Pester Lloyd, Oktober 1901 (Jahrgang 48, nr. 236-262)

1901-10-01 / nr. 236

» «­­ . ·« «Budap»est,30.September. ANIm ist die Zeit gekommen,wo das fran­­zös­ische Kongregationsgesetz aus der Theorie in die Praxis übersetzt werden soll.Drei Monate lang hat es geschlumknert in den Archiven des Ministe­­riums,des Momente g harrend,der es erwecken muß zu einem thatenreicherx Leben.Es ist nicht eines von jenen Gefegen, die geschrieben werden, blos um zu sein , sondern eines von jenen, die geschaffen werden, um zu wirken, um zu slürzen und neu zu bauen, um alteingewurzelte Weber zu befestigen und dem Fortschritte und der Freiheit der Geister eine Gasse zu bahnen. Am Tage seiner Geburt trat es noch nicht ins Leben. Drei Monate lang lag es in der Dämmerung; übermorgen erst tritt es in das volle Licht des Tages, wird es den Kampf beginnen, für den es bestimmt wurde. Drei Monate gab die Negierung den Kongregationen Frist, ihre Gereche um gesech­­liche Autorisation einzureichen ; übermorgen läuft der Termin ab, und mit Spannung darf man auf das Resultat warten. Eine reinliche Scheidung vollzieht iic; es zeigt si, welche Orden bereit sind, sich dem Gesehe zu unterwerfen, und welche ihm tragen und sich damit selbst als Feinde des Staates deflariven, der ihnen Jahrhunderte lang blind und vertrauengierig Gastfreundschaft gewährte. Der Ditober-Termin wurde seinerzeit von der Regierung der Republik nach dem Ausspruche Walded- Rouffeau’s deshalb gewählt, damit die Orden, die sich mit der Erziehung und dem Unterricht der Jugend befassen, sich noch vor Beginn des neuen Schuljahres den Bestimmungen des Kongregationsgefeges unterwerfen sollten. Alle nicht autorifirten Genossenschaften, die si Bi­ übermorgen nicht unterworfen haben, gelten als aufgelöst. Die SFrift it abgelaufen, das neue Schuljahr beginnt, man wird sie die Wirkung des ©esehes zeigen müssen. Den in seinem Unterrichtsparagraphen vor Allem liegt der eigentliche Schwerpunkt Des Ganzen. Alle jene nicht-autorisirten geistlichen Genossenschaften, deren staats­­gefährliches Verhalten die Veranlassung zu dem Kongregations­­­gesebe gegeben hat, sie alle Haben die Schule zum Schemel ihrer Macht gehabt. Auf die Schule stüßten sie Die „sem­iten, hier legten sie den Grund, auf dem sie weiter bauten Stufe um Stufe, bis ihr Wahrzeichen Staat und Regierung überschattete und verfinsterte. Nun tritt eine andere Ordnung Die Herrschaft an, und Tage, Wochen sollen vernichten, was zu errichten, die Jahrhunderte ununterbrochen gearbeitet haben. Der alten, uralten, erbgesessenen geistlichen Niefenmacht tritt ein jugendliches Gefeg entgegen, welches sein Urheber das­ Vertheidigungsmittel der Nepublik genannt hat — ein jugendliches Gefeg mit einigen winzigen Paragraphen. Aber wenn es zum Kampfe kommt, so kann sie dieses papierene Westheidigungsmittel zu einem gewaltigen Orsenal wandeln, und. Die winzigen S Paragraphe wachsen sie zu Hebeln und Keulen aus und entscheiden mit leichter Mühe den Streit zu Gunsten der Republik. Deffen ward zuerst der Papst sich bemußt, als er frok Zorn und Trauer, top Berdruk und Empörung ob der unbeugsamen Selbstliebe der Republik den Kongregationen dennoch den Mann gab, sich zu unterwerfen und um die geießlische Autorisation nachzusuchen. Die französische Ne­­gierung wollte nun einmal das Treiben der Kampfesorden nicht dulden, die das Bolt in einen stillen Bürgerkrieg ge­­hegt hatten, und ließ sich nicht überzeugen, Daß es so sein müsse und nicht anders sein künne. Non drohte zuerst mit einem furchtbaren Ungemitter der Ungnade, und, schon zuchten Die Blisstrahlen des Baunfluches auf die Stadt der Welt, die zu einer Defivenz des Fürsten der Hölle ges worden. Aber als Paris nicht zitterte und nicht wanfte, da fand es der grollende Batiian Trüger,­­ der bisher besten Tochter der Kirche den Willen zu thun, statt sie ganz von sich zu stoßen. Und es gab eine ganze Menge von Orden, die deswegen nicht untröstli­ waren, sondern ich gern mit der Regierung vertrugen. Schon gler nach der Sanktionirung des Gejebes theilte der Minister-Präsident mit, daß ihn bereits damals eine bedeutende Anzahl­ von Gejungen um die Autorisation zugegangen war. Bis Heute haben sich nun 39 männliche und 349 weibliche Orden um die geiegliche Ermächtigung beworben, insgesam­mt also 388, die auf 3427 Anstalten Bezug haben. Unter ihnen befinden sich au­ die Mitglieder der Grande Chartreuse. Der ristlich-sozialistische Abbé Garnier räth in seinem Blatte „Le peuple frangais“ den geistlichen Songregationen dringend, fi noch in legter Stunde um die Autorisation zu bemühen, da dies dem Wunsche des Bapstes entsprechen würde; „in mehreren katholischen Blättern," schreibt er, „wird Treude darüber auf, daß Die Liste der geistlichen Genossenschaften, Die freiwillig in Die Verbannung ziehen, von Tag zu Tag wählt. Wir aber glauben, Dadurch sei nur Walved-Roufffeaun und den­ Settivern gedient, die mit ihm die Kirche und die Religion halten.. . Die­ Aus­­wanderung des Adels im Jahre 1790 war das Verderben des S­esti bas mögen die Kongregationen wohl bedeuten. Man soll nicht die Waffen vor dem Kampfe fort­werfen, nicht den heimischen Boden meiden und dem Feinde wi­derstandslos überlassen, was er will und anstrebt." Dan füge sie dem Zwange "also, aber nicht, um loyal das Unab­­änderliche anzuerkennen, nicht als gute Bürger der Republik, sondern „harre Stolg der fommenden Dinge”, Jude Zeit zu gewinnen, das könne nur Augen bringen; freiwillige Berz­bannuung gewähre seinerlei Bartheil und mache nur den Feinden Freunde. Freilich, nicht Alle sind dieser Ansicht, so zürnt der naturalistische pornographisch-mystische Schriftsteller Huysmans den Karthäusern und nennt ihre Unterwerfung Berrath an den anderen Orden, weil sie durch ihren Weg­­zug dem Fiskus einen solchen Schaden “zugefügt hätten, daß die Aufhebung des Bereinsgesehes den französisgen Meachthabern dadurch­ nahegelegt worden wäre ; statt­dessen, fragt Huysmans, tragen Diese verräthe­­rlichen Karthäuser nur Dazu bei, „die Anwendung und. Die Fortdauer des Songregatiomagriepes zu erleichtern. Die­­ Karthäuser bleiben also im Lande und wossen sich in Zukunft redlic nähren von dem Ertrage ihres Liqueurs. Nicht so die Benediktiner, die gleich den Sesuiten und den Assumptionisten den Wanderstab ergreifen und das geheimniß­­volle Rezept ihres wunderbaren Schapses freundlicheren Völkern bringen wollen. Der goldgelbe köstliche Strom, der seit undenklichen Zeiten aus der Benedik­iner-Abtei Liguge entprang und erquidend durch die ganze Welt floß, wird man, wenigstens fü­r einige Zeit, versiegen . . Dem Ministerium Walded-Rouffean war die Rube Frankreichs mehr mehtr als der lieblichste Benediktiner, und es ist einmal so in der Welt eingerichtet, daß das Bessere das Gute verdrängt. Die Regierung hat es sich in den Kopf gefeßt, daß fortan in Frankreich Frieden und Eins, möglichen. Am 14. November 1899 regte er in der Kammer trat herrschen sollen, und sie will dies erreichen selbst um den Preis des­­ Verlustes der Benedik­iner. Den Sieg des Kongregationsgefeges in der Praxis, den Hat Walded- Rouffenn als eines seiner größten Ziele, als eine der wichtigsten Aufgaben des Kabinets der­ republikanischen Ver t­eidigung von Anfang an betrachtet. Volle zwei Jahre hat er allerdings gebraucht, um diesem Ziele nahe zu kommen, um seinem Sabinet die Erfüllung dieser Aufgabe zu er­­den Entwurf des­­ Vereinsgefäßes nieder; ein volles Jahr arbeitete die Kommission­ an demselben herum und gab ihm erst den eigentlichen politischen Charakter, die Schärfe und den Schliff, machte aus dem Öejebe eine Waffe der repu­­blitanischen Vertheidigung­ gegen Die geistliche Tebermacht. Am 15. Jänner 1901 begann die Berathung des Entwurfes in der Kammer. Als er Damit Ernst wurde, ordnete Die Geistlichkeit eine neuntägige Bittandacht um den Beistand des heiligen Sofef „gegen die Klosterstürmer in der Kammer" an, und am Tage, da die Bittandach­t zu Ende war, fiel die Entscheidung zu Gunsten des Gefeges. Am 11.­uni trat der Senat in die Berathung des Gefeges ein; um das Unheil abzuwenden, veranstaltete die Geistlichkeit am 14. Juni die große Herzgein-Kundgebung ; aber wieder fiel just an diesem Zuge die Entscheidung im Senate zu Gunsten der Regierung, der Entwurf wurde sanktionirtes Gefeh. Walded- Rouffeau erwies sich stärker als seine Gegner, die ihm eine Herrschaft von acht Wochen prophezeiten. Aus seiner anfangs sorglichen Menjorität ist eine überwältigende, aus den acht Wochen sind weit mehr als Hundert geworden , und heute, nach dem Triumphe des czartischen Besuches, steht sein Kabinet ficherer als je zuvor. Hat er die längste Lebensdauer aller Ministerien der dritten Republik erlangt , die bisher „Längsten" Kabinete Thiers, Ferry und Meline sind über­­flügelt , und Walded-Rouffeau ist der Herr und Meister von Frankreich), auch im Augenblicke der Gefahr, die auf ihre geistige Kapazität lähmend wirkt, gewohnheitsgemäß daß machen, mas im Reglement steht, mas also Durch eine Reihe von Jahren als gut anerkannt und erprobt worden ist. Ein gutes, zweckmäßiges, den Tonfreien­ver­­hältnissen Rechnung tragendes Reglement ist somit eine jener wesent­­lichen Bedingungen, die vor dem Feinde den Erfolg oder Mißerfolg mit fi bringen. Aus dieser Thalfahe lügt ihh an jene peinliche Sorgfalt ableiten, mit der in allen Armeen an die Ausarbeitung eines neuen Reglements geschritten wird. Von ganz außerordentlicher Bedeutung­­ wird natürlich die Ausarbeitung des Reglements für die F­ußtruppen, dam­it für jene Waffengattung, in deren Händen in allererster Linie die Entscheidung über Sieg oder Niederlage liegt, für die Königin der Waffen, die Infanterie. Die immense Bedeutung Dieses Gegen­­standes hat auch­ in den leitenden reifen unseres gemeinsamen Heeres die entsprechende Würdigung gefunden und man ist von dem Augen­­blickk an, da die Neubearbeitung des Exerzier-Reglements für Die­­ßtruppen weiter unaufschiebbar geworden ist, mit der peinlichsten Nigorosität an die Lösung der Aufgabe geschritten. Angesichts der Nothmendigkeit, die reglementarischen Bestimmungen derart zum Gemeingute aller Personen einer Truppe zu machen, daß sie ihnen­­ zur Gewohnheit werden, muß hervorgehoben werden, daß „Stabilität“ des Meglements eine wesentliche Forderung zur Erreichung des gedaiten Zmedes­it. Diese Stabilität darf­ jedoch nicht weiter getrieben werden, als sie mit Rücksicht auf die Aufgabe des Reglements noch acceptivt werden kann, das heikt­e& dürfen die der Stabilität zuliebe gebrachten Opfer nicht die Dutalität der reglementarischen Ber­­timmungen in Frage stellen. Mit der Einführung des rauhsirmigen Pulvers, das sich als eine K­onsequenz der Forderung nach Erweiterung der Bortéen der Teuerwaffen ergeben hat, mit der Einführung zahlreicher neuer Kampf­­mittel und technischer Neuerungen im Heermejen haben fi Die Bedingungen für den modernen Kampf derart verschoben, daß es unbedingt nothwendig fehlen, aug in den reglementarischen Bestimmungen gleichen Schritt zu halten. Insbesondere war es auch­ die bedeutend erhöhte Wirksamkeit der modernen Feldartillerie, im Vereine mit deren numerischen Verstärkung, die zm irgend dafür sprachen, das bestehende Reglement einer rigorosen Durchfigt zu unterziehen. Ein weiterer Umstand, der zwingend für diese Revision sprach, war die Thatsache, daß mit der Ausgestaltung der Hand»­­ feuermaffen und der hiemit zusammenhängenden Spezialisirung der Thätigkeiten im modernen Gefechte die Anforderungen an den einzelnen Soldaten sich steigerten. Damit ging aber eine insbesondere durch volkswirthschaftliche Gründe nahe gelegte Erwägung Hand in Hand: die Frage dr Reduktion i­n der Dienstze­it im aktiven Heere. Aus diesen beiden Umständen resultirte die Nothwendigkeit, den formellen Theil des Reglements, der sie also­ nicht mit dem Kampfe selbst­ befaßt, sondern nur die Mittel zum Zroede, d. 1. die Bewegungen, Formationen, den Ausbildungsvorgang 2c. prägifirt, auf ein mögliches Minimum zu redu­ziren, um das bentbarfte Zeitmarimum auf den eigentlichen Zroed, d. i. auf das Gefecht zu verwenden. Unter diesen Gesichtspunkten wurde seitens der hiezu berufenen leitenden Kreise an die Ausarbeitung eines neuen Gretzier-Negle­ents für die Fußtruppen geschritten, wobei selbstverständlich die Erfahrungen auch der allerlegten kriegerischen Ereignisse someit Berücksichtigung fanden, als sich Die­selben auf den modernen Kampf großer europäischer Heere überhaupt anmenden lassen. " Seitens des T. u. TE. General Szabez wurde bereits vor Jahres­­frist ein Entwurf für das Creizier-Reglement der Fußtruppen aus­gearbeitet und bevnbeberen Kommandanten, sowie einzelnen militärischen Autoritäten — in Summe etrivia an z­weihundert Personen — zur Begutachtung ausgegeben. Das Resultat dieser Begutachtung wurde Anfangs des laufenden Jahres an der Zentralstelle gesammelt und bildete die Grundlage für die­­ Berathungen einer Kommission, die unter dem P­orfite Sr. Ef. u. Tf. Hoheit des dem allerhöchsten Ober­­befehle zur Disposition gestellten K. b. K. Erzherzogs Franz Ferdinand zusammentrat und die berufenten militärischen Kapazitäten vereinigte. Im Laufe dieser kommissionellen Verhandlungen ergaben fi natur­­gemäß einige ungeklärte Punkte, in­ denen die Ansichten auch dieser Autoritäten divergirten, worauf Die gewiß sehr zutreffende Lösung gefunden wurde, in dieser Richtung die Truppe zu befragen, die in erster Linie berufen i­, das Reglement zu gebrauchen. Nachdem auf diesem Wege auch die besten Differenzen in den Ansichten beseitigt schienen, wurde an die endgültige Tertirung des neuen Reglements die Erfahrung werden hiefü­r reichlich Gelegenheit bieten. Vorläufig jedoch kann man die Thatsadie mit Befriedigung zur Kenntniß nehmen, daß “ , gespritten. € 3 ist gewiß nur ein höchst anerkennensunwerthes Streben nag höchster Sorgfalt und Rigorosität, daß das Reglement aug fest noch nicht als unabänderliches Definitivum an die Truppen ausgegeben wurde, sondern daß man vor diesem entscheidenden Schritte nochmals der Truppe, als dem ausführenden Organe, Gelegenheit geben sollte, ihre Meinung über jenes geistige Instrument abzugeben, mit dem sie berufen erscheint, einst vor den Feind zu ziehen. Die mit Beginn des ‚neuen Ausbildungsjahres im heutigen Herbste 'neu einlüdenden ' Nefeuten werden schon nac dem neuen Reglement 3-Entwurfe aus­gebildet werden; man ist daher in militärischen Kreisen fest schon eifrig an dem Studium dieses Ent­wurfes. € 3 műre verfrüht, jest [ s don irgend melde Ansichten über die Zweckmäßigkeit einzelner neuen Bestimmungen zu äußern ; die Zeit und Budapest,30.September. V Vor Kurzem ist der Entwurf zum neuen Exerzier- Reglement für die Fußtruppenbehufs Er­­probu­ng an die Truppen ausgegeben worden.Hiemit ist diese wichtige Fragen-Inweittragende­ Bedeutung ihrer Lösung wesentlich näher gebracht wordendem Reglement einer Waffe sind die Bestim­­mun­gen für die Ausbildung derselben niedergelegt,es enthält aber vor Allem auch jene Grundsätze,nach denen diese Truppe vor dem Feinde geführtt und verwendet werden soll.In den tausendfachen überraschen­­den, neuen Gindrüden des Kampfes, in dem sinnvermwirrenden G­etöse, dem nervenerfütternden Einflusse der Lebensgefahr in einer sünftigen Schlacht werden an die Kriege ungewohnten­ Führer und Soldaten ganz besondere mora­­lische Forderungen herantreten, (68 ist naheliegend, daß unter diesen neuen, den Geist, die Vernunft beengenden Einflüssen der Mensch zunächst Dasjenige thut, was ihm zur Germohnheit gemorden it. Diese auch durch die Kriegsgeschichte wiederholt ermiedene Thatsache spricht am beredtesten für die Wichtigkeit des Neglements. Nach diesem­ wird die Truppe lange Friedensjahre hindurch ausgebildet, die Bestimmungen des Neglements werden allen Seiten, die damit zu thun haben, zur Gewohnheit und es steht zu erwarten, daß sie A- 4 unsere Fußtruppen in den Besis eines Reglements-Entrourfes gelangt sind, der den modernsten Anschauungen über das I­nfanteriegefecht Rechnung trägt. Die Nigorosität, mit der bis nun­ bei der Ausarbeitung dieses Entwurfes vorgegangen wurde, bietet hinlängliche Gewähr, daß ein Reglement geschaffen wurde, das vielleicht in seinen Detailfragen abänderungsbedürftig it, im Ganzen und Wesentlichen aber seinem Zwece entspricht. — Die Verhandlungen über den autonom­en Bolltarif des Österreichisch-ungarischen Bollgebietes, die in Wien s mit den den österreichiigen und ungarischen Delegirien­­ gepflogen werden, kommen langsam von Etape zu Etape. ‘Die sogenannten Finanzzölle sind, wie und aus Wien mitgetheilt wird, bereits erledigt und gegen­­wärtig werden die Zölle auf landwirthschaftliche Wrodukte beruthen. Die Schwierigkeiten, die sich anfänglich ergaben, wurden während der jüngsten Anwesenheit des ungarischen Minister-präsidenten Koloman S­zéti beseitigt und beide Regierungen haben die Absicht, die Verhandlungen energisch fortzulegen und sobald als möglich zu Ende zu führen. — Wie man uns weiter aus Wien berichtet, sind die Verhandlungen bis Donnerstag unterbrochen worden, weil die ungarischen Delegirten zu den Abgeordnetenmahlen heimreifen. Die Wahlbewegung, BB An unsere geehrten Korrespondenten und Freunde in der Provinz richten wir hiemit das Höfliche Ersuchen, und am Tage der Wahl in ihrem Bezirke über die wichtigsten Momente des Wahlaktes, jeden­­falls aber über das Resultat der Wahl rafhestens telegraphis zu berichten. 8 ist selbstvers­­tändlich, Daß wir die Bie durch verursachten Auslagen mit Dant surüberstatten, aM % * * Der Oberst­adthbauptmann hat für den Wahl­­tag zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Ruhe folgende Detachea­ments entsendet:­ I. Bezirk Wahltotal: Kommunalschule. Wahlpräsident: Dr. Karl Rónay. Kommandirender Polizeibeamter: Begirfs­­hauptmann Andor Szirma­ny, 3 Beamte, 30 Polizisten zu Fuß,­ 6 berittene Polizisten, 2 Detektives. Reserne: 20 Polizisten zu Fuß. Kordond werden gezogen: an der Ehe der Pazmin, Fortuna und Merböczygafie und des Schulplates. I. Bezirk. Bahllokal: Diner N Redoute. Wahlpräsident: Sigmund Rupp. Kommandirender Polizeibeamter: Bezirkshaupt­­mann Georg Alm&aft­; 3 Beamte, 12 Polizisten zu Fuß, 2 berittene Polizisten, 2 Detectives. Reserve: 10 Polizisten zu Fuß. IM. Bezirk Wahlth­al: Kronen-Gasthaus. Präsident : Dr. Josef Stern Kommandirender Polizeibeamter: Bezirks­­hauptmann Alexander Sajó; 5 Beamte, 60 Polizisten zu Fuß, 1 Unteroffizier zu Fuß, 10 berittene Polizisten, 1 berittener Unter­­offizier, 2 Detektives, Kordons werden gezogen: Schilergaffe, Kiren­­plat, Ede des Kronenplages, Zichygaffe — Eichhörnchengaffe —, Ede des Kronenplages in der Kleinen Kronengafse, Ri8-Gzeller-Gafse — in der Kleinen Kronengasse, in der Kirchengasse. IV. Bezirk M­ahltotal: das neue Stadthaus in der Waisnergasse. Präsident: Dr. Eugen Kun­ig. Kommandirender Polizeibeamter: Polizeiratd Baron Edmund Splenpyi; 4 Beamte, 20 Polizisten zu Fuß, 4 berittene Poliziten, 2 Detectives. Reserve: 10 Bolizisten zu Fuß. V. Bezirk M­ahllotal: die Clementarfchule in der Szemeregasse. Präsident: Alois Un­ger. Kommandirender Bolizei­­beamter: Bezirkshauptmann Dr. Desider Boda, 10 Beamte,, 60 Polizisten zu Fuß, 20 berittene Balizisten, 4 Detectives, Reserve: 30 Bolizisten zu Fuß. Ein Rordon wird quer über den imwischen der Alfotmängg- und Kälmängaffe­­ befindlichen Theil der Honvedgaffe gezogen. VI. Bezirk Wahllotal: Clementarfgule in der Criefe gaffe. Präsident: Johann Mord. Kommandirender Polizeibeamter: Polizeirath Mor Czajlit; 7 Beamte, 80 Polizisten zu Fuß, 8 berittene Polizisten, 4 Detektives. VlI.·Bezier.Wahllokal:Elementarschule in der Sommer­­gasse.Präsident:Bala«Paksy.Kommandirender Polizeibeamter: Bezirkshauptmann Lu­dwikI Tóthz7 Beamte,70 Polizisten zu Fuß, 18 berittene Polizisten,4 Detektives.Reserve:20 Polizisten zu Fuß.· VIIl.Bezik.Wahllokal:Elementarschule in der Nökk- Szilárdi Gasse.Präsident:Dr.Kaererädy.Kommandirender Polizeibeamter:Bezirkshauptmann Kolonxan Krecsäny 13­7 Beamte,100 Polizisten zu­ Fu­ß,10 berittene Polizisten,4 Detek­­tives·Kordons werden gezogen:von der Volkstheatergasse zur Ecke der Rökk-Szilárd-Gasse;am Anfange der Rökk-Szilc1rd-Gasse von der Ecke der Stählygasse,der Bärkocsisgasse,Steinmetzgasse,Bökös-, Kölcseygasse,des Sänderplatzestxxid an der Ecke der Rökk-Szilárd- Gasse,an der Ecke der Barkocsisgasse,der Bakösiutt-Kölcseygasse und des Josefringes und um die Bretterscheidewand herunt. IX.Bezirk.Wahllokale die Schule auf dem Bakócsi plus-Präsident-Dr­ Ladislau­s Tóth.Kommmandi­­ender Beamter- Polizeirath Ladislaus Orintsayz5 Beamte,40 Polizisten anuß,8 berittene Polizisten,2Detektives.Reserve:15Polizisten anuß.Kordons werden­ gezogen vom Vakåcsplatz bis zur Ecke’ «· ' Feuilleton. Nein! Nach dem Enalischen von Giga H Móna, Im Empfangszimmer eines Opernhauses ersten Nanges saßen zwei Männer, die einander wie vorsichtige Gegner betrachteten. Der Aeltere, mit dem ergrauten Haare und dem martialischen Aussehen — war Felir Denafoy,der Direktor — ein Mann, der in ganz Europa und Amerika als Entdecker und Förderer der erfolgreichsten Opernsänger galt. Denafoy’s Nationalität war unbestimmt; in England wurde er, so lange man ihn nicht englisch sprechen hörte, für einen Franzosen, in Frankreich, so lange man ihn nicht französisch prechen hörte, für einen Engländer gehalten. Der Jüngere der Beiden besaß einen ausgeprägterem­ Typus; in seinem Lande unter der Sonne hätte er als erwas Anderes als einen Juden gelten können, selbst wenn ihn seine Sprache nicht verrathen hätte. Sein Name war Bronin, sein Beruf der eines Theateragenten. Er hatte seiner Gewohnheit gemäß über allerlei trivialen Slatich gesprochen, mochei er von Denafoy, der auf eine wirkliche Mit­theilung rechnete, blos doch einsilbige Bemerkungen unterbrochen wurde. Endlich Ham­es­­ 7 Cid vorneigend, legte Bromn seine Hand auf des Direktors ein und sagte nachdrü­cklich: „Ich habe hier in London den Schönsten Tenor gefunden, den ich je in meinem Leben gehört.” Einen Moment rahten Denafoy's Augen fest auf dem Sprecher ; dann entzog er ihm seinen Arm,­­ „Engländer ?” fragte er mit einem etwas mißtrauischen emoor« ziehen der Augenbrauen, »Sprichkenglisch,sogar ein Londoner Englisch.Aber eikte Stimm­e,mein Lieder­—voix d’élite!Ich dachte sofort an Sie,a­ls ich diese Stimme hörte.Natürlich fehltexoch die Schulung.« »Welche sind die Bedingungen?­«fragte der Direktor ku­rz.Er wußte sehr wohl,daß diese Perle von einem­ Tenor ihm nicht umsonst ausgehändigt werden würde. Der Agent ging auf Einzelheiten ein. Beanspruchte für die erste Zufemmenkunft eine Gebühr von 50 Pfund Sterling, welchen Betrag er, falls die Stimme mißfallen sollte, Denafoy zurückzuerstatten undh einverstanden erklärte. Die weiteren Zahlungen sollten bei Unter­­zeichnung eines Vertrages und beim ersten Auftreten des Sängers erlegt werden. Die Bedingungen waren unmäßig, jedoch nicht ganz und gar vermerklich. Nach einigem Ermägen kam man zu einer Verständigung und der folgende Nachmittag wurde für die Zusammenk­unft bestimmt. Denafoy stieg mit seinem Sekretär in eine Droschle und ließ Lich­­ter Bros Leitung in eine­ völlig unbekannte Gegend fahren. Endlich hielt der Wagen in einer engen Galle, von wo die Reise zu Fuß fortgefegt werden mußte. Sie passirten Schiffswerften und Niederlagen, bis Bromin vor einer kleinen Schanze Halt machte, deren Aushängeschild den Namen 9. Davis zeigte. „Bier ist es," jagte Brown und sie gingen hinein. In der Schänkstube befand sich ein rothhaariges junges Weib mit feurigen blauen Nagen. „It Mr. Davis zuhause ?” fragte sie Brown. Die Frau warf einen durchdringenden Bl auf die Ansümme­linge und geleitete sie in ein kleines Zimmer, in dessen Mitte ein langer Tisch mit Bänken stand. Ein alter, munderlicher Kamin zierte die eine Ede des Zimmers, während auf einer der gelblichen Wände ein kleines, ein segelndes Schiff darstellendes Aquarell­­bild Bing. Unter dem breiten, niedrigen Senfter befand er ein Balkon, an dessen eisernem Gitter ein Mann sehnte. Er stand ihnen den Nacken zumendend, mit dem Gesichte nach der Themses blaue Rauch­­wolfen entstiegen feiner Pfeife. Die Frau ging hinaus, man hörte sie „Arry!“ rufen, worauf der Mann verschmand, um einen Moment später an der Thüre zu erscheinen, wo er von Brown mit über­­schwänglichen Worten begrüßt wurde: eine Kraft und Fülle wie Orgelklang oder wie die Sprache Galvini 8. Er war ein hübscher, junger Bursche, für seine Breite etwas‘ furz — Tenore sind leider selten groß —, sein Hals war dich, doch lang genug, sein Gesicht etwas breit, doch besaß er schöne Augen und feine Züge. Denafoy hielt ihn für einen Italiener oder Spanier; wie er sich päter herausstellte, mal seine Mutter Italienerin, sein Vater ein Wälfher. Schwarzes Haar, blaugraue Augen, font hatte er nichts von dem lebhaften, feurigen Gambrier. Antlit, Bewegungen zeigten Die läffige Anmuth des Italieners. Bronin sagte ihm, ohne die­ Herren zu nennen, daß dieselben gekommen wären, um von ihm ein, zwei Lieder singen zu hören. „Warum denn nicht,“ sagte Davis, fragte, man die Herren zu nehmen m­ünsten. Der Direstor bemerkte, daßs des Mannes Sprache ein echtes Londoner Engl war. Nachdem man erfrischende Getränke hestellt und Davis die ver­­giedenen Trinkgefäße hereingebracht, stellte er sich zur Wand und sang ohne besondere Vorbereitung. Sein Lied gehörte zum Ständigen Repertoire jedes Leierfasten, und jedes Kind auf der Straße lann­te: „Das Lied in der Abend- Dämmerung.” , einem wie Glas zerbrechlichen Instrumente wird. Dieses Mannes Der Direktor hatte die Ellbogen auf den Tisch gestütt, während seine Augen auf Davis’ Lippen geheftet blieben. Broron hatte Recht! € 3 war eine Stimme, wie man sie unter Millionen selten findet: süß wie Honig, voll und feurig wie Wein, ichön und wahr, frei von dem leisesten Anflug von Sprödigkeit, Durch welche man die Tenorstimme zu Stimme hatte mit der außerordentlichen Vollkommenheit des Ton. Man fühlte beim Zuhören, daß er, wie die Nachtigall im Sommer, in den vierundzwanzig Stunden des Tages ganz bequem , achtzehn Stunden zu singen im Stande­ wäre. Mit seinem Liede zu Ende, zeigte er in einem gemüthlichen Lächeln die tadellosen Zähne. „Hab’ ich die Wahrheit gesagt ?” fragte Brown. „Nein, nein, nicht die Hälfte der Wahrheit,” rief­ Denafoy. Nachdem er das Honorar bezahlt, konnte er seiner Begeisterung freien Lauf lassen. “­ood, Bitte, ‚singen Sie weiter!” rief Turner, der junge Sekretär. ra Rei Zufriedenheit Techtete aus den indolenten blauen Augen des Jüngers. Er bewegte sich, als mollte er­ sich weiter auf beide Füße stellen und begann „Tom Bowling“ zu singen. Die drei Männer hörten zu. Denafoy sah im Geiste ein Theater mit einem begeisterten Publikum vor sich. „Das ist der Lohengrin, auf den mir gemartet,” badhte er. Mit einer solchen Stimme erschien ihm selbst Die White­chapel-Aussprache himmlisch ! „Sie willigen also in meine Bedingungen ein?" sagte Bronin zu dem Direktor. " „Ob ja, ja!" antwortete dieser. Er stand auf, ging lebhaft auf Davis zu, der sich nun an den Tisch gefest hatte, um einen tüchtigen Schlud Bier zu nehmen. „Mr. Davis!" rief der Direktor, „missen sie, dab Gie in Ihrer Stimme eine Goldmine befssen ?" Der junge Gastwirth erhob seine Augen und nichte ihm über seinen Krug hinweg freundlich zu. „Nach zwei oder drei Jahren Schulung würde Ihnen Ihre Stimme­ ein Vermögen bringen, um melches sie jeder Prinz in Europa beneiden könnte.“ »Oh!«sagte Davis,nicht sonderlich bewegt.Schnell und auf­ geregt begann Denasoy zu­ erklären,wer­ er sei und welch hohe Honorare die ersten Tenore zu erhalten pflegten. ..Und mein Wort darauf,Kei11 er vo­r ihnen besitzt eine Stimme wie dieJhre.«« »Das glaube ich,«sagte Davis ruhig,»ich hörte Sims Reeves, war in der Gaiety Sebright und Cambridge,doch gefiel mir meine eigene Pfeife am besten.‘ Seine Stimme sang beim Sprechen nicht besonders schön. „Möchten Sie nicht in dem größten Theater Londons sich hören lassen, wo Bringen, Brinzelfinen, Fürsten und ganz London sich drängen würde, um Gie zu hören?" „Sa—a,“ war die gleichmüthige Antwort. „Möchten Sie nicht,“ sagte Bromn, „auf höheren Befehl nach Windsor fahren, um vor der Königin zu singen ?" „Rein, das möchte ich nicht,“ antwortete Davis rasch, dann fügte er Hinzu: „Ausgenommen, wenn ic der alten Dame eine­­ Freude bereiten würde,“ „Ich glaube," Sie begreifen gar nicht die Macht einer Stimme, wie der Shrigen, begann Denafoy wieder. „Die Welt würde Sie ja vergöttern !" „Frauen, Damen , Damen von Rang,” fügte Broron Binz. Davis zeigte die Zähne und nichte, „Ich weiß,” sagte er gelasfen, „meine Frau mal eines reichen Büders Tochter, großer Laden im Forest Gate­way — einzige Tochter sogar. Sie hatte sich geradezu vernarrt — mollte von sonst Niemandemn wissen ; und ich, ein armer Weinbursche, mit einer alten Mutter, die Hemden nähen mußte. Doch sie ist nicht die Einzige,“ fügte er nahe­denklich Hinzu. Er ergriff wieder seinen Krug, leerte ihn auf einen Zug, seufrte und bemerkte: „Am Ende wird einem Manne so etwas ein Wergerniß; und wenn es gar Fürstinen oder Herzoginen mären — würde meine Frau schließlich wiüthend werden und mir die Augen ausfragen, Nein, Herr, ich weiß am besten mal mir frommt, und dabei bleib’ ich !“ Von dieser anfänglichen Sprödigkeit gar nicht entmmuthigt. Dere doppelte Denafoy seine Heberredungsfrist. „Sehen. Sie,” sagte Davis, den Arm Hinter den Naden merfend, indem er das Auge seines Beobachter mit dieser nachlässigen Anmuth der Bewegung entzüchte. „Ich habe folge Dinge tat. Sie wollen, daß ich arbeite.“ „Anfangs, zwei Jahre lang, und Sie würden während dieser Zeit ein schönes Gehalt beziehen.” „AG, lasfen Sie mich mit Ihrem shönen Gehalt! wie ein Schuljurge zu lernen, nicht wahr, Herr?" „Nur für einige Zeit.“ „Und sind die zwei Jahre­ verstrichen, hätte ich unaufhörlich neue Lieder zu studiren, ob ich will oder nicht, müßte auf ein regel­­rechtes Engagement eingehen und es auch halten, ist es so?" 8 mußte zugegeben werden, daß dem nicht auszumeichen sei, „immer nur eslen und trinken mal meiner Stimme zuträglich, bestimmte Stunden einhalten, eine weiße Maulsperre tragen, und mich jeden Tag rafi­en lassen !" Bromn unterbrach ihn hier, um bezüglich der Toilette eines Operntenors seine ganze orientalische Beredsamkeit zu entfalten. Davis hörte ihm mit sichtlichem Mißvergnügen zu: „Sich vermummen, sie, ein Birkusch­ron,” brummte er, „danke Schön !" Er wandte sich an PDenafoy. CE zeugte von angeborener Beobaptungsgabe, daß sein Ton Denafoy gegenüber viel ernster und höflicher wurde als der, den er Brown gegenüber gebrauchte, „Habe ich Recht, Herr 2” Denafoy nichte. Er fühlte, daß diesen Punkten offen begegnet werden müßte, Leugnen, Beschönigen hier nicht am Plate wären. Davis ging eine, zweimal im Zimmer auf und ab, sein Gesigt zeigte einen ernsten nachdenklichen Ausdruch. Denafoy beobachtete ihn wie ein Spieler die Hand beobachtet, die im Begriffe ist die entschei­­dende Karte außauivielen, « ’ 39 hätte.

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