Pester Lloyd - Abendblatt, August 1898 (Jahrgang 45, nr. 174-199)

1898-08-01 / nr. 174

s 1898.——Yk.174.«7 . Mr . LLOYD, | Montes, (Einzelne Nummern in Budapest 3 Er, in­­ der Provinz 4 fr, in allen Berichteikloralen.) 1. Aug­ust. Budapest, 1. August. —= Un den Petersburger Königs Seite Kommentare geknüpft, welche in der trüben Betrach­­tung gipfeln, daß auf dem Balkan ein Umschwung in einer nichts ES ist nicht zu jragen, den xuffiischen Kaiser bejuht Hat, welche Fan von mander zu einer des sei. Derlei Annahmen selbst, daß der König von Rumänien solchen Deutung gewiß seinen Anlaß geben; sie zeigt lediglich, daß die Spannung, welche Jahre Hindurcy zwischen Petersburg und Bukarest bestand, nunmehr normalen, freundschaftlichen Beziehungen gewichen ist. Aber auch die Kundgebungen, während­­ der verschiedenen Settlichkeiten in Peterhof zu Tage treten, können einer pessimistischen Auffassung nicht als­ Grundlage dienen. Die Zonfte, welche zwischen den beiden Herrschern gewechselt wurden, enthalten gar nichts, was zu tiefen politischen Betrachtungen einladen, geschweige Besorgnisse einflößen könnte. Bon alldein aber abgesehen, it nicht zu vergeffen, daß die wafsische Politit in der letteten Zeit vielfache Beweise gegeben Hat, wie weit sie von der Absicht entfernt ist, sei es die Unruhe, sei es die Begehrlichkeit einzelner Baltanstämme zu fordern und zu unterfrügen, und daß auf der andern Seite König Carol und seine Regierung sich unzweifelhaft als Anhänger der friedlichen DOrientpolitit und der Intentionen der Tripel­­allianz bewährt haben. Muß man also durchaus dem Be­suc­he des rumänischen Königs ein starkes politisches Moment zuschreiben, so wird man wohl am wenigsten falsch Toms binigen, wenn man die Ansicht vertritt, daß dadurc). Die Friedenspolitik neue Bürgschaften gewonnen hat. Ungewöhnlich wie die ganze Kriegführung zwischen Amerifa­ und Spanien, ist auch die Methode der Friedensvorbereitung. Sicher ist, daß wegen des Friedens ernsthaft unterhandelt wird, Amerifa Hat ja Halbamtlich seine Bedingungen bereits der Deffentlichkeit preisgegeben ; dennoch wird Instig weitergerauft. Wenn sonst zwischen kriegführenden Mächten über die Friedenspräliminarien ges­­prochen wird, geht diesen ein Waffenstilstand voraus. I­wischen Amerika und Spanien aber wird zugleich gekämpft und über den Frieden geredet. Was die Bedingungen Amerikas betrifft, sind Diese freilich nicht allzu bescheiden an­­efallen, aber man hat von vornherein so ziemlich gewußt, daß es sich nicht lediglich um Cuba, sondern um Die ge­­sam­mten amerikanischen Kolonien Spaniens handeln wird, und die Amerikaner sind ja wirklich unerwartet großmüthig, wenn sie Cuba nicht einfach in den Sad stehen, sondern unter amerikanischem Protektorat unabhängig machen wollen — den Spaniern kann das ziemlich egal sein, wenn ihnen die Insel überhaupt genommen wird — und auf eine Kriegs­­entschädigung in Geld verzichten. Nun, es ist ja allerdings ein genug harter Friede, der den Spaniern diktirt wird, aber schwerlich gibt man sich in Madrid selbst der Tätigung hin, daß daran Wesentliches zu ändern sein werde, von Rumänien ergründen. Die Ihatsache worauf ,Besuch, werden weniger als F konservativen Nichtung eingetreten sich wenn auch mit der für die Oeffentlichkeit gebotenen Rücksicht, " gefeji­­dert wurde, Der Wortlaut der Auseinanderlegung zwischen­ den in Trage kommenden Ministern t st­elten nicht publizirbar. . ++ + Zieh Bismarck, = Das Deutsche Neid) ist heute ein einziges großes Trauerhaus und die deutsche Nation eine trauernde Familie. Geschwunden sind alle Parteis-Unterschiede, der politische Kampf it eingestellt und Eins sind alle Herzen und Geister in dem Kultus für den Todten von Friedrichsruh. Der Kaiser kehrt von seiner Nordlandsreise zurü­ck, um Bismarc die legten Ehren zu erweisen,­­ und nicht nur von­ allen Königen­ und Fürsten der deutschen Staaten, auch von fremden­ Souveränen , kommen theilnahmsvolle Krunds­gebungen.­­ Es ist ein beredteres Zeugniß für die Historische Bedeutung " Bismarc’s nicht denkbar, als es in den Manifestationen Der gesammten­ffentlichen Meinung Europas, ja der zivilisirten Welt überhaupt sich ausdrückt; selbst die Französische Presse — und das gereicht ihr zur Ehre — ist aumbefangen genug, dem nationalen­ Heros der Deutschen Die Bewunderung nicht zu verjagen. Und wie mächtig, auch der Eindruc­kt, den Das Hinscheiden Bismarc’s Hervorrief, so zeigt sich jedt Dod) in Deutsc­hland und den ihm befreundeten Staaten nicht die­­ Bek­emmung,­­ und anderwärts die mit Hoffnung gemischte Unruhe nicht, die seinerzeit die Verabschiedung des ersten Kanzlers hervorrief. Man hat eben in den Jahren der­ Zurückgezogenheit Bismarc’s die Erfahrung gemacht, da die politischen Naturgesebe, die im Deutschen Neid­ und in seiner Stellung zu den europäischen Mächten Herrschten, nicht durchbrochen, nicht umgestürzt und nicht durch ein Ungefähr abgelöst worden sind. Die erhaltenswerthen Tradition­en­­ Bismard’s sind auch ohne Bismard­ sorg­­fältig gepflegt und in mancher Richtung weiter ent­­wickelt worden, manche seiner Anregungen und Thaten aber, besonders in der inneren Polität Deutschlands, haben eine wohltdiende Berichtigung gefunden. Darum Tod seine Sucht auf der einen, seine Fahne Zuversicht auf der andern Seite geweht. Deutschland it ein Hort des europäischen Friedens und der Freund seiner Freunde ge­­blieben und, seine Beziehungen zu den außerhalb des­ Bü­nd­­nisses stehenden Mächten haben sich nicht nur nicht verschlechtert, s­ondern an Elementen einer fortschreitenden Dpesserung "ge­wonnen. So gestalten sich denn die Kundgebungen über Bismarc zu einem nahezu­ historisch leidenschaftslosen Ur­­theil und Dieses klingt in einmüthige Bewunderung für Die Größe und das schöpferische Genie de­s weltgeschichtlichen Mannes aus. Telegramme. Die Iegten Stunden Bismard’s. Hamburg, 31. Juli. Das Befinden des Fürsten Bismard war den „Hamburger Nachrichten“ zufolge am Freitag relativ befriedigend. Am Samstag Vormittags las der Fürst die Zeitung, Sprach über Bolitit, aß und trant. PBlöglich trat eine Verschlimmerung duch afutes­­ ungenödem ein. Nachmittags verlor der Fürst häufig das­ Bewußtsein. Abends nahmen die bedenklichen Erscheinungen zu. Der Tod trat, gegen 312.062. Wahls Leicht,.und:..jhmenz Lios ein. Das Sterbelager umstanden die gesammte Familie, der ku­rz vorher eingetroffene Professor Schweninger, Chrysander, Baron und Baronin Merd. Die legten. Worte vihtete-Bismard an ‚die Gräfin­ Nankau, als sie seine Stirne trocknete:­ „Danke, mein Kind!" Der Fürst liegt Schlafähnlich,­­ sein Gesichtsausbruch ist mild und friedlich. Die Beilegung erfolgt nach dem Wunsche Bismard’s auf der Anhöhe gegenüber dem Schiffe in der­ Nähe der Hirschgruppe. Berlin, 31. Juli. Der „Lofalanzeiger” meldet aus Friedrichsrudb: ht Bismarcentsch­ef unter den Händen seines Leibarztes Professor Schw­e­­ninger, der um 10­ Uhr aus Berlin eingetroffen war. Seit einigen Stunden waren Bewußtlosigkeit und wieder­­holter Luftmangel eingetreten. Das Hinscheiden er­folgte kampflos. Friedrichsruh, 31. Juli. (Drig-Telegr.) Der Zustand des Fürsten Pismard hatte sich im Laufe des Samstag. Nachmittags plöglich verschlimmert. Zeitweilig trat Bemwußtlosigkeit ein. Professor Schweninger tam aus Berlin Abends 10%, Uhr an; er wurde von Bismard nicht mehr erstaunt Der Altreichskanzler litt große Schmerzen; auch trat häufig Lustmangel ein. Graf Wilhelm­ Bismard,­ der Nachmittags abgereist war, it telegraphisch zurückberufen worden. Friedrichdrud, 1. August. Orig -»Telegr) "Freitag ‚Nachmittags war der Fürst noch außergewöhnlich munter. Um 7 Uhr nahm er an dem Diner theil, rauchte, trank einige Gräser Champagner und gab einem Beamten den Auftrag, drei Meeri­aumpfeifen fü­­r ihn anzuwanden. Samstag Früh trat die Berschlimmerung ein. Die Familie war von Varmittag unausgeföst am Bette. Die Schmerzen des Fürsten wurden so heftig, dab sein Stöhnen auf der Landstraße zu hören war. Der Fürst griff mehrere Male ans Herz, da heftige Athemnoth ihn bedrängte, und sprag nur wenige Worte zu Herbert. Um 3 Uhr Nachmittags wurde er ganz apathisch. Ein Ohnmachts­­anfall folgte dem anderen. Gegen 8 Uhr trat Gräfin Sibylla, die Gemahlin des Grafen Wilhelm zu der Familie, die sich im Sterbe­­zimmer aufhielt, und verkündete freudestrahlend, daß der Fürst schlafe. E35 war aber nur eine Erschöpfung eingetreten. Schweninger hatte nach seiner am Donnerstag erfolgten Abfahrt von­ Friedrichsruh fi­­­erst nach Sachsen und dann nac Berlin begeben. Die Familie des Fürsten sendete ihm ein Telegramm nach, das­ ihn verfehlte. Von der Reise erschöpft, verschlief Schweninger den Zug und verließ erst um 7 Uhr 50 Minuten Berlin, Ang ein zweites Telegram­m mit der Weisung, er solle einen Ertrazug nehmen, erreichte ihn nicht. Man depejdierte daher nach Wittenberg, wo der Bahnhofsvorsteher Sch­weninger das Telegramm im Zuge überreichte. Schweninger ver peldirte sofort zurück: „Machet heiße Handbäder, leget einen Schwamm an den Hals.” Einige Minuten nach 10V2 Uhr Nachts lief der Zug in Sriedriheruh ein. Die Söhne des Grafen Nankau und Baron Merk erwarteten Schmweninger, der beim­ Berlaffen des Zuges hef­­tig­ meinte.­­ Hamburg, 1. August. Drig -Telegr) Die „Hatte­burger Nachrichten“ melden über die legten Stunden des Fürsten Bismarc: Am Donnerstag Abends war auf die V­erschlimmerungen, wie sie seit Oktober vorigen Jahres wiederholt stattgefunden hatten, Beffeiung eingetreten, welche dem Fürsten erlaubt hatte, bei Ti zu erscheinen, lebhaft an der Unterhaltung theilzunehmen, Cham­pagner zu trinsen und gegen die Gewohnheit der legten Zeit wieder mehrere Pfeifen zu rauhen. Das Befinden war derart befriedigend, daß Geheimrath Schweninger, nachdem sich der Strst zur Ruhe begeben hatte, Friedrichsruh verlassen konnte und erst am Sonntag wieder zurückkommen wollte. Der Zustand blieb während des Freitags relativ befriedigend. Auch am Samstag Morgens Tas der Würst noch die „Hamburger Nachrichten“ und sprach über Bolitif, namentlich über zuffishe. Auch genoß er im Laufe des Vormittags Speise und Trans und befragte sich dabei scherzhaft­­ über den geringen Zufag von geistigen Getränken bei dem Wasser, das man ihm reichte. Dann trat plöglic eine V­erschlimmerung durch akutes Lungen­­ödem ein. m Laufe des Nachmittags verlor der Fürst das Bewußte sein. In der legten Zeit hatte der Fürst neben außergewöhnlich lichten Momenten mehr oder minder toporöse Zustände gehabt, aus denen er entweder in längeren tiefen und mohrthätigen Schlaf gerieth oder zu völlig frü­hem Erwachen gelangte. In den Abendstunden am Samstag nahmen die bedenklichen Erscheinungen zu. Der Tod trat leicht und schmerzlos gegen 11­­ Uhr­ ein. Geheimrath Schweninger, der erst nur­ zuvor eingetroffen war, konnte dem Sterbenden den Tod wo Dadurch erleichtern, daß er ihm mit einem Taschentuch den Schleim aus dem Munde entfernte und dadurch das Athmungs­­hinderniß beseitigte. Nachdem Scweninger während dreier Minuten seinen Albemzug und seinen Puls mehr wahrgenommen hatte, erklärte er in einfacher und ruhig schonender Weise, dass der Tod eingetreten­ sei. Sofort nach dem Ableben Bismarc’s meldete Schweninger das Ereigniß dem Kaiser Wilhelm telegraphisch nach Norwegen. Der Fürst liegt, wie er oft zu Schlafen pflegte, leicht mit dem Kopfe nach linie geneigt. Der Gesichtsanuscheud ist mild und friedlich. Auffallend war es, daß der Kopf verhältnismäßig lange Zeit die Wärme des Lebens behielt. Berlin­ 1.August.(Orig.-Telegr.)Telegramm des ,;N.W.Tagbl.««:In iitimen Kreisen war es schoki seit etwa einer Woche bekamj,daß die Tage des Fürsten gezählt seiett5 man rechnete­­ höchstens noch auf eine des Monat qualvollen Hinziehens der Katastrophe. Die beihm wichtigenden Darstellungen aus Friedrichsruh waren nur für das große Bublitum berechnet. Es ist au­ nicht richtig, daß der Fürst si über ‚seinen Bustand getäuscht habe. Er weinte viel, spra häufig über seinen Tod und sehnte ih nach Erlösung von den körperlichen Schmerzen. Manchmal Tag: er stundenlang im Halb» schlum­mer. Die Schmerzen, melche­ ihm Die aufgebrochene Beinwunde verursachten, mußten " mit energischen Mitteln beruhigt werden. Als Schweninger kürzlich erklärte: „Die Zeitungen ließen ihn anschwellen, ich lasse ihn abscmellen", gebrauchte er eine Nothlüge, die gewiß zu entschuldigen war. In der Nacht von Freitag auf Samstag begann die fette Krise. Die Athembeschmerden und das Rödeln waren bedenkliche Symptome. Samstag Vormittags trat dann wieder eine gewisse Erleichterung ein, so daß Graf Wilhelm, der nach Ablauf seines Urlaubes nach Königsberg zurückkehren mußte, glaubte, abreisen zu­ können, . Im Laufe des Nachmittags fußte die Verschlimmerung dann plößlich ein, so daß an Schme­­ninger telegraphirt und Graf Wilhelm zurückberufen wurde. Schmeninger, von dem man anfangs nicht wußte, wo er sich befinde, war endlich benachrichtigt worden. "Seinetwegen hielt der Schnellzug Berlin-Hamburg um 102 Uhr Nacht eine Sekunde in Friedrichsrod, wo Graf Wilhelm und die Söhne des Grafen Ram­kau den Arzt erwarteten. Schmweninger sprang mit einem Gabe aus dem Wagen,­­ stürzte sich auf die harrende Equipage, so rasdh, dab ihn die Söhne des Grafen Mantan nachlaufen mußten, und nun ging’s im Gagliere in einer Minute zum Schlosfe; der Fürst, der längst in Lethargie verfunden war, erlantzte Schweninger nicht mehr, unter seinen Händen starb er. hat . sein: —tt. Konstantinopel, 28. Sul. (Drng- Korn) 3miden dem Kriegsminister Marshall Riza Balga und seinen­­ beiden Kollegen, dem Minister für öffentliche Arbeiten Mahm­ad Dihellaleddin MBafda, Sowie dem Justizminister A­b­­­d Bunahman Bajda, sind ernste Meinungsverschiedenheiten auf­getaucht.. Der Kriegsminister stellte in­­­ nachdrücklicher Weise die Forderung auf, daß ihm größere Summen zur Verfügung­ gestellt werden, um damit rüdständige Gagen an die Truppen zu begleichen, und begründete seine Forderung mit dem Hinweise auf die große Unzufriedenheit, die innerhalb der Armee wegen der beträchtlichen Gagenrückstände herrsche. Die Angelegenheit­ gelangte­ vor die Minister-K­ommission, die eine bis zweimal in der Woche im Yıldiz-Krost zusammentritt, und bei diesem Anlasse kam es zu­ Scharfen Auseinandergebungen zwischen den genannten Ministern. Der Tenor der Debatte war ein derart gereizter, daß er sich in einem öffentlichen Blatte nicht wiedergeben läßt. In Folge dieser Vorfälle hat Marshall Niza Baia seine Demission gegeben, welche jedoch der Sultan nit angenommen hat. In jeden anderen Lande wäre ein weiteres Zusamm­enarbeiten zwischen Minister-Kollegen bei derartigen Meinungsverschiedenheiten — von der Art ihrer Aus­tragung nit zu reden — unmöglich. Das Konstantinopler Kabinet besteht jedoch, bisher wenigstens, vollzählig weiter. Unter allen Um­­ständen ist der Zwischenfall sehr bedrautlich, da der Kriegsminister einerseits den Ruf eines rechtlichen Mannes genießt und andererseits eben im Begriffe steht, eine beträchtliche Vermehrung des Friedens­­standes der türkischen Landarmee ins Leben zu rufen. Eine solche Erhöhung erscheint angesichts gewisser Nspirationen einzelner Ballanstaaten dringend geboten. Aus diesem Anlasse mag bemerkt werden, daß in den legten Monaten wiederholt Minister­­frisengerüchte im Umlaufe waren, ohne daß sie bis nun, wie die Thatsachen bemessen, zu einem Habinets­wechsel geführt hätten. Daß diese Gerüchte jedoch nicht aus der Luft gegriffen sind oder gar, wie von gemeilter Seite behauptet wurde, von ihrem Korrespondenten erfunden werden, beweist der erzählte Borfall, der mahrheitsgetreu, Die Beilegung. Friedrichsruh, 1. August. Orig-Telege) Die Einbalsamirung der Leiche wurde gestern um 8 Uhr Abends vorgenommen, unnd zwar wurde hiebei auf Wunsch der Familie der Körper nicht geöffnet. Bereits vormittags war ein in Herzlichen Worten abgefachtes Beileids-Telegramm des Kaisers eingelangt. Nachmittags traf eine zweite Deweide des Kaisers ein, in welcher der Monarch die Familie des Fürsten Bismard bat, die Leiche des B Vereinigten in dem Mausoleum zu Charlottenburg bei­­zufegen, wo bekanntlich Kaiser Wilhelm Tiegt. Dieses Att­­erbieten wurde seitens Herbert Bismard"8 danzend abge­­lehnt, da der Fürst den Wunsc ausgesprochen hatte, an der Seite einer Gemahlin im Mausoleum auf der, der Anhalter Hirschgruppe gegenüberliegenden Anhöhe zur eroigen Nähe bestattet zu werden. Bis­­ zur Beilegung in diesem Mausoleum bleibt, einen gestern gefaßten Beschlusse der Familie zufolge, die Leiche des Fürsten im Sterbe­­zimmer aufgebahrt. Von der zuerst projektirten vorläufigen Beilegung im Thuembhause wurde Abstand genommen. Friedrichsruh, 1. August. Unter den gestern Nachmittags hier eingetroffenen Persönlichkeiten befindet sich Graf B­os­a dem38fy, der um 6 Uhr Abends nach Hamburg weiterreiste, die verlautet, sol die Leiche des Fürsten Bismarc sofort eine ballamirt werden, um im Schlosse bis zur Fertigstellung des Mauso­­leums zu verbleiben. Vor dem Schlafportal, wo die K­ondolenzlisten aufliegen, herrschte tagsüber großes Gedränge. Berlin, 1. August. (Drig-Telegr) Bhoto­graphische Aufnahmen der Leiche wurden bisher nur von einem einzigen Photographen gemacht, und amar nut ‚zur Vertheilung im Familienkreise. Es wurde dem Photographen das Bersprechen abgenommen, daß die Platten im eigenen Interesse nicht verwendet werden sollen. Vermut­lich sol der Todte. anders auf­­gebahrt und soll das Sterbezimmer anders ausgestattet werden, bevor man Aufnahm­en­ gestattet, die für die Oeffentlichkeit­­ bestimmt sind; einige bereits getroffene Anordnungen deuten darauf hin. Berlin­,1.August.(Orig.-Telegr.)Die"Leiche 21- feier findet Dienstag im engsten Familienfreije statt. Pfarrer 98 eftf­a­hl in Brunnersdorf, in dessen Sprengel Friedrichgruh liegt, wird die Zeichenrede halten. Die Ankunft des Kaisers zu diesem Akt gilt noch nicht als ganz sicher. , Bismard’8 Nachlaf. Berlin, 1. August. (Orig.-Telegr.) Ueber seinen Nachlaf hatte Bismard bereits seit längerer Zeit verfügt. P Friedrichsruh fällt mit dem Fürstentitel an den Grafen Herbert. Vorläufig bleibt die Familie Rangan im Schlosse wohnen. Bismard’s Baarvermögen, welches theilweise bei der Bank von England, theilweise bei Bleich­­röder deponirt ist, übersteigt die bisherigen Schäßungen um Milionen. Eine Million Werth repräsentiren­­ die bei­den Hofjumwelieren Brüder Friedländer Deponirten " Orden, Brillanten, Goldjachen und Chrengelciente. Ein größerer Theil des Baarvermögens it den Söhnen des Grafen Ranyan zugedacht, die der Fürst ehr geliebt hat. _ Die Grabschrift. Hamburg 1. August. (Dinge:Telegr.) Die "Hamburger Nagridgten" schreiben in ihrer heutigen Morgenausgabe: Am Sonntag Früh begannen Beileide-Telegramme aus aller Welt in Friedrichsruh einzulaufen. Der Fürst lag bis Sonntag Mittags noch genau so, wie er vor dem Ableben gebettet war. Das Gesicht hat natürlich Todesbläffe angenommen, aber der Ausbruc­kt sonst unverändert. Der entschlafene Fürst bietet das­ Bild vollkommen, harmonischen Friedens. Er hat legtwillig verfügt, daß er an einer bestimmten Stelle des Gachsenmahdes, dem Schloffe gegenüber, begraben werde. An Grabschrift mwünschte er: Fürst Bismard, geboren am 1. April 1815, gestorben »... Ein treuer deutscher. Diener Kaiser Wilhelm’s I. Kaiser Wilhelm und Bismard, Bergen (Norwegen), 31. Juli. Der Kaiser erhielt gestern Abends spät die­ erstem besorgnißerregende Nachricht über das Befinden Bismard’s und heute Früh tief erschüttert die Todesnachricht. Die Flagge der „Hohenzollern“ weht am­ Halbmast. Die Plaggenparade unterblieb. Der Kaiffer­tige Radfehler nach Deutschland und knit in Stiel am Montag Abends ein. Hamburg, 31. Juli,. Die „Hamb. Korr.” meldet aus Friedrichsruh: Ralf Wilhelm ordnete tele­­graphisch­ von Bergen an Bord der Dagt „Hohenzollern“ an, daß das in Altona garnisonirende I­nfanterie-Regiment Graf Boje Nr. lem Ehrencompagnie nach Friedrichh rubbentsen­de. Dieselbe traf Nachmittags um 2 Uhr dort selbst ein. « Berlin,1.August.(Orig.-Telegr.)Der Kaiser wird der Beisetz­ung Bismarck­s jedenfalls bei­« wohnen;auch Graf Henckel-Donnersmark und­ Maler Leubach werden erwartet. befahl,die Toror Feuilleton­ braspte, wagte Ladislaus wie ein Hüne empor. Sein Großvater war Ri Iadislaus Arany. Ihn müßte man im Liede beweinen. Denn er war ein Sänger. Allerdings mit schlichtem, unspeinbarem Beftecher, gleich einer Nachtigall, versteckt, Heimlich flötend, wenn die Glück­chen schlafen ı und Liebende sehnfüh­lig durch die Haine irren. Ja, Ladislaus entstammte einem ungarischen Nachtigallengeschlecht. Sein Vater, Johann Arany, war der Unsterbliche dieses Namens. Kein größerer Ungar hat je süßere Raute gesungen. Wer das Herz, den DVerstand, das Gemüth, die tiefe Melancholie und den goldenen Humor der sieben transfaurasischen Stämme kennen lernen will, dem genügt nicht Metöfi. Petöft it genial, seurig, gewaltig, aber extremn, unruhig, fieberhaft, der Verzmweislung zugänglich. Arany ist Künstler, wo Gestalten, Bilder, Erzählungen, eubig im Sturme, er senkt sein Belt selbst auf den Schiffg­­rümmern in den­ Hafen. Vetöft ist der Freund, der si opfert, Arany, der Vater, der rettet. Und Arany hat uns gerettet, nachdem Petöfi als unsterbliches Opfer unserer Freiheit bei Schäßburg gefallen war. Der Freund Petöfi’s rettete und, verband unsere Wunden, spiegelte trostvoll die Vergangenheit, allegorisirte geistreich die bessere Zukunft, erheiterte uns mit patriachalischen Szenen und mit Heldengesängen von unseren Zigeunern und dann hob er an das große Lied von unserem genialen König Ludwig und von dessen treuem Diener Toldi, dem Riesen, den einst plößlich die Liebe am Schopfe faßte. Gesegnet sei noch im Grabe Johann, der unsere Jugend in den fünfziger Jahren dem B­aterlande treu erhielt, mit Fökat in Bunde, und der aus der anentmwidelten Sprache italischen Glanz und Wohlklang zu loben vermochte. Das war der Vater des Ladislaus, dem die Parzen in no­kräftigen Fahren den Lebensfaden abschnitten. Während sein Bater­ion gebeugt einherging und unter den Linden und Eichen der Margarethen­ fiel seine unsterblichen Empfindungen zu Papier ein Bauer, von dem kräftigen "Schlage Derjenigen, die noch in Muntács als Eroberer eingerückt waren. Der Schlag hatte sich erhalten, denn auf Johann, der Notar von Szalonta im Biharer Lande,­zwar von guter Statur, wenn auch vorzeitig gebeugt. Ladislaus deutete,ih­n durch sein redenhaftes Aeußere seine Abkunft, seinen Charakter, an. Zur langen breiten Statur das dunkle Haar, der starre Bart, die finsteren Augenbrauen, gemäßigt Durch ein schönes funfelne dem Auge und ein regelmäßiges Gesichtsoval, der elastiische Gang : Alles­ verrieth, daß Energie und Begabung hier feltfan zusammenmahnten, Und Ladislaus war in der That sein Schwächling im Berlangen und Thun, er eroberte sich durch eine der Schönsten, echt ungarischen Frauen, deren Netze ihren milden Schein noch über ferne legten Minuten warfen. Seine Stellung al hoher Privatbeam­ter füllte er mit ohrmütiger Pünktlichkeit, geräusch- und tadellos aus. Die Oeffentlichkeit hörte nicht viel von ihm, er war einer der Schreigs fan­ften Menschen. Er war ein seltsamer Wit des Schicsals, Daß es ihm in der leßten Zeit das Gehör erschwerte und seine Einfanten­ noch erhöhte. „Der Einsamer von Hauptmann it eine Drahtpuppe gegen diesen wirklichen Menschen, der wie ein Einfamer unter uns einherwandelte, mit den größten Gütern gesegnet und doch ftil, scmweigsam, ein Näthsel beinahe für uns Alle, Die psychologische Imtuition muß und führen, indem wir diese zu ‚früh von und geschiedene große Menschenseele auf den Sezi­­­tisch legen. € 3 gab­ eine Zeit, da Zadislaus jung und mittheik­ran war, da er der alten Nachtigall ihre Künste abzulauschen vere­inigte und in dem Chorus der jugendlichen „Neforn“-Bartei fi bemerkbar machte. An der ganzen Zeit vom Jahre 1867 bis heute gab es nur eine Sturm- und Drangperiode in der ungarischen Literatur. Es war dies, als Eugen Nafosi,­arın und begeistert, wie Horaz, aus der­ dunkeln Provinz in unsere vielverheißende urbs heraufkam und einen Urquell von patriotischer Vegeisterung in unsere blasirte Stadtjugend­ strömen lieb. Es war damals viel unbekanntes Talent und heißes, loderndes Empfinden zerstreut, das sich nun um den gelegentlichen, durch nichts zu erschütternden Führer sammelte. Sie h­ämmerten si ein Schwert, die Tageszeitung , Reform", wohl Die beste, die in ange­­zifher Sprae ersschien. Da tauchten die jungen Paladine­­ auf, Kämpfer von Bildung, Feuer, Berechtsamkeit, extremer Baterlands: liebe, Zuft zum Schaffen und Streiten. Döczy, Kaas, Stefan Toldy,­ die­ Familie Markus (in zahlreichen Schößlingen­­ gleichbeliebt und gleichbegabt), Ugai, Berczit, sie waren: glei) „Helden lebebären, von großer Kuenheit“. Paßte der Hüne Ladislaus Arany, des größten ungarischen Dichters. Sohn, nicht vollkommen in diesen Rahmen hinein ? Nun, offen gestanden, ex,ü­bertraf sie Alle, sogar Nakosi, das Haupt der Chauvinisten, stand um Kopfeslänge­ hinter ihm zurück, Ladislaus nannte überhaupt gar nichts in der Welt als unsere Nation. Die Anderen waren in seinen Augen der Vernichtung ges­weiht. Ungarns Größe war sein Traum. Ja, er war ein Träumer, der große Starke Mann. Und er liebte sein Vaterland mit unglück­licher Liebe, ‚wie ein Lieben, das früh gestorben ist, er litt an den edeln Vaterlandswahn, dem Szechenyi, Grünwald und nom einige Wenige erlegen sind, so erflären wir uns diesen Schweigsamen, Einsamen. Denn wie er in feinem Sunern arbeitete und tobte, das it doch unzimeifele haft erwiesen durch ‚feine Sugendwerte: „Der Held der Futa Morgana( CA delibabok hösee) und der­f eine Vision der Sonnen schlagt. Der „Held der Fata Morgana” hat seinerzeit großes Aufsehen erregt. Man riß einander das Buch aus den Händen. Welche gewaltige Satire in Byronstrophen gegen das damalige Ungarn ! Slagelieder eines ungarischen Jeremias auf den Trümmern der Nation. CS it vorher und seitdem wicht? Rebnliges bei uns geschrieben worden. Heute würde es auf Niemand wagen, selbst wenn er es könnte. Denn ein riesiges Können offenbart sich in diesen wie Musik singenden, wie Brosa vollenden Strophen. Gelbst Barba, der sich auf seine Versfunft und seine patriotische Grobheit viel einbildete, ist ein Heiner Sturzbach gegen diesen mächtigen Katarakt des Zornes. Der moderne Ungar mit seinem schm­ädlichen, utilitarischen Wesen, mit einem Wort das Hinschminden des alten Ungarthums unter der heutigen Entnervung, Ber­eidlichung, Defadenz wird in mächtigen Glockentönen — Mortuos plangoe — fulgura frango — verfündigt. Dann hören wir wo einige Klänge aus der Hunnenschlagt, wir bliden in des Dichters Seele hinein, der die verjunfene Weltgerr­­schaft des Ahnenstammes betrauert — und dann ist es still. Ladizlaus Arany it blos­so Beamter. Seine Nachtigallentäne hört Niemand mehr. Auf dem ungarischen Parnak mandelt eine große Leiche. Und wieder müssen wir die Psychologie zu Hilfe nehmen, um in das I­nnere dieses echten Ungars Hineinzuleuchten. Wer erinnert si nit an Ratona, der, als sein bestes, unser bestes Stück von der Siebenbürger Jury nicht eines Buchstabens der Erwähnung gemu­t­­eigt wurde, die Jeder für immer hinlegte? Wie erklärt man es, daß ein volles ‚dramatisches Genie, dem unzählige Teinmphe beschieden waren, sich nach seinen ersten und einzigen Meisterzwerse zwanzig Jahre lang mit den trockensten Alten und Ziffern befaßt und Melpomene, niemals mehr als nur Für einen Augenbli über seine Schwelle gelangen läßt? Von der Zur­dringlichkeit der Dramatiker erzählt man sich täglich die ermöglichsten Geschichten. Wo aber war es erhört, daß ein Feldherr mitten im Siege den Stab auf immer niederlegt ? Sa, der ungarische­­ Bolc­harakter muß ítudirt werden. Er ist nicht von gewöhnlicher Art. Wie Katona nach seinem ersten Meisterwerke nur noch seine Akten kannte, so verschwindet der hochbegabte Dichter Ladislaus Arany nach seinen »Delibavok« Hinter den Pulten­ des Ungarischen Bodenkredit- Instituts. Doch in den Sal Arany spielt noch ein zweites, zarteres Motiv hinein. Auch hier lassen wir unsere Phantasie das Tüdenhafte positive Material ergänzen. 3 hieß einmal, Ladislaus wolle bei Lebzeiten seines Baters nicht­ mehr herausgeben. Auf dies klingt wie ein Zug aus der Bibel, wie aus der Geschichte des alten Rom. Nur ungarisches Batriarchen­­thum vermag heute noch solche Züge hervorzubringen. «« Aber auch dies kannt einen tiefern Hintergrund haben-Der» Prophet seit der Nation,Johann Ara­ty,hatte zeitlebens mit den« Balsamblumen seiner Boesie belebend, aufrichtend, tröstend gemirft, Sollte sein Sohn kommen, um zu zerstören ? Wer weiß, welche werthvolle Dialoge zwischen Vater und Sohn über Diesen Gegenstand gemechselt wurden ? Und meiß jemand eiwas davon, so soll er es uns nicht vorenthalten. Beide haben unsere Nas­tion, mit der gleichen Gruth geliebt., Johann hat sie geliebt, wie seine Mutter, jeden Schmerz von ihr abgewehrt. Ladislaus war ergrimmt, wie, der ungarische Liebhaber, blind vor. Leidenschaft, zerstörend in seiner Wuth. Und der gute Junge hat sich doch nulifizirt als Dichter, weil er seinen Vater ehrte, als den großen Arzt unserer Nation, Dr. Adolf Silbersteir. __

Next