Pester Lloyd - Abendblatt, November 1876 (Jahrgang 23, nr. 251-275)
1876-11-02 / nr. 251
«T18764—Pt;».25i. ul »Um-. .-—-7--—’(s « - · " Budapeft, 2. November, sz Die von uns im gestrigen Morgenblatte ausgesprochene Ansicht, daß das brüste Auftreten Rußlands zu ‚weiterem Nachgeben von türkischer Seite führen ‘werde, ist durch die Ereignisse ‚gerechtfertigt worden. Die Pforte hat das russische Ultimatum angenommen und dies im Laufe des gestrigen Nachmittags dem russischen Botschafter bekanntgegeben. Weitere Details sind bis zur Stunde nicht zu unserer Kenntniß gelangt ; allein schon jegt ann konstatirt werden, daß die Pforte neuerlich einen Grad von Berfühnlichkeit und Selbstbeherrschung an den Tag gelegt hat, welcher auf die aufrichtigste Anerkennung von Seite Europas umso mehr (Anspruchh hat, als die Situation, für die Türken sich seit drei Tagen sozusagen von Stunde zu Stunde bessert und eine Weigerung nicht nur durch die Form des russischen Auftretens gerechtfertigt gewesen, sondern auch ganz und gar im Interesse der Pforte gelegen wäre. Solletc wir der Stimmung und Meinung der hiesigen politischen Kreise Ausdruck geben,so müssen wir konstatiren, daß hier der Gedanke vorherrschte,die Pforte»würde"am ·klügstetshandelT sich durch das Drängenp Rußlands nicht aufhalten zu lassen,—sondern den Marsch auf Belgrad fortzusetzen-Dem Krieges mit Rußlanky meint man,·würde die Türkei schließlich doch nicht entgehen und so wäre es jedenfalls«besser»und ihre militärische Positi«otcwa«jeweit günstiger,wenn sie vorerst jeden Rest der serbischen Widerstandsfähigkeit zertrümmert hätte. Die rasch aufeinanderfolgende Einnahme von «Djunis,Alexinatz und wiesoeben telegraphisch gemeldet wird—auch von Deligrad mußte einerseits den moralischen Nkubh der Türken mächtiglhebem während andererseits die serbische Armeemacht nur völlig aufgelöist ist, sondern — wie ein an anderer Stelle mitgetheiltes Telegramm aus Nisc) meldet— zwischen den Serben, die nicht mehr vorwärtsgehen und von Russen, die sie vorwärts treiben wollten, blutige Konflikte vorgefallen sind, welche den Türken die Möglichkeit weiteren Vordringens fast ohbner Kampf, in Aussicht stellten. Die Spannung zwischen Rufen und Serben beschränkt si übrigens nicht blos auf das Schlachtfeld, sondern reicht noch weit höher Hinauf. Wie uns nämlich ein unbedingt verläßlicher Gewährsmann aus Belgrad mittheilt, Hat man dort vorgestern , ehe man oh von dem Ultimatum SKenntnig hatte und nur im Allgemeinen von der Geneigtheit der Pforte zum Abschluffe eines Waffenstillstandes unterrichtet war — sic) bereit erklärt, diesen Waffernstillstand mit der ® pforte SJofort abzuschließen,und zwar auf eigene dann, ohne [ich weiter um Rusßland zu fümmern... Ber sal? diese Umstände erwägt, der wird die Größe des Opfers ermessen können, welches die Pforte brachte, als sie sich neuerdings dem russischen Dittate fügte. It nunmehr der Friede gesichert?_ Wir wagen dies heute weniger denn je zu bejahen. Rußland sucht offenbar Schwierigkeiten und so wird es sie denn auch immer finden. Zunächst wird es si um die Feststellung der Demarkations-Linie handeln, daß Rußland die Forderung stellt, die türkische Armee habe sich in die Stellung vom 27. Oktober zu begeben, so läßt sich nur schwer vorauslegen, "daß die türkische Kriegsleitung geneigt sein werde, die um so blutigen Preis errungenen Positionen von Djunis, Rerinag und Deligrad wieder aufzugeben. Indessen wollen wir vorerst weitere Nachrichten abwarten; allein, wie sie immer lauten mögen, sie, werden nichts ändern können an den Gefühlen herzlichster Anerkennung und aufrichtiger Sympathien , "welche jeder wahre Freund des Friedens in diesem Augenblicke mehr denn jeder türkischen Regierung entgegenbringen muß und deren unwohlthätige Folgen sich im weitern Verlaufe der Ereignisse sicherlich in ausgiebiger Weise zu Gunsten der Türkei geltend machen werden. * 1 * Mach den vielen Kommentaren, welche der auf Die auswärtige Politis bezügliche Bassus der deutschen Thronrede gefunden, wird es unsere Leer gewiß interessiren, in Nachfolgendem das jedenfalls kompetente Urtheil unseres wohlinformirten Berliner Korrespondenten zu vernehmen ; derselbe schreib ung vom 31. Oktober : In der diplomatischen Welt hat der Parsus der gestrigen Thronrede, der sich auf die Orientfrage bezog, begreiflicherweise eine Fülle von Kommentaren hervorgerufen, obwohl Niemand die eminent tiedliche Bedeutung dieser Kundgebung gerade für Deutschland vere ‚fennt. Allein, man geht in jenen politischen Kreisen weiter und meint, daß weder in England, no in dem agitatorischen Theile Rußlands die deutsche Thronrede sehr , beifällige Aufnahme finden dürfte. Wenn man von London aus wo vor verhältnismäßig kurzer Zeit den deutschen Neidelangler in der eingestandenen Absicht apostrophirte, seinen Einfluß gegen Rußlands Orientpolitik in die Waagschale zu werfen, so wird man nun jenseits des Kanals einsehen müssen, daß alle diese einladenden Aufforderungen hier „loves labour lost“ geblieben sind. Rußland unser geographii und andererseits , mit der unzweifelhaften ‚Thatsahe rechnen müssen, daß’auf eine akive Theilnahme und seiner Magt an ruffischen Orient-Plänen nigt zu denken sei. Es gab ruffische Zirkel, die sich allen Ernstes mit den Möglichkeiten einer solchen aktiven Allianz trugen, während man bei uns von jeher nur entschlossen war, genau jene’ paffin gebliebene Unterstüßung heimzuzahlen, die Rußland in den Jahren 1866 und 1870 Preußen und Dentiäland gemährt hatte. Wie die Thronrede genau jene Auffassung bestätigte, Die über unsere Stellung zur Orient-Krisis an diesem Orte festgehalten worden war, so brauchte sie auch dasselbe Maß der Bezeichnung für die Natur unseres Verhältnisses zwischen den verbündeten Mächten Rußland u und Oesterreich-Ungarn. Deutschland dient da entschieden nur als ausgleichender „Buffer“ (tampon), und diese versöhnende Mission erfordert eine größere diplomatische Gesihdlichkeit, als man für gewöhnlich der anscheinend inaktiven deutschen Staatskunst auf diesem Gebiete zuerkennen will. Der Finanzausflug hat in seiner heutigen Sitzung vor Allem die Berichte über das Unterrichts-Budget, über das Budget‘ des’ "Ministeriums des Innern und der Stadt Fiume "authentizirt. . Dann wurde die Berathung über das Budget des Finanzministeriums Postgejent Auf Investitionen sind bei den Staatsforsten (für Negulitungstoffen) 188.616 ff. eingestellt, welche Summe, nachdem Minister Széll dargelegt hatte, daß nur die vertragsmäßig bedungenen Summen eingestellt wurden, unverändert bemilgt wirde. " § ·«"JFjir die einergischere Ausbeutung des Schachtes,,Jofefll.«« sipd-100».00 Vfl.eingestellt Zsedånyiwünscht,es möge über die Fortschritt e dler Schürfung in diesem Schachte ein Ausweich gelegt werden. — Das Präfiminare wird votltt. ·· BecpenkErfop derncß für die Umbauten und Investitionen, welcheyöthngsmdtrem den Druck des Amtsblattes in der Staatssfcrxxckerei bezwerkstelligen zu können, pricht Móricz den Wunsch aus, daß die Herstellung sänmticher Drudsachen des Staates hinfort in der Staatsbruderei effektuirt "werden möge. — Minister SzEelt bemerkt hiezu, daß diesbezüglich Verhandlungen im Zuge‘ sind. — Ministerpräsident "Ti Ba it der Ansicht, daß ein Theil der für die Provinz beliebigten Impresen den Provinzial-Drudereien zu belasfen wäre. — Wahrmann hält aus dem Grunde, weil im Wege der freien Konkurrenz das Erforderniß sich stet3 billiger werde beschaffen lassen, eine Erweiterung der Stantzbrucerei nicht für zriedmäßig. Somistch ist ebenfalls der Ansicht,daß die Staatsssdrucke·verwur so wird vergrößert werden müssen,daß sie im Stande sei,«di»eDrucksorten für die Zentrik Regierung zu erzeugen.—Nachdem s1chsauch·St·monyt·in demselben Sinne geäußert hatte, wird das Präliminare bemilligt. · .. Bei den transitorischen Einnahmen wird das Berzeichniß jener order Staatsgüter verlesen, die zum Verkaufe empfohlen werden. ·Weiter«beendete der Ausschuß die Bemühung des Budgets ,des Finazizministeriims.Sodann wurden die Staatsschulden in Verhandlung genommen. Auf Antrag des Finanzministers Szell wurde das Agi der in Gold zu bezahlenden Zinsen von 18 auf 20 Perzent erhöht, was im Budget eine Wiehr-Ausgabe von 800.000 Gulden verursacht. Bei der 153-Millionen-Anleihe und der S0-Millionen-Nenzen- Anleihe gab der Finanzminister detaillirte Aufschlüsse. Mit Ausnahme des Budgets der Staatsbahnen hat der Ausschuß den gesammten Boranschlag erledigt. Weiteres im Morgenblatte. Sollte es sich betätigen, ‚ traditionell nächststehender Nachbar,wird. Deutschlandsex, Wien, 1. November. Orig-Korr) Die Zahl der Redner, für die am Samstag bevorstehende „Orient-Debatte” mächst ins Unendliche und sind gegenwärtig icon 50. Redner zum Worte vorgemerkt. Ob es Allen, „die sich zur Tribüng drängen“, wie die nt. fr. Br." emphatisch bemerkt, auch thatfächlich darum zu thun sei, zu sprechen, oder ob.sie nicht viel mehr, Werth darauf Legen, ihre Namen blos in der Rednerliste prangen zu sehen, um dann nachträglich ein „Opfer“ zu bringen, d. b. auf das Wort zu ver sichten, soll hier nicht untersucht werden, obgleich beide Suppositionen Etwas fir, sie haben. Sicher it schon heute, Daß die Nedefluth nicht ins Unendliche anschwellen wird, indem schon die einzelnen Klubs, dafür Sorge tragen werden, daß die Debatte nicht schon auf diesem Wege im Sande verrinne. Mehr zu thun, liegt nicht in dem Machtbereiche der Klubs, so werden sie denn auch von all’ den energischen Anläufen, die einige Abgeordnete bereits in den Klubs unternahmen, um si und die Debatte in der Geschichte zu verewigen, auch nicht Einen zu verwirklichen im Stande sein, da die Geschäfts- Ordnung, die sich das Haus selbst erst vor zwei Jahren gab, einen Antrag im Gefolge einer Interpellations-Debatte nicht zuläßt. Die Herren werden, für mit auf’3 Neden angewiesen sein, ein neues parlamentarisches Unifum, für das man hoffentlich ale nicht wieder den ungarischen Ausgleich verantwortlich machen wird, wie man es heute mit unserer Ziberal-Raditalen, dem jedoch der Umstand entgegen ist, we heißt das?’ 9.A ő Tagesneuigkeiten. (Gedentrede) Heute Vormittags hielt Profeffor Dr. Ulerander Konet über den verftorbenen Brofeffor der Statiftif " Dr. Sofef Jurjevics von einem zahlreichen und distinguirten Auditorium im großen Saale der Universität eine Gedenkrede, melde sich auf die Biographie und Darlegung der Verdienste des Verstorbenen um die Entwicklung der Statistik in unserem Baterlande sowohl, als auch auf die Schilderung des gegenwärtigen Standes der Statistik erstreckte. Die Rede wurde mit großem Beifalle aufgenommen und der Vortragende von den anmesenden Brotsefforen beglücwümt. (Libt- Stiftung.) Die Hauptstadt Budapest hat bekanntich aus Anlaß des Lißt-Jubiläums für drei Schüler der Mufil-Akademie, "welche auf ihrer künstlerischen Laufbahn besondere Fortschritte berunden, eine Stiftung mit 10.000 fl. gemacht. Die betreffenden Böglinge werden — so lange er lebt — von Lißt und sodann vom Direktionsrathe der Mufil-Akademie vorgeschlagen. Der Maestro hat nun der hauptstädtischen Kommune diesmal, die folgenden drei Zöglinge der Mufil-Akademie in Vorschlag gebracht: Karl Aggházy, Madar 5uháp und Fl.Helene Lepeffy. Das Stipendium beträgt für je einen Zögling 200 fl. jährlich. (Ein prachtvolles Meteor) wurde vorgestern Nachts um 10 Uhr beobachtet, — eine Feuerkugel, die in der Richtung von Norden nach Süden figg oberhalb Ofen durch die Haren blauen Lüfte bewegte und plöglich in der Nähe des Kaiserbades — vielleicht gerade über dem Grabe Gül-Baba’s, bemerkt „Budapesti Napilap” — erlosch. (Die Direktion berfung Staatsbahnen) erfuhr ung um die Aufnahme der wagstebenden berichtigenden Zeilen : n Die in unserem gestrigen Morgenblatte gebrachte Notiz über eine Verkehrsstörung auf der jung. Staatsbahn ist dahin zu besiichtigen, Daß dieselbe nicht in Folge Ginsturzeg einer Brüde entstand, sondern es sollte in der Zeit zwischen den um halb 11 Uhr Abends von Budapest abgehenden und im halb 7 Uhr Morgens daselbst ankommenden Zügen bei einer Brüde nächst Steinbruch eine neue Eisenkonstruktionerwerden, melde Arbeit aber durch unvorhergesehene Hindernisse um zwei Stunden länger dauerte, wodurch die am 31. November Morgens von und nach Budapest verkehrenden Züge Verspätungen erlitten.“ (Das Passagier-Rodvn „Sglöz”) der Donau-Danpfouffahrt-Gesellschaft hatte am 26. v.M., wie „Budap. Napilap" meldet, das Malheur, auf der Bergfahrt von Drfova nach Bazias bei dem Sulzer Rataraft an einen Welfen anzufahren. Man kann si vorstellen, daß die an Bord befindlichen Passagiere über den heftigen Stoß nicht wenig einbrachen. Zum Glück verlor der Kapitän seinen Augenblick seine Geistesgegenwarter ließ die Passagiere der zweiten Klasse alle auf den ersten Play hinüberkommen und den Schiffsboden des zweiten Wrades untersuchen, wobei er zeigte, daß derselbe ein Lec bekommen hatte. Er befahl nun, das Schiff an das nahe gelegene ferbtge Ufer zu Steuern, wo das eingedrungene Wasser von der Schiffsmannschaft ausgepumpt und das Led durch den Maschinisten verstopft wurde, wodurch es möglich ward, langsam fahrend,das jenseitige ungarische Ufer ungefährdet zu erreichen. Tags darauf wurden die Passagiere auf ein anderes Dampfboot überschifft, auf welchem sie ihre Reise fortlegten. (Er-Direktor Hermann Keller) ist gestern Mittags im Sinne des seinerzeit mitgetheilten Gerichts-Besschlufses gegen eine Bürgschafts-Summe von 3000 ff. auf freien Fuß gefegt worden. Wegen falscher Krida wurde die falsite Geldvermittlerin M. Hennig heute zu 6 Monaten Reifers verertheilt. (Ein jugendlicher Selbstmörder.) Der vierzehnjährige Sohn des Gemölddieners Martin Balzanek wurde vorgesternt. Mittags in der Wohnung seines Vaters,erhenkt gefunden. Die Ursace des Selbstmordes ist unbekannt. 7 überführt. — Der 14jährige (Selbstmorde.) Gestern Nachmittagg wurde in der Mächterhütte des ziel Bartidichen Weinberges am Blodsberge der 45 Jahre alte Taglöhner Aggenbergerhenft auchgefunden. Der Leichnam wurde ins Nochusspital Sohn des in der Franzstadt, Mühlgasse Nr. 17, unwohnhaften Georg Balczaret, welcher in der Athenäum-Buchdrucerei bedienstet war, hat er gestern um die Mitagsstunde in der elterlichen Wohnung an einem Kleiderrechen erhenzt. Derselbe hatte das Schlüsselloch mit Brodteig verstopft, um das Deffnen der Thür, mittelst eines Schlüssels zu vereiteln. Als der mit dem Effen heimkehrende Vater, die Thür öffnen wollte, wurde sogleich der Verdacht in ihm rege, daß sich sein Sohn ein Leid angethan habe. Die Thür wurde nun gewaltsam erbrochen und dem jungen Selbstmörder von einem schnell herbeigeholten Ärzte zur Ader gelassen.; mehr zeigte sich noch ein Lebenszeichen, aber zu retten war der junge Mann nicht mehr. (Selbstmord.). Ein junger, hoffnungsvoller Mann, der 20 Jahre alte, aus Gyöngyös gebürtige Jurist Tibor Rudnyäangty, ein Sohn des in der Vellderstraße Nr. 1 wahnenden Betriger der Budapester 1. Tafel, Herrn Bela Rudnyánbfy, hat gestern zwwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags in einem „Hotel Garni“ der Malergasse ein Zimmer genommen und sich dort eine Kugel durch den Kopf gejagt. Die Leiche des jungen Mannes wurde in das Spital gebracht. Welche Motive den Unglädigen zum Geleitmord getrieben, ist noch unbekannt. »»(Verschüttet.)Bei der Brunn’schen Mühle wird gegenwärtig an der herstellung des Brunnens gearbeitet Um das Wasserleistungsrohr zu suchen,welches vom Brunnen zur Donau gezogen ist,mußte ein Schacht gegraben werden,der gestern eine Tiefe von 13 Fußtor recht hatte Diese Arbeit leitete der bei der städtischen Wanerrettung für solche Arbeitenbedienstete Adolf Hellwrrth.Alsnxtnderselbegidstern Vormittags mit dem Arbeiter Gabriel Otticher in diesem Schachte sich befand,stürzte er michr, in Folge der ungenügenden Stützung der Seitenwände das sich ablösende Erdreich axxf die im Schachte Befindlichen herab.Ottichel," der sich noch an einen Pfosten anklammen konnte wurde nur bis an den Hals verschüttet, während Hellmuth von der Grömaffe ganz begraben wurde. Eine momentane Rettung der Unglückkichen war unmöglich, da bei jedem Schritte Erde und Steine nachrollten.. Die Vetstehung des II. Bezirks traf sofort alle Anstalten, um den Verschütteten herauszubringen, leider aber gelang es 3 Uhr Nachmittags mit Hilfe mehrerer Genie-Soldaten Hellwirth’8ft um Leiche, welche aufrecht im Gerölle stand, auszugraben. Die Untersuchung darüber, wen die Schuld dieses Unglückfalles zur Last fällt, it bereit eingeleitet. Disziplinarstrafe. Dem wegen Majestätsbeleidigung in II. Instanz zu drei Monaten Kerfers verurtheilten Robert Brand, wurde heute das Urtheil der Königl.-Tafel publizirt. Bei dieser Gelegenheit remonstrirte Frank sehr lebhaft und beschimpfte die bei der ersten Verhandlung fungirenden Belastungszeugen,die er „Räuber“ nannte. Der vorfigende Gerichtsrath Szélács erkannte ihm eine Diszipfinarstrafe von 24 Stunden an, welche drant sogleich abzusagen hat. Die PBächterin der dambrinushalle,Che Ssapy, flagt. Bei flagte jedoch zugibt, Daß x . Daniel Deronde. Ton George Eliot. — Deutsch von Adolf Strodtmann. in Erster Band. — Vierte Buch. Gwendolen bekommt ihren Ermählten. 33. Kapitel. (87. Fortlegung.) Adelaide Nebeffa (ihre Miniatur-Krinoline und ihre monumentalen Züge entsprachen der Verbindung ihrer Namen) hielt ihm sofort ihre Lippen hin, um den Kult im voraus zu entrichten , worauf ihr Vater, noch inniger zufrieden mit der allgemeinen Vorzüglichkeit seiner Verhältnisse und mit dem Fremden, der ein bemwundernder Zeuge war, fordial sagte: — Gie sehen, Jemand wird enttäuscht sein, wenn Gie heut Abend nicht kommen, Herr, Sie lassen sich’s wohl gefallen, in unserm Familienzimmer Blag zu nehmen und ein bisschen auf mich zu warten, wenn ich bei Ihrer Ankunft noch nicht da sein sollte? 34 werde mir alle Mühe geben, einen Herrn von Ihrem Schlag zu beffriedigen. Bringen Sie mir den Diamanten, und ig will sehen, was ichh für Sie thun kann. Deronda hinterließ solchermaßen den günstigsten Eindruck als Einleitung zu einem zwangloseren Verkehr. Ihn selbst freilich hatten diese Liebenswürdigkeiten eine schwere Mebermwindung gefottet. Wenn dies wirtlich Mirabs Verwandte waren, konnte er sich nicht denken, da selbst ihre innige Kindespietät der Wiedervereinigung mit ihnen eine andere Süßigkeit verleihen könnte, als die, welche in der gemissenhaften Erfüllung einer sehmerzligen Pflicht liegt. Was bedurfte dieser Prahlhans von Brudern und bei dem günstigsten Urtheil über diese Hypothetische Mutter Schauderte Deronda vor der Vorstellung einer ‚erster Begegnung zwischen ihr und Mirah zurück, und mehr noch vor dem Gedanken, daß Mirah bei dieser Familie wohnen sollte. Er nahm seine Zuflucht dazu, an nichts von alledem zu glauben. Einen Efra Gohen zu finden, wenn Einem der Name im Kopfe herumging, war nichts Außergewöhnlicheres, als unter gleichen Umständen einen Sofiah Smith zu finden , und was das Zusammentreffen bezüglich der Togter betraf, so würde sich wahrscheinlich eine erhebliche Beschiedenheit herausstellen. Wenn jedoch eine nähere Kenntniß die unliebsamere Schlußfolgerung bestätigte, das würde dann heilsame Klugheit gebieten ? — den Versuch zu machen, die besten Folgen dur Verheimlichung zu sichern, oder anderen Folgen um jener Offenheit willen zu tragen, welche die frische, reine Luft umseres sittlichen 34. Kapitel. Als Deronda um fünf Uhr wiederkam, fand er den Laden geschlosfen, und die Hristliche Magd machte ihm die Thür auf. Als sie ihn in das Zimmer hinter dem Laden wies, war er überrascht über den hübschen Anblick der Szene. Das Haus war alt und ac hinten zu recht geräumig ; mahrscheinlich war das große Zimmer, welches er jegt betrat, bei Tageslicht düster, aber fest war es angenehm durch eine schöne alte messingene Ampel mit sieben Delflammen erhellt, die über dem mit einem schneemeißen Tuche beliebten Tisch in der Mitte hing. Die Dede und die Wände waren von Maud geschwärzt und die ganze Umgebung war dunkel genug, um die menschlichen Figuren hervorzuheben, welche in venetianischer Sarbenpracht strahlten. Die Großmutter trug ein braungelbes Gewand mit einer fehmeren goldenen Kette statt des Halsbandes, und bei dieser Beleuchtung sah ihr gelbliches Gesicht mit den dunkel gezeichneten Augenbrauen und der Umrahmung von grauem Haar sohön aus, wie der malerische Effekt es erforderte. Die junge Frau Cohen war in Roth und Schwarz gekleidet, mit einer Schnur von großen künstlichen, mehrfach um ihren Hals geschlungenen Perlen; der Säugling lag schlammernd in der Wiege unter einer [harladnen Steppdecke, Adelaide Nebekla trug ein mit Schnüren belegtes bernsteinfarbenes Kleid, und Jakob Alexander einen Schwarzmand heiternen Kittel nebst scharlachrothen Strümpfen. Als die vier schwarzen Augenpaare sänstlich Deronda ein Willkommen zubirgten, schämte er sich fast des hochmüthigen Unbehagens, welches diese glüclich aussehenden Geschöpfe ihm bei Tageslicht erweckt hatten. Nichts konnte herzlicher sein, als die Begrüßung, melde er empfing, und fromohl die Mutter wie die Großmutter schienen an Würde dadurch zu gewinnen, daß sie sich, Gaftlichkeit erweisend, an ihrem eigenen Leide erbliden ließen. Er betrachtete mit einiger Vermunderung das alterthümliche Mobiliar: der Schreibtisch und der hohe Schänktisch von Eichenholz waren gewiß Zufalls- und Sparsamkeitsgründen, und nicht dem Geschmach der Familie, zu verdanken. Eine große Schale von blau und gelbem Porzellan stand auf dem Schänktische, rechts und links davon zwei alte silberne Gefäße, vor Denselben lag ein großes Buch in dunkel gewordenem Pergamentbande mit tiefgeripptem Rüden. Im der entlegensten Ehe befand sich eine offene Thür,die in ein anderes Gemach führte,aus welchem gleichfalls ein Licht schimmerte. Deronda nahm diese Details beiläufig wahr, während er Jakob’s drängende Ungeduld in Betreff des Messers befriedigte. Er hatte sich die Mühe gemacht, ein solches mit den Erfordernissen des Hafens und des weißen Griffes zu kaufen, und produzirte es auf Verlangen mit den Worten: —Ist das ein solches,wie Du es begehrst,Jakob? Es wurde einer strengen Prüfung unterzogen,der Flaken und die Klingen wurden geöffnet, und der Gegenstand des Tauschhandels mit dem Korkzieher wurde zur Vergleigung hervorgeholt. — Deshalb gefällt Dir ein Hafen besser, als ein Kortzieher ? fragte Deronda. — Beil ich mit einem Hafen festhalten kann, was ich mil. Ein Korkzieher geht nur in Korke zu schrauben. Aber für Dich ist es besser, Du fannst Körte damit herausziehen. — Ufo Du bist mit dem Tausch zufrieden ? fuhr Deronda fort, welcher bemerkte, daß die Großmutter entzückt zuhörte. — Was hast Du sanst in Deinen Taschen ? fragte Salob mit nachdenklichem Grunte. — St, It, Sakob leben! sagte die Großmutter, von da antwortete, der Erziehungspflichten eingedent: — Das brand’ ich Dir nicht zu sagen. Bei unserm Handel war nur von Messern die Hede. Sarob blickte ihm forschend einen Augenblick ins Gesicht und sagte dann, anscheinend zu einem Entschluffe gelangend, gravitätisch: „ Ich will tauschen, das Messer mit dem Korkzieher Deronda hinreichend, der es mit entspreender Gravität einstedte. Sofort lief der fleine Semit in das anstoßende Zimmer, von wo seine Stimme in bastigem Geplauder ertlang ; dann lief er hier der zurück, " als er seinen Vater eintreten sah" und einen Heinen Felbelhut, der auf einem Stuhle lag, aufregte, um ihn zu begrüßen. Cohen behielt seinen eigenen Hut auf dem Kopfe und nahm seine Notiz von dem Besucher, sondern blieb stehen, während die beiden Kinder zu ihm hinsprangen und seine Kniee umflammerten. Dann legte er beiden nacheinander die Hände aufs Haupt und sprach seinen hebräischen Segensspruch, worauf die Frau, welche kurz vorher den Säugling aus der Wiege genommen hatte, ihn zu ihrem Gatten fertig und ihn unter seine ausgestrebten Hände hielt, um im Schlummer gesegnet zu werden. In diesem Augenblick dachte Deronda, daß dieser Pfänderverleiher, der so stolz auf seinen Beruf war, doch nicht ganz und gar prosaisch Sei. — Nun, Herr, ich deine, Sie werden von meiner Familie freundlich begrüßt worden sein, sagte Cohen, jenen Hut ablegend und wieder der Frühere merdend. Und Sie sind künstlich gebesen. Jichts so iden, als wenn’s hier ein bisschen fehmwerkt, fügte er, auf seine Brusttasche Flopfend, hinzu, indem er Blaß nahm. Es kommt nun Allen wohl zu Statten. 39 habe gefühlt, wenn ich Zahlungen zu leisten hatte. Ich fing früh an — mußte mich tummeln und bald die, bald jene Gestalt annehmen, um für jedes Futteral zu passen. E83 it kräftigend für den Geist. Nern also! zeigen Sie her! — Das ist der Ding, von dem ich sprach, verlegte Deronda, ihn von seinem Finger streifend. Ich glaube er hat hundert Pfund gefoftet. Er wird ihnen ein hinlängliches Pfand für fünfzig sein, denn ich. Ich werde ihn wahrscheinlich in einem Monat etwa wieder einlösen, « Cohen’s glänzende Augen Schienen ein wenig dichter zusammenzumwachsen, als sie dem treuherzigen Blick dieses grünen jungen Mannes begegneten, der anzunehmen schien, das Wiedereinlösung den Pfandverleihern erwünscht sei. Er nahm den Ring, untersuchte ihn und gab ihn mit den gleichgiltigen Worten zurück: Schön, schön. Wir wollen nach Tische davon reden. Vielleicht reisten Sie ins Gesellschaft, wenn Sie nichts dann wider haben. Ich und meine Frau werden sich dadurch geehrt fühlen, und Mutter ebenfalls, nicht wahr, Mutter ? Die Einladung wurde zwiefach wiederholt, und Deronda nahm sie mit Freuden an. Alle wandten sich fest um und stellten sich um den Tisch. Kein Gericht war bis jet zu sehen, außer einer Schüffel, die mit einer Gerviette bedeckt war, und Yuan Cohen hatte eine Porzellanschale vor ihren Mann gestellt, damit er sich die Hände darin würge. Aber nachdem er seinen Óut wieder aufgefaßt hatte, machte er eine Baufe und rief mit lauter Stimme: „Mardodai !" Sollte das ein Theil der religiösen Zeremonie sein? dachte Deronda, der nicht begriff, was die Anrufung des alten Helden berdeuten möge. Allein er hörte ein „Sa“ aus dem anstoßenden Zimmer, das ihn nach der geöffneten Thür bliden ließ, und dort sah er zu seinem Gritamnen die Gestalt des räthselhaften Juden, den er diesen Vormittag im Buchladen getroffen hatte. Ihre Augen begegneten sich, und Mardochai blickte ebenso verwundert auf Deronda — aber keiner von Beiden äußerte in seiner Vermunderung ein Zeichen des Wiedererkennens. Als jedoch Mardohat am Ende der Tafel Plag nahm, verneigte er sein Haupt gegen den Gast auf eine Falte und förmliche Art, als hätte die Enttäuschung von heute Vormittag einen unangenehmen Einbind von der neuen Bekanntschaft in ihm hinterlassen. Cohen wäfe fest seine Hände, hebräische Worte vor sich hin murmelnd ; dann hob er die Serviette von der verdeckten Schüssel und enthüllte zwei lange, mit Mohnsamen betreute Laibe — ein Erinnerungszeichen an das Manna, das die Väter auf der Winkenwanderung genährt hatte — und kleine Stübe abbrechend, gab er eins davon jedem Familiengliede, Adelaide Rebetta eingeschlossen, welche in der ganzen Länge ihres bernsteinfarbenen Kleides auf dem Stubbe stand und ihre Heine jüdische Nase duch Zusammenkneifen der Lippen verlängerte, um mirdevoller auszusehen. Danıı hob Eghen einen andern hebräischen Segensspruch an, wobei Jakob seinen Hut aufregte, um es ihm genau nachzumachen. Darauf wurden die Hämpter entblößt. Alle festen sich, und das Mahl verlief ohne witere Sigenthümlichkeit, welche Deronda interessirt hätte. Gradete wenig darauf, was für Derichte er aß, da er ganz von dem Wunsche in Anspruch genommen war, das Gespräc so zu menden, daß es Gelegenheit fände, eine entscheidende Frage zu thun, und außerdem an Mardochai dachte, mit dem er häufig gespannte, halb verstohlene Blide austauschte, x (Fortlegung folgt.) UndDe-