben Kallay von der äußersten Linken mit großem Pathos: Nicht, geduldig zu sein, sondern das Abgeordnetenrecht zu respektiven ! Gelächter von der Rech­­ten, als Abgeordneter aus, dürfe die Antwort des Ministers nit zur Kenntniß ehe­rer Interpellant sich geäußert, und habe gar nicht das Recht gehabt, eine Rüge zu ert­eilen. Der Präsident er meise also (Großer Lärm.) "­­Joseph Madaraß bestreitet dem­ Präsidenten das Recht,dem Abgeordneten Babes die Mißbilligung auszusprechen;«dies könne nur im Sinne des§.133 det.85 ausordnung nach einem Beschlusse des Hauses und nachdem der betreffende Abgeordnete zweimal zur Ordnung gerufen wurde,gefciel­en.(Lärm.) Eduard Zsedényi:Auf beide Streitfragen liegt die Ants­wort in unserer Hausordnung.Nach§­120 nim­mt das Haus d­ie Antwort des Ministers auf eine Interpellaton­ zu­r Kenntniß oder be­­stimmt einen Tag zur weiteren Verhandlung.Der Interpellant kann­ seine Meinung über die Antwort äußern­,aber die Pflicht des Hauses auf den Abgeordneten zu warten,wenn es ihm nicht gefällt in der betreffenden Sitzung beizuwohnen,ist in dem Paragraphen nicht aus­­gedrückt(Zustimmung).Was die zweite Einwendung meines Vor­­redners Madaraß gegen das Recht des Präsidenten,unsern Kollegen­ Babes mit Verweis zur Ordnung zu rufen,so hat Madaraß sich selbst geantwortet,indem er konstatirte,daß Babes nicht offen zur Versamm­­lung,sondern auf der Seite zu sich gesprochen also nicht an der Be­­rathung Theil genommen,sondern diese gestört habe,daber nicht der c­ritte§.133,sondern­ der§.165 der Hausordnung auf ihn anwend­­bar sei,das so lautet:Wenn ein Miglied des Hauses die Ordnung als seine bitte Ste, I­ über er seine Bemerkungen er bemerkte, nicht machen. Angelegenheit!” vom Präsidenten „Zur verdient. « Matejko und Makart. Originalberichts des»Pester Lloyd.« Wien,24.November­· B.G.In der Kunstausstellung,die gegenwärtig im neuen Künsti lakhause Tag für Tag eine Unzahl von Besuchern anzieht,sind zwei Namen vertreten,die in letzterer Zeit die Aufmerksamkeit der ganzen gebildeten Welt auf sich gelenkt haben;es sind dies die Namen:Jean Matejko und Hans Makart.Beide Künstler sind phänomenale Erscheinungen der modernen Kulturgeschichte.Beide haben mit einer einzigen künstlerischen That die Pforten,die sich ihnen auf dem Wege zum Ruhme entgegenstellten,gesprengt;beide Gestalten gemahnen uns an ein Meteor,das urplötzlig strahlend auftaucht und so den Beobach­­ter überrascht.Beide Künstler sind noch jung;ihr Ruhm ist nicht die Frucht eines langen mühevollen Wirkens, nicht eine Frucht, die eines Lebensalters bedurfte, um zu reifen, er kam voll und herrlich zur Welt, fertig wie Athene, als sie dem Haupte Jovis entstieg. Das ist das Borredit des Genie’s, daß es das im Fluge erreicht, was das Va­lent­id nur doch Arbeit und Schweiß, doch ein an Opfern und an Mühe reiches Leben erkämpfen muß. Matejko trat zum ersten Male vor die Welt hin auf der legten Weltausstellung in Paris mit einem großen historischen Ge­­mälde, das eine Szene auf dem polnischen Reichstage vom Jahre 1791 darstellte, und wie der Abgeordnete Neytau, der mit glühen­dem Patrio­­tismus an seinem Vaterlande hing, mit einer Erregtheit gegen die un­­seligen Beischlüfse des Neichtages protestirte, die vor seinem prophetis­chen Auge das ungeheuere Weh, das über das unglückliche Volen in deren Folge hereinziehen mußte, in niederschmetternder Alarheit nt­­hüllte, mit solcher tiefen, Leidenschaftlichen Erregtheit, daß sie bereits den Wahnsinn ahnen läßt, der später, ein Ausfluß de unsäglichsten Schmer, 308 um das theure Vaterland, den edlen Geist des heroischen Landboten umnachtete. Das Bild wurde­­ bekanntlic auf der Weltausstellung mit der großen goldenen Medaille ausgezeichnet, und vom Kaiser von Oesterreich um den Preis von 50.000 Fre3. aus seiner Privatcharouile angetauft, und seitdem ist es eine interessante Zierde des Wiener Belvedere. „Auhd Makart verdankt seine heutige Stellung in der Aunft:­welt vornehmlich einem einzigen Bilde, den ,sieben Tod fünden“, oder wie es noch benannt wird, die „Veit in Florenz“. Wenn Hamer­­ling uns in seinem Ahasver eine Zeit mit hinreißendem Griffel schildert, in welcher das Laster bis nahe zu dem Punkt gediehen ist, n90 e3 sich erbricht”, so erbricht e3 sich in Markart’s bejtrielendem Bilde schon in Wirklichkeit. Der Tod Löst alle Bande, auch die der Sittlichkeit. Die Veit wüthet in Florenz, die Gestalten, die und Mafart vorführt, haben nur no Stunden, vielleicht nur no Minuten zu leben. 6 gilt also nun, die Spanne Zeit, die noch übrig ist, zu genießen, die wilberten Leidenschaften sind entfesfelt; die wüthenden Dämonen, die in jeder Menschenbrust schlummern, sind erwacht, sie ‘toben nun frei und drängen die Menschen erst in die Raserei des Genusses, von da abwärts zu allen Tod fün­den. Das Bild müßte fürchterlich wirken, wenn über demselben nicht versöhnend die all hier waltende Lore der Schönheit fehmwebte. Mehr al das Bild Matestos hat vieles alle künstlerischen Kreise, und alle, die diese tangiren, in fieberhafte Aufregung gebracht. 63 entspann sich über dasselbe und über seine Berechtigung ein end­­loser Sedernkrieg ; ein Kardinal trat sogar­ aus dem Kunstvereine, weil man ein solches Bild auszustellen gewagt hatte, und noch heute ruht der Kampf nicht, er wird auch wohl — wenn man Mafarts künstlerische Individualität in nähere Betrachtung zieht, muß man zu dieser Ueber­­zeugung gelangen — nie aufhören. Nur einem Genie war es möglich, eine so tiefe, nachhaltige geistige Bewegung und Aufregung hervorzu­­bringen, nur ein gewaltiger Windstoß wühlt die Meereswmogen bis zum Grunde auf, ein leichter fährt über sie hinweg und Eräufelt sie höcestens leicht. Wenn ich nit irre, war es der Kastenfabrikant Wertheim, der sich um den Preis von 35.000 fl. mit den „Sieben Todsünden“ behaftete, body nahm si­an hier wieder der Kaiser dieser epoche­­machenden künstlerischen Erscheinung an. Er ließ für Malart ein glän­­zendes Atelier einrichten und lud ihn ein nach Wien zu kommen ; der junge Künstler folgte dem an ihn ergangenen Rufe, und heute sehen wir wieder ein Bild von ihm ausgestellt, das bereit Privat­­eigenthum des Kaisers ist. Die zu Anfang dieses Monate eröffnete Kunstausstellung bietet nun die interessante Möglichkeit, die neuesten Schöpfungen vieler Männer unmittelbar nacheinander betrachten zu können. Unmissführ­­lich fühlt man sic gereizt, Vergleiche anzustellen, wer wohl der größere sei? Schon Goethe hat jedoch gegen derartige Vergleiche geeifert, und angerathen, daß man sich überhaupt lieber freuen soll, „zwei so be­­deutende Kerle zu haben,” als sich in nublose Vergleichungen zu er­­gehen, und außerdem sind sie hier geradezu unmöglich. Matesto und Matart stehen einander nicht nur in der Wahl ihrer Stoffe, sondern in ihrer ganzen künstlerischen Individualität, in den Zielen, die sie anstreben, diametral und contradiktorisch gegenüber. Jeder von ihnen ver­­liert oder gewinnt, wenn er mit dem Maßstabe des Anderen gemessen wird. Ihre Richtungen werden sich niemald begegnen, und wenn auch der eine Nealift, der andere dagegen Spealift ist, so ist es dennoch nicht gerechtfertigt, sie beide in Bauch und Bogen mit dieser allgemeinen Bezeichnung abzuthun. Der Stoff, ven Matesto sich für sein neues Gemälde, das von ungewöhnlicher Größe ist, gewählt hat, ist wieder der polnischen Ge­­schichte entnommen, und stellt die im Jahre 1569 auf dem Reichstage von Lublin erfolgte feierliche Vereinigung Polens und Litthauend dar. Dieser historische Akt, der in der Geschichte unter der Bezeichnung „die Union von Lublin” hinlänglich bekannt ist, wird eben vollzogen und König Sigismund August beschwört, umgeben von den hohen und höchsten Würdenträgern seines Neid­es, die Unlöslichkeit der Union. Das Bild enthält sechsunddreißig lebensgroße, darunter sieben weibliche Hauptfiguren und außerdem noch mehrere Nebengestalten, die nicht der Geschichte entnommen sind, und die nur die Bestimmung haben, Sta­­tistene Dienste zu leisten. 63 ist selbstverständlich, daß der Begriff „lebensgroß " in seinem strengsten Sinne nur von den Figuren im Vordergrunde, also nur ungefähr von zwölf bis fünfzehn derselben seine wortgetreue Richtigkeit hat, die übrigen sind nach den Geseben der P­erspektive kleiner, wirken aber eben in Folge dieser dieses Mal richtig angewendeten Gefete ebenfalls lebensgrob. CS sei hier nämlich sofort bemerkt, daß es gerade die Perspektive war, die bei dem ersten Bilde Matesfo’3 in ihrer Richtigkeit Manches zu wünschen übrig ließ während sie auf diesem G­mälde mit großer Gewissenhaftigkeit berück­­sichtigt ist. Weberhaupt fällt dem Beschauer sofort ein ungeheurer Fort­­schritt freudig auf, den der Künstler von dem Reichstage in Warschau bis zu dem in Lublin gemacht. Die perspektivische Wahrheit haben wir soeben erwähnt, doch dazu kommt noch eine größere Ruhe und Einheit­­lichkeit in der Komposition. Der Ton des ersten Bildes war stellen­­weise unsicher und zerrissen, hat Skolerit flimmernd und daher dem Auge nicht immer wohlthuend, hier finden wir die Farben mit wahr­­haft Haflichem Geschmache zu­einander gestimmt, ebenso die Haltung der Figuren unter­einander. Das ungeheure Bild bietet eine leicht auf einmal übersichtliche Szene, und nichts Nebensächlices drängt sich prätentiös vor, um die Aufmerksamkeit von der Totalität ab und auf fi zu lenken. Der violette Flinmer, der über das erste Bild wetter­­leuchtete, it hier einem ruhigen warmen Lichte gewichen, an dem das Auge gerne hängt. It die Wirkung des Bildes schon in seiner All­­gemeinheit eine überwältigende, so wird­ man doc erst zu vollster Be­­wunderung hingerissen, wenn man sich die Einzelnheiten genauer be­­trachtet, und sie einer eingehenderen Würdigung unterzieht. Da ist z. B. der Kopf des Königs, dessen Gestalt den künstlerischen Mittelpunkt der Komposition bildet, gewiß das Meisterhafteste, was seit Jahren in dieser Richtung geschaffen wurde. Die eminente Feinheit in der Charakteristik, eine scharfe, geradezu großartige Gabe der Beob­­achtung, die Wärme des Tones, die Wahrheit in der Modellirung, furz die ganze künstlerische Empfindung, die in diesem Kopfe neben der vollendet­ten Technik zu Tage tritt, gemahnen an die Porträts aus Ban DyPs bester Zeit. Und die meisten übrigen Köpfe frappiren eben­­falls, wenn sie auch nir in dieser Weise vollendet sind, dur ihre vortreffliche Charakteristik. Leider legt mir der Umstand, daß es wohl vielen meiner freundlichen Leser nicht gegönt sein wird, das Bild selbst zu sehen (Traurig genug! Sollte es denn gar nicht mög­­lich sein, solche Werte hierher zu bekommen? freilich, wenn die Ein­­nahme, wie Graf Figy kürzlich erzählte, 85 ff. beträgt, ( dann nicht. B. Red.), den Zwang auf, mit­ der näheren Detaillirung der einzelnen Gruppen zu enthalten, die mir in Berücksichtigung des genannten Um­­standes die Gefahr nahe legt, unklar und unverständlich zu werden. Und doch würden sowohl die Gruppe um den Kardinal Stanislaus Hozfuß , wie die um den König selbst, und jene um den Fürsten Niko­­­­laus Radziwill, genannt der Nothhaar, verdienen, das man sich auf das Eingehenste mit ihnen befasse. Denn in der Art und Weise, wie der Künstler in diesen Gruppen Figuren und Farbe arrangirt, wie er sie zu­einander gestellt und in Einklang gebracht, in der Art und Weise, wie er sie charakterisirt, offenb­art sich seine Größe, sein Genie im Klarsten und deutlichsten. Menn wir in der Würdigung der­­ künstlerischen Eigenschaften Matejko’s weitergehen, so können wir nicht umhin, hier seiner stupen­­den technischen Fertigkeit auf das Nachprüdlichste Erwähnung zu thun. Man muß es gesehen haben, wie bdiefes Schopplind der Musen ein Hand zu zeichnen und zu mnodelliren versteht, wie er Sammt, Seide, Teppiche, Golobrocat und Beize zu malen weiß, wie er die verschie­­densten Stoffe und alle Gewandungen ihrem Charakter gemäß te­­nish behandelt, um seine fabelhaft wasche und glänzende Garriere über­­haupt zu begreifen. 65 it wahr, diese Eigenschaften allein machen no f einen großen Künstler, und es hat Maler gegeben, die z. B. einen Hafenbalg auf die Leinwand hinzulesen mußten, daß man meinte, man müsse nur auf die feinen Härchen hinblasen, daß sie auseinan­­derstieben, ohne daß diese Männer den Anspruch auf eine so stolze Be­zeichnung erheben konnten, wo aber die große technische Fertigkeit blos da ist, um einem bedeutenden Kompositions-Talente, überhaupt einem großen fünstlerischen Naturell zu Hilfe zu kommen, da fann sie gar nicht hoch genug angeschlagen werden, weil sie die Stufe zur höchs­­ten künstlerischen Vollendung bildet. Eine wie himmelweit von Materlo’3 künstlerischer Individua­­lität verschiedene ist die Sans Matarts. Matart hat ein Bild ausgestellt, dem der Scheintod Yulien’3 aus Shakespeare’3 "Romeo und Julie" zum Vorwurf dient. Daß der Maler sich bei Behandlung dieses Gegenstandes nicht genau an den Dichter hielt, darauf sei hier sein großes Gewicht gelegt. Julie liegt hier leblos auf einem Ruhe­ Kette, Graf Paris fiieet ihr zur Seite; ihr zu Häupten fließt eine tothe Draperie herab, und an ihrem Fußende stehen der Graf und die Gräfin Capulet, im Hintergrund ist der fröhliche Hochzeitszug sichtbar. Das Bild it im Längenformat komponirt, d. h. es ist höher, als breit. Bei Makart stehen wir da, wie vor einem reizvollen Räthsel, und fuhen und fuhen, was es denn sei, womit er ang feffelt? Alle die fünftlerischen Prinzipien, deren geniale Befolgung Matesto groß macht, behandelt Makart mit souveräner Verachtung. Zeichnung, ge­­wissermaßen auf­ die Farbe, die Naturwahrheit, ja überhaupt nur die Möglichkeit, was etwas in der Natur so aussehe, wie er es malt, sind für ihn Adiaphora, er nimmt seine Rücksicht auf sie, und er beugt sich ihrem Im Gange nicht, das Bild wimmelt von in die Augen springen­­den Mängeln und ganz entschiedenen Unrichtigkeiten. Zulie liegt da und hat in einer Weise Tofett die Beine übereinandergeschlagen, die, so graziös sie sich auch ausnimmt, nach anatomischen Gefäßen absolut un­­möglich ist, ganz abgesehen davon, daß eine liegende Stellung dieser Art bei einer Ieblosen Figur rein undenkbar ist: Der rechte Arm,

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