Pester Lloyd - Abendblatt, Mai 1872 (Jahrgang 19, nr. 100-123)

1872-05-01 / nr. 100

& . 1872. — Nr. 100. BENDBLA TT DES PEST HTETFTAIIOTTINGONTR TT . (Die einze­lne Nummer Kostet 4 Fr. ö. B.) 1­7 % = Ge. £ und f. Majestät haben mit a. h. Entschließung vom 25. b. M. von Baron Alois Kübedt zum außerordentlichen Botschafter bei dem heiligen Stuhl a. 9. zu ernennen geruht. = Der armenische Geistliche Christof Lutácsi hat sich, wie „Reform“ mittheilt, im Auftrage seiner ungarischen und siebenbür­­gischen Glaubensgenossen nach Rom begeben, um die Errichtung eines armenischen Bist­ums oder Bilarists in Siebenbürgen zu er­­wirken. Die Angelegenheit war vor einigen Jahren Gegenstand reich, täglicher Erörterung, wurde aber in Folge aufgetauchter Hindernisse fallen gelassen. Diese Hindernisse haben nun die Armenier selbst be­­seitigt, indem sie erklärten, sich auch mit einem Pilariat zu begnügen, die Dotation aber für den Bischof oder Bifar aus eigenen Mitteln aufzubringen. Noch bemerkt „Reform“, daß bei der Sache keinerlei nationales Moment im Spiele sei. Die Armenier haben keineswegs­­ die Absicht, ih von dem ungarischen Katholizismus loszusagen und die Reise des erwähnten Geistlichen nach Rom erfolgte mit Einwilligung des Fürstprimas. Wahlbewegung. Der oppositionelle 100er Ausschuß der Ofner Landstraße hielt­­ norgestern eine Situng. Präsident Ferdinand ESendeffy eröffnete Kieselde und gab bekannt, was der Gegenstand der Versammlung die Konstituirung von kleineren Kommissionen’sei, welche die Aufgabe haben werden, sich mit den einzelnen Wählern in Verbindung zu fegen und jeden Montag über ihr Wirken Bericht zu erstatten. Hierauf sprach Lonar Danzinger und betonte, daß die Aufmerksamkeit des Lan­­des auf die Hauptstadt gerichtet sei und die Haltung verfehlen nie ihre Wirkung auf das ganze Land verfehle. Darum müsse man auch bemüht sein, dafür zu sorgen, daß das Wirken der Wartei in größter Ausführlichkeit vor die Oeffentlichkeit gelange. Dies sei nur im Wege der Breise möglich. In Anbetragt jedoch, daß die oppositionellen Blätter sänmtlich in ungarischer Sprache erscheinen, die Bürger Ofens jedoch ungarisch fühlen aber deutsch sprechen, so wäre es würschens­­werth ein deutsches Blatt für die Sache zu gewinnen, welches als Organ des Donner liberalen Boltsclubs das Wirken der Linken Ofens verdolmetsche. Er beantragt daher, zu diesem Behufe ein deutsches Blatt aufzufordern, oder wenn dies­ seinen Erfolg haben sollte, ein deutsches Blatt herauszugeben. Der Antrag wird mit Beifall­en und Danzinger mit der Vornahme der nöthigen Schritte etraut. Danzinger erklärte, daß er das Nöthige veranlassen und ver­­sicherte die Versamml­ung, daß die Frage nächsten Sonntag gelöst sein wird. Hierauf wurde die Sikuna geschlossen. „Hon“ erhält aus Szt.­Lörinez vom 30. b. ein Telegramm, wonach die große Konferenz der Linken einstimmig Ignaz Helffg zum Abgeordneten fandivirt habe. Man telegraphirt „PBetti Napló" aus Steinamanger vom 30. April: Die Rechkpartei des Rumer Wahlbezirkes hielt gestern eine von 400 Wählern besuchte Versammlung, in welcher einstimmig und mit großer Begeisterung Victor Sitöczy zum Kandidaten prokla­­mirt wurde. Die Linie des Oberwarter Wahlbezirkes im Eisenburger Komitate wurde bekanntlich zu ihrer konstituirenden Versammlung auf­­ den 12. Mai einberufen. Nach einem neueren Beschlusse des Partei­­präsid­iums findet jedoch Diese Versammlung am 5. d., Vormittags 0 Uhr, im Gasthofe des Tobias Ebenspanger statt. . Man schreibt und aus Szegedin, 29. April: „Michael Hor­váth hat die Kandidatur für den 1. Wahlbezirk der Stadt Szegedin angenommen.“ Diese Nachricht hat bei der hiesigen Intelligenz große Befriedigung hervorgebracht, und diese wurde noch gesteigert durch die Ereignisse des gestrigen Tages, an welchem Horváth über seine Shätigkeit im verflossenen Reichstage Rechenschaft ablegte und sein freisinniges Programm entwickelte. Das vorgerüdte Alter unseres gewesenen Deputirten, dessen öfters ausgesprochener Wunst, die lebten Jahre seines Lebens aus­­­schließlich der Willenschaft und speziell der Geschichte zu widmen, rechtfertigten einigermaßen "die Furcht einiger mit 9. in inniger Be­­ziehung stehenden Versinlichkeiten, daß auch er vielleicht das Beispiel jener befolgen werde, die — wie Somilih und Ghyczy — das Ter­rain der Politik verlassen und sich in’s Privatleben zurückziehen. Die auf die Aufforderung der Szegediner Massendeputation gestern ertheilte Antwort unseres Deputirten, daß er — der Fahne und den meisen Worten unseres Führers dranz Det folgend — es für seine heilige Pflicht erachte, auch weiter im Dienste des Vaterlan­­des nach seinen Kräften zu wirken, hat unsere diesbezüglichen Besorg­­nisse zerstreut und die Intelligenz in unserer Stadt gi in Folgef befjen ihrer allgemeinen Freude darüber Anspruch , daß Horváth an dem nächsten Reichstag nicht fehlen wird.“ Dies dokumentirte sie doch den Empfang der gefeierten Pa­trioten, — doch die Aufnahme seines Nechenschaftsberichtes, in del, dhem Horváth das ganze P Verfahren der Linken zerglie­derte und es im wahren Sinne des Wortes zermalmte, — und endlich in dem großartigen Bankete, welches heute zu Ehren des Gefeierten in den groben Motalitäten des hiesigen liberalen Klubs stattfand. Er würde zu meit führen — wollte ich jegt — in den funzen Raum eines Briefes den Nechenschaftsbericht des großen Batrioten, welcher volle zwei Stunden in Anspruch nahm, wenn auch nur in den Hauptzügen, mittheilen ich beschränke mir, daher fest auf die kurze Schilderung des Bantet3. An demselben nahmen 4—500 Personen, ohne Unterschied des Standes und Ranges, der Nationalität und der Religion, Theil. Mit Begeisterung wurde der Held des Abends empfangen, und diese Be­­geisterung erreichte ihren Gipfelpunkt, als nach den üblichen Toasten , auf das Wohl des Königspaares und der königlichen Familie, Franz Deut­s und Horváth’s, dieser sein Glas erhob für die freie Kirche im freien Staate. Dieser Toast war der legte in­ der Reihe je­ner, welche Horváth für die Bewohner der Stadt Szegedin, für die Dealpartei, für die Errichtung neuer Schulen, für die Entwickklung des Handels und der Industrie, für die Entfaltung­­ der Freiheit, der Gleichheit und Brüderlichkeit in nationaler und konfessioneller Bezie­­hung ausbrachte; Der­koaft auf die freie Kirche im freien Staate wurde mit stürmischem, nicht endenwollendem Ap­­plaus aufgenommen. 2 . Zum Schlusse die Bemerkung, daß die hiesige Bevölkerung — im Groben und Ganzen — zur Deátspartei gehört, und daß wir das fompafte Zusammenhalten vdieser Bartei größtentheils dem­­ liberalge­­sinnten Führer verselben, dem Obergespan Franz Dani zu verdanken haben. A Neapel, 28. April. ch beeile mich, Ihnen inmitten des allgemeinen T­umults, der furchtbarsten Aufregung, des Jammerns und Heulens, mit dem die abergläubige Bevölkerung nach einer Pro­­­zession mit der Bildfäule des b. Januarius verlangt, inmitten der Mehllagen der aus den Umgebungen zufließenden Bevölkerung, deren Hab und Gut unter Lavaströmen begraben liegt, angesichts des ent jeglichen Anblicks, den die Transporte der Verbrannten und ihren Munden großentheils Grliegenden gewähren, doch auch einige tröstli­chere Meldungen zu machen. Torre del Greco, Wortici und Reina sino nicht mehr bedroht. Dagegen haben Mafia di Somma und San Sebastiano zu emiftiven aufgehört; die Bewohner konnten sich mit einem Theile ihrer Habe retten. Für sie, so wie für die Bevölkerung der anderen bedrohten Orttschaften wurde hier auch die Behörden, so wie auch das Entgegenkommen der Neapolitaner Unterkunft ermittelt. Die Schnelligkeit, mit der die Lavaströme sich fortbewegen, hat nach­gelassen. Gestern war sie wahrhaft erschredend und betrug nicht weni­­ger als einen Kilometer in der Stunde. Einzelne Lavaströme ergießen sich wie riesige Kataraste in die Tiefe. Der­ Berg scheint gleich einem riesigen Ungeheuer zu athmen, so regelmäßig bewegt er sich bei den fortmährernen Detonationen, während sein Haupt mit einer aschgrauen gewaltigen Wolfe be­­deckt ist. Das Urtheil, welches der MBester f. Gerichtshof im Hoc­hverrathsprozesse der Welter Sozialdemokraten füllte, wurde heute Vormittags ver­­kündet. (8 lautet: „m Namen Sr. Majestät des Königs: Der Reiter f. Gerichtshof hat im Straffalle der des Hoever­­rathes (crimen notae infidelitstis) angeklagten Sigmund Bollirer, Victor Külföldi, Karl Farkas, Anton Ihrlinger, Ludwig Spoboda und Andreas Effl, gegen welche der Antrag auf Ver­­gebung in den Anklagestand eingebracht wurde, — sowie im Straf­­falle der gleichfalls in strafgerichtliche Untersuchung gezogenen und auch detenirt gewesenen: Albert Schäffler, Karl Nauchmaul, ©. Rauch,­­ Szopfo, 3. Holländer, 9. Führer, 3. Kräl, S. Hedmann, 3. Mali,­­ Kaczander, 3. Bécsen, N. Körbler, Karl Kovács, 3. Techter, St. furács, 3. Horváth, Karl Fürtinger, 2. Stern, A. Gitter, 3. Schuller und Ferd. Kutscherauer, — und zu Folge gerichtlichen Beischlusses mit diesem Straffalle gleichzeitig verhandelten, mit demselben verbundenen Strafprozesse des vom Belter­ben­ Oberstaatsan­walte als öffentlichen Ankläger besonders des Verbrechens der Infidelität angeklagten und duch den Aovofaten Dr. Ferdinand Friedmann vertheidigten Sigmund %. Bolli$ker nach der vom 22. 613.29. April öffentlich ge­­führten Schlußverhandlung folgendes Urtheil gefällt : Sigmund Pollinger, Bib­or Külföldi, Karl Fartas, Anton Ihrlinger, Ludwig Spoboda und Andreas Effl werden von der ih­nenanhängig gemachten Anklage auf Infidelität, meld leitere sie durch ein gegen die Staats­ordnung gerichtetes angebliches Atten­­tat verübt haben sollen, wegen mangelnden That­­bestandes dieses Verbrechens freigesprochen. Desgleichen wird gegen die in Folge dieser Ankrage gleichfalls in Voruntersuchung gezoge­nen übrigen Obbenannten (folgen die Namen derselben) das fernere Strafverfahren eingestellt. Hingegen wird Sigmund Polliger, aus Klein-Gzell gebürtig, 20 Jahre alt, ist, Konfession, unverehelicht, P­rivatlehrer, des,gegen ihn als Anklage hervorgehobenen, und durch eine gegen die königliche Majestät gerichtete strafbare Handlung verübten Ver­­brechens der Infidelität schuldig befunden und hiefür mit Einrechnung der vom 13. Juni v. 3. bis 29. April [. 3. ausge­­standenen Untersuchungshaft als Strafe, überdies zu, vom Instraft­­treten dieses Urtheiles zu rechnenden sehsmonatlichem Köt­­ter und zur Bezahlung der bereits verbrauchten und noch zu ver­­brauchenden Alimentationstosten verurtheilt.“ Die Motive, welche dem Urtheile beigegeben sind, tragen wir nach. _ Tagesweuigkeiten. (Zur Reife des Königs) Die „N. Tem. 3ta." ist in der Lage, folgende offizielle Personenliste für die Neffe Sr. Majestät in das Banat mittheilen zu künnen. Dom Hofe : Se. Majestät in Begleitung von 2 Leibkammer­­dienen, 2 Leibbüchsenspannern, 1 Kammerhausm­ehr. — Generalad­­jutant GM. Graf Bellegarde fammt 1 Kammerdiener, 1 Ordon­­nanz. — Generaladjutant Graf Belacsevich fammt 1 Kammer­­diener. — Flügeladjutant Major v. Groller fammt 1 Diener. — Flügeladjutant Major v. Werfall jammt 1 Diener. — Adjutant des GM. Graf Bellegarde Rittmeister Freiherr Zöhneysen fammt 1 Diener. — Bon der Militär: Kanzlei: Vorstand, Herr Oberst Nitter v. Bed fammt 1 Diener; Major Freiherr v. Teuffenbach fammt 1 Diener; OOffzial Tefarz, Offizial Halkfiemwicz fammt 2 Ordonnanzen. — Bon der Kabinets-Kanzlei: SHofrath v. Bäapay fammt 1 Diener; Hoffefretär v. Samidi, Hoffefretär König fammt 2 Kabinetsboten. — Vom Obersthofmeister: tabe: SHofzeremoniel-P­rotofollführer Rauch. fammt 1 Diener ; Hofreife-Nehnungsführer Schneer fammt 1 Diener; Hofarzt Dr. Jeisch fammt 1 Diener; Hofquartiermeister v. Branko fammt 1 Diener; Kammerfourier v. Elß; Hoffourier Hermann Seftan; 6 Saalthürhüter, 2 Hofansager, 1 Hofstabsfelomöbel. — Vom Hof­ fontroloramt: Bizehoftontrolor Zehforn sammt 1 Diener; prov. Adjunft Kleibl. — Drei Hofwirthschafts-Abtheilungen, beste­­hend aus: 1 Hofmundtod, 3 Hofköchen, 7 Köchen, 3 Küchenträgern , 2 Hoffeller-Offizianten, 5 Hofteller-Gehilfen, 3 Trägern, 2 Hofzuder­­bädern, 3 £. £. Zuderbädern, 2 Trägern , 12 Hoftafelgehilfen, 14 E. f. Leiblataren, 1 Träger. — Leibgarde-Reiter-Abtheilung : 1 Wachtmeister als Kommandant, 6 Leibgarde-Reiter. — Rom Staate: Minister­­präsident Graf Lónyay sammt 1 Kammerdiener und 1 Diener, 1 Beamter, 1 Berichterstatter; Freiherr v. Wendheim fammt 1 Kam­­merdiener; Kommunikationsminister v. Tiba fammt 1 Kammerdiener ; Sektionsrath Ranger fammt 1 Diener, 1 Beamter, 1 Berichterstat­­ter; Simanzminister v. Kerkapoly fammt 1 Kammerdiener und 1 Diener, 1 Beamter; Handelsminister v. Szlávy sammt 1 Kam­­merdiener. Zum Empfang Sr Majestät des Königs­ in Zemesvár hat das Krasider Komitat eine unter­ der Führung des Ober­­gespans stehende Deputation aus 31 Mitgliedern gebildet, in welcher alle Stände vertreten sind. Personalien­ Aus rad, 29. April, wird gemeldet: „Mit dem gestrigen Nachmittagszug ist seine Exzellenz der Justizminister Stephan Bitte hier eingetroffen und hat noch im Laufe des Nach­mittags die Loyalitäten des hiesigen königlichen Gerichtshofes besichtigt und die Gefängnisse sich zeigen lassen. Wie wir hören, hat Se. Er­­zellenz heute Vormittags bereits unsere Stadt verlafen, um sich in Familienangelegenheiten nach Simand zu begeben.“ (Georg Komáromy) ist nach einem bieher gelangten Pri­­vattelegramm, von welchem „B. N." Einsicht erhielt, am 29. v. M. in Salzburg verschieden. Ein Beinbruch, den er sich durch einen un­glüclichen Fall zugezogen, hat seinen Tod herbeigeführt. Nähere De­­tails sind noch nicht bekannt. (Sanitäres 3.) Der gefährliche Sumpf des Neupester Donau­­armes hat auch die Aufmerksamkeit der ärztlichen Kreise auf sich ge­zogen, und das ständige Komite für öffentliches Sanitätswesen , welches sich aus der Mitte des Ofen-Pester Vereines der Aerzte gebildet hat, und das sich zur Aufgabe stellte, das Sanitätswesen des Landes, hauptsächlic aber der Hauptstad­t und deren Umgebung mit wachsamer Aufmerksamkeit zu verfolgen und die nöthigen diesbezüglichen Vorschläge zu machen — unternahm gestern Nachmittags 6 Uhr über Antrag des Präsidenten Dr. Bófay einen Ausflug nach Neu-Pest, um sich über das Wasser des Donauarmes, vom Gesundheitsstandpunkte, gründliche Kenntniß zu verschaffen. Das Komite, das außer dem Präsidenten aus den Herren Doktoren Balogh, Fodor, Fromm, Hirschler, Koller, Verebelyi sen. und jun. bestand, erklärte sich einstimmig dahin, daß diesem brennenden Uebelstande darum je früher und zwar zur Deff­­nung des Fangdammes abgeholfen werden müsse, weil durch die gefährliche Ausdünstung dieses Sumpfes nicht nur der Gesundheits­­zustand Meu-Pejts, sondern al derjenige Altofens und der Hauptstadt in großem Maße bedroht erscheint. Das Komité beschloß, das Wasser einer chemischen Analyse zu unterziehen und v­iere Angelegenheit in einer direkt zu diesem Z­ere einzuberufenden Sibung zu berathen. Mit der chemischen Analyse und der Abfassung des in dieser Sache dem Ministerium des Innern zu unterbreitenden Memorandum wurde der Schriftführer des Komites, Herr Dr. Josef Fodor betraut. Am 3. Mai, Nachmittags 6 Uhr, findet die Komite­­igung statt, bei welcher Ge­legenheit Herr Dr. Fodor seinen diesbezüglichen Bericht vorlegen wird. (Glücklich errettet.) Gestern Abends gegen 6 Uhr holte während des heftigen Windes die siebenjährige Tochter des Oberboots­­mannes Martel, welcher am unteren Stehschiffe der Donau-Dampf­­scifffahrtsgesellschaft in Verwendung steht, vom Verdede Holz, um es in die Schiffsfücke zu tragen. Ein starker Windstoß, welcher überdies eine Staubwolfe mitführte, schleuderte das Kind über Bord in die Donau, wo dasselbe unbemerkt von der in der Nähe befindlichen Schiffsmannschaft mit den hochgehenden Fluthen kämpfte. Der Ofner­städtische Beamte Herr Julius Birag (ehemaliger Schauspieler im Ofner Volkstheater) bemerkte von einem Fenster im vierten Stock des Zhonethofes zufällig das mit von Wellen ringende Mädchen, er ri; das Fenster auf und schrie so lange, auf die in die Donau Gestürzte deutend, um Hilfe, bis die Mannschaft des Dampfers , Fiume" auf­merksam wurde und mit Schiffshafen zu Hilfe eilte, an welche sich das Mädchen anflammerte und festhielt, bis ein Kahn Hilfe bringen konnte. Auf der Strede Tdövi3-Mediafh der nngari* {chen Ostbahn) wird über Ansuchen der Gesellschaft am 3. Mai die technisch-polizeiliche Probefahrt stattfinden. Die Eröffnung­­ dieser Strecke wird wenige Tage später erfolgen. W. (Ueber die Antunft Sans Rudlich’s in Wien) wird uns unterm 30. April Folgendes aus Wien geschrieben: „Raum hatten die Mbenpblätter verkündet, daß Hans Rudlich mit dem Dampfschiffe heute Nachmittags um 5 Uhr ankomme, als Schaaren von Bürgern dem Landungsplage,, nächst dem Karls-Kettensteg, zu strömten, um die Ankunft des Volksmannes zu erwarten. Gegen 5 Uhr war die Menge auf nahezu tausend Köpfe angewachsen ; die Ankunft des Schiffes verzögerte ss jedoch und erst wenige Minuten vor 6 Uhr verkündete das Aufziehen der Flagge, daß das Schiff im Anzuge sei. Die Präsidenten des „Deutschen Vereins“, Dr. Kopp und Dr. Men­ger, eine Anzahl Gemeinveräthe­rc, begaben sich nun auf die Schiff“­brüche, wo mehrere Minuten später das Schiff, welches den Namen "Mäatyas Király" führt, anlangte. Unter wonnernden Hochrufen verließ Kudlih und seine Familie das mit der Galaflagge geschmückte Schiff. Die Menge drängte sich an Kudlich heran, schwenkte die Hüte — für der Empfang, der so rasch organisirt worden, war nicht von weniger Herzlichkeit vittirt, als der in Linz. Kudlic hatte sich übrigens jeden Empfang verbeten; man hatte das P­ublik­um absichtlich über die Zeit der Ankunft in Unkenntniß gelassen und erst im legten Momente die Stunde angegeben. (Die Rafhauer Magistrat3­-Restauration) hat, wie dem „„Ellener“ telegraphirt wird, gestern stattgefunden. Bürger­­meister wurde Theodor Münster, Stadthauptmann Ludwig Sääd, Obernotär Eduard Szerényi, sämmtlich Linke. (Der Distriktualfonvent in Debreczin,­ welcher am 27. v. M. seine fette­­itung hielt, hat die Gründung eines pro­­testantischen Vereines und eines protestantischen Kirchenblattes be­­schlossen. Attentat auf die Wahlfreiheit.) Man schreibt dem Ph. Napló" aus Szalonta, daß daselbst auf der Bühne während der Vorstellung von den Schauspielern zu Gunsten Baron Ludwig Simonyi’s, des Kandidaten der Linken, Demonstrationen gemacht und Elsens gerufen wurden ; da erhob sich Aovofat Franz Kiss aus der Mitte des Publittums und sagte, da­ es weder für diesen Ort, noch für die Schauspieler passend ist, zu Kortesfediren, wenn es aber schon geschehen ist, so rufe er ebenfalls „Eljen der Kandidat der Rechten, Göutat!" Das Rublitum rief Eljen, der oppositionelle Stuhlrichter aber ließ die Wache holen und den Novofaten verhaften. Wenn also Schau­­spieler auf der Bühne einen Linien hochleben lassen, findet der Herr Stuhleichter dies ganz in der Ordnung, wenn aber ein Rechter seine Meinung äußert, ist dies ein Erceß. . . H—i. Der erste Mai. Als ich um halb fünf Uhr Morgens zum ersten Male erwachte, war das Wetter schon ziemlich sehön. Als ich um ein Viertel auf Sechs zum zweiten Male erwachte, war es be­­reits recht schön. Und als ich um sechs Uhr zum dritten und un­wi­­derruflich legten Male definitiv erwachte, da war das Metter, wie man zu sagen pflegt, „aber schon sehr schön.“ Mithin eilte ich, den Ersten Mai zu feiern, ins Stadtwäldchen hinaus. Richtiger gesagt, um zu sehen, wie andere Leute ihn feiern. Seit Jahren hat die PVester Bevölterung seinen so sehönen Ersten Mai gehabt; die „ältesten Leute erinnern sich nicht, in den lesten drei bis vier Jahren im Stadtwäldchen an diesem Tage nicht erfroren zu sein. In der Königsgasse ging es sehr bunt zu. Alle Fiaserpferde, Omnibustflepper und Komfortablegäule hatten ihre rozinantischen Häup­­ter mit grünen Maien und blauem Fliever geschmüht. An den meisten Häusern flatterten große und kleine Fahnen, Banner, Paniere, Standarten, Flaggen und Wimpel (oder geht die Synonymis. noch weiter?) in allen drei Landesfarben. Einen Moment lang schien es mir wirklich zweifelhaft, ob die bunten Fahnen mit ihren Wähler- Elsens auch zur Feier des Ersten Mai ausgestellt, oder ob vielleicht umgekehrt auch die Pferde des Miethfuhrwerts aus Anlast der Wahlen mit Blumen und Bändern aufgedonnert seien. Aus den geöffneten Fenstern lauschten und lugten verschlafene Damengesichter, um den Corso zu sehen, pilante Morgenhäubchen mit rothen Leinenbändern wehten das Auge in allen Etagen. Ich weiß nit, ob der Leser Shhon die Wahrnehmung gemacht hat, daß in der Königsgasse alle Negligehäubchen mit rothem Band gepugt sind. Ach versichere, dab dem fo it und es hat sogar einen triftigen Grund. Haarfarbe und Konfession der schönen Bewohnerinen vieser Straße weisen nämlich gebieterisch auf rothen Bän­derschmuch hin. Im Stadtwälchen war es schon sehr voll, als ich hinausge­­langte. Irische Gesichter und frische Triletten bewegten sich durchein­­ander. Alles hatte sich malmäßig gepust. Majalisirende Ammen stec­­ten sich statt unmündiger Säuglinge ausgewachsene Fliederbäume vor den Barten ; lenzesfreudige Kemptch­iften befegten den Blut der Stahl­­felder hinter dem rechten Ohr mit einem aus dem Gras gerauften Chamombrin. Nach dem Französischen von Ernest Daudet. Bon Friedrich Cofmann. Erster Theil. (17. Fortlegung.) Aus jenen merkwürdigen Zeiten hat Avignon unvergängliche Elimmerungen bewahrt: das Schloß der Päpste, ein gewaltiger Bau, gegen den die Zeit vergebens ihre Heftigkeit abgenäbt hat und das als ein finsterer Koloß voller Belehrungen stehen bleibt, um den fommen­­den Geschlechtern zu Lehren, was die weltliche Macht des Bapstes eher­mals, selbst fern von Rom, war; die Häuser der Kardinäle, Meister­­werke der italienischen Baukunst; seine Kirchen, Glockenthürme, im Hinblick auf welche Rabelais Avignon die Stadt mit dem Glockenspiel nannte, zulegt einen auf seinen Mauern ausgeprägten melancholischen Charakter, ein Privilegium,­ das die erloschenen Größen hinter sich lassen. Wie Versailles, Dijon, Arles, Air in der Provence trägt auch Avignon die traurige Majestät der reposjedirten Hauptstädte. Man gehe in die frühere Stadt der Päpste, wand’re über die Saint-Benezetbrüche oberhalb der Insel Barthelafse, überschreite die Ringmauern der mit Schießscharten versehenen Wälle, man rufe sich im Schatten der massiven Thürme des apostolischen Balastes die Erinnerungen der Vergangenheit zurück. In dem Bart von Versailles sieht man Lud­­wig XIV. und sein Gefolge von schönen Damen, Höflingen und be­­rühmten Männern vor sich vorbeidefih­ren. In Avignon sieht man den Bapst, die Kardinäle, die Prälaten, die Mönche, die Schreiber, die aus Deutschen und Schweizern zusammengefaßte päpstliche Armee vor­­beigefih­ren und so kann man sich nach Belieben das Mittelalter oder die Renaissance wieder erwecken. Zur Zeit dieser Erzählung hatte das Papstthum seit mehreren Jahrhunderten die Stadt verlassen, welche die Nebenbuhlerin des schis­­matischen Noms war, um in das mit ihm versöhnte Nom zurückzukeh­­ren. Dasselbe war in Avignon nur durch einen Vizelegaten vertreten. Sie organisirten Komites und baten die 63 bedurfte gar nichts weiter, um die Anhänger der Franzosen zu ermuthigen, welche von diesem Augenblide an den Namen „Neopaliten“ annahmen. Nationalversammlung um ein Dekret, welches die Vereinigung Avignons und des Komitats Benaissin mit Frankreich anordne. Sie folgten mit eben­so großer Aufregung wie die Franzosen dem Fort­­schritt der Revolution, die sich in der Nacht vom 4.­August in Paris definitiv bestätigt hatte. Von ihnen angetrieben zeigte sic von den ersten Tagen im September in den Straßen eine eraltirte Voll­masfe mit den Waffen in der Hand. 63 handelte sich dabei um nichts Geringeres, als nach dem apostolischen Palaste, dann nach dem Stadthause zu marschiren, den Bizelegat, die Konsuln und die Beamten zu verjagen und die Regierung des Königs von Frankreich zu proklamiren. Die National­­garde zerstreute diese Zusammenrottung ohne einen Schuß zu thun und verhaftete die Anführer des Aufstandes. Sie wurden ins Ge­fängnis geworfen. Einige Monate später im Anfange des Jahres 1790 fand aber ein neuer Aufstand statt. Man zwang den Prizelegaten, den Gefan­­genen die Freiheit zu geben, die im Triumph dur­ die Stadt geführt wurden. Dem Anscheine nach durch wdiere Demonstration befriedigt, die von Neuem die Schwäche der päpstlichen Regierung gezeigt hatte, beruhigte sich dann das Bolt. Endlich am 7. März begab sich die Menge nach dem Hause des Generalaprofaten Bafjeri, von dem es hieß, er wolle eine Anklage gegen die Anhänger des neuen Regimes erheben und dieser Beamte entzog sich dem ihm drohenden gewissen Tode nur durch die Flucht. Von diesem Tage an gab es fortwährend Aufstän­de. Die Lage wurde beunruhigender. Der Vizelegat, ohnmächtig die Geister zu be­­ruhigen, sah sich in die Nothwendigkeit verlegt, die Wahl einer Mu­­nizipalität zu genehmigen, welche mit den französischen Munizipalitä­­ten übereinstimmte und die Bestimmung hatte, die Verwaltung der K­onsuln zu erregen. MS diese Wahl stattgefunden hatte, erklärte der Bizelegat, sie würde erst definitiv werden, wenn sie von dem Wapste der mit souveränen Bollmachten versehen war, der aber der stolzen Stadt den Glanz der früheren Tage nicht wiedergeben konnte. Auch hatte sich seit langer Zeit in Avignon eine Partei gebildet, welche die Vereinigung der Grafschaft Venaisfin mit Frankreich wünschte. Diese Vereinigung­­ wurde von der Identität der Sprache und der der­­ Sitten gefordert und geboten. Diese lange Zeit drikte und furcht­­same Partei begann seit 1760, das Haupt zu erheben. Die täglichen Beziehungen der päpstlichen Staaten mit ganz Frankreich begünstigten die entstehende Doctrin. Sie ging von den höheren Klassen der Be­­völkerung der Stadt in die Wolfsklassen über und die Revolution war das erwartete Signal, um das päpstliche Joch abzuschütteln. Im Monat März 1789 fanden in Folge eines für die Armen sehr harten Winters Aufstände statt. Die öffentlichen Getreidespeicher und die ver Privatpersonen wurden von dem hungrigen Volke ge­­plündert. Die Autorität des Vizelegaten Philipp Cafoni, eines recht­­schaffenen aber energielosen Mannes mißachtet wurde. s­ Im Monat Juni stellten Bauern eine Maskerade dar,worin Die päpstlichen Beamten in einer gehässigen Weise lächerlich gemacht «wurden.Die Regierung blieb gegen diese Demonstration ohne Kraft, . . genehmigt worden sei. Die Hibigsten der Royalisten zwangen ihn hier­­auf, sie selbst auf der Stelle­ zu genehmigen und die Munizipalität in ihr Amt einzufegen, was er zitternd b­at. Am folgenden Tage schien die Ordnung in Avignon wieder hergestellt, aber der Triumph der französischen Partei war von da an sicher und die Macht Pius VI. hatte einen Schlag erhalten, von dem sie sich nie wieder erholte. Ob selten Madame Niel nur eine Frau und energisch mit Ma­­dame Roland war, so hatte sie doch an diesem Erfolg Antheil gehabt. Ohne die gewaltsamen Szenen zu billigen, mit deren Hilfe man ihn erlangt hatte, hatte sie sich demselben doch wie einer gebieterischen Nothwendigkeit unterworfen. Aber indem sie suchte, die Regierung ihres Landes zu verändern, hörte sie doch nicht auf Royalistin zu sein. Sie wollte den Anfchlun Apignon’s und des Komitates an das mon­­archische Frankreich und das richtete sie später zu Grunde. In Noig­­non wie in Paris wurden die ersten Urheber der Revolution von dem Sturme, den sie entfesselt hatten, mit fortgerisfen. Madame Niel war eine Dame, die allen Gefahren Trot bot. Eine männliche Seele befehte ihren Körper, der mit allen Schönheiten geschmüct war, welche verführen. Man konnte sie nicht sehen, ohne si ihr anzuschließen. " Sie war muthig, aufopfernd, warm. Dolo­­res, welche, wie wir bereits erwähnt, von Frau v Beruffin in ihr Haus eingeführt worden war, liebte sie bald. Sie ließ sich durch die ein wenig steige Grazie und die beredte Sprache, worin Madame Niel ihre Ueberzeugungen ausbrachte, fangen. Diese, die das Geschic ihres Landes an das Geschhd Frankreichs knüpften wollte, träumte als für dasselbe nur eine heroische Bestimmung. Sie wußte damals nicht, welchen Preis sie für ihre Träume zu bezahlen haben, noch durch welche Ströme von Blut man an das Ziel, das sie erstrebte, gelan­­gen würde.­­ je Bei ihr versammelten sich die achtbaren und gemäßigten Män­­ner der royalistischen Partei. Dolores lernte in diesem Hause Einen der Führer dieser Partei, den Notar Descuyer, kennen, welcher später eines der ersten Opfer der­­ entfesselten Muth des Volkes wurde. Sie lernte vaselbit Rovere, Mainvieille, Duprat und noch Andere kennen, die bestimmt waren, eine unheilvolle Rolle in der Revolution zu spielen und bei denen sich der Blutwurst, welcher aus ihnen­ Henker machte, noch nicht offenbart hatte. In der Mitte dieser Gruppe regierte Madame Niel wie eine Souveränin an ihrem Hofe. In ihr verkörperte sich die Macht, welche der Autorität des Prizelegaten Trot bot und sie bedrohte, welche von Böbel nach ihrem Belieben entfesselte und sich dabei der Täuschung hingab, ihm zur rechten Zeit Stillstand gebieten zu können, um seine Breeffe zu verhindern. « Es kamen auch eine kleine Zahl aufgeklärte Priester zu ihr, die,wie viele eifrige Katholiken,den Anschluß Avignon’s an Frank­­reich wünschten. Mas Dolores anbetrifft, so hatte sie in ihrer Erziehung, in dem Unterrichte des Marquis von Chamondrin solche royalistische Gesin­­nungen geschöpft, daß es für sie hinreichend war, Madame Niel ähn­­liche Gesinnungen aussprechen zu hören, um, ohne Verensen das Haus derselben häufig zu besuchen, obwohl sie selbst Pensionärin eines Klosters war, welches unter der Autorität des Vizelegaten stand. Sie kam in Begleitung der Frau von P­eruffin wöchentlich ein­­oder zweimal dahin, wurde von Madame Niel stets mit großer Herz­lichkeit empfangen, der sie ebensoviel Zuneigung wie Interesse einzu­­flößen gewußt hatte, und sie wählte zu ihrem Besuche am liebsten wie Stunden, wo sie wußte, daß Madame Niel allein war. Er gewährte ihr einen großen Genuß, mit ihr auf einem sehr vertrauten Fuße zu stehen. Die Frauen sind für die lärmenden Ereignisse der politischen Revolutionen nicht gemacht und die Grazie und die Tugenden der Madame Niel glänzten nie heller, als wenn sie, von dem Berschwö­­rerfreife getrennt, ein­willigte, auf ihre männliche Rolle zu verzichten. Indessen fing in Folge der eben erzählten Ereignisse der Schwe­­den an, sich nicht nur der Klöster, sondern auch der meisten großen Familien in Avignon zu bemächtigen. Die Auswanderung­ nahm ihren Anfang am Ende des Monats März.­­­Die Einen flohen aus dem päpstlichen Gebiet; die Andern begaben sich nach Carpentras, der Hauptstadt der Grafschaft Venaiffie, eine aristokratische Stadt, welche von Anhängern des päpstlichen Stuhles bewohnt wurde. Bis­ zu diesem Tage war noch sein Blut getroffen. Die Auf­stände waren von kurzer Dauer gewesen. Sie hatten sich vor der energischen Sprache der Freunde der Ordnung zerstreut. Die Gährung war aber fest in Avignon auf ihrem höchs­ten Britte und jeden Tag konnte ein zu lange unterdrückter Aufstand ausbrechen, der in einer tragischen Weise endigen mußte. Verschiedene Symptome vergrößerten die Besorgnisse und die Unruhen und beschleunigten die Katastrophe. Auf die Nachricht von der Wahl einer Munizipalität, die der französischen Munizipalität glich, und der seiner Regierung aufgezwungenen Reformen protestirte Pius VI. und erklärte die dem Vizelegaten entrissenen Verordnungen für gänze sich ungüftig. Ein apostolischer Kommissär reiste mit einem päpstlichen Breve nach Avignon ab, welches Alles, was bis dahin geschehen war, für null und nichtig erklärte. Auf diese Nachricht rief die fran­­zösische Partei das Belt zusammen und erklärte in einem veröffent­­lichten Dokumente, dem päpstlichen Kommissär solle durch alle Mittel der Eintritt in Avignon untersagt werden. Dieser, der es nicht wagte, den Willen des Vortes zu über­­schreiten, erschien nicht in Avignon, sondern begab sich direkt nach Garpentras, von wo aus er das Breve dem Prizelegaten zukommen­ ließ. Monsignor Cafoni beschloß tollfühn, nachdem er vorher schwach gewesen war, den päpstlichen Brief an den Mauern der Stadt anbef­­ten zu lassen. Man befand sich damals in den festen Tagen des Mo­­nats Mai. Eines Morgens ging ein öffentlicher Ausrufer aus dem päpstlichen Balajte heraus, welcher begann, die Maueranschläge zu befestigen. Seine Arbeit war kaum begonnen, als ihm schon eine sehr große, erbitterte Menschenmenge lärmend folgte, die ihn bedrohte und Miene machte, die Maueranschläge abzureiben. Plöglich drängt ich ein Mann mit grauen Haaren durch die Volfsmasse. Er war Lescuyer, einer der thätigsten Führer der fran­­zösischen Partei. Er stürzt sich auf den öffentlichen Ausrufer und faßt ihn bei dem Kragen. „Auf weisen Befehl wagst Du diese Schrift zu veröffentlichen ?" rief er: "­ Auf diese Frage applaudirt das Volk und der unglückliche öffentliche Ausrufer antwortet voll Schreckenhalbstadt: »Auf Befehl Monsignors des Vizelegaten."« Von allen Seiten läßt sich Geschrei vernehmen.Lescuy erfährt fort:­­ „Weißt Du nit, daß es in der Stadt seine andere Autorität gibt, als die des Gemeinderaths? Stelle sofort Deine Arbeit ein und begib Dich in’s Gefängniß.“ Der unglückliche öffentliche Ausrufer gehorcht. In einem Augenblice sind alle Exemplare des Breves Pius VI. zerrissen, mit den Füßen zertreten und durch den einstimmig angenommenen Bes­chluß, weder mit dem römischen Hofe, noch mit dessen Vertretern mehr irgend­eine Verbindung zu unterhalten, oft gleichzeitig stillschweigeny das Ende der päpstlichen Hörrschaft ausgesprochen. (Fortlesung folgt.) ‚ 4 4

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