Pester Lloyd - Abendblatt, Juli 1874 (Jahrgang 21, nr. 149-173)

1874-07-22 / nr. 165

&#r. 165. J Mittwoch, 22. : Ns sz Bezüglich des Arbeitsprogrammes der noch rüdk ftändigen und des Beginnes der künftigen Reichstagssession erfährt „Reform“, daß in der Negierung sehr nahestehenden Kreisen fol­ gende Auffassung Herrscht : Al Mam­maltermin des jegigen Zusammenbleibens des Reichs­­tags ist der 15. August festgestellt worden. Bis dahin ist die Ber­endigung der Spezialdebatte des Wahlgelegent­um­s umso eher zu gemärtigen, als der eine Theil der oppositionellen Phalanx schon im Auflösen begriffen ist, als ferner in dem andern die nüchternere Anschauung zum Durchbruch, gelangt, daß der Kreizung dieses Ge­fäßes sein ernsteres Hinderniß in den Weg gestellt werden dürfe. Der Beginn der nächsten Session wird in diesem Falle für Anfang Oktober geplant ; Gegenstände derselben werden fein, außer­ den an der Advokatenordnung und dem Notariatsgefeßentwurf vom DOberhause angebrachten Modifikationen, welche der Justizminister troß aller Anstrengung nicht im Stande war, in das Programm der gegenwärtigen Session einzufügen — die finanziellen Gefeges­­vorlagen des Finanzministers Ghyczy. Diese Vorlagen dedt zur Stunde wn der Schleier des tiefsten Geheimnisses, und ist es höchstens aus der bekannten Programmrede des Finanzministers möglich in Bezug auf die wichtigeren Gingerheiten derselben das Eine oder das Andere zu folgern. Diese Vorlagen werden übri­­gens auch im Ministerrathe exit während der Reichstagsferien zur Behandlung gelangen. Der Budgetvoranschlag für 1875 wird im günstigsten Falle auch nur im Laufe des November vor das Haus gelangen, nachdem die definitive Feststellung desselben im Schoße des Ministeriums ohnehin erst von dem Schicksal der erwähnten Finanzvorlagen abhängig i it. Ueber denselben Gegenstand spricht sich ein Reichstagsdepu­­­tirterim,,von"folgendermaßen aus: ,,Uns ist es gleich,wie immer Unter-und Oberhaus ihre­r Zeit sich einth­eilen mögen;nur das Eine betonen wir,was heute auch der Minister deannern versprochen hat,daß der Reichstag nicht auseinandergehen darf­ bis nicht die noch in dieser Session zu erledigenden Gesetzentwürfe zum­ Gesetz ge­­worden;­denn hinausschieben kann man sie nicht,theils wegen ihrer Dringlichkeit,theils der Natur der Sache nach.Es liegt im­ Interesse aller patriotischen Parteien,daß das Wahl-und daer K­­ompatibilitätss Gesetzxe eher zur Durchführung gelangen können;die Schlußverhandlung der Advokaten-und Notariatsordnung sowie der Eisenbahnverträge im gegenwärtigen­ Stadium versiehen zu wollen,waren geraden sträflich·Und daß all dies längstens bin­­nen zwei Wochen· geschehen muß, und zwar deshalb, damit die Ausdehnung der jenigen Session die Herbstsession nicht verderbe — daß wird Niemand in Zweifel ziehen. Denn denken wir ung, Die Situngen würden bis Mitte August hinein gehalten, so würden dann, wenn die Herbstsession Mitte September oder spätestens An­­fang Oktober eröffnet werden muß, dann 30-45 Tage der Negie­­rung für folgende Agenden erübrigen: sie muß das Budget ent­­un: sie muß die Banf- und Balutafrage lösen, beziehungs­­weise die Vorbereitungen zu einer definitiven Lösung treffen ; sie muß mit den Steuergefegentwürfen fertig werden. Denn tritt die Regierung in diesen drei Gegenständen nicht mit fertigen Vorlagen vor die Herbstsession, dann wird der Neichätag wiederum zu pari­firen und zu feiern genöthigt sein, und wird die Ordnung unserer Binanzen nicht bies in diesem Winter, sondern, so glauben mir, aug in diesem Neichstag ein unerledigte Frage bleiben... . . . eßt ist seine Zeit für­ Rekriminationen, au nicht für Berafen und Diktionen ; der Neichstag vergeude nicht länger die fostbare Zeit der Nation. Sprechen wir nicht viel, Sondern han­­deln wir. Man mache ein Ende mit dem Nebenhalten dort, wo damit nicht geholfen werden kann ; die Ueberzeugung spreche sich kurz und dur Abstimmung aus — dann lassen wir die Regie­rung arbeiten !" — In Betreff der Vererblichkeit des Besigrechtes von Militärordensdekorationen hat der Minister des n­­iern Dieser Tage folgende Zirkular-Verordnung veröffentlicht : „Laut Mittheilung des Tf. u. Ef. DObersk­ammeramtes vom 8. 9. M. bat Ce. Faiserliche und apostolisch Königliche Majestät mit a. h. Entschließung vom 5. Juli I. 3. a. a. zu gestatten geruht, dab die Militär-Verdienstk­euzge nach dem Ableben ihrer Eigen­­thümer von Geite ihrer Erben oder Unverwandten nicht mehr — wie es bisher geschehen —­ dem Oberstkammeramt eingefhicht zu werden brauchen. _Diese Verdienstfzeuge werden in Hinkunft im Sinne de­r-angezogenen a.h. Entschließung im Besitz der Erben Ye Berwan­dten belassen und wird hinfort nur das Ableben des­­ Anhabers der Ordensdekoration in der bisher befolgten Weise dem Doberitlammeramt, anzumelden sein. Eine Ausnahme bilden in­ dieser Hinsicht Diejenigen, denen das Tragen der fraglichen Ordens­­dekoration gerichtlich verboten wurde, und in Bezug auf welche die bisherigen Ordensvorschriften in Geltung verbleiben.“ Aus dem Reichstage. Präsident Béla Berczel eröffnet die Sikung­­ des Ab­geordnetenhauses um 9 Uhr Széll, Mi­ss Schriftführer fungiren: Wächter, balyi,Beöthy. · Ausdeanister fauteurls:Bettes,Szapary,Szende. Dass­ Protokoll der gestrigen Sitzung wird verlesen und authentizirt. Der Präsident hat keinerlei Einläufe zu melden Michael Földvary überreicht ein Gesuch umso seine Bestattung der irdischen Reste­ des Königs Belal II.,welche durch einen Erlaß des Grafen Moriz Pálffy aus ihrer Gruft waren ent­­fernt worden. · · Josef Madaraß gibt seiner Verwunderun­g darüber Ausdruck,daß das Oberhaus den Inkompatibilitäts-Gesetzentwurf noch nicht verhandelt­ hat,währen­d die später dahin gelangten Eisenbahnvorlagen bereits an die Tagesordnung gesetzt wurden. Rednerhorst,diese einfache Mahnung werde genügen,um die Ver­­handlung des genannten Gesetzentwurfes im Oberhause zu be­­schleunigen. Ministerpräsident Bittle über­reicht die von Sr.Viajestät sanktionieren Gesetze betreffend die Schadenersatzpflicht­ der Eisen­­bahnen,die Vermehrung der kaufmännischen Beisitzer bean Perter Handels-und Wechselgerichte,die Großjährigkeit der Frauerl, die praktische Richter­prüfung,die Organisation der Landesstatistik, das Nothstandsdarlehen für die Munizipiem die·E­rricht·ung der chirurgischen­ Klinik,das Verfahren bei falscher Kreda,·die Versü­­gungen gegen die orientalische Rinderpest zur Promulgerm­inisch bittet,die Gesetze dem Oberhause zu demselben Zweck zu übersen­den.Die Gesetze werden pronkulgert.­­ Das Haus übergeht zur Tagesordnung. Die Debatte über den §­ 9 des Wahlgelegentwurfs wird fortgefegt. Koloman Mariaffy will das Steigershe Amendement dahin modifizie: wissen, daß blog folche Thierärzte, welche von der fön. ung. Zandes-Veterinäranstalt mit einem Diplom versehen sind, die Wählerqualifikation erhalten sollen. Julius Olsih bringt das Amendement ein,die Professoren mdogenäie Wählerqualifikation erhalten,gleichviel obsiesungiren oder nicht. J ae Body plaidirt für die unveränderte Annahme es 8. 9. Bei der hierauf folgenden Abstimmung wird der 8. 9 in der Fassung des Zentralausschusses angenommen. — Sämmtliche Amendements werden abgelehnt. Folgt §. 10. Derselbe lautet: · ·· · Das Wahlrecht besitzen nicht,·wenngleich sie die 1n·d·en·obri­­gen Paragraphen aufgezählten Bedingungen nachweisen.Diejenige 11, die unter väterlicher oder vormundschaftlicher oder dienstherrlicher Gewalt stehen.Als unterdienstherrlter Ge­walt stehend we·rde·11 angesehen:die Handels-und Gewerslehrlinge,wie auch die in öffentlichem oder Privatdienst stehenden Diener und Dienstboten. Wirthschaftsbeamte werden nicht als unter dienstherrlicher Gewalt befindlich betrachtet. ·· · Ferdinand Szederkenyt bringt das Amendementerts, das Wort»väterlicher«möge weggelassen werden,denn es könne ein vollkommen selbständiger junger Mann­ im väterlichen Hause wohnen und im­ Sinne des vorliegenden Paragraphen des Wah­l­rechtes verlustig werden. · Der Referent Szeniczey spricht für die Beibehaltung des Textes. · Josef Justh schließt sich dem­ Antrage Szederkenyt’s an. Alex.Nehrebeczky plaidirt für die Beibehaltung des Textes,denn es könne selbst ein zwanzigjähriger junger Mai 111 noch unter väterlicher Gewalt stehen. · Alex.Körmendy beantragt die Weglassung des dritten Ali­endes§.10. Nachdem noch Alex Csanády und Geza Remete das Wort genommen,wird der Paragraph unverändert an­­genommen. Der folgende §. 11 lautet: Das Wahlrecht können nicht ausüben, respektive es können in die Wählerlisten nicht aufgenommen werden : 1. die im Armee­­status aktiv dienenden oder innerhalb ihrer Aktivdienstzeit zeit­­weilig beurlaubten Soldaten, Seeleute und Honveds; zu diesen gehören jedoch nicht die Reserver und Honveds, die im Sinne 0-8 Gef.-Art. 401868 §. 36 und des Gef.-Art... 41, 1868 §. 14 zu Kontrollrevuen oder zeitweiligen Waffenübungen einberufen­ wer­­den ; 2. die Mannschaft der Finanz, der Steuer- und Zollmacht ; 3. die Sicherheitskommissäre ; 4. die Mannschaft der Staats-, der Surisdistiond- und der Gemeindepolizei. Der Paragraph wird mit einem stylarischen Amendement Stefan Tele$ Eye angenommen. Das Wahlrecht könne n nt Ct Folgt§.12.Derselbe lautet: ausüben und es künnen in die Wählerlisten nicht aufgenommen werden, wenngleich sie sonst aus irgend eine Grunde das Wahl­­wert besäßen. Diejenigen, 1. die wegen eines Verbrechens oder Ver­­gehens oder wegen eines in den SS, 6, 7, 8, 9, 10, 11 und 12 des ©.­X. XVIII . 1848 umfchriebenen WPreßvergehens zu Gefängniß verurtheilt wurden, solange die Strafzeit dauert; 2. die wegen Berbrechend oder Vergehens in durch rechtskräftigen richterlichen Beschluß angeordneter Untersuchungshaft sind; 3. die zum Berlust ihres Wahlrechtes verurtheilt worden, während der in dem rechte­­kräftigen Urtheile bemessenen Zeit; 4. valliten, so lange der Konkurs nit aufgehoben ist ; 5. Diejenigen, die ihre auf das der Konskription vorangegangene Jahr entfallene, in dem Wahlbezirk zu zahlen gewesene direkte Steuer nicht entrichtet haben. Die 2. und 5. Sektion haben zu diesem Paragraphen ein­e eingereicht, laut meldem Britt 5 mweggelassen mer­en fort. Thomas Bed En als Vertreter des Separatvotums der 5. Sektion nimmt das Wort, um dasselbe zu motiviren. Nedner in melden man ohne die geringste Paul Szontágh findet es ungerecht, den wegen Preß­­vergehen Verurtheilten das Wahlrecht zu entziehen. In dieser Ver­stimmung findet Medner eine gefeßgeberische Poppfeife, einen ges­teßgeberischen Sefuitismus. Durch solche auf Neben­wegen einge­­brachten Strafen werde man nichts erreichen. Vor der öffentlichen Meinung werden trogdem allein die preßgerichtlich Verurtheilten nicht als Verbrecher angesehen. Der Pferdefuß des Mephisto, welcher sich unter dem Ge­wande der ministeriellen Motivirung verbergen konnte, gubt ber­­eits beim §. 12 hervor. Man sieht die reaktionäre Nichtung, man findet bereits den dem Liberalismus hingeworfenen Handschuh um die Liberalen Abgeordneten müssen dagegen ankámpfen. Er bean­­tragt die Weglassung der ersten zwei Punkte dieses Paragraphen und schließt sich gleichzeitig dem Separatovotum an. (Lebhafte Zu­­boss­einie.) A­ugust Pulßky polemisir gegen Szontagh,dessen Amen­­dement gegen den Geist des 48e Gesetzes gerichtet sei.Punkte des§.12 enthält eine der werthvollsten Bestimmungen des­ Geg­­entwurfes.Derjenige,welcher politische Rechte beanspruche,müsse auch politische Pflichten auszüben,und gerade die Geschichte Un­­garns beweise die Richtigkeit dieser Behauptung;denn die Zurück­­gebliebenheit des Landes in der früheren Periode habe darin ihren vorzüglichsten Grund, daß Diejenigen, welche die Politit des Lan­­des Leiteten, seinerlei Pflichten zu erfüllen hatten. Pechy’s Antrag widerstrebe der politischen Moral. Die in Nede stehende Verfü­­gung werde von großem Gewichte für sämmtliche Bewohner des Landes, man werde willen, daß man nicht nur immer Reistungen von der Gesammtheit fordern könne, sondern daß man auch seine Pflichten erfüllen müsse. Unter lautem Widerspruch der Linken polemisirt Redrer gegen Pechy, behauptet, daß durch­ Paragraph 108 die inte mehr als die Nechte des Hauses gefrügt werde. Die Regierung und die Miajorität des Haues sind bei diesen Bestimmungen sehr liberal vorgegangen und beruft sich Redner auf die ähnlichen Bestimmun­­gen in den Gehegen fremder Staaten. Er nimmt den Paragraphen unverändert an. (Lebhafte Zustimmung recht3.) · Thomas Pechy weist in einer persönlichen Bem­erkung die Deutung,welche der Vorredner seinen Worten gegeben,zurück. Weiter es im Morgenblatte­­r m­ifhen Hoffnungen zerronnen, die man an die republikanische Öfinnung Mac Mahon’s geknüpft. Das „Journal Officiel“ veröffentlicht den amtlichen Aus­wes des Erträgnisses der direkten und indirekten Steuern während des ersten Halbjahres 1874. Von den direkten Steuern sind über die am 31. Juni fälligen 276.903.000 Francs hinaus 42.186.000 Francs mehr eingegangen, während im Vorjahr dieser Meberschuß nur 38 Millionen betragen hatte. Die Steuer auf die bewegliche Werthe, melde für das ganze Jahr auf 38 Millionen Ver iit, hat während dieses ersten Gemesters 18.536.000 Franc­et­ getragen. Die Betriebskosten, die während der ersten Duarta von 1,07 auf 1,13 pro Mille gestiegen waren, haben sich um 1 Gen per 1000 Franco vermindert. . 3 . . Was die indirekten Steuern anbelangt, so flimmen die bes­züglichen amtlichen Angaben mit denjenigen des „Journal des Debats” in allen Punkten überein. Das Gesammterträgniß der indirekten Steuern it, rote schon gemeldet, um 26.732.000 Fran­z hinter den Voranschlägen zurückgeblieben. Fakt man das Be­hältniß zw­ischen den alten und neuen Steuern näher ins Auge, ergeben sich folgende Resultate : die alten Steuern sind mit eine Gesammtbetrag von 629,123.090 Franc um 16,315.009 Fran die in den Jahren 1871 und 1872­­ votirten Steuern mit einem Ge­­sammtbetrage von 214,582.000 Francs um 2972000 Francs, die in den Jahren 1873 und 1874 votirten Steuern mit einem Ge­ fammtbetrag von 39,329.1­00 Franc um 7,445.000 Francs hinter den Voranschlägen zurü­cgeblieben. Im Vergleich mit dem Vorja haben die alten Steuern ein Minus von 9,936 000 res, die den Jahren 1871 und 1872 votirten ein Minus von 8.067.000 % (zusammen 18.043.009 Wrc3.) erzielt und ergibt sich Schließ dennoch ein Plus von 21,326.000 Frances, so mird Dieses dur votirten Steuer 8. tg.“ fol­en einer gebildeten Nation ist, met older, der sein Amt im Einverstän unter bewaffneter Eskorte machen kannt Wie häufig haben w gegenüber dem Näuberresen in Sizilien, im Peloponnes und andern fremden Ländern uns auf das hohe Pferd der phar­men Kriti gelecht. Nun finden wir im eigenen Auge den Balken! V Berechtigen uns die Zustände im Lande zu jenem hohen Gelest­­gefühl? Viel besser steht es beg nicht um sie, so lange mitten ! Deutschland ein­­ Reichsbeamter, der sich die Unzufriedenheit Papstes zugezogen hat, nicht mehr seines Lebens sicher it! dieser Zustand, daß der Papst in der Lage ist, jemand in Deu­t­land für vogelfrei zu erklären und Vollfrieder seiner Sentenze finden, meldhe die von ihm angedrohten „Steinen“ in Bleiku verwandeln, ist unerträglich und muß ein Ende nehmen. Das ei­nige, Schriftflüd, das bei Kullmann zu finden gemesen, war­e Gedicht, welches die „Leiden des P­apstes“ schildert. Mit dieser gimentsmufil 309 der ultramontane Mörder ins Feld! Ahnte Redakteur des Elek­falen „Eichsfelder Wochenblattes”, als er sein ‚Zyrtäo‘ die Spalten öffnete, zu welcher Schandthat er Begeisterung !Schüren Half? Wir künnen unmöglich die Ai davor verschließen, daß, soweit die Jesuitenmoral ihren be menden Einfluß erftrebt, die deutsche Zivilisation in Frage geite und Leben und Sicherheit, des deutschen Volkes und seiner­­ Männer täglich und stündlich von Banditen bedroht is.“ \ N EN \ Zur Tagesgeschichte. Wie es in dem jüngsten Artikel unseresVlattes über die­­ Vorgänge in Frankreich vorhergesagt wurde,hat sich Marschall Mac Mahon in der That den Konservativen in die Arm­e geworfen un­d es wird jetzt mit aller Bestimmtheit versichert,daß die Regierung sich gegen den Antrag Perier’s erklären werde.Die neuen Minister, durcht welche der Präsident sein Kabinet ergänzt hat,gehören der orleanistischen Partei­ an,und so zeigt ihr Eintritt in die Regie­­rung zur Zeit,­da die Verfassungsfragen erörtert werden sollen, daß die Republikaner auf die Unterstützung der Orleanisten nicht zählen können­.Es läßt sich daher kaum mehr bezweifeln,daß in der morgigen Sitzung der Antrag Werrer’s geworfen werden wird, worauf man die geteilung des Lläglichen status quo, mie ge­­meldet wird, bis November, höchst mahrscheinlic­h aber auch viel längere Zeit, versuchen wird. So sind mit einemmale alle fan­­ Tagesneuigkeiten. ..,‚Ernannt­ wurden: im Ministerium des Innen - Brivolin Bolen$fy und Zul. Lanczy zu Konzipanten der Honorar-Konzeptsadjuntt Ludwig Liptai zum nich: in der Waisner Landes-Strafanstalt die Honved-Uni Ant. Csonta, Franz Kiss, Wild. Popper, 3098­rath und Georg Edel zu Mächtern zweiter Klasse. Le Majestät­ hat — wie wir in aller Kürze leere meldeten — von Sihl aus sofort nach Empfang der authentischen Nachrichten über das Attentat an den deutschen Reichskanzler einen telegraphiigen Glühmun­dj abgesendet. Der Wortlaut dieses legramms ist­ nach der „Breslauer Ztg.“ folgender: 3 Lieber Fürst! Ich danfe Gott für seine Gnade, mit d­­ie so sichtbarlich befhüst hat. Empfangen Sie meine wünsche und die Versicherungen meiner Freundschaft! Franz $ofe D­er Kultusminister August v. Trefe ist heute Früh nag Arad abgereift.­­(Franz Denk)hat in den letzten Tagen aber mal an Krämpfen gelitten, fühlt sie aber bereits wieder wohler. Er wird © = r ·, geirrtoman von Mar Ring IV. Buch. 79. Fortlegung. Achtes Kapitel. Die so schnell sich folgenden Ereignisse verfegten von neuem die guten Birkenstädtler in die größte Aufregung. Der fast gleich­­aö­itige Tod des Prinzen und der Fürstin mußte natürlich die gr­ößte Sensation erregen und lieferte einen unerschöpflichen Stoff die Bewohnern der Kleinen Residenz. Man erging sich in den verschiedensten Vermuthungen, die jedoch keineswegs den wahren Säeverhalt aufklärten, da der ürst wegen seiner eigenen Ehre die größte Sorge trug, das Geheimniß der Verstorbenen zu bewahren. ‚ Die Mehrzahl­ war daher geneigt, den plötlichen Tod der hohen Dame einem Nervenschlag in Folge einer überaus heftigen Gemüthsbewegung, dem übermäßigen Schmerz über den Verlust des Heinen Sohnes zuzuschreiben, während die Wenigen, welche i­ Alles eingeweiht waren, theils aus Nespekt, theils aus Klugheit wiegen. Die Leichen der Verstorbenen wurden mit allen ihrem hohen Range gebührenden Ehren und mit feierlichen Pomp in der Familiengruft beigefeßt. Daß der Fürst dem Begräbnisse nicht beimohnte, konnte nit auffallen, da er, wie man allgemein mußte, durch Krankheit­­ an sein Lager gefesselt war. Al einzige Leidtragende erschien die Romteffe Cäcilie, melde seine Ahnung von dem Gelbstmorde der Fürstin hatte und aufrichtig die Unglückliche betrauerte, obgleich sie bei Lebzeiten derselben manches Schmerzliche von ihr erdul­­det hatte. Von Seiten der königlichen Verwandten wurde als Stell­­vertreter ein Generaladjutant zur Beerdigung abgescheicht, der zu­­gleich dem Fürsten ein eigenhändiges Kondolenzschreiben des teilnehmenden Monarchen überbrachte. Graf Guido war noch nicht von Rom eingetroffen, wurde aber in den nächten Wochen erwartet, um die Verwaltung des Fürstent­ums für immer zu übernehmen. Die Pracht des fürstlichen Ratafakts, die strenge Beobach­­tung aller bei einer solchen Gelegenheit üblichen Zeremonien, die verordnete Trauer des Kleinen Hofes und sämstlicher Beamten mußten jeden etwa hier und da auftauchenden Verdacht zerstreuen und die zweideutigen Gerüchte widerlegen. Selbst das plögliche Berfgmwinden der Italienerin und die bald darauf erfolgte Ent­­lassung des Hofmarschalls, der sich nach dem nahen Oesterreich zu seinen Verwandten, mit Hinterlassung einer ansehnlichen Schul­denlast, begab, fand unter diesen Verhältnissen seine besondere Beachtung. " . tag und nah verstummte das Gespräch über diese trauri­­gen Vorfälle, und Alles ging seinen gewohnten Gang. Aber der kaum eingetretene Frieden wurde bald wieder durch ein neues überraschendes Ereigniß gestört, das die guten Birkenstädtler aus ihrer behaglichen Ruhe aufstörte und das größte Aufsehen her­­vorrief. Eines Tages erhielt der freisinnige Bürgermeister von der­ Regierung den Befehl,den"Pater Urban,als Mitschuldigenlans beöverrätherischer Umtriebe, zu verhaften , die Papiere desselben mit Beschlag zu belegen, vorläufig das Jesuitenhaus in Birken­­städtel bis auf Weiteres zu schließen und das damit verbundene Knabenseminar aufzulösen. So geheim auch der vorsichtige Bürgermeister seinen Auf­­trag hielt und seine Vorbereitungen traf, so schien doc der schlaue Pater von befreundeter Hand, einen warnenden iuf erhalten und bewußt zu haben. Als Herr Schemel fig in Begleitung einiger Polizisten und Gendarmen zu dem angegebenen Zmed nach dem Sefuitenhause begab, fand er das Nest bereits ausgeflogen, den Pater mit allen seinen Genossen über die Grenze nach dem nahen Polen entflohen. Nur der Pförtner war zurückgeblieben, der jedoch seine Auskunft geben konnte oder geben wollte. Die trogdem unternommene Haussuchung blieb natürlich ohne Resultat, da der Vater alle wichtigen, ihn kompromittirenden Bar­biere theils vernichtet, theils entfernt hatte. Nachdem der Bürger­­meister sich von der Nußlosigkeit seiner Nachforschungen überzeugt hatte, schritt er zu der befohlenen Auflösung des Knabenseminars. Die Mehrzahl der Zöglinge nahm die Nachricht mit sichtlicher Bef­­riedigung auf und schien erfreut, als der Bürgermeister ihnen ver­kündigte, daß sie zu ihren Familien zurückkehren sollten, wofür er die nöthige Sorge übernahm. . Seine Aufgabe, die Namen und B Verhältnisse der zurückget­­­laffenen Knaben zu diesem Behufe festzustellen., wurde ganz beson­­ders dadurch erschwert, daß der flüchtige Pater unter den von ihn beseitigten Papieren auch die Liste der in der Anstalt befindlichen B­öglinge mitgenommen hatte, was manche unangenehme Vermir­­rung verursachte. Ebenso sah figg der Bürgermeister gezwungen, eine genaue Aufnahme des Sinventars zu veranlassen. Bei dieser Gelegenheit fiel ihm eine verschlossene Zelle auf, die nac der Angabe des be­­fragten Aufsehers nur altes Gerümpel enthalten sollte. All der gewissenhafte Beamte sich mit dieser Auskunft nicht begnügte und die Deffnung der Zelle verlangte, gerieth der Diener in sichtliche Verlegenheit, indem er sich mit der Angabe entschuldigte, daß er den Schlüffel nicht besäße. Erst auf die Drohung, daß man einen Schlosser kommen lassen und die Thür mit Gewalt erbrechen würde, fand sich der verlorene Schlüffel. Der Aufseher öffnete die dunkle Zelle, in der man erst nach einiger Zeit auf dem elenden Lager einen mit Riemen und Striden gefesselten Knaben von mahrhaft entfe­­­iltem Aussehen , eher einem Stelet als einem Menschen ähnlich, entdeckte. Dur die angestellte Untersuchung erfuhr der Bürgermeister nur, daß der Knabe Friedrich hie und wahrscheinlic in Folge der vorangegangenen Exerzitien unwahnsinnig geworden sei. Meder der Diener noch die übrigen Zöglinge kannten den Bater­­namen des Unglücklichen, der selbst ohne jedes Bemwußtsein war und über seine Familie und Verhältnisse keine Auskunft zu geben vermochte. 63 blieb daher nicht­ übrig, als den fremden Patienten, dessen Zustand wenig oder gar seine Hoffnung gab, bis zur Er­mittelung der Angehörigen nach dem städtischen Krankenhause zu transportiren, wo er der Behandlung des Doktor Levy übergeben wurde. 2 Dieser empfand jedoch das innigste Mitleid mit­ dem Schic­­sal des armen Knaben. Da er aber überzeugt war, daß das Le­ben und die Genesung des Kranken ganz allein von der sorg­­fältigsten Pflege abhing, woran es in dem kleinen, nur mit bes­tgrünzten Mitteln versehenen Spital mangelte, so erbot er sich aus reinster Menschenfreundlichkeit freiwillig, den Unglückkichen in sein eigene Haus aufzunehmen, wozu der Bürgermeister gern seine Erlaubniß gab. .­­ Auch Sarah,mit der Markus zuvor Rücksprache nehmen mußte,erklärte sich sogleich bereit,für den Kranken zu sorgen, ohne die damit verbundenen Unbequemlichkeiten und Mühen zu­ scheuen,da sie ebenso sehr wie ihr Mann sich auf das Leb­­hafteste für den außerordentlichen Fall interessirte.Ihre Theils­nahme für den Patienten wurde womöglich noch erhöht,als sie in ihm jenen fremden Knaben wiederzuerkennen glaubte,dessen Züge ihr bei jener ersten Begegnung im Park so angenehm aufge­­fallen waren. Allerdings wurde jetzt das schöne Gesicht des Knaben von der furchtbaren Krankheit entstellt;die glanzlosen Augen stierten sie ohne Ausdruck an und die fieberheißen trockenen Lippenmurs­­elten unverständliche Worte ohne Sinn und Zusammenhang. Trotzdem fühlte sie sich auf eine ihr selbst unerklärliche Weise zu dem Unglücklichen hingezogen,den sie wie einen nahen Verwandten pflegte. Sie selbst reichte ihm die verordneten Arzneien und bewebte seine glühende Stirn mit dem fühlenden Eiswasser. Zum einen fohien es ihr, als ob sein Bemwußtsein zurückehrte. Dann sah er sie mit einem dankbaren Blik an und die aufgesprungenen Lippen versuch­­ten zu lächeln. Meist aber lag er in wilder Fiebergluth und phan­­tasirte von den Schrecen der Hölle, von den ewigen Flammen, in denen er zu verbrennen glaubte. Wenn Sarah dem P­erlechzenden einen frischen Trunt reichte, erschien sie ihm in seinen unwirren Träumen bald als ein Engel des Himmels, bald als die Mutter Gottes, melde gekom­men war, seine Qualen zu lindern und ihn von feinen Schmerzen zu erlösen. In seinem Wahn bedeckte er ihre Hände mit feinen heißen Raffen, rief er ihre Hilfe, ihren Beistand mit den ergrei­­fendsten Worten an, von denen sie tief gerührt und un­willkürlich erschüttert wurde. Mehrere Tage waren so verfroffen, ohne daß in dem Zu­­stand des Patienten eine wesentliche Veränderung troß der an­­gewandten Mittel sich zeigen wollte. Der gute Markus wurde immer bedenklicher ; außerdem aber schien er noch eine andere Sorge auf dem Herzen zu haben, die er jedoch vor Sarah zu ver­­bergen suchte. Seit heute Morgen mußte er durch den Bürger­­meister den Namen bes­ Knaben, welcher, wie er nicht zweifeln konnte, der Sohn des Geheimraths Neuded und Sarah’s Br­der war. Diese Entdeckung verfeßte den Doktor in seine geringe Ber­legenheit, indem er mit Net die unausbleibliche Aufregung für seine geliebte Frau fürchtete, wenn, wie er ebenfalls von dem Bür­­germeister erfuhr, die Mutter des Knaben mit ihrer Tochter nach Birkenstädtel kam, um Friedrich’s Pflege zu übernehmen. Eine solche unerwartete Begegnung mußte unter den obmachenden Verhältnissen für die V­erheiligten doppelt peinlich sein. Siebenfals hielt Markus für das Beste, Sarah­ darauf vorzubereiten, was er jeßt auch mit der nöthigsten Vorsicht that. „Soeben,“ sagte er, „habe ich den Bürgermeister gesprochen. Derselbe hat mir eine Mittheilung gemacht, die Dich sicher je interessiren wird.” . „Gewiß,“ erwiderte Sarah unbefangen, „ist Graf Guido von Rom angekommen. Wie wird sich die gute Cäcilie freuen!” „Diesmal hat Dich Dein gewöhnlicher Scharfsinn getäuscht, Der Graf wird noch durch die Abwesenheit des Gesandten zur­ gehalten und kann erst in einigen Tagen eintreffen. Die Nag des Bürgermeisters betrifft unseren Kranten. Er hat von den Eütern desselben einen Brief erhalten, worin ihm die bevorstehende Ankunft der Mutter angezeigt wird.“ ««« „Die arme Frau dauert mich von ganzem Herzen. Ich ka mir ihre Angst, ihren Sommer lebhaft vorstellen. Du hofft do, daß er Dir mit Gottes Hilfe gelingen wird, den Knaben wi­derzustellen ?" „Das ist mehr als zweifelhaft. Ich kann Dir nicht verfrim­gen, daß ich eine wichtige Krisis in diesen Tagen erwarte, von welcher der Ausgang abhängen wird.“ „Dann kann die Gegenwart der Mutter uns nur da erwünscht sein.­ch werde mich mit ihr in die Pflege des Batt­­en theilen.” »Ich glaube nur,daß es Dir nicht angenehm sein wird ,,Sie kann ja bei uns wohnen.An Raum fehlt es nicht unserem Hause.Mich genk­t sie nicht im Geringsten,und ich wer»di mich freuen,sie bei uns zu sehen.«" ; "­­„Das möchte doch nicht so leicht angehen, wie Du Dir vor­­stellt,“ entgegnete Markus bedenklich. „Ic begreife Dich nicht. Die arme Frau kann dad nnd im Gasthofe bleiben. 39 fühle das innigfe Mitleid mit ihr wenn ich mich in ihre Lage verfege. Wir müssen Alles ih, was in unseren Kräften steht, um ihr beizustehen und sie­­ trösten.“ ,.Aber Du kennst nicht einmal ihren Namen.Wer weiß,o ihr mit Deinem Anerbieten gedient sein wird?Wie ich höre­,­ sie eine fromme Katholikin." „Das kümmert mich nicht. Was hat der Glaube mit der Gefühlen einer Mutter zu thun Haben wir denn nach der Reli­gion des Kranken gefragt, als mir ihn in unser Haus nahmen Ich begreife nicht Deine Skrupel. Du bist doc sonst in diese Hinsicht nicht so bedenklich.” „Diesmal hab’ ich meine ganz­ besonderen Gründe, wie D­­ir wohl denken kannst“, verlegte Markus verlegen. Was kann uns abbhalten,­­unsere Menschenpfligt zu thun ? fragte sie befremdet. „Du hast Recht“, ewiderte Markus vor Bewunderung in die herrliche Frau. „Wir müssen unter allen Verhältnissen unser Pflicht hun. Aber ich darf Dir nicht die Wahrheit länger ver­schweigen. Die Mutter unseres Kranken ist —” „Mag sie sein, wer sie will“, unterbra­fie ihn boherzig „“8 genügt, daß sie seine Mutter it." „Sie­ht die Gehheimräthin Neuded, die Ga Deines­ Vaters, und Friedrich — Dein Bruder!“ (­«s­ortsishling folgt.) ·..· .,Mein Bruder!««ries Sarah,zugleich freud sigzc schmerzlich überrascht,während ein Thränenstrom ihre Wange beweßte. | . « « « .­­U­­«— N

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