Pester Lloyd, November 1899 (Jahrgang 46, nr. 264-289)

1899-11-01 / nr. 264

Er 4 Re L Be ea gt 1 BE a a rn ’- ,- «--s­­usw«-— «·-—»«.­..-s« «’s----e-- ·.-—«-«.-.s "«ys' H« « N Az 2 ai Bd PP er a MR ON 2 rs BR Bukarest, 31. Oktober. . “ Mit der Behauptung: „Ale Mächte, mit Aus­­nahme Oesterreich-Ungarns, haffen England,” Die Gibson Bowles im englischen Parlament ausstieß, ist er in eine arge Medertreibung verfallen , und insofern er so Die Stellung der Mächte zu&@naland und zum Kriege in Südafrika charakterisiren wollte, hat er jede schief gemeiheilt. Was Oesterreich-Ungarn bes­trifft, hat er freilich vollständig Recht , aber mit dem­ Herz­vorheben dieser längst bekannten Thatsache Hat er Die Böllerpigchologie shwerlich unt eine nennenswerthe Erkennt­­nis bereichert. Im Laufe der legten zwei Jahrhunderte hat unsere Monarchie sich Häufig genug als der treueste Bundesgenosse Englands bethätigt, und ganz abgesehen davon, daß man, zumal bei uns in Ungarn, England als die­ Geburtsstätte der bürgerlichen Freiheit Europas, als einen Hort Eugen amd ununterbrochenen kulturellen Sort­­ichritts verehrt. Oesterreich-Ungarn Hat­ter der rapiden Entwiclung Englands nie und nirgend etwas zu­­ leiden gehabt. Daß, da bei uns Fein Anlaß zu mißgünstiger Empfindung, gesehmeige denn zu Haß England gegenüber vorhanden war, ist man selbstverständlich ; und wenngleich­ wir nicht die geringste Sympathie fühlten und aus Selbst­­achtung schon feine Dafür Deuchelten, da England Die Evereit beiv­ege, weil wir eben­­ für d­iesen Krieg fein genug sittlich z­wingendes und­­ reines Motiv walten sahen: wir haben immer daran feigehalten, daß in Bezug auf Menschenwohl und die Förderung Kult­zeller Awede der Erfolg Englands doch immer noch den Erfolg der besseren Sache bedeute. Anders liegen die Ver­­hältnisse wohl, was Die anderen, Die großen seefahrenden und an kolonialen Fragen interessieren Mächte betrifft. Ueberall auf­ der­ weiten Erde ist England­ ihnen in Bezug auf die Bewegung politisch wichtiger Dertlichkeiten und erträg­­nißreicher Gegenden zuvorgekommen, und da England die prak­tisch oft so wichtige Kunst geradweg zu verschmähen schien, die K­unst, seine Energie, feine Umsicht und Kühn­heit, die es in allen seinen Unternehmungen bewährte, mit Liebenswürdigkeit zu verbinden, ja völlig prägig feine Ueber­­legenheit manchmal in schroffster Form Hexverlehrte — Hat es dort überall Uebelwollen und Neid gegen­ sich hervor­­gerufen. Man wird dort, wenn England eine Schädigung erleidet, dies gewiß nicht bedauern, zumal wenn diese Schä­­digung seine geringe ist. Aber von Schadenfreude mit Neid bis zu Haß, der ja nur im völligen Verderben des vek kit ausreichende Befriedigung findet und es Darum herbeizuführen sucht, ist noch ein weiter Abstand. An der Herbeiführung von Verderben fir England wird sie aber gewiß seine dieser Mächte betheiligen. Schon weil es Dem angeblichen Saffer tHenerer könnte zu stehen kommen, als dem­ Gehaßten. Die Zeit ist noch nicht so nahe, an dem englischen Befig jene Korrektur vorzunehmen, nach welcher Die eine und Die andere jener Mächte letzt. Der Lärm, der ba­nn dort gegen England geschlagen wird, ist somit nur ein blinder. Da zeigt ji denn für eine mit England in kolonialen Angelegenheiten vrivalisirende Macht eine irgendwie ein­ladende Chance, in dem Kampf der Engländer gegen die Boeren Partei zu nehmen und sich gegen England zu wehren ? Ein solche Chance wäre noch immer nicht da, auch wenn die Doeren [von Dundee genommen, Maseling eingeäschert und selbst Ladysmith erobert hätten. Exit wenn die Truppen­­­sendungen Englands am Kap angelangt sind, kani von einer Entscheidung gesprochen werden; bis dahin gibt es eigentlich nur ziemlich belanglose fliegerische Bok­ommnisse. Und da sollte Frankreich, das jebt Alles aufbietet, um seine Weltausstellung zu einer möglichst erfolgreichen art machen, das also allen Anlak Hat, sie überallhin überaus frieds­­biebend zu­ zeigen, fest gegen England ernste Feindseligkeiten aufnehmen, unter denen das Zustandekommen der Welt­­ausstellung überhaupt fraglich werden müßte? Einer solchen Tollheit ist selbst der französische Chaupinismus auch in der höchsten Ekstase nicht fähig,. Wie wenig man in den maß­­gebenden­ Kreisen Rusßlands, so sehr Dort in der Menge gegen die Engländer geschimpft wird, Luft verspürt, gegen die Engländer vorzugehen, oder ich zu einer “Intervention zwischen Großbritannien und den Boeren herzugeben,­ das haben die jüngsten offiziösen Auslastungen bdargethan. Die Rufen fühnten ja den Engländern ohnehin nur in Ostasien entgegentreten, und welche Konsequenzen es hätte, wenn sie sie i­ot ihrer besünftigenden Zusagen doch zu einem Vor­­gehen verlaben ließen, das hat ihnen eine Enunziation von Nordamerika offenbart : die Amerikaner. Die seit Englands für sie so wohlwollendem Verhalten im eubanischen Kriege ich als übervoll von Anhänglichkeit an Großbritannien ge­­berden, wollen dann selber in Ostasien und das schmerlich zur Gnsten Ruslands sich geltend machen. Also an Nußland laßt sich weit weniger von Haß, als von Besonnenheit leiten, erschlitterliche Friedfertigkeit, wenn es einer neuerlichen Zu­­sicherung überhaupt noch bedurft hätte, hat das Deutsche Reichh, oder genauer gesagt: Kaiser­ Wilhelm selber gegeben, indem er die frage der Stättenverstär­­kung aufgeworfen hat, doch im Deutschen Reiche glaubt man, glaubt namentlich der in Mearine Angelegenheiten sind — Antisemitismus führende Verein „Mitdeutschland” sich für die Boeren und gegen die Engländer" echauffiren zu mrüsten. Über der Appell, der von höchster Stelle aus an die öffente­liche Meinung im ganzen Reiche wegen einer nothwendig gewordenen Flottenverstärkung gerichtet wird, einer Flottene­verstärkung, die man fir so nothwendig ansieht, daß man die mit dem Reichstag getroffenen gefeglichen Berein­­barungen abzuändern gedenk­ —, dieser Appell zeigt, Daß an eine Barteinahme gegen England an entleiden­­nicht gedacht wird. In England lag sofort richtig ausgelegt und ver­­standen, ermuntert man Deutschland zur Durchführung des kaiserlichen Projestes und erblicht­­ in ihm die verhüllte Ankündigung des bereits zweifelhaft gewordenen Kaiserbesuches. Die Engländer mögen da und Beleirfnig interpretiven, was ihnen paßt; das Bebirf­­nik nach einer ausgiebigen Verstärkung der Flotte entspringt doch ame der Erwägung Des Kaisers, daß Deutschland in kolonialen Angelegenheiten den­ E­ngländern gegenüber so lange in schwerem Nachtheil verbleiben muß — und Die stohenden Verhandlungen wegen Samoas dürften Erhebliches zur Stärkung Dieser Einsicht beigetragen haben —, als es nicht seine Forderungen mit gehörigem Nachdruce auch zur See zu vertreten in der Lage ist. Die Zeit dazu wird kommen, für den Moment aber darf man in England völlig unbesorgt sein: Deutschland wird nicht den geringsten Einfluß auf die Gestaltung der Ereignisse nehmen, die sich in Südafrika entwickeln werden, . Die beruhigendste Busicierung in Bezug auf a­­ber England wastet doch, es geht an die Mobilisirung nahezu seiner ganzen Kriegsflotte. Gegen wen, gegen welche Koalition der Mächte? Mean ist eben in England vorsichtig genug, so sicher man auf auf den Sieg hofft, allen möglichen Eventualitäten gegenüber vollständig gewappnet zu sei. Man weiß eben, daß wenn England trog der in Südafrika eingetroffenen militärischen Nachse habe doc­h Schlappen erleiden, oder fi der Erfolg auch­ nur erheblich verzögern sollte, fich dort, da Englands Ansehen einer starren Erfglitterung ausgeregt wäre, erhebliche und schwere Veränderungen vor­­bereiten könnten, und daß dann von der einen oder von Der anderen Seite her Die Neigung zur Intervention fi) Doch regen künnte. Doc das steht noch in meiten Selbe, und nahezu im Bereich der Unmöglichkeit. Diese Vorsicht wird sich wohl kaum zu bewähren haben, und bei ihrer Weber­­flü­ssigkeit kann England in Bezug auf den angeblichen Halt aller Möchte sich in jener G Seelenruhe ergehen, Die ein griechischer Weiser, als man ihm sagte, Jemand Habe ihn beschimpft, mit dem Ausspruch bethätigte: „er darf mich auch schlagen, wenn ich nicht Dabei bin!" "der Grelle gar hat an — m Palais des Ministerpräsidiums hat heute Nachmittags 5 Uhr ein Mini­sterrath stattgefunden. Die Regierung pflegt den Ministerrath bekanntlich immer am Mittwoch zu halten; heute hat er aus dem Grunde stattgefunden, weil Minister-Präsident S ze I­ morgen Nachmittags nach Nátót reisen wird, von wo er bereit am Freitag Abends wieder in der Hauptstadt eintreffen wird. Nach Beendigung des Ministerrathes, welcher bis 7 Uhr dauerte, erschienen die Minister im Klub der liberalen Partei. — Der Minister-Präsident als Minister des Innern hat befannt sich in einer der jüngsten Situngen des Finanz Ausschusses des Abgeordnetenhauses erklärt, Daß er in Angelegenheit der Regelung des Apothekenwesens dennätft einen Gefegentwurf einzureichen gedenkt. Dieser Gefegentwurf ist — wie wir erfahren — bereits fertig. Er beruht auf dem Grundprinzip, daß die Kon­­zessionirung von neuen Apothesen aug künftig im Wir­­t imgefreise des Ministers des neun belassen wird. Dagegen wird das Recht der Verleihung von Apotheken, d. hh. Die Ent­­scheidung darüber, der von den Konkurrenten die Apothese erhalten soll, dem V­erwaltungs-Ausschusse des betreffenden städtischen Muni­­zipiums oder Komitats übertragen, nach Belieben­­ lem , Tollen. Andererseits — Sultus- und Unterrichtsminister Sulus Wlaffics empfing heute eine 26gliedrige Deputation des evangelisch-reformirten Kirchendistrikts diesseits der Theiß. An der Soige der Deputation stand der Oberfurstor des Distrikts Baron Béla Bay. Im Namen der Deputation richtete der Kurator der Sarospatafer Rechts­­akademie, Stefan Fejes eine längere Rede an den Minister und bat ihn, er möge aus dem Unimurfe der Gejesvorlage über die theoretische reit- und staatswissenschaftliche Staatsprüfung jene der Stimmung Streichen, wonach Prüfungskommissionen nur auf dem Gibe fünfglicher Tafeln organisirt werden sollen, da Diesse Bestimmung die GEristenz der Särospatater Nechtsakademie gefährden und ihre ne­uexeiten sehr empfindlich berühren würde. Minister Wilaffics erklärte, er habe es immer fü­r nöthig gehalten, bei folg michtigen Reformen, wie er auch die Reorganisation des jud­dischen Zadı­­­­ unterrichts und Brüfungssystems i­, den intereffirten Kreisen und der öffentlichen Meinung Gelegenheit zu geben, sie­ mit den leitenden Reinzipien der geplanten Reformen befassen zu können. Auf solche­r Weise kommen die Gelegentwürfe in ganz reifer Form vor Die Le­gislative. Ueber die einheitliche rechts- und Staatswissenschaftliche Staatsprüfung hat Redner bisher blos einen­­ Referenten-Entwurf herstellen lessen, melcher nicht für die große Deffentlichkeit bestimmt­ war und auch nicht in der Deffentlichkeit­­ erschienen i­, welcher aber den Universitäten, Rechtsakademien und Schulerhaltern behufs Grörterung übersendet wurde. Die Gutachten dieser Anstalten sind bereits eingelaufen und der Minister Tonstatirt, daß es bezüglich einiger fundamentaler Buitte auch abwerdigende Ansichten gibt. Nest it die Angelegenheit in ein solches Stadium gelangt, daß der Gefeb­­ensmus auf Grund sorgfältiger Ueberprüfung umd Erwägung der­­ eingelaufenen Gutachten definitiv zusammengestellt werden kann. Die Vorlage wird dann aller Wahrscheinlichkeit nach­veröffentlicht werden, damit es auch den weitesten Sreifen ermöglicht werde, sich mit einem Entminfe von so tiefgehender Bedeutung zu befassen um d sodurch Klärung der Folien zur vollen Reife der Nerven beizutragen. Was jene Bestimmung des Referenten-Entwurfes betrifft, daß die Prü­­fungskommissionen an die Site der Fön. Tafeln gebunden sein sollen, so schwebte in dieser Hinsicht dem Beifaffer des Entwurfes der Gesichtspunkt vor. Doc die zu externen Mitgliedern der Eriie fungskommisionen­­ zn ernennenden­­ Personen mit „der nöthigen wissenschaftlichen Dualifikation schon an Ort und Stelle vorhanden hat der Verfasser des Entwurfes in Bezug auf die von den Gipen der Aiademien unnabhängig organi­­iirten Prüfungskommissionen , als prinzipielle DBasis den zweifellos wahren Sag angenommen, daß die Ertheilung der Befähigung selbst eigentlich, eine staatliche Aufgabe bildet und Daß die Mitglieder der Kommissionen als staatliche, Bevollm­ächtigte in Betracht kommen. Die maßgebende Nichsicht ist, das Strenge und auf hohem unwissen­­schaftlichen Niveau stehende Untersuchungskommissionen organisirt werden. Diesen Gesichtspunkt fan Medner nicht aus den Augen raffen; er wille ihn­ aber jedenfalls freuen, wenn das Ziel auf eine tote Weise erreicht werden könnte, welche auch jene Anstalten beruhigen wü­rde, die sich nicht auf den Lige von Fön­ Tafeln bee­finden. In Bezug auf die Details kann der Minister im gegen­wärtigen Stadium der Angelegenheit selbstverständlich noch sein entschiedenes Beisprechen abgeben. Er kann jedoch­ die Deputation versichern, Daß es ein simbamentales Bestreben seiner ganzen Kultur­­politik it, Starke geistige Zentren in der Provinz zu schaffen. Der Minister erklärte sodann, daß er wohl ein Anhänger des U­niver­­sitätssystemsefei, da man aber leider heute und noch lange Zeit auf die Gerichtung von zwei, drei, neuen Universitäten verzichten muß, bleibt nichts Anderes übrig, als die nothunwendige Neforn, mit den bestehenden Rechtsakademien durchzuführen, wobei selbstverständlic­hem Staate der ihn gebührende Einfluß zu sichern i­. 0 = Berlin, 30. Oktober, (Drig-Korn) Die Neidhäregierung hat die Öffentliche Meinung nicht lange darüber im Ungewissen gelassen, welche Pläne an maßgebender Stelle in An­gelegenheit einer Vergrößerung der Flotte wirklich gehegt werden. Der dem „BVelter Lloyd“ bereits telegraphisch gem­eldete Artikel der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ hat das Ziel und die Richtung der beabsichtigten Verstärktungen in Anlehnung an das geltende Flottengefd vollständig­er darget­en. Ob die in diesem Zeitungsartikel enthaltenen Einzelheiten als­ ein noli me tangere zu betrachten oder ob sie in Bezug auf Art und Zeit ihrer Ausführung und der damit verbundenen finanziellen Belastung ge­wisser Modifikationen fähig erscheinen, wird sich exit dann genau übersehen lassen, wenn weitere technische Aufschlüsse der Marine­­verwaltung vor dem Neichätage erfolgt sein werden. Das Urtheil der deutschen P­resse gründet sich natürlich zunächst auf die positiven An­gaben, wie sie die „Nordd. Allg. Zeitung“ wiedergibt, und die darauf hinauslaufen, zunächst ein weiteres drittes Ge­­schmwader bestehbende aus zehn Linier­­schiffen nebst Zubehör an Kreuzern und To­rpedobooten, dem im Plattengefes vorhandenen Doppelgefn­acher anzugliedern und sodann ein viertes Ber Schwader Dadurch zu erzielen daß. die in dpen.Ssahren, 1912-1917, etlaspflichtigen KRüftenpanzerschiffe der vollmerthige Linientschiffe erlöst werden, Mag der offiziösen Dar­­legung wäre die Annahme gerechtfertigt, daß ein solcher Plan ohne eine unerträglich finanzielle Belastung des Reiches, ja sogar ohne eine Erhöhung der Steuern durchgeführt werden könnte. Dieser An­nahme wird zunächst Glauben nur dort versagt, wo überhaupt grundlägliche Abneigung gegen eine Vermehrung der Wehrmittel des Reic­es,­­sei e8 zu Lande oder zur­ See, die Parteipolitik beherrscht. Die Sozialdemokratie, die freisinnige Volkspartei und verschiedene Zentrumsiinmen vertreten diesen Standpunkt schon fett. Andere Zentrumstimmen begegnen­ der Frage mit einer Reihe anderer Fragen, und entilagen sie Dadurch der­flicht, sie augenblicklich zu ent­­scheiden, auf welche Seite ihre P­artei zu treten hätte. (68 ist aber offenkundig, daß aug Diesmal wieder die Stellung­­nahme oder Zentrumpartei maßgebend sein wird für die Entscheidung des ganzen Reichstages. Die konservativen Parteien, die nationalliberale Partei und auch die freisinnige Ver­­einigung werden sich der Negierung schwerlich verjagen, zumal eine oberflächliche Betrachtung der Weltlage dazu genügt, um zu erlernen, wie höchst gewichtige neue Momente politischer Art mit dem Spanisch­­amerikanischen Kriege und in Folge des Berlaufes desselben, sowie auch verschiedene andere deutsche Interessen lebhaft berührende An­­gelegenheiten sich in den legten zwei Jahren entwickelt haben. Allen Anzeichen­ nach wird­ also die kommende Session des ReichstagesS unter dem Zeichen der Ver­­andlungen über diesen Stottenplan der Reichsregierung stehen. Es ist noch keineswegs geruß, in welcher Form dieselben herbeigeführt werden, ob dur eine Denkschrift des Reichs-Marineamtes zum Etat, oder vielleicht in Form einer Debatte über eine eventuelle Anfrage aus dem Schoße des Reichstages selbst. Felt steht nur, daß es sich um eine politische Angelegenheit von größter Tragweite handelt, die bis zu ihrer Entscheidung dausend das "öffentliche Interesse im ganzen Reiche feffeln und aug auf die Ent­wicklung der gen­­ammten innerpolitischen Verhältnisse von ausschlaggebendem Einflufje sein muß. Es wird der Marineverwaltung sehr zu Statten kommen, daß sie nach dem Auftreten des Staatssek­etärs des Auswärtigen Amtes Grafen v. Bü­lom darauf zu rechnen hat, in dieser Angelegenheit vollste Unterfragung der Leitung der auswärtigen Reichspolitik zu finden. Dies it umso höher anzuschlagen, als ja naturgemäß der neue Plan, respektive seine Angliederung an das bestehende Serennat zur Begründung vor dem Meigetage weniger auf technische und überwiegend auf positisge Momente und Erwägungen wird gefrüßt werden müssen. Ermähnt muß dabei werden, daß die am 14. November beginnende Tagung des Neihetages nur eine neue Gefften demselben bedeutet, sondern­ blos eine Wiederaufnahme der am 22. Juni unterbrochenen Sigungen. Da aus dem Sommerabschnitte ber dad Reichsparlament ohnedies mit einer sehr großen Masse unerledigter Arbeiten belastet erscheint, wird die Vermehrung­ des Arbeitsstoffes, unter welchem figy bekanntlich auch die sogenannte Zuchthausvorlage befindet, auf manchen Seiten nicht ohne Besorgniß betrachtet werden.­­ Telegramme des „Befter Lloyd“, Wien, 31. Oktober. (Orig.-Telegr.) Der österreichisch-ungarische Botschafter am englischen Hofe Graf Deym, der österreichisch-ungarische Botschafter am spa­­nischen Hofe Graf Dub3in und der italienische Bot­­ighafter in Wien Graf Nigra hatten heute Nachmittags Konferenzen mit dem Meinister des Weufern Grafen Golubhomsfi. Wien, 31. Oktober. Se. Majestät ist um 5 Uhr 30 Min. Nachmittags aus Budapest Hier eingetroffen und begab fi nach Schönbrunn. — Botschafter Szögyeng­it aus Budapest hier an­gelommen. Wien, 31. Oktobr, Orig -Telegr) Aus Anlag der Einweihung der neuen Gasmwerfe fand im Zeitsaale des Nathhauses ein Festmahl statt, an welchem ungefähr 500 Per­­sonen t­eilnahmen. Die Reihe der Toaste eröffnete Bürgermeister Dr. Lueger. Das Fest, begann der Bürgermeister, it ein Shmwakher Aug­e und des Dankes, welcher Yenen gebührt, die an dem großen Merte mitgearbeitet. Er dankt Jodann dem diplomatischen Korps, der Geist­­lichkeit und den Vertretern der Armee (Stürmischer Beifal), daß sie dem Zelte beimahnen. In Wien ist nun einmal das zweifarbige Zud vom einfarbigen nicht zu trennen. (Erneuter Beifall.) Wir begrüßen im Militär die Verkörperung des österreichischen Staats­ gedankend. Der Bürgermeister dankt den Vertretern aller Be­­hörden, Die durch ihr erscheinen befunden, daß sie­ für Wien reges Interesse haben sind, schließt: „Nun haben mir jene Pflicht zu erfüllen, welche jedem Wiener, vor Allem den­­ Wiener Bürgermeister obliegt, die Pflicht, umseres Kaisers in Liebe und Treue zu gedenken. Oder Stein spricht von der Fürsorge des Kaisers für unsere Stadt. Hoch unser Kaiser Franz Sofer I!" Die­ Versammlung bricht­ in ein dreifaches stürmisches Hoch aus und­ das „Wiener Symphonie-Orchester” stimmt die BVotish­ymne­ an. Sodann toastirte der Landmarschall auf die Stadt Wien und ihren Bürgermeister, worauf Dr. Lueger mit einem Trinf­­spruche auf das Land Niederösterreich und den Landmarschall erwiderte. Vizebürgermeister Strobach gedachte der Mit­arbeiter des Werkes, Stadtrath Hraba widmete seinen Toast der Armee, worauf Sektionschef Feldmarschall-Lientenant Edler v. 505» einen Teiifspruch auf den Wiener Gemeinderath aus­­brachte. „Schon an den Worten des Bürgermeisters,“ sagte er, „und aus dem Beifall, den diese Worte gefunden, flang es heraus, daß Stadt und Armee sich Eins fühlen. a, wir find Sleich von einem Zleifh, Blut von einem Blut; wir lieben diese Stadt vom Millionär bis zum legten Bürgerversorgungshäusler.“ Anhaltender Beifall.­ Oberst Pfeifer koastirte auf die Stadt Wien. Nach ihm erhob ich Oberst v. Füler. Als Vertreter der Fön. ungarischen Landwehr — jagte er —­ fünne er nicht hinter seinem Kollegen vom Regiment Nr. 4 zurückbleiben und er wolle in militärischer Weise kurz und bündig einige Worte sprechen, umso mehr, als er, trug seiner Zugehörigkeit zur Honvéd, ein Sohn dieser Kaiserstadt sei. Er müsse seinen Gefühlen für Diese gottbegnadete Stadt Ausbruck geben und er rufe deshalb : Hoch die Stadt Wien und ihr Bürger­­meister Dr. Lueger ! Baden-Baden, 31. Oktober. Der Kaisser und die Kaiserin von Rußland sind Mittags in Begleitung des Großherzogpaares von Hessen Hier­ ein­­getroffen und wurden im Bahnhofe vom Großherzogpaare und dem Erbgroßherzogpaare von Baden herzlichst begrüßt. Die Racreise soll Nachmittags erfolgen. ‚ Baden-Baden, 31. Oktober. Das wulfische Kaiserpaar reiste nach Herzlichen Verabschiedung vom Großherzogspaare um 3 Uhr 40 Minuten wieder von hier ab. Berlin, 31. Oktober. Orig. -Telegr) Mu­ramieff wird den Ezar auf seiner Reise nach Berlin . — _ — ' . + Feuilleton. + u­nd „Brungerlin Georges.“ („La’principessa Giorgio.“ Ravifer Sittenbild in drei Auf­zügen: von Mlerander Duna 8. Gifte Aufführung im Volkstheater am 31. Oktober. Gastspiel Eleonora Dufe) Ein Stück, das nie zuvor in Budapest gegeben worden und etwa im Alter der Balzac’schen Frauen stehen mag. Dabei ein une fäl­pter Dumas, sehr liebenswürdig, sehr geistreich, ein bisschen starr moralisirend und dennoch ohne tiefere Moral. Das Genre der Brin­­zeffin von Bagdad, nur mit einer kräftiger aufgetungenen Tendenz, die inzwischen vom Fortschritteteufel geholt wurde. Seit fünfzehn Jahren lebt in Frankreich eine ganze Armee von Dramatikern von der Verspottung des Ghescheidungsgefäßes und in »Princesse Georges« tagt Dumas noch in herzbewegender Weise über die­­ Unlösbarkeit der Ehe. Ein Anachronismus, der die eine Hälfte des Dramas todsschlägt. Auf die andere Hälfte ist troß ihrer Vorzüge für ein modernes Publikum d­aum zu retten.d In der älteren Wiener Theaterchronik steht dieses Sittenbild immerhin auf einem besonderen Galaunion Märt­ins aber auf, daß das in Stantreid nit gebe, daß die von Männern gemachten Gebete auch nur den Männern Begünstigungen einräumen, und daß die Frau, gleichviel ob der Saite ein Unmürdiger, ein Glender it, ob er, mie der Fürst von Birac, zwei Millionen von dem Gelde seiner Gemahlin beheben und auf eine Maitresse verschmenden will, an diesen Mann Blatte. Die Glanzzeit des Carl-Theaters ist mit Brinzeffin Georges verknüpft. Die Titelpartie wurde von Sh­ederik­ Kroman dar­­gestellt, den Zürsten spielte Franz T­e­w­el­e, wichtigere Nebenrollen befanden sich in den Händen von Künstlern wie Anton Alder, Lenz Jauner undvandell Da war 1872, und heute brachte und Eleonora Duie die Stark angegraute Novität. Daß der großen italienischen Schaus­pielerin die Rolle der Severine gefällt, wundert und nicht. Au Dumas hat nur wenig hessere geschrieben. Serperine verläßt während zweier Stunden fenn für Minuten die Szene. Sie leitet das Stüdk ein mit der fiebernden Erwartung einer Kundschafterin, die sie mit der Ueber­­wachung ihres Gatten, des Fürsten von Birac betraute. Rosalie, die Bose, kehrt von dem Spähergange zurück und bringt Gewißheit. Der Fürst betrügt seine Gattin mit Sylvanie von Terremonde, einer Dame, die vorgibt, Severine’s beste Freundin zu sein und überdies einen Gatten befist. Dieser Gatte is übrigens das einzig Anständige an ihr, da die brave Sylvanie auch den Fürsten Georges nur darum in ihre Nebe Todt, weil sie den Mann als Brieftasche braucht. Pour le coeur hat sie einen leidenschaftlichen jungen Saffen, Herrn de Fondette. Mit dieser höchst unlauteren Berson hintergeht Fürst Georges seine Gattin, die ihm ihre vier Millionen nigt als Kauf­preis fü­r einen Titel, sondern aus Liebe zugebracht hat. Geverine will, da sie liebt, zuerst sterben, aber sie besinnt sich eines Beffern und mit sich scherden lassen der vortreffliche Notar Maitre gebunden ist für alle Zeiten. Wir bemerkten bereits, das dieses rührende Monteent heute alle Rktualität verloren hat. Man möchte der Severine — Prinzesse Georges nennt man sie nach ihrem Gemahl, und in dieser Vertraulichkeit [egt angeblich auf eine Huldigung — beinahe zurufen, sie möge doch einen Notar jüngeren Datums befragen und der werde ihr die Mittel und Wege an die Hand geben, um wenn nicht Die Liebe des Gatten, Jo doch wenigstens ihre Freiheit zurüdzugewinnen. Freilich ist diese Severine sein gewöhnliches Weib, wie es denn in Rariser Sittendramen gewöhnliche Weiber überhaupt nicht gibt, Geld ist ihr Chimäre. Selbst fest, da sie von der Untreue des Fürsten über­­zeugt ist, wiederholt sie dem Notar, daß sie auf Grund des einstigen Ehekontrakts, der zwischen den Gatten Gütergemeinschaft vereinbarte, den Fürsten ermächtige, weiterhin frei über ihr ganzes Vermögen zu verfügen. Sie geht noch weiter. Sie läßt den Fürsten seinen Augenblick lang im Unblaren darüber, daß sie Altes misse, daß sie ihn aber liebe und behalten wolle, wenn jene Neigung zu der gräflichen Gourtisane nur eine Laune, eine flüchtige, unrichtige Negung sei. Und der Fü­rst versteht sich dazu, Severine zu belügen und ihr unweiszumachen, das Rendezvous mit Sylvanne, bei dem er ertappt worden, sei eine fette Zusammenkunft­ gewesen. Als Preis dieser Erklärung bestimmt der Fürst, Severine müsse die Nivalin heute Abend im Salon mit anderen Damen der Gesellschaft freundlich, unauffällig empfangen und liebensmo­­rdig, wie bisher, behandeln. An wenigen Tagen würden sie dann Beide, „Prinz und Prinzessin Georges", dem Bariser Lindenpfuhl entfliehen und irgendiwo, fern von Babel ihrem Sinde leben. Daß der Schmählichtte Verrath hinter dieser Abmachung lauert, ahnt Severine natürlich niit. Der Fürst von Birac will nämlich erst den verschuldeten Gatten Sylvanie’s entfernen, indem er ihm drei­ hunderttausend Brance zur Verfügung stellt, um „die Gläubiger in der Provinz“ zu befriedigen, dann soll in Abtresenheit des Grafen von Terrem­onde die Flucht mit Sylvanie inszenirt werden. Der niedrige Handel wird aber im Hause des Fürsten abgemacht, wo nicht nur die Wände Ohren haben, sondern mo jedes Mitglied der Gesinde­­stube aufs Spioniren gedrillt it. Geverine freilich hat bei dem niedrigen Treiben nirgend die Hand im Spiele. Sie weiß nichts davon, daßs der Notar während der Goirée in ihrem Hause Die Gegenmine legt und doch einen bestochenen Diener das unwider­­legbare Beweisftüdk der neuerlichen Infamie des Fürsten aus den Mantel der Gräfin Sylvanie stehlen läßt. Sie hat auch davon feine Ahnung, da die reizende Gräfin Turz, nachdem sie mit dem Fürsten hinfiglich ihrer gemeinsamen Flucht übereingenommen, mit­ dem Lieb­­haber ihres Herzens, Mr. de Fondette ein Stelldichein für diese Nacht verabredet hat. Ein wenig, Aurie ermacht in ihr exit, da Maitre Galanton ihr den Zettel überreicht, den der Fürst in die Manteltasche der Gräfin Batte gleiten lassen. Auch­ da zeigt Severine seinen Moment lang vom geraden Wege ab. Sie meist, unter vier Augen, die unmürdige Person aus dem Hause und sucht, da sie Kenntnis davon befsst, Sylvanie merde heute Abends einen Mann — die Fürstin glaubt natürlich: Georges — bei sich empfangen, Dieses Rendezvous zu BHintertreiben, Und da ihr juít Graf Terremonde in den Wurf kommt, sagt sie ihm, sie habe Sylvanie aus dem Hause gejagt, weil sie nicht dulden könne, daß in diesem Hause eine Frau ihrem Geliebten ein Sterdichein gebe. Wie ein vermundeter Eher fährt der Graf auf. Er hat sich für Sylvanie zumirt und besigt nichts als seine Liebe zu diesem Weibe, nichts mehr als seine Kavaliergehre. „Und Sie rennen jenen Mann?" — bricht es aus ihm hervor. „Ich renne ihn“ — er­widert Seperine. — „Sein Name?" — „Suchen Sie ihn !" Und während der Dramatiker hinter den Gouliffen die Lösung des Dramas vorbereitet, werden auf der Szene allerlei Meditationen angestellt über die Ungerechtigkeit des Geleßes, welches der Frau nicht mehr Ned­e einräumt, als — es war einmal! — die offenfindigen Beziehungen ihres Gatten zu einer anderen Frau geleglich Konstativen zu lassen und die Aufhebung der ehelichen, fomie der Gütergemeinschaft zu verlangen; über die Grausamkeit der Männer, die ihren Müttern, ihren Schwestern und Töchtern seinen wirksameren Schuß gewähren, und über die Unbesonnenheit der Mütter, die ihre Töchter nicht daran verhindern, aus Liebe eine Thorheit zu begehen und zu heirathen. Geverine klagt die Geselle fast an, die den Lebenswesen nicht beistehe, wenn man ihnen das Herz breche, die Seele foltere und ruft verzweifelnd aus: „Das mindeste der Thiere genicht ein volles Leben, es hat Lunge, die es wärmt, ftillt, beschüst, liebt, und Du, das Geschöpf Gottes, für welches ein Gott gestorben it, Du darfst das nicht besißen, was die Natur den Thieren gegeben hat!" Und da Niemand das Mittel bietet, um Severine ihre Freiheit zu geben, will sie selbst es finden, nicht mehr die Sklavin, das Opfer des Mannes, sondern sein Richter sein. Da meldet ihr der Kammerdiener des Fürsten, daß Graf v. Terremonde in seinem Hause auf der Lauer liege und alle Dienst­­leute, selbst den Bortier, entfernt habe. Wenn der Fürst fest Sylvanie besucht, ist er verloren. Severine will den Dann no einmal prüfen. Sie entdeckt ihm die ganze Niedertrat der Nivalin, sagt, nur Habs­tier sei das Band, das die Gräfin an Georges knüpfe. Und hier folgt nun, wie fast in jedem Damal­igen Schauspiel, eine Szene, die, ein Stück Moral aus einem Werk­spiegel, mit ihrem angeblichen Ernst beinahe zum Lachen reizt. Severine bettelt sozusagen ihren Gatten um Gegenliebe an und fügt ihn über die Unmürdigkeit Sylvanie’s auf. Und der Fürst? Er verlangt von seiner Ehbegattin Bemeife dafür, daß seine Geliebte ihn betrüge! An seiner Eifersucht um die Maitresse will er seine Gattin beiseite fioßen, die ihn noch immer liebt und weiß, daß er ein Kind des Todes ist, wenn er fest den Fuß in das Haus Sylvanie’s fest. Und da der Fürst um jeden Preis in sein Verderben rennen miss, sagt sie ihm Alles, daß sie Sylvanie aus dem Hause gejagt und an­ den Grafen ver=­rab­en hat, daß er selbst verloren sei, wenn er zu Terremondes gehe. Sept hört man den erlösenden Schuß. Graf Terremonde hat Herrn de Fondette attrapirt und getödtet. Ex selbst kommt, um Dies zu erzählen und Fedem das gleiche Schicsal anzudrohen, der seine Frau zu berühren mage. Die Situation ist so blutig ernst, daß der Kammer­­diener Sogar den Weg rissirt: „Der Mann mir alle Welt tüchten !“ Der Fürst aber, der nun bestätigt findet, was er seiner Gattin auf's Wort hätte glauben dürfen, thut, ala molle er si in Severine’s Arme stürzen, strebt aber dann ehrfürchtig wartend, blos die Hände nach der Fürstin aus, und der Vorhang entzieht ung­­nädig die Berspek­ive auf ein künftiges Cheglad, welches so unerschütterlieh feste Grundlagen befigt, wie die Untreue der Maitreffe eines Gatten . . . In der italienischen Darstellung wird dieser famose Attigfuß aller­­dings ein bisschen forrigirt. Der Fürst geht wirklich und Bis zu seinem Miedererscheinen macht Severine eine minutenlange Nervenkrise doch, sie hört den Schuß fallen, ruft wie entgeistert nach der Mutter und fliegt dann dem eintretenden Gatten jubelnd in die Arme. Das ist ohne Zweifel hesser und unwirkungsvoller als im Original, ändert aber am Mieren der Dinge nichts. Und das GSittenbild? Wer sich ruft darauf Faprizirt, findet es vielleicht in den Dialogen der Lebedamen, die die Kohlenträger um deren gesunde Rinder beneiden und die Ehe als Institution der Podenimpfung gleichstellen, die bekanntlich alle sieben Jahre erneuert werden muß. Wir haben die Vorgänge des Stüdes nur darum eingehender SEizziel und unsere Ein­würfe blos deshalb vorgebracht, um die heutige blendende Leistung der Duse auf Senen näher bringen zu­­ können, die nur unter dem unmittelbaren Gindrud einer förmlich faszinirenden Kunst gestanden. Die Nolle gehört übrigens zu den mäßig temperirten. In den Kreisen der höchsten Gesellschaft pflegt die Zeichenschaft sich nicht auszuschreien. Man hört ein Schwirren und Bilden — vergiftete Pfeile sind lächelnd abgef­ellt worden; man sieht baßerfüllte Blide einander frenzen — das­st ein Duell funkeln­­der Augen. Und in dieser Zone der Schauspielkunft ist die Dufe unerreichte Meisterin. Was sie aus der Geverine herausholt, das vermag sonst Beredte sprachlos und die Schweigsamsten redselig zu machen. Gleich in der ersten Szene mit der Bose, während des Neferates der Rosalie entfaltet sie eine Kunst des Buhörens, die einzig ist. Spannung, Bitterleit, Ent­­rüstung, mit tiefstem Web verfegte flüchtige Resignation liest man Severine aus den in Thränen sch­wimmenden Augen. In dem Dant, den sie Rosalie für den G Späherdienst jagt, in dem einen Worte »grazie« lag ein wundersamer lächelnder Schmerz. Die Betäubung ob des Faustschlages, den ihr Liebendes Herz empfangen, läßt sie auch im Gespräche mit der Mutter nicht gleich zur Energie ermüden. Das und werde mich tödten" sagte sie mit einem halben Lächeln, mit ent­­sagendem, himmelmärts gemandtem Blid. Unendliche Feinheit lag auch in dem Schluß der Szene mit dem alten Notar, den sie ihrer Anneigung versichert und dann bittet, halblaut, fast flüsternd bittet, ihr Das Heine fromme, angeblich Trost spen­­dbende Buch zu weichen, das ihr die Mutter mitgebracht. Und mie überzeugend ist der Anspruch ihrer Liebe zu dem unmüldigen Manne. Man glaubt ihr, daß eine Lü­ge genügt, um sie zu Überzeugen, daß diese Geverine sich selber feig und elend fhilt, weil einen Moment lang der Verdacht sich regt, Georges könne dennoch gesündigt haben. Blendend ist die Duse in dem­­ Zusammen­­treffen mit der Nebenbuhlerin. Die Füße molsen Severine nicht tragen, von feeln­dem Absehen geschüttelt, manfelld und fiebernd,und dennoch mit einem Lächeln auf den Lippen empfängt Severine die {

Next