Pester Lloyd, Dezember 1886 (Jahrgang 33, nr. 333-361)

1886-12-02 / nr. 333

— . 2 Hi gebe yftem, vorzunehmen, in « gebunden find KBubapeft, 1. Dayember­­ . Die beiden Delegationen haben die aktuellen politischen Verhältnisse und die vom gem­einfanten Minister des Aeußern diesfalls eingehaltene Richtung ohne langathm­ige Reden einer würdigen, dem Ernste der Lage entsprechenden Diskussion unterzogen. Das Resultat läßt sich in wenig Worte zusammenfassen : jede mögliche Sorgfalt für Aufrechterhaltung des Friedens, doch nicht des Friedens um jeden Preis. Der Preis aber, um welchen der Friede uns nicht feil sein würde, wäre die willfü­rliche ÜBerlegung des Berliner Vertrages, die einseitige Arregirung eines Brot­testorats über Bulgarien oder dessen Ossupation in welchem Sinne immer Durch eine fremde Macht. Der Minister, dessen Intentionen, im großen Ganzen, ist mit der von den Ver­­tretungskörpern ausgesprochenen Willensmeinung begegneten, weiß man bestimmt, woran er ist, und diese Sicherheit wird seine fernere Thätigkeit wesentlich erleichtern. Mit der Abreise des Generals Kaulbars it Die Si­­tuation in Bulgarien selbst für den Augenblick ehr vereif­­acht. Gewiß­nt, daß Rußland vorläufig seinen Rück­­zug angetreten hat. Wir wollen seine Gründe­­ hiefür hier nicht untersuchen und näher beleuchten; Friedensliebe aber war sicherlich nicht das Motiv. Denn Rußland gibt Pläne, welche es einmal gefaßt und durch eine lange Reihe von Jahren mit der Imagination und den religiösen Trie­­ben des Bolfes so gesdicht zu vergeden gewußt hat, nicht auf. Der Krieg, welchen es jecht gegen Bulgarien führen wird, it vielleicht gefährlicher, als die ur­sprünglich beabsichtigte direkte Ossupation; es wird der Krieg der Zerstörung fein im Wege der chemischen Ber­­egung, für welche die Angriffspunkte durc die jüngsten Vorgänge sorgfältig bloßgelegt und zugänglich gemacht wor­­den sind. Ob nun, wie wir hoffen, der gesunde und patrio­­tische Sinn der Bulgaren auch dieser Angriffsmethode wider­­stehen wird — die Russen werden immer wieder an den Thoren Bulgariens Einlaß begehren, und wir werden dan­n vor der Pflicht stehen, unser Wort einzulösen, daß wir den Frieden nicht um jeden Preis acceptiren und daß, wie in Diesem Blatte bereits gesagt wurde,(*) „die Furcht vor einem Konflikte mit Rußland nicht einzig das leitende Prinzip für Die auswärtige Politik der österreichisch.ungarischen Mon­archie sein könne." Für jene hier in den Bereich der Möglichkeit gestellte Eventualität genügt es aber nicht, daß allein der Kriegs­­minister seine Vorbereitungen treffe. Daß er Gewehre und Kanonen anschaffe, Fortifikationen errichte und wohlaus­­gerüstete zahlreiche Truppen nach dem Kriegsshauplage Dirigire. Die Bevölkerung der ganzen Monarchie muß vor­­bereitet und bis in ihr tiefstes Innere von dem Gedanken erfüllt sein, Daß das Baterland da um seine heiligsten Rechte, um seine Ehre, um seine Zukunft mit einen gewal­­tigen Bedränger ringen müssen und daß es gelten wird, alle Kraft, alle Hingebung, alle Begeisterung einzujegen, um des Sieges theilhaftig zu werden. Was wir hier niederschreiben, it sein „Krieg in Sicht-Artikel" ; wir brauchen unseren Lesern wohl nicht be­­sonders zu versichern, daß wir es verschmähen würden, mit solchem abgebrauchten Kabinett­ und Börsewerkzeug in friz­ioler Weise Sensation zu machen. Unser Motiv ist ein ganz anderes. Wir sind nämlich der Ansicht, daß Derjenige eine Gefahr am sichersten und am besten besteht, der sie nach ihrer ganzen Größe fennt und dabei seiner eigenen Kraft bewußt geworden ist. Darum perhorresziven wir und wollen jene kleinliche, beschränkte, wenig Muth zeigende Auffassung durchbrechen, welche in der Erörterung und S­arstellung einer so wichtigen Frage nichts als den Alltag zur Be­­unruhigung der Bevölkerung, zur Berstimmung der benach­­barten Macht sieht,­­ während jenseits unserer Grenze Vorbereitungen schon seit lange getroffen sind, und Der ganze publizistische Heer kann in umverantwortlicher Weise aufgeboten wird, um den „heiligen Krieg“ zu predigen und uns das Horoflop des baldigen Niederganges zu stellen. Ein Verbrechen wäre es an unserem Volke, zu ver­­fehlen, ja ihm nicht öffentlich und laut zu sagen, daß es eine ernstere, eine mehr Unheil in si­bergende Lage für uns nicht geben kann, als einen Krieg mit Rußland. Dessen Eolosiale Macht, repräsentirt Durch den nahezu unermeßlichen Raum seines Beitsstandes, durch die absolut große Ziffer seiner Bevölkerung, durch ein zahlreiches, neu organisirtes und, wie man jagt, trefflich ausgerüstetes Heer, mit einer allen anderen Armeen an Zahl drei und vierfach über­legenen Reiterei — diese kolossale Macht, von einem abjühr­­ten, durch Fein Geseb, durch Fein Recht, durch Feine Schranze gebundenen Willen gelenkt, müßte dem oberflächlichen Bes­obachter als ein unwiderstehliches Fatum erscheinen, welchem die Menschheit anheimzufallen verurtheilt sei. Aber derselbe Raum, welcher Rußland 10 furchtbar erscheinen läßt, it gleichzeitig auch seine Schwäche; denn er zerstreut die Kräfte, verlangsamt deren Konzentrirung, verspätet alle Nachtschübe, und kann schließlich selbst durch Eisenbahnen nur bis zu einem gewissen Punkte bewältigt werden, der noch­ weit unter der durch die moderne Kriegführung aufgestellten Minimal­­forderung liegt. Freilicht hat Nurland dagegen ein Auskunftsmittel getroffen, indem es aus Kongreß-Polen, aus Podolien und Bolhynien duch die Aufstellung unzähliger Garnisonen schon im Frieden ein förmliches Kriegslager gemacht und ansehnliche Streitkräfte bis nahe an dere Grenze geschoben hat. Namentlich die Kavallerie ist daselbst mit 20—30­ Regimentern und greitenden Batterien vertreten. Auf den ersten Blick sieht dies freilich sehr bedenklich aus und man sollte glauben, daß unter solchen Umständen es ganz unmöglich sein würde, unsere Mobilmachung in Galizien und den strategischen Aufmarsch daselbst zu bewerkstelligen. Die Gefahr, welche uns hier bedroht, ist unleugbar eine große and geht der Hauptsache nach von der Kavallerie aus, welche sich rasch nach vorwärts bewegen, an die Eisenbahnen und Straßen gelangen, Zerstörungen vornehmen and in den vielen offenen Städten, zumeist Ergänzungs­­bezirts-Stationen, an welche die Mobilisirungs-Vorgänge und wo si die Augmentations- und Munitions - Magazine befinden, allerlei Unheil ernsterter Art anrichten kann. Die feindlichen Infanterie-Truppen werden in dieser Beziehung weniger gefährlich sein, weil sich unsere Verchteidigungs-Maßregeln geltend machen können, bevor sie der vorpolifjirten Kavallerie als Appui zu folgen vermöchten. Wir müssen daher einer vorüber­­gehenden Störung unserer Mobil­­machung in Galizien umso mehr ge­­bärtig sein, als die in Bulgarien neuerdings prot­u­zirte Auffassung des Völkerrechtes Die Möglichkeit durch fehen läßt, daß, um des „heiligen Zweckes" willen, Inflat­­tionen unserer Grenze schon vor der Kriegserklärung statt­­finden und, wenn auch nachträglich desavouirt und bedauert, Doch nicht ungeschehen gemacht werden künnen. Wir, unsererseits, follen und dürfen Feinen Augenblick im Zweifel gelassen werden, daß durch eine zriedmäßige über Das ganze Grenzland sich erstrebende Alarm-Disposition und sonstige Vertheidigungs-Maßregeln schon heute Alles vorbereitet ist, um solchen Eventualitäten mit Kraft zu begegnen und ihnen die Sorge zu nehmen. Zudem sind alle Städte Galiziens sehon­dert mit Garnisonen versehen und sind Standorte von Landwehr-Bataillons, welche in erster Linie den­­ Vertheidigungsdienst übernehmen können, damit die Mobilisirung der Regimenter des stehenden Heeres nicht vetardirt werden muß. MNebstrem Haben wir eine ertiebliche Zahl unserer S Kavallerie-Regimenter bereits in Galizien und viele in nächster Nähe der galizischen Grenze stehen. Wenn wir auch der ıaffischen Reiterei jede denkbare so wird zutrauen und in den erft nden Unheils gewärtig sein miüssen, dieselbe es sich doch zweimal überlegen, so weit in das Land hineinzureiten, daß sie Heil nicht mehr herausfommt. Wie gesagt, es Darf bei uns selbst Fein Zweifel darüber anffommen dag Alles vorbereitet is, um Die ungebetenen Säfte in der schlimmfen Reife zu empfangen; es müssen siezu aber auch alle Zivil­­behörden und die gesammte Bevölkerung mit Herz und Hand mitwirken. Diese Forderung wird im dem vor seinem Erbfeinde stehenden Lande gewiß begeisterte Aufnahme finden. Es wäre sehr mißlich, die militärischen Großsprechereien der russischen Blätter blos mit Wohlverhaltungs-Zeugnissen aus München und Berlin beantworten zu künnen, oder Die Tüchtigkeit unserer Armee durch Vergleiche beweisen zu müssen, welche schließlich zu einer unfruchtbaren Polemik führen und jedem Theile nur Dasjenige beweisen wü­rden, was er ohnedies schon glaubt, oder glauben will. Wir wollen auch nicht die Geschichte unseres Jahrhunderts anrufen, um zu­ entscheiden, ob unsere Armee der Suffischen­­ nicht mehr als ebenbürtig ist. Am Kriege zudem kommt es neben der Tüchtigkeit des Heeres und der Führung auch nicht wenig auf das Glück an; die Laufbahn aller großen Feldherren gibt davon unwiderlegbare Bennweise, und so mag auch das ungarische, Sprichwort entstanden sein, daß zu jedem Rentner Beistand ein Lord Glück gehöre. Die russischen N­adomon­­taden aber werden uns weder Den Glauben und das Ber wußtsein unseres Werthes, noch die Hoffnung auf das uns im Ernstfalle winsende Glück benehm­en. Es ist wahrhaft sonderbar, in welchen Phantasien sich die ruffischen Journale ergeben. Der in Brüssel erscheinende „Nord“ hat sich anlässig der Enthüllung des Petersburger Militärdenkmals also vernehmen Lassen : „Die rufsische Armee st­­egt beträchtlichen, wenn nicht stärker, als es jemals eine von den früheren gemwejen, die Doch so viel ausgerichtet haben. So steht’s gegenwärtig. Und was die Zukunft betrifft, 10 besteht zwischen dem Herrscher, der Arm­ee und dem­­ Wolfe Rußlands eine Art historischer Vertrag, laut dessen jede feind­­liche Armee, welche in das Herz Rußlands vordringen wollte, aus Rußland nicht wieder herauskommen würde. Das ist eine nationale Tradition seit Karl XII. und Napoleon I. Gebe Gott, daß Rußland niemals Gelegenheit habe, diese Tradi­­tion zu erneuern." Auf diese an uns und vielleicht auch an Deutschland adressirte Lektion können wir nur ermwidern, ‚daß sowohl Karl XII, als den großen Napoleon nur der Cäsaren-Wahnsinn in das Sinnerste. Rußlands getrieben hat, und daß dieser Cäsaren-Wahnsinn, wenn auch Teider nicht gänzlich ausgestorben, doch weder bei uns noch bei unseren deutschen Nachbar zuhaufe­n­. Wenn uns je­der Krieg mit Rußland aufgezwungen wurde und Die vom " Nord" ausgehende Supposition uns nach Rußland führte, würden wir weder nach Mostan noch nach Petersburg zu marsch­en unternehmen, s sondern uns an der Weichselsestiegen und die Russen da­s­uch für uns und Europa unschädlich gemacht haben. Freilich ständen wir dann vor der Berlegenheit, was mit dem neu gewonnenen Polen zu machen , und so krügte auch ein glücklicher Krieg mit Ruß­­land noch Verlegenheiten — Grund genug, uns wahrlich nur durch eine ultima ratio zu einem solchen Kriege bestim­­­men zu lassen. Wir fürchten aber­ sehr, Die glänzende Nede­l des Grafen Julius Andrassy, welche er zuleit in der unga­­rischen Delegation gehalten, und welcher wir sowohl rück­sichtlich des politischen als des militärischen Inhalts unbe­­dingt beitreten, werde nichts Anderes sein, als eine vox clamantis in deserto. Denn ein Despotischer Fürst kann seinem Bolfe nur Ein Gescheif geben — den Krieg. Budapest, 1. Dezember. 1. Die dem d­eutschen Reichstage unter­breiteten Militär-Vorlagen entsprechen an sich, abgesehen etwa von der Vordat­rung des neuen Septennats, um ein Fahr, lediglich der bisherigen Praxis. Unter gewöhn­­lichen Umständen würde ihre weitere Behandlung und deren Ergebung für das Ausland also sein anderes Interesse haben, als jenes, welches jede hervorragende innere Frage einer benachbarten Großmac­ht gewährt. Wie aber Die Dinge im Augenblide liegen, muß die Aufmerksamkeit des Aus­­landes von dem Verlaufe der Militärfrage in Deutsch­­land als von einer Angelegenheit von unmittelbaren Interesse in Anspruch genommen werden, so Daß selbst Die einzelnen Stadien derselben, die Beweggründe, die altt, Die Ziele der Parteien, wie sie Dabei zu Tage treten, von größerer Bedeutung erscheinen. Es it Dies umsfo mehr der Fall, weil von einem „glatten Durch“­gehen der Negierungsvorlagen durch die parlamentarischen Verhandlungen seine Mode ist. Die Opposition, d. h. die Gesammtheit derjenigen Parteien und­ Gruppen, welche bei allen sonstigen Verschiedenheiten ihres politischen Standpunktes darin einig ist, den militärischen Forderungen der Regierung jedenfalls nur so weit nachzugeben, als dieselben im Feuer einer scharfen Prüfung für stichhaltig befunden werden, bildet die Mehrheit des Reichstages, sogar eine ziemlich starke Mehrheit, und die Regierung wird daher kaum umhin tannen, Die Begründung ihrer Forderungen in einer so ein­gehenden und so gearteten Weise vorzunehmen, daß Dieselbe charakteristische Streiflichter auf die Gesammtlage Europas wirft und in dieser Richtung die farblose, ja banale Thron­­rede ergänzt. Die Forderung, welche die deutsche Reichsregierung in der dem ReichStage übermittelten Vorlage erhebt, ist eine doppelte. Sie verlangt erstens die Bewilligung einer Erhöhung des Friedensstandes — berechnet nach der legten Bolszählung — um 41.000 Mann; Sie verlangt zw­ei­tens die Feststellung der so vermehrten Ziffer auf weitere sieben Jahre, also die abermalige Genehmigung eines im Reichsrechte und in der Reichsverfassung in seiner Weise be­­gründeten Ausnahmezustandes ; die abermalige Aufhebung des selbstverständlichen Rechtes des Reichstages für Die ge­dachte Zeit. Für die Opposition ist von diesen beiden Forderun­­gen die eine grundsäglich unzulässig. Die andere nur unter ganz bestimmten thatsächlichen V­oraussegungen ganz oder zum Theile annehmbar. Grundsäglich unzuläs­sig ist für die Opposition die aber­malige Bewilligung des Friedens­­standes auf sieben Jahre Die hat sich einer solchen Bewilligung von jeher , als einem dur) nichts gerechtfertigten, lediglich von militäris­chen einseitig beschränkten Anschauungen, um nicht zu sagen Anmaßungen, eingegebenen und von geheimen absolutistischen Tendenzen und Hoffnungen unterjtütten Ein­­griff in das natürliche und positive Recht der Nation und ihres Parlaments­ widerlegt. Von­­ diesem Standpunkt abzır­­­gehen, Liegt sein Grund irgend­welcher Art vor ; vielmehr fann Die ganze Art, wie von Seiten der offiziösen und reaktionären Organe die Beschränkung des parlam­entarischen Rechts begründet und die endliche Herstellung des natür­­lichen Zustandes bekämpft wird, die Opposition nur bestim­­men, auf­ ihrem­ Standpunkt mit vermehrter Fertigkeit zu verharren und von der Macht, über die sie zur Zeit ver­­fügt, in diesem Punkte einen­ rücksichtslosen Gebrauch zu machen. Denn die Beweisführung der offizielsen Breffe und ihrer Genossen läuft immer und immer wieder einzig und allein auf eine grobe Beleidigung und plumpe Befleum­­dung des deutschen Bosfes hinaus, Die offizielfe Presse weiß als fette und ausschlaggebendes Beweismittel nie etwas Anderes vorzubringen, "als die angebliche Rücksicht auf die Sicherung der Wehrkraft Des Landes, mie. fie_­e$ ‚au stets ganz unverblümt aus daher nach mie vor Feine Veranlassung für eine andere­ Haltung in diesem W­unkie denken. Sinsonder­­heit kann die europäische Lage, welcher alte Dreielder eng mmer Teisomiit und nimmermehr as ein Grund für einen Verzicht auf das volle parlamentarische Necht auch in An­gelegenheit des Heeres gelten, sondern immer nur als ein fadenscheiniger Vorwand für die offenen und verschämten, für die grundtäglichen oder „der Zeit dienenden” Gegner des wahren­ und ehrlichen Verfassungsstaats, . Es ist ein Unding, ein großes, junges, blühendes, lebenskräftiges Reich­ auf die Vorausgehung aufzubauen und­ einzurichten, daß seine Vertretung eines Tages aus Unwissenheit oder Begz­willigkeit die Wurzeln seines Daseins abschneiden könnte; und der Berfuch dazu Fan, zumal Der intelligenten and loyalen, bei allen Gelegenheiten noch stets von dem Höchsten Opfermuthe beseelt ge­wesenen h­eutschen Volke gegenüber, immer nur als von arglistigen Hintergedanken, von frivolster Barteitendenz eingegeben erscheinen. Ganz anders allerdings verhält es si mit der Ver­­mehrung des Friedensstandes. Dies it eine rein thatsäch­­liche Frage, welche auf Grund ganz konkreter, sich aus der unmittelbaren Gegenwart ergebender Erwägungen zu ent­scheiden­­­. Auch die thatkräftigste und überzeugungstreueste Opposition kann diese Frage von seinem andern Gesichts­­punkte aus behandeln. In einem Punkte allerdings wird die­ Opposition im deutschen Reichstage einen grundjäglichen Widerspruch gegen die Vermehrung des Friedensstandes, wie sie in der Vorlage formulier it, erheben müssen. Indem die Vorlage im $. 1 sich auf die Artikel 57, 59 und 60 der deutschen Reichsverfassung bezieht, scheint sie die Ansicht aussprechen zu wollen und würde, wenn unver­­ändert angenommen, ein Präjudiz dahin. schaffen kürnen, als­ ob diese,­ Vermehrung — im Verhältniß zu­ der ver­­mehrten Bevölkerung — von­ der Berfaffung vorgeschrieben, oder auch für vorausgefeßt sei. Davon it aber nicht ent­­fernt die Rede. Die Berfaffung spricht in den angezogenen Artikeln nur von der ersten Berechnung der Riedens­­törte­r für einige wenige Jahre und enthält darüber hinaus nicht eine sterbende Sylbe, die als Vorschrift oder Andeutung für Die Zukunft ausge­­legt werden könnte.­­ Falls die Opposition auf Grund der thatsächlichen Verhältnisse zu einer Bewilligung der Erhöhung der Frie­­densstätte gelangt, so würde sie auf der Verweigerung der Bewilligung auf weitere sieben Jahre nur umso fester und zuversichtlicher verharren künnen. Die Befleumdungen mit der Wehrlosmachung des Neic­s würden vor dieser ekla­­tanten Thatsache verstummen­ missen oder jedenfalls ihre Wirkungen auf so kleine verbissene Kreise eingeschränkt sehen, daß sie einfach unbeachtet bleiben künnten. Das lette Mittel der Regierung, die Drohung mit der Auflösung, würde zu einem blinden Schredschuß­ werden; die Opposition, na­­mentlich die freisinnige Partei würde in Diesem Falle die Berufung an die Wähler geradezu willklommen heißen können. ».. Die Regierung ist über die Lage augenscheintlich nicht im Zweifel und macht sich auf. Zugeständnisse in Bezug auf die Dauer der Bewilligung gefaßt. Einige Stellen in den Motiven zur Vorlage lassen darüber seinen Zweifel. Für die siebenjährige Bewilligung wird seine höhere Bedeutung in Anspruc genommen, als daß sie zwar „nit unter allen Umständen für die Entwicklung unserer Wehrkraft maß­­gebend sei", „immerhin aber einen nicht ungeeigneten An­halt“ für umgestaltende Geseßvorlagen bilde, und an der­­selben Stelle wird die allgemeine politische Lage zu Gunsten der­ siebenjährigen Bewilligung nur so­ weit verwerthet, daß aus ihr „Fein Grund zu entnehmen sei, um einer neuen Gefegesvorlage von Hause aus eine geringere Giftigkeitsfrist zu geben.” Biel: deutlicher kann man sich nicht ausdrücken, und die Opposition kann es als gewiß an­­nehmen, daß sie bei einiger Fertigkeit es Diesmal in der Hand hat, um den Preis ihrer Zustimmung zu der Erhöhung des Friedensstandes einen großen Erfolg von grundläglicher Bedeutung im Punkte der Herstellung des parlamentarischen Rechts dem Heereswesen gegenüber zu er­zielen. Selbst wenn der sogenannte konservative Flügel der katholischen Partei sich bewegen Tiefe, sie mit einer fünf­­jährigen Bewilligung — anstatt­­ der von der entschiedenen Opposition geforderten dreijährigen, bei welcher das parla­­mentarische Recht hinreichend gewahrt erscheint — zu ber­enügen, wäre der Erfolg nicht zu unterfragen. Abgesehen von der Verkürzung selber, hätte das parlamentarische Prinzip über das militärisch-absolutistische einen aller Welt sichtbaren Sieg davongetragen, dem die weiteren Früchte nicht fehlen könnten. Die so Fü­nstlich und eifrig und tendenziös gepflegte Wahnvorstellung von der Unnahbarkeit des Militär­­wesens für parlamentarische Bestrebungen wäre zerrissen; das beabsichtigte Heranwachsen eines festen Ge­wohnheits­­rechts zu Gunsten der siebenjährigen­ Bewilligung wäre unterbrochen; die fünfjährige Bewilligung wäre von vorn­­herein weiter nichts, als der kurze Uebergangszustand zur dreijährigen, und damit auch die heitere Seite nicht fehle, so wäre Diese Erledigung der Frage eine belustigende und erfrischende Antwort auf die vor . Kurzem enthüllten, b­örichten Absichten einer militärisch-bureaufratischen Clique = völligen Beseitigung des parlamentarischen Bewilligungs­­rechts. Indessen sind diese Erwägungen nicht die einzigen und nicht einmal die maßgebendsten für die Frage, ob die Erhöhung der Friedensstätte ganz oder zum Theile zu be­­willigen ist. Dieselbe ist sein Austauschgegenstand für die leichtere und glattere Erledigung eines Anspruches des Konstitutionellen Rechtes. Die Frage der Erhöhung des Friedensstandes kann nur auf Grund zweier anderer vorher zu beantwortender Fragen entschieden werden, nämlich­­ erstens, ob und wie weit die Sinanzlage des Staates und die wirtschaftliche Lage 208 Bolfes eine solche Vermehrung erträgt; zweitens, ob die auswärtige Lage sie nothwendig macht.. Die finanzielle und wirtsichaftliche Frage ist unzweifelhaft auch für das Deutsche Reich eine sehr ernste. Es wird sich bei der Berückichtigung derselben für die Opposition darum handeln, die Kosten der etwaigen Vermehrung des Heeres durch anderweitige Ersparungen so weit als thunlich zu deden, oder auch der Vermehrung nie so weit zuzustimmen. Die Ersparungen fün­­en gefunden werden in einer,­­ ja an und für si schon längst geforderten und auch von militärischen Sachverständi­­gen für durchaus zulässig erklärten weiteren Verkürzung der Dienstzeit, bei der Infanterie, und auch in der Ablegung oder Herabminderung einer Reihe einzelner Posten des Mili­tär-Etats, welche gleichfalls seit lange schon hart be­­sümpft worden sind, namentlich in der Aufhebung einer Reihe militärischer Sinekuren, „als eine foldrige Deckung möglich­st. ... .­­Von einem höheren Gesichtspunkte aus würde dann von Seiten der Opposition noch gefordert werden müssen, daß die Regierung zu gleicher Zeit. Die Mittel zur Deckung der doc etwa noch verbleibenden Mehrkosten ganz genau angebe und die vorherige Zustimmung des Parlaments dazu der Hoffnung und,mit der Absicht, daß die so geschaffene Z­wangslage, das bisher widerstrebende Bolt gefügig und zum Eingehen auf die bisher stets nie­ weigerlich und aus den gewichtigsten Gründen verworfenen Finanzpläne der Regierung bereit machen werde, — daß sie d­ieses­­ System­ gänzlich, und. . endgültig aufgibt. Die Opposition wird fordern können und müssen, daß Die Deckung der etwaigen Mehrfosten auf Grund eines dem Bolte genehmen Systems verbürgt wird. Die Einzel­­heiten Dieses Punktes sind von wesentlich innersdeutschem Interesse. Allein, jo wichtig dieselben für das innere Leben­ des Deutschen Neiches­ sind, so stehen sie doch nur in zweiter Reihe,­­ selbst fü­r das Deutsche Neich nur in zweiter Reihe. Denn wenn die Vermehrung der Friedensstätte des deutschen Heeres zur Noth­and) erträglich gefunden oder gemacht werden fan, so wü­rde das doch noch seinen genü­genden Grund zur Bewilligung abgeben. Diese fan ver­­nünftigerweise zulegt immer nur auf Grund der dur die ansmwärtige Lage geschaffenen Nothwendigkeit­ erfolgen.­­ An­ dem Deutschen Reichstage wird es THiegen,­­sich, die Flare Neberzeugung von dieser­ unumgänglichen Nothwendigkeit zu verschaffen. Wenn er seine Stellung in diesem­ Eritischen Augenblice rich­tg­­elt, wird er darauf nicht verzichten können und ürfen. v=Unseren Bericht über die heutige Schlußsitzung der ungarischen Delegation ergänzend, tragen wir die Neden des G Sestionschefs Szögyény und des Bi­chos Schlau in Fol­gendem nach) : Sektionschef Ladislaus Szögyény : Geehrte Delegation ! Da der Herr gemeinsame Finanzminister in Folge einer plößlich einge­­tretenen Unpäßlichkeit in der heutigen Sigung nicht, erscheinen kann, hat der Herr gemeinsame Minister des Aeußern mit damit betraut, der geehrten Delegation mitzutheilen, daß Se. Fatferl. und apostolisch königl. Majestät die in der abgelaufenen Gession gefaßten Beiglüfse der Delegation Hub­vollst zu sanktioniren geruhte. ch erlaube m­ir im Namen der gemeinsamen Regierung,diese Beschlüsse der geehrten Delegation behusst mulgirung achtungsvoll zu überreichen-Mit-ist bei dieser Gelegenheit das Glück zu theil geworden,der geehrten Delegation auf Befehl und im­ Namen­ Gr. Majestät für die im Laufe der Bewatbungen an den Tag gelegte ruhige Erwägung, die eingehende und gründliche Beurtheilung und Verhandlung der Negierungsvorlagen, sowie für ihre in den Bes­chlüffen zu Tage tretende Opfermilligkeit die allerhöchste Anerkennung und den aufrichtigsten Dant zum Ausbruch zu bringen. (Elfenrufe.) Die Delegation hat der gemeinsamen Regierung in der abgelaufenen Session so viel Vertrauen und herzliche Unverkommenheit entgegen­­gebracht, daß sie dieselbe dadurch zum aufrichtigsten Dank verpflichtete. SH, bitte Die geehrte Delegation­­ im Auftrage der gemeinsamen Negierung, den aufrichtigsten Dank derselben freundlichst, entgegen­­nehmen zu wollen. (Elfenrufe.) Mac der Nede des Präsidenten, welche wir bereits in unseren jüngsten Abendblatte veröffentlichten, sprach Bischof Lorenz Schlau: Geehrte Delegation! Nach Beendigung der Berathungen der Delegation glaube ich eine angenehme Pflicht zu erfüllen, indem ich im Namen der Delegation all jenen Herren herzlichen Dank­tage, die durch ihre uneigenmäßigen Bemühungen den raschen und günstigen Verlauf der Berathungen gefördert haben, namentlich dem geehrten Scriftführerkorps, den Herren Referenten, den Präsidenten der Aus­­schüffe und — den ich zuerst­ hätte nennen solen — Sr. Exzellenz unserem sehr geehrten Herrn Bräsidenten. (Elsen-Rufe) Die beiden trefflichen Enunziationen, melde­te. Exzellenz, am Beginne unserer Berathungen und vor dem allerhöchsten Thron gemacht hat, spiegelten die öffentliche Stimmung in dem Maße wider, daß man behaupten darf, daß mir in Sr. Exzellenz dem Heren Präsidenten — vielleicht mit geringen Ausnahmen — den Träger und Dolmetsch unserer Gedanken und Gefühle verehren. (Zustimmung.) Und jene öffentliche Stimmung, welche in diesen Reden Ausdruck gefunden, sowie das Bewußtsein, daß die Delegation in ihrer Haltung in­­ Vertretung ihrer Sender thätig it, hat dieser Körperschaft bei ihren Berathungen immerdar vorgeschriebt. (Zustimmung.) Empfangen Ew. Exzellenz den herzlichen Dank der Delegation für die offenen und patriotischen Kundgebun­­gen, sowie für jene wahrhaft humane, loyale und zuvorkommende Manier, melde Sie in den Berathungen und außerhalb derselben jedem Mitgliede der­ Delegation gegenüber an den Tag zu legen die Güte hatten. Gott erhalte Em. Erzellenz tod lange zum Wohle der­­ öffentlichen Angelegenheiten, damit es ihnen­ gegönnt sei, mit ihrem­ Geiste noch lange für das Wohl 063 WVaterlandes wirken zu können. (Lebhafte Elfenrufe.) -- · ; Hierauf wurde das Protokoll der heutigen Sitzung authentizirt und die Delegations-Session geschlossen. In der in unserem heutigen Abendblatte mit getheilten Schluß­­rede des Delegations-Präsidenten hat sich ein sinisierender Druck­­fehler eingeschlichert.Im fünften Absatze dieser Rede soll es anstatt gilsdJnter erst der­ Auffassung ihrer Reden"«richtigheißen»ihrer .ener"­­­In der heutigen Konferenzs der reichstätigen gemäßigten Opposition referirte Graf Albert Apponyk über die Haltung und Thätigkeit der in die Delegation entsendeten­ Parteimitglieder.Wir entnehmen dem Berichte die nachstehenden Details: 3 » . Die Fragen der auswärtigen Politik betreffend waren die oppositionellen Delegirten bestrebt, jene Anschauungen zur Geltung zu bringen, denen Graf Apponyi bereits in seiner Sinter­­pellation in der bulgarischen Angelegenheit Ausdruck verlieh und da diese Anschauungen mit jenen hervorragender Anhänger der Regierungspartei zusammenstimmten, erachteten es Apponyi und seine­­ Delegirten genossen nicht am Plate­ fi nach der Parteistellung Schroff zu isoliren, sondern wirkten mit den Trägern der verwandten Ansichten nach einer und Dderselben Richtung Hin und nach einer Methode zusammen. 68 ist denn auch ge­lungen, einen A­usschußbericht zu Stande zu bringen der auf die Anschauungen der Oppo­sition gebührende Rücksicht nimmt und wenn er dieselben auch nicht in ihrem ganzen Umfange zu den seinigen macht, min­destens nichts enthält, was denselben widerstreiten würde. Was in dem Ausschußberichte etwa fehlte, hat Apponyi in seiner Rede in der Delegation zu ergänzen gesucht. Von Uebrigen sehmwebte Apponyi und seinen Genossen als erstes und oberstes Ziel nicht die Geltend­­machung des Parteistandpunktes, sondern der med vor, daß doch die Delegations-Verhandlungen das Ansehen und die moralische Kraft der Monarchie erhöht werden; — und D­ieses Biel st aug in, der That Dadurch erreicht worden, daß die Nebeneinstimmung der Anschauungen zwi­schen den beiden Staaten der Monarchie kon­stativtm werden konnte. Die oppositionellen Mitglieder der Delegation sind der Meinung, daß sie, indem sie ihrer patriotischen Pflicht gemäß, zur Erreichung dieses Ergebniss­es mitwirften, da­­durch auch dem Ansehen ihrer Partei nur genügt haben. „(Allge­­meine, lebhafte Zustimmung.) An den Kreis der Verantwortlichkeit des Ministers des Auswärtigen und der mit ihm solidarischen Mer gierung fällt es, jene Kraft, welche die einhelligen Neuberungen, der beiden Delegationen, in sich schließen, auszuwügen. Die Situ­ation zeigt im Momente ein günstigeres Bild, als dies noch vor einigen Wochen der Fall war. Dank der jlugen und vorsichtigen Haltung des bulgarischen Volkes ist die sogenannte Raulbars-Episode vorüber­­gegangen, ohne größeren Schaden anzurichten ; für eine neue Gruppirung der Mächte sind günstige Aussichten vorhanden. Allein den mitt­­lichen Werth all dieser Erscheinungen wird erst die Art und Weise der endgültigen Lösung der absch­webenden Fragen feststellen. Sollte man auf den Thron von Bulgarien irgend eine Kreatur des Grazs­ießen, dann wäre unsere auswärtige Politik durch ihr Resultat verurtheilt. Gelingt es aber, diese Frage glückich zu Lösen, dann wird auch das Endurtheil ein günstiges sein. Angesichts dieser Unentschiedenheit der heutigen Situation war es geboten, bei entschiedener Definition des objektiven Standpunktes, im subjektiven Urtheile eine geriisse­teserve zu beobachten. Seinerzeit wird die Opposition mit, desto größerem Nachdrucke an die Majorität appelliren künnen, daß sie, da sie in Gemeinschaft mit uns die Prämissen aufgestellt hat, dann auch in Gemeinschaft mit und aus denselben die logischen Konse­quenzen ziehe. ‚Im Boranschlage für das Heermesen konnten die oppo­­sitionellen Delegirten größere Hbstriche nicht beantragen, weil sich die Vorlagen der Heeresleitung innerhalb der Grenzen der durch die Mehrkraft der Monarchie motivirten Nothmendigkeit bewegten. Man würde es mit Necht gerade der Opposition zum besonderen Vorwurfe machen, wenn sie eine energischere auswärtige Polität fordern, gleich­­wohl aber unwiderstreben mollte, daß die Bewaffnung auf zeitgemäßen Niveau eingerichtet werde. Obwohl aber die Kosten des Heerwesens nicht zu vermindern waren, strebten die oppositionellen Delegirten dahin, daß innerhalb der Grenzen des ©.­W. XXII. 1867 und ohne Tangirung der organischen Einheit der Armee auf dem Gebiete der militärischen Erzie­­hung die Bostulate unserer nationalen Sinteressen und­ unserer staatsrechtlichen Stellung zur Geltung gelangen. Es wurde ein An­­trag gestellt, daß ungarische Zünglinge die militärische Ausbildung für alle Grade in ungarischer Sprache und in ungarischem Geiste er­halten künnen. Der Antrag wurde indessen, obwohl vielfach unter­­stügt, abgelehnt. Doch hat die Opposition ihre Pflicht gethan, indem sie eine dem nationalen Selbstgefühle, wie dem wahren Interesse der Armee entprechende Meform uraite­­e .­­Nach dem mit lauten Werk mera aufgenommen­en­­·Refekate1­uskus Bcothu das Verbax-verpz-p[i,’n Dig ... el re Br ja das heißt­­. Apponyi’s motivirie a *) Yus militárijder Feder. MR n® E" 1. 247 vom 6, September 9. §

Next