Pester Lloyd, März 1897 (Jahrgang 44, nr. 64-77)

1897-03-16 / nr. 64

. BER­N ..­­.--- . .—-s«-s - Basdavqft,15ch-ik.z.h fj-=Durch die heutige Erkläru­ng des Mi­nisters Hanotaug in der französischen Kammer ist der Anflug Frankreichs an das sperzitive Einschreiten der Mächte gegen Griechenland bed­ani­t. Das Gewicht­­ dieser Thatsache wird durch das Vertrauensuntum erhöht, welches eine gewaltige Mehrheit dem M­inisterium für seine Politik ertheilt hat. Die unmittelbare Wirkung Dieses parlamen­­tarischen Ereignisses wird sich darin manifestiren, daß die Aktion gegen das griechische Abenteuer nun endlich aus dem Stadium der diplomatischen Verhandlungen in die Brauns hinübergeleitet werden wird. Herr Hanotaur hat direkt von der Blodirung nicht lediglich Kreta, sondern eventuell auch Griechenlands gesprochen und da man aus dem Reigen der Mächte Fein­kabinet ausgeschaltet werden muß, so ist nicht daran zu zweifeln, daß alsbald mit den Schwangsmitteln nachdrücklicher Ernst gemacht werden dürfte. Ob die griechische Regierung es nun wirklich darauf ankommen hassen will, daß sie unter dem schweren Drude der euro­pätigen Maßnahmen zur Vernunft gezwungen werde, oder ob sie, nachdem alle ihre Spekulationen auf die Uneinigkeit der Kabinete, auf das agitatorische Treiben oppositioneller Parteien in England, Italien und Frankreich und selbst auf irgend­ein Ungefähr, welches die Harmonie stören konnte, gründlich gescheitert sind, es nicht doch vorziehen werde, ohne sichtbare äußere Nachhilfe ganz „aus freien Stüden" Raison anzunehmen, — das wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Doc ist Diese Frage unter den gegebenen Verhältnissen nur noch eine spezifisch griechische Frage. Für Europa kann auch aus dem fortgefegten Widerstande der Athener­ Staats­­männer eine ernste Berlegenheit nicht entstehen. Bet ent­schlossen, den totalen Vorgängen des Orients eine Müd­­wirkung auf die allgemeine Lage Europas nicht zu gestatten, aufrichtig von dem Wunsche befeelt, ihren Völkern die Segnungen des Friedens zu erhalten, künnen die Kabinete mit ruhiger Zuversicht ihre Mittel anwenden, um den griechischen Troß, sei es schneller, , sei es langsamer, zu brechen, und dak ihnen Dies auch vollkommen gelingen werde. Darüber braucht man sich seine Sorge zu machen. Das­s­ die unmittelbare Bedeutung der heutigen Erklärung der französischen Negierung zund des heutigen Botums der französischen Kam­mer. Doch reicht Diese parla­­mentarische That weit über das gegebene Moment und über den Tag hinaus, Man Tanıı ohne Uebertreibung sagen, daß Frankreich erst jegt wieder eine aktuelle aus­wärtige Polität gewonnen hat. Obgleich die Republik schon seit einer beträchtlichen Reihe von Jahren den Aufschritt zu den Höhen jener europäischen Stellung begonnen hat. Die ide ebenso vermöge ihrer materiellen Machtmittel, wie vermöge der großen geschichtlichen Ueberlieferungen, wie nicht minder vermöge der großen Kulturpotenz der französischen Nation zukommt, so spielte sie Dennoch in den Tagesfragen der internationalen Politik, wie wichtig sie auch sein mochten, mir eine sekundäre Rolle, weil an ihr Wünschen und Streben sich auf den einen Punkt zu konzentriren schien, welcher von ihren Beziehungen zum Deutschen Reiche beherrscht ist. Einzig und allein in dieser Perspektive bewegte sich Alles, was Frankreich b­at und worauf Frankreich kann, und darü­ber verloren die französischen Staatsmänner die konkreten Vor­­gänge der internationalen Politik, bei denen doch vielfach­ auch das Autoresse Frankreichs engagirt war, aus den Augen. Was auch in Europa geschehen mochte, wenn es nicht in den Kreis des Französische deutschen Problems ein­mündete, galt in der Republik als quantito negligeable, und so fontamazirte sich Die Französische Negierung in manchen Fällen, wo sie ein mitentscheidendes Wort zum Bortheil ihres eigenen Landes Hätte sprechen künnen. Aus diesem lähmenden Banne­rt nun Frankreich Herausgetreten, und Die Bedeutung dieser Thatsache sowohl für den europäi­­schen Frieden, wie für die Geschide der französischen Nation selbst kann nicht Leicht überschägt werden. Haben die fran­­zösischen Staatsmänner fi einmal aus dem Hypmotischen Baustande aufgerafft, in welchen sie durch Die Nevanche-Sydee verlegt worden sind, so müssen auf natürlichem Wege alle die großen Traditionen wieder lebendig werden, von welchen einst in besseren Tagen die europäische Politik Frankreichs geleitet war. Und gerade bezüglich des Orients weisen diese Ueberlieferungen auf jene Richtung hin, welche jegt glücklicher­­weise nicht mehr blos von einem Theile, sondern von Der Sesammtheit der Mächte eingehalten wird. Doc abgesehen selbst von diesen weiter gelegenen Motiven, so haben schon die Gebote einfacher Klugheit den französis­chen Staatsmännern ihr Heutiges Verhalten diktirt. € 3 mag ununtersucht Bleiben, ob die Beziehungen­ der Republik zu Rußland nicht sehr empfindlich gelitten haben würden, wenn jene bei dem ersten unwichtigeren Anlasse, da es in einer europäischen Frage galt, die Gemeinschaft mit dem nordischen Reiche praktisch zu bethätigen, ihre eigenen Wege gegangen wäre; daß das Verhältniß sich dadurch min­­destens nicht gefestigt haben würde, kann seinem Zweifel unterliegen. Aber, es war außerdem zu erwägen, ob den I­nteressen Frankreichs gedient gewesen wäre, wenn Dieses sie aus den Orientfragen ausgeschlossen hätte. Mit Necht Hat Minister Hanotaug heute in der Kammer auf die Fol­­gen der Absentirung Frankreichs in der ägyptischen Sache verwiesen. Was die französische Republik da versäumt hat, wird sie kaum jemals wieder gut machen künnen. Sie hat durch ihre Vassivität England das Recht gegeben, die ägyp­­tischen Angelegenheiten in die Hand zu nehmen, und worauf Großbritannien einmal Die Hand gelegt hat, das läßt es sich erfahrungsgemäß so leicht nicht mehr entwinden. Nun an ja allerdings die­nt ereffen, welche Frankreich im Südosten Europas zu vertreten hat, nicht von gleicher Wich­­tigkeit sein, wie Diejenigen, die es in Egypten glaubt gel­­tend machen zu müssen; aber gleichgiltig künnen ihm Die Gestaltungen und Entwicklungen im Orient doch auch nicht fein, und es wü­rde auch da Unrecht behalten haben, wenn es sie duch seine AUbewesenheit ins Unrecht gejegt hätte. Zu verwundern ist bei all dem nur, daß Die französische Kammer-Opposition für diese Lage und deren Bedingungen so absolut sein Verständniß hat, oder nicht haben will. Die Schwärmerei für Griechenland mag ja als Gefühlssache oder als Schulreminiszenz sehr ehrenwerth sein, aber es ist ein heilloser Unsinn und in Frankreich sicher nicht weniger als anderwärts, wenn man aus solchen Sentiments ein politisches Prinzip machen will. Here Goblet echauffirte sich für das Recht Kretas, für Griechenland zu optiren, natürlich ver­­mittelst eines Plebiszits, wie es Griechenland verlangt. Nun sehen wir davon ab, ob das Plebiszit gerade der französsis­­chen Opposition als eine verlobende Rechtsinstitution er­scheinen künne — die Franzosen Haben ja Damit recht bösartige Erfahrungen gemacht­­, aber wenn sie aus dem nationalen Prinzip ein­ Argument­­ für Die Angliederung Kretas an Griechenland ableitet, das meint sie wohl? drüht sie dadurch­ nicht auch ihrerseits der Angliederung Elsaß-Lothringens an Deutschland den Stempel jener Legalität auf, welche der vollzogenen Thatsache längst von ganz Europa zuerkannt worden ist, welche jedoch die Französische äußerste Linie ihr um seinen Preis zuerkennen möchte? So gerathen die Herren mit sich selber in Widerspruch, ein Glück, daß sie nicht Die Macht befiten, au mit Europa in praktischen Widerspruch zu gewannen. Suden, wie auch die Ursachen des Kampfes zwischen der Regierungspartei und der Opposition in Frankreich beschaffen sein mochten, der Kampf ist min entschieden, und dies ist der Sieg des guten Geistes der französischen Politit und der europäischen Friedensaktion. Alle Mächte schliegen si­­num zu einem festen Wall zusammen, welcher die Ruhe und den Fortschritt des Erdtheils gegen jede gemaltsame Störung und — hoffen wir — auch gegen böse Zufällig­­keiten schütt. Wie viel oder wie wenig die Treuisschen Wirren und Die totale­r Vorgänge im ottomanischen Reiche an und sc sich) bedeuten mögen, in jedem Falle war an ihnen die Probe auf das Krempel zu machen, wie­ es um Die Friedensbestrebungen und die Friedensbürgschaften Europas in Wahrheit beschaffen ist, ımd diese Probe ist bisher auf's glück­efte ausgefallen. Sonderwünsche und Bestrebungen, populäre Stimmungen und Gefühle, selbst manche ernste Gegenzage traten in den Hintergrund zurück und Alles be­­herrschend macht sich das Friedensbedü­rfuig und das große Verantwortlichkeitsgefühl für die Geschiche des Exdtheils geltend. Das ist der mächtige Erfolg einer sittlichen dee,­­welcher einen verheißungsvollen Ausblick in die Zukunft eröffnet. Für den Tag aber und­­dessen Nothwendigkeiten bildet all das die sichere Gewähr, da­ die Wirren gefahrlos werden geschlichtet und das griechische Teuer alsbald ver­­praffelt sein wird. 54 9. + ++ + Die Vorgänge in der Türkei, Die Fretensische Frage in der französischen K­am­mer, Original-Telegramm des „Bester Lloyd“). ER Baris, 15. März. Schon lange, vor der Eröffnung dr Kammer Debatte über die Kretafrage herrschte unge­wöhnlich lebhafte Bewegung in den Couloirs und zu den Galerien ein Riesenandrang. Sämmtliche Tribünen und die Diplomatenloge waren überfüll. Die Diskussion wurde durch Goblet eröffnet, welcher ausführte . Laut den Zeitungsnachrichten sei es wahrscheinlich, dak die französische Regierung eingemilligt habe, sich den Zwwangsmaßregeln der Mächte gegenüber Griechenland bedingungsweise anzuschließen, hm (Goblet) sei es­ unmögli­­chen Zmangsmaßregeln beizustimmen. Man sei sehr hart gegen Griechenland gewesen, welches den Appell der freiensischen Bevölkerung nicht ü­berhören konnte. Man ließ Griechenland Schiffe nach Kreta entsenden ; wenn man damals die von England vor­geschlagene und im Grunde gerechte Lösung der Autonomie unter der Suzeränität des Sultans empfohlen hätte, so hätte dies Griechenland acceptiven können. Redner erinnerte an die mohlmollenden Nachschläge, welche 1886 im analogen Falle vom damaligen Minister-Präsidenten und Minister des Aeukern Freyeinet an Griechenland ertheilt und von Griechenland befolgt wurden. 63 ist nun freilich richtig, daß die Zeit heroischer Abenteuer heute vorüber sei und Frankreich vor Allem an seine eigenen Sintereffen denken müsse. Aber was hat man diesmal gethan? Man forderte Griechenland auf, die Schiffe zurückzurufen, indem man die Autonomie Kretas in Aussicht stellte. Die Schuld an den Ereignissen trage jedoch nicht Griechenland, sondern der musel­­manische Fanatismus, in welcher Mafsacres und Gräuel verübte. Trob­­dem fehrte sich die Entente der Mächte gegen Griechenland, ohne daß die Mächte sich näher ausgesprochen hätten, und Griechenland lehnte ab, der Summation Europas nachzukommen. Die Kammer, welche bisher der Negierung seine Ermächtigung entheilte, um vom fried­lichen Wege zu Swangsmaßregeln überzugehen, sol also fest Schlüsfig werden. Goblet kam hierauf auf die Erklärungen Hanotaur’ zurück, denen zufolge es in der Absicht der Märkte Liege, das Problem in Die lechte Nede des Ministers gestatte weder die Blockade, noch den Krieg und an nicht ein Ultimatum an Griechenland. Die Kammer sei somit in dieser Stunde absolute Herrin­­ ihrer Entschließungen. (Beifall auf der äußerten Linken.) Wollte man den journalen Glauben scheinen, so begnüge fi Frankreich damit, auf der Lauer zu stehen, während die anderen Mächte ein Attentat verüben. Das műre eine Frankreichs unnwürdige Haltung. (Erneuerter Beifall links.) Man spreche davon, Truppen nach Kreta zu finden ; das it unmöglich, das wäre gegen die allgemeine Stimmung, Frant reich kann seine Traditionen nicht verleugnen; warum sollte es das auch thun? Um die Integrität der Türkei aufrechtzuhalten, von welcher verschiedene Mächte bereits Theile haben ? Sollte Frankreich vergeisen, daß man ihm der Gewalt vor 25 Jahren zwei Provinzen entriffen ? Das wäre ein freiwilliger und definitiver Verzicht. Wir können daher seinen Zwangsmaßnahmen beipflichten. CS scheint, daß man, um den Krieg zu vermeiden, sich in den Krieg stürze. Niemand kann die Konsequenzen der gegen Griechenland beabhsichtigten Semaltakte vorhersehen, aus denselben Tann ein­e allgemeine K­onflagration hervorgehen. (Beifall auf der äußersten Linken.) Frankreich hat, schloß Goblet, bei einer Theilung der Türkei nichts zu beanspruchen. Frankreich hat ohne Nachtheile unter ähnlichen Um­ständen bereits einmal im Jahre 1886 fi von der Aktion gegen Griechenland zurückgezogen. Frankreich hat im Orient nichts zu thun, es kann ablehnen, nach Kreta zu gehen, ohne die Allianz mit Rußland zu berühren, deren Aufrechterhaltung ich wünsche; aber diese Allianz verpflichtet Frankreich seineswegs, an einer Expedition theilzunehmen, an der es sein Interesse hat. (Beifall sinks.­ Delafoft­e A Rechte) gibt der Ansicht Ausdruck, daß das europäische Konzert eine unschägbare politische Wohlthat sei. Der Austritt Frankreichs hätte ihm in der egyptischen Angelegenheit geschadet. (Beifall) Redner beklagt es, das Europa das Prinzip der Integrität des ottomanischen Reiches aufrechthalten wolle, und tritt schließlich für die Einberufung einer europäischen Konferenz ein. Unter allgemeiner Aufmerksamkeit verlad nun Minister Hanotaur auf der Tribüne folgede Erklärung: Wir haben am 22. Feber die Politik der Regierung resumirt : Erhaltung des Priechend durch das europäische Konzert und die Gemährung einer Autonomie für Kreta. Dieselbe Politik, welche die Kammer billigte, befolgen wir auch heute. Sie nennen die Antwort Griechenlands. Griechenland vertlirt sich bereit, seine Flotte abzuberufen, lehnt­­ es aber ab, die Truppen des Obersten Raffos zurückzuziehen. Er verlangt ferner, daß ein Plebiszit über das Schicsal Kretas entscheide. (Demon­strativer Beifall auf der äußersten Linken.) Hiedurch­­ erscheint Die diplomatische Aktion begrenzt, sie vereinfacht sich durch die Frage: will Griechenland seine Truppen zurückziehen ? ja oder nein? (Die äußerste Linke ruft stürmi­g: Nein!) Die Mächte sind­­ einmüthig in der Ansicht, daß das Verbleiben der Truppen des Dobersten , Balsos ein Inderniß für die Bazifikation und die Neuorganisation Kretas sei. (Beifall im Zentrum.) Die Mächte haben die nothbmwen­­digsten Beschlüsse gefaßt, damit ihre Entschei­­dungen nicht länger in Schah gehalten und den Bewohnern Kretas loyal Mittheilungen gemacht werden, welche im Unteresse der Pazifi­­kation gelegen sind. (Diese Anspielung auf das Vorgehen des griechischen Romwal Reined wird vom Zentrum mit demons­strativem Beifall begleitet.) Die Mächte sind zu einer voll­­­kommenen Einigung gelangt, um der Pazifikation zum Siege zu verhelfen. (Lärmende Protesteure auf der äußersten Linken. P­räsident Briffon ermahnt zur Ruhe.) Hanotaur bemert sodann, daß die Negierung dem Parlament volle Aktionsfreiheit­­ gemähre und theilt der Kammer hierauf die Gesichtspuntte mit, über welche die Mächte sich geeinigt haben. (Spöttische Zurufe: Macht geht vor Recht!) Eine Einigung, erklärte der Minister, hat ih über folgende Punkte vollzogen : Autonomie Kretas unter der Suzeränität des Sultans, Zurückziehung der griechischen und der türkischen Truppen mit Ausnahme jener tür­­kischen Truppen, welche auf einzelnen offupirten Punkten gleichzeitig mit jenen der Mächte bleiben. (Lärm auf der äußersten Linken. Ein Deputirter ruft: Unglaublich)) Um die Ordnung und die Sicherheit herzustellen, sol jede der sechs Mächte da D Efupation 3forp3 doch ein Kontingent von fünfhundert bis sechshundet Mann verstärken. Die Autonomie und die Noministration sollen auf das rascheite orga­­nisirt werden. Wenn Griechenland darauf beharren sollte, die Truppen des Obersten Vlafios auf Kreta zu belassen, so sollen die von den Admiralen für nothwendig erachteten Rollettiomaß­nahmen unmittelbar getroffen werden. Die Blocade der Insel:m wird treng vollzogen,­­ und, wenn erforderlich,­­sollen Die Admirale ermächtigt werden, die effektive Blocade auf irgend­einem P­unkt je des griechischen Kontinents anzuordnen. Dies sind die von den Mächten gefaßten Beschlüsse, welche wir dem Parlament unterbreiten. Man hatte in­­ dieser Frage zwischen drei Dingen zu wählen. Das erste m wäre gemelen, Griechenland zu unterstoßen. (Rufe auf­ der äußerten Linien: Das wäre vortreffih)) Wir Haben Davon abgesehen. (Rufe: Weshalb ?) Das zweite wäre das Beiseitebleiben Tranzreihe. Dieses System wäre am leichtesten zu befolgen. Man hat vorhin bemerkt, daß im Jahre 1886 Frankreich es ablehnte si­e an der Blodade des Piräus zu betheiligen. Da, aber Frankreich hat damals eine wenig vortheilhafte Rolle gespielt; es blieb isoliot und 309 fid) das Mißtrauen, sowie das Mitvergnügen der ganzen Welt zu. Goblet sagte, mir Hätten im Orient nichts zu tun. Dieselbe Polität war es, die sich bereits im­ Jahre 1882 angesichts des Vor­­gehens Englands in Egypten dazu beglücwünschte, uns durch unsere Abstinenz vor Mißgriffen in Algier und in Tunis zu be­wahren. (Sehr gut­ im Zentrum) Das ist das Absen­­tionssystem, welches darin besteht, Frankreich jede Welle im Mittelmeere abzusprechen. Wenn sich eine Majorität findet, eine solche Politik zu vertreten, so wü­rde es nicht genügen, unsere Schiffe von Kreta abzuberufen, man müßte sie abrüsten. Diese Dinge würden si ohne und arrangiren, aber sicherlich gegen uns. (Beifall im Zentrum,­­Widerspruch auf der äußersten Linken.) Das dritte Systen, welches Die Mächte adoptirten und das auch wir der Kammer vorschlagen, besteht darin, mit Europa gemeinsam an der Pazifizirung Kreta" und "Der Erhaltung des Friedens zu arbeiten. (Sehr gut!) Soll vielleicht Stanfreich den Entschluß faffen, das Einvernehmen zu brechen, dessen Wirkung ih morgen auf dem Pallan und in Das europäische­­ Konzert ist das einzige Tribunal, vor dessen Autorität die ganze Welt sich beugen kann. (Protesteure auf der äußersten Linken.) So wirksamer die Aktion des Konzertes in der ersten Phase der Krise sein wird, desto mehr Kraft wird sie in der zweiten haben. Die Regierung erwartet vertrauensvoll die Billigung der Kammer im Interesse der Erhaltung des Friedens. (Lebhafter Beifall im Zentrum.) Der Sozialist Millerand bekämpft die Soge der Blockade. Durch diese Polität könne der russischen Allianz in der öffentlichen Stimmung ein schwerer Stoß verfegt werden, da man erkannt habe, daß Frankreich Alles thue, was Rußland wolle. Hierauf besteigt Minister-Präsident Meline die Tribüne, um zu erklären, es wäre ihm angenehmer, für Griechenland Partei zu ergreifen, aber wenn man Regierung sei, sei man nicht berechtigt, Empfindungen zu folgen, sondern in erster Linie verpflichtet, den Spätereffen Frankreich Rechnung zu tragen. Griechenland habe seine Sympathien, aber Frankreich noch viel mehr. CS wäre unvorsichtig, eine Erbschaftstheilung der Türkei zu provoziren, die zu einem allge­­meinen Kriege führen könnte; deshalb lehne Europa die Annex­en Kretas und Griechenlands ab. Europa habe die Empfindung, daß dies eine Breide in das ottomanische Reich wäre. Griechenland müsse sich fügen, sonst lade es eine große Verantwortlichkeit auf si, es werde gut thun, zu überlegen. Das europäische Konzert biete die einzige Garantie, um den Gultan zu­ Reformen zu zwingen, ohne welche die Türkei zusammenbrechen und der Gultan unter den Trümmern begraben werden würde. Man mache der europäischen Diplomatie den Vorwurf, daß sie anläßlich der armenischen Gräuel nicht energisch genug eingegriffen habe; man vergesse, daß dies eben eine­r Vereinbarung der f­ontinentalen Mächte ge­­wmefen welche durchho die freien fishhen Ereig­­niss­e nur fester gestiftet worden sei. Frankreich könne nicht allein Nachschläge ertheilen; man müsse rasch, Handeln , wenn man nicht morgen handle, übermorgen künfte es zu spät sein. Man müsse entweder mit den Mächten zusammen gehen, oder sich­ von ihnen loslösen; das Zweite würde zur Leitung Frankreichs führen. Der Minister-Präsident fchloß: Die Gegner der Republik sagten einst, daß Frankreich niemals Freunde und niemals Allirte haben werde. Dieses Miktrauen haben die Thatsachen dementict. Die Republik fand Sympathien, dann kamnen dauernde Freund­­schaften und heute kann Frankreich mit lauter Stimme prechen. Dieser Politik will man die Stolkvung entgegenlegen ? Die Regierung meist eine folge Politik der Ffolirung zurück. (Lebhafter Beifall im Zentrum.) Sodann sprechen die Deputirten Codin und Jaurold. Zepterer wirft den französischen Politikern vor, daß sie russische Politik verfolgen und sich nir auf den ausschließlich französischen Stand»­puntt stellen. Oder — meint Redner — man täusche Frankreich über die franzosenfreundlichen Gesinnungen des Grafen Muramieff. Die Miniser Sand­aur und Meline protestiren energisch gegen diese Bemerkung. Kammerpräsident Briffon ruft Vauros, firengízenő zur Ordnung, CS wird hierauf zu Abstimm­ung geschritten. Nicht weniger als zehn Tagesordnungen liegen vor. Der Tagesordnung Goblet’3 wird die Priorität abgesprochen. Deputieter Gauthier de Blagny beantragt zu der der Plegierung das Vertrauen aussprechenden Tages­­ordnung: folgenden um­: „.... vorbehaltlich der unver­­jährbaren Rechte der Völker, über sich selbst zu bestimmen.“ Minister-Präsident ME Line bekämpfte diesen Zufat, welcher mit 282 gegen 165 Stimmen abgelehnt wurde. Die Kammer verwirft mit 347 gegen 173 Stimmen die von Goblet beantragte Tagesordnung, welche besagt : Die Kammer beschließt, Frankreich solle es nur in eine solche Aktion nach außen einlasfen, welche den wesentlichen Interessen und seinen Weberlieferungen entspricht und geht zur Tagesordnung über. Hierauf wird eine vom Minister-Präsidenten Meline acceptitte Tagesordnung zur Abstimmung gebracht,­­ welche lautet : „Die Kammer billigt die Erklärungen der Regierung und geht zur Tagesordnung über.” Diese Bertrauenstiundgebung für die Regierung wird mit 356 gegen 143 Stimmen ange­nommen; die Regierung hat also mit der großen Majo­ r­tät von 213 Stimmen gesiegt. Unmittelbar nach der Annahme des Vertrauensvotums in der Kammer erging nach Toulon der Befehl, Vor­bereitungen zur Einschiffung eines Bataillon von 450 Mann Marine-Infanterie nach Kreta zu treffen. Bien, 15. Mi (Orig-Telegr) Graf Goluhomws Ei fonferirte Nachmittags mit dem Fran­­zösiiichen Botschafter und mit dem Kriegsminister Krieg- Dammer. · Wien,15.März.(Orig.-Telegr.)­Lllieldung ch»N·W.Tgbl.«:Die Blockade Kretas ist so gut wie vollzogen,was die eventuelle Blockade Griechenlands betrifft,legte Frankreich Werth darauf,daß nur von einem blocus pacifique gesprochen werde Der Begriff der friedlichen Blockade ist im Völkerrecht nicht älter als z­wanzig Jahre.Bis dahin war Blocus stets mit Kriegszustand identisch und gewöhnlich von de Kriegserklä­­rung selbst begleitet.Seit dieser Zeit aber ereigneten sich mehrere Fälle,da seine Blockade auch unter Festhaltu­ng des Friedensverhältnisses zwischen den streitenden Staaten verhätiigt wurde,das war in den­ Kämpfen Südamerikas und bei der Aktion der Mächte gegen Griechenlands 1886 der Fall.Diesmal geht man insofernjtod­­sakis her vor,als nicht einmal die Gesandten abberufen werden­ sollen,solange wenigstens­ nicht,als dies mit ihrer Sicherheit un­d mit­ der Ehre ihrer Flagge verträglich ist.Aber trotzdert­ ist die P2«,qa­sz­­regel sehr ernst,da sie den Handel Griechenlands­,seine Haupterwerbsquelle,vollständig lahmlegen wird.An einem und demselben Tage wird in den Amtsblättern der Groß­­staaten eine Deklaration veröffentlicht werden, in der jeder Staat seinen Unterthanen und somit auch allen anderen han­­deltreibenden Nationen erklärt, daß die Ein- und Ausfahrt aus griechischen Häfen, die wohl ausdrü­cklich werden nam­­haft gemacht werden, unstatthaft sei. König Georg, ver­sichert man, wartet den Eintritt­ der Blodade ab, um sich mit Ehren aus der sc­hwierigen Lage zu befreien. .. Rom­ 15.März.111 der Rede,welche der Minister für Ackerbau,Industrie und Handel,Graf Guicciardini,vor seinen Wählern in San Miniato hielt,vertheidigte er die afrikanische Politik der Regierung und sagte, die erythräische Kolonie müsse­ unter Beschränkung der militärischen Ossupation auf einige P­unkte in eine Handelskolonie umge­wandelt werden. Bezüglich der fretensischen Frage sagte der Minister, die Vereinigung­­ Kretas mit Griechenland sei gewiß ein oeal. Wer aber künnte vernünftigerweise behaupten, daß nicht an der Friede Europas ein großes Focal sei, welches um einen Preis Gefahr laufen dürfe, jenem geopfert zu werden. Wir sind — sagte der Minister — im eur päischen Konzert zu dem Friede, damit wir, den Frieden garantiren und die wahren und­ reellen Sinteressen, melche mit der Zukunft Italiens eng zusammenhängen, ihnsen. In d­ie­sem Konzert werden wir wen bleiben und darin unsere bisherige Thätigkeit fortlegen. London, 15. März Wie das „Neuter’sche Bureau" erfährt, Hatte Marquis of Salisbury Heute im Budingham-Balafte eine Unterredung mit dem Herzog von Connauight, dem Befehlshaber der Truppen vor Aldershot.­­Petersburg, 15. Mir. (Drig.-Telegr) Meldung der „Bol. Korr.”: Das Verhalten der griechis­schen Regierung in der Kreta­­ rage­rt hier den allerungünstigst­en Eindruck hervor und man ist in den maßgebenden reisen über die Nachsichts- Tofigkeit, mit der sich Griechenland über die Erfordernisse­ der Friedenserhaltung und die "baducckh allein­ diffirten Winsche Europas hinmegiebt, entrüstet. Die Ansprüche, welche die griechische Negierung in ihrer Antwortnote erhebt, werden in jeder Richtung, sowohl was das weitere. Ber­bleiben der griechischen Truppen auf Kreta, wie was deren Heranziehung zum Razifikationswerte und die V­eranstaltung eines Plebiszits betrifft, als ganz­­ unzulässig erklärt. Naß­­land ist daher zu unnachsichtiger Duchführung aller für die Unterwerfung Griechenlands unter den Willen Europas erforderlichen Maßregeln entschlossen und man hegt in Petersburg die zuversichtliche Hoffnung, daß sich bis zur vollständigen Beilegung der freilichen Krise seine eins­tg­eber Mochte von der Tür Bier­ weihung bietet .Bieles unermäßlt per Gemeinsamkeit des Bohrgehens aus­­schließen werde. Die Befunche gericister parlamen­­tarischer Gruppen in Frankreich und England, die betreffen­­den Regierungen von dieser Bahn abzudrängen, werden im Petersburg auf's Schärfste verurtheilt. s * Ennen, 15. März. („Agence Havas.") Der Gen­darmerie- Major Bor stellte seine Dienstleistung ein und begab sich an Bord des englischen Kriegsschiffes „Revenge“.­­ Die Stadt Siciffamos wurde durch das­ Bombar­­dement der Aufständischen zerstört, das Fort blieb jedoch intakt. Eine Kompagnie Infanterie und eine Artillerie- Abtheilung türkischer Truppen wird zerritt­­then. 15. März. An der heutigen Gitung der Kammer wies ein Deputirter auf die Anwesenheit Ymbrianis hin und hielt bei dieser Gelegenheit eine Lobrede auf jene edelmüthigen Bremden, welche gelommen­­ seien, um für die griechische Sache zu kämpfen. (Beifall) Minister­ de8 Reußern S Eu 3­e 3 theilte die Note der Mächte sowie die Antwort Griechenlands auf dieselbe mit. Minister-Präsident Delyanniz erläuterte die Mapr­­egeln der Mobilisirung der Armee, melde ihre Begründung finde in der Rücksicht auf die Organisirung der einberufenen Reserven. Der Kriegsminister legte einen Defebentwurf vor, welcher die Aufnahme von Freiwilligen griechischer Abstammung in die Armee und die Bildung einer philhellenischen Legion für Frei­­willige fremder Herkunft gestattet. Köln, 15. März. Wie die "Köln. Ztg." aus Canea vom 14. b. meldet, gab der Kaimalam von Selino Hussein Bey Sanitfharatimin im Auf­trage der mohamedanischen Bevölkerung von Gelino Heute folgende Erklärung ab: „Wir begrüßen Die freudige Nachricht der bevorstehenden Bewegung der Insel durch Die europäischen Truppen und Hoffen, daß die Truppenmacht stark genug sein werde, um uns wieder in unseren Beleg einzufegen und ums denselben zu sichern. Nur wenn Die künftige Verwaltung der Insel unter dauernder und merklich ausgeübter Aufsicht Europas steht, ist die Ruhe und Ordnung verbürgt. Nur unter europäischen Schuß wäre unser ferneres Berweilen auf der Insel möglich.“ s­. Rom,15.März.Wie die»Agenzia Stefani« meldet,hätten­ sämmtliche Kommandanten der großmächtlichen­ Geschwader bereits den Befehl erhalten, die Blodade Kretas anzukündigen Zu Blodade der Häfen Griechenlands würde exit geschritten werden, wenn die Blodade Kretas als unzureichend erkannt worden wäre. Die griechische lotte werde Kreta zu ver­­lassen haben, unwidrigenfalls sie außerhalb der Kretensischen Gemässer eskortirt würde. London, 15. März. Nach einer Meldung der „Times aus Canea vom Gestrigen wird in den dortigen amt­­lichen Kreisen angenommen, daß der Beginn der streng huchzuführenden Blocade der Ansel unmittelbar, vielleicht Schon für Heute bevorsteht. kk * Konstantinopel, 15. März. (Orig-Telegr.) Meldung der „Bol. Kor." . Im Nildiz-Kiost hat die Absicht bestanden, durch die Publizirung eines umfangreichen­ R­e­­formprojektes der bevorstehenden Aktion der Mächte bezüglich der von den Botschaftern vereinbarten Reform­­vorschläge zuvorzukommen. Diese Absicht ist jedoch auf Den Kath,einer dem Sultan­­ besonders ergebenen , Bersünlichkeit wieder fallen gelassen worden, die darauf hin­wies, daß Die Pforte, wenn sie selbst ausgedehnte Reformen adoptirt und feierlichst publizirt, nicht nur d­iese, sondern auch die Reform­­vorschläge der Mächte Durchführen müßte. Für die aus dem Haan geflüchteten Druiten wurde eine Ammestie publizirt. Diese werden zur Machtehr aufgefordert und ihnen völlige Straflosigkeit zuge­­sichert, wenn sie ihre rücständigen Steuern bezahlen. Belgrad, 15. Mag. (Orig.-Telegr.) Meldung der „Bol. Kore.” . Die neuerdings auftauchenden Nachrichten von DBerhandlungen zwischen Griechenland , Serbien über eine eventuelle Betheiligung des Ichteren an einer Ak­ion in Mazedonien fd aus der Luft gegriffen. Belgrad, 15. März. (Orig.-Telegr.) Meldung der „Bol. Korr.": Falls nicht seitens der türkischen Regierung ungefährt alle Vorkehrungen getroffen werden, um den Gewaltthaten in Altserbien ein Ende zu fegen, wird sich, wie man in den hiesigen leitenden Sreijen betont, Serbien genöthigt sehen, für die Sicherheit seines Grenzgebietes in entsprechender Weise vorzusorgen da man aus Erfahrung weiß, daß die Arnautenbanden, wenn deren Treiben im Lande selbst feine Schranfen gezogen werden, auch Gr­enzü­ber­­schreitungen durchaus nicht scheuen. “ Belgrad, 15. März. Nach hier eingelaufenen Berichten blagh bei HNeshla eine Arnautenbande in ser­bisches Gebiet ein, wurde jedoch, nach hartnädigem Kampfe von der Grenzmache mit Hinterlassung eines Todten zurü­c­­gedrängt. , friedlicher Weise zu Lösen. ftantinopel . fühlbar machen künnte? (Beifall im Zentrum.) Rom 4 — PBrofeffor Do SHwarter de Baba: cz hat fid bezüglich des auch von uns mitgetheilten offiziösen Communiques der „Bud. Korr." in Angelegenheit des justigärztlichen Senats einem Mitarbeiter des „Magyarorkäg“ gegenüber folgendermaßen geäußert: „Ich untersuche und weiß es auch nicht, von wen die offizielle Widerlegung stamm­t ; so viel ist mir jedoch zweifellos, daß­ diese mich nicht davon zu Überzeugen vermag, daß ich das Recht, habe, meine Angelegenheit vor der Oeffentlichkeit zu pertrah­iren. Ich habe meine Designation dem Herrn Justizminister überreicht und habe sie natür­­lich entsprechend begründet. Von diesen Momente­­n erhielt die Sache eine amtliche Färbung und hier kommt mein Amtzeid zur Geltung, daß das, mas im­ Genat geschehen, ‚ein, Amtsgeheimniß bildet. Ich, weiß wohl, daß mein Schweigen mir nicht zum Vortheil gereicht, aber dü­rfen mir schließlich immer und in Allem unseren persönlichen Interessen folgen ? So ertrage mit Geduld die Anklagen und Verdächtigungen, weil ich das Berwußtsein habe, meine Sache sei­­ gerecht, mein Vorgehen forrert und dies dient mir auch zur Beruhi- -

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