Pester Lloyd, August 1905 (Jahrgang 52, nr. 190-216)

1905-08-01 / nr. 190

Budapest, 31. Sult. * Die Offenbarung von Dees könnte Teicht eine reiche eregetische­ Literatur heranrrufen, wenn die be­­rufenen Organe der einen und unnnheilbaren Koalition es nicht sich gerathener halten, sie ganz unbegleitet verhalten zu lafften. Denn wir sind mir "völlig sicher, Dab die vereinigte ‚Linke ‘gerade den Baron Bánffy als den richtigen Propheten gelten läßt, der dem Volke Die neuen Heils­­lehren unfehlbar verkünden kann. Doc uns können derlei Breifel die reine Freude an der Manifestation nicht versümmern,­ und indem wir uns willig nem. ‚Zauber hingeben, quält uns nur die Besorgniß,­­ wir die, Fähigkeit Haben, sie gehörig zu innen; sa, mir fürchten sehr, ‘daß wir sie nicht haben, denn vor manchen, wie es scheint, ver wichtigen WBartien, stehen wir so rathlos, wie vor A Probleme des lentbaren Luft: Schiffes. So wissen wir beispielsweise nicht, was wir mit den Schwungvollen Säßen anfangen sollen, in verehrte Nebner von Des die Basis von 1867 denen Der, als­ diejenige verherrlicht, „welche nach Hundertjährigen Kämpfen,­­ und unter der Einwirkung trauriger und befragenswerther Erfahrungen Nation und Krone, einmüthig als­ geeignet zur Aufhebung der Gegenfage , erfannten". Die logische Folge seld schwungvoller Verherrlichung ist zweifellos, daß man an dieser Basis nicht nur, sondern auch, an dem Sedanien, der Nation und Krone vereinigte, under­­brischlich festhalten müsse, und in der That erklärt Baron Banffy, daß­ die Lösung der Krise auf einer­­ an­deren­­ Basis nicht erfolgen könne. Nun fragen wir ‚gar­ nicht, ob er in­ einer Koalition, die weit überwiegend aus Anhängern ganz anderer staatsrechtlicher Grundlage besteht, auch nur Halbwegs zureichende Biürgichaften wir Die Wahrung der dedkitischen Miederlieferungen finden Tanı, feiert in dem alle finden kann, als die Kosjuth-P­artei Ins Ek­te auf die volle Verwirklichung ihrer Aspirationen verzichten würde. Wir fragen nicht danach, denn­ vielleicht meint er, daß man in Zeiten­feld schwerer Krisen nicht alle Zukunftsfolgen auf einmal ausfolgen künne, obgleich wir allerdings nicht missen, wie er unter solcher Vorauslegung von der Systematischen Ausschaltung der staatsrechtlichen Kämpfe über­­haupt prechen kann. Aber­­ von alldem abgesehen , ist denn das Werk von 1867 eine Kautschus-Konstruktion, in Die man alles Mögliche und noch etwas mehr hineinpraktiziren fan? „It Die dedfistische Ueberlieferung etwa eine­ papierene Phrase, in die man hineindeutet und von der man Hinweg­­ deuten kann, was Einem juft beliebt? Wenn die deakistische Bolitit unbestritten auf die feste Begrü­ndung der Eintracht zwischen Bolt und Krone gerichtet war , handelt man denn im Geiste dieser Bolitit, indem man pro nihilo einen schweren Konflikt mit der Krone heraufbeschwürt ? Wenn die dedfistische Politik unbestritten auf die politische Solidarität zwischen der ungarischer Nation und den B Wölfern Oesterreichs hinzielte handelt­e man. Dann im­­ Geiste. Dieser Politik, zerstört, die Gegenfage zwischen hüben und drüben fort­­schreitend " verschärft und nicht nun "Entfremdung, sondern divert feindselige Stimmungen hervorruft? Da ist, doch Graf Apponyi viel eher zu loben. Er erkannte, daß das Werk und die ar und­ die Weisheit Dent’s­ich bereits überlebten; da versuchte er zunächst, sie doch, seine Politik und seine Weisheit zu forrigiren und als Dies nicht ganz durch­greifen wollte, das ging er mit langen Rückchrittsbeinen auf die vorsintfinthliche P­ersonalunion zurück. Das ist vers­­tändlich. Aber daß man auf der Basis von 1867 eine Bolitit mache, von Der Dedt sich nie etwas träumen ließ und zum Wächter der­ Grundlage von 1867 die von der Kossuth- Partei beherrschte Koalition , das ist nicht zu verstehen, indem man alles Verbindende in dieser Nichtung. " Und wie bezüglich dieser mehr allgemeinten Dinge, ver­sagt ,unter Verständung auch: im Bezug­ auf die wichtigeren fünfreien Einzelheiten des Programms. Das gilt vor Allem bezüglich­ der kritischen Frage des nationalen Kommandos. Bisher hat Baron Bänffy das­ nationale Kommando Hy­wegs als Dogma eingestellt,­­er war vielmehr­ bereit, gegen die Dienstsprache zu tauschen. Sehr verlangt er es kategorisch. die Dienst- und Kommandosprache. Gleich fater gorisch? Da dürften wohl Zweifel fl­­iegen. . Er sagt, daß man diese anstreben müßte — anstreben aber bedeutet nicht, daß man sie sofort und­­ unbedingt v realisiren müsse.. Und­ er sagt noch etwas Anderes: er, betont, daß Dies angestrebt werden müsse gemäß des G.-A XI : 1867 im Einflange mit den fonstitutionell, das it auf dem Wege der Gesebgebung zu übenden Rechten Dr. Majestät. Nun gibt es aber in dem vom Baron Banfiy angezogenen G.-X. XII: 1867 bekanntermaßen einen in leg­terer Zeit viel erörterten Paragraph 11, welcher alz Pa­RM­ AN alle auf Die­n u also auch der Führung und innere Organisation des Heeres, ungarischen Armee, bezü­glichen Verfügungen bard­ Se. Ma­­jestät zu erledigen sind, und diese Uebung wird in demselben Paragraphen, als Ausfluß der ‚konstitutionellen Herrscher­­rechte betreffs des Heerunwesens "bezeichnet. Wie Hält es ‘Baron Bánffy in“ Diesem P­uitte mit ‚der­ Sintegrität ‘ bes. Ausgleichswertes, und wie stellt er sich das „Streben im Einklange mit dem Rechte des Monarchen” vor? Soll der König auf die ihm zuerkannten Hoheitsrechte verzichten, und wenn solcher­ Verzicht nicht wahrscheinlich ist, sol er „im Einvernehmen mit St. Majestät” erzwungen­ werden? Frivole Frage! in einem­ weiteren Maße sagt der illustre Staatsmann: „Wir wollen den Einklang­­ zwischen dem Könige und der Nation auf­ der Grundlage der geltenden Lesege­suchen, unter Neißertirung der Rechte der Krone, aber auch unter Sicherung und Geltendmachung der berechtigten und im Gesete begrü­ndeten Bestrebungen der Nation." Das u­­mwunderschön gesagt, wir verstehen nur nicht, wie diese Schönheit in der Konkreten Frage plastisch zur Ersteinung gelangen soll. Es­ wäre schlimme Täuschung, wenn wir Sagen fichen, daß uns bei der Betrachtung des innern gramms des verehrten Staatsmannes durchaus heller im Kopfe geworden sei. Insbesondere vor dem Gate über das allgemeine Wahlrecht stehen wir vor einer totalen Mondes­­finsterniß. Der Zensus sot auf Herabgefegter Grundlage ausgeglichen, der Bildungszensus ausgedehnt, das Stimm­recht Derjenigen, die an seinen Zensus hinanreichen, be­sonders geordnet werden — das ist der furzgefaßte plan, und­­ füllt uns nicht ein, auch nur einen Augenblick zu ber­haupten, daß er nicht mit außerordentlichem staatsmännlschen Scharfsinn erdacht und mit erstaunlichem Kunstsinn, dargelegt seiz,aber ohnemweiters bekennen wir, daß er unserem, jümmer­­li­ am Boden Hinschleichenden Verständnisse schlechterdings unzugänglich ist. Allgemeines Wahlrecht mit Vermögens­­zensus, Bildungszensus, zensusloser K­urier allgemeines Wahlrecht mit Klasfenunterschieden — bieje sublime bee Hat. schwerlich. irgendwo in Der Welt eine Ausgestaltung gefunden, und wenn sie bei uns Wurzel faßt und gedeiht, wird die Wert­ung darum beneiden. . Doch genug der Krititl Ob leicht, ob schwer verständlich — darauf kommt es nicht an. Die Hauptsache ist, daß eine Gruppe der Koalition das gesunde Bedirfung fühlt, die Gravamontal­­politik doch ein positives politisches, sozialpolitisches und wirthschaftliches Programm zu ergänzen. Baron Bánffy hat sich­ Darauf­­ besonnen, daß die Nation vom Konflikt allein nicht Leben kann und noch Anderes so möthig hat, wie einen Biffen Brod. Greift diese Weberzeugung in der Koalition durch, findet das Beispiel des Barons Bánffy alsbald Nachahmung und­ wird also jede Gruppe sich positiv bethätigen, so werden sie alle zusammen sehr bald dahinter kommen, warum der Thum von Babel unvollendet blieb. Die Werkmeister haben VBrogramme gemacht und der Teufel spielte ihnen zum Tanze auf­­­ auch. erkennen, warum sie sich Hartnädig sträuben, die Regierung zu übernehmen. Als regierende Partei müßten sie ein Programm haben — und der Teufel von Babylon scläft nicht. Yan wird man aber auch: politischen rot : Die Inge. Bon der vereinigten Linken. Das Sublimite des Teitenden Ausschusses der Koalixten Opposition hielt heute Nachmittags 5 Uhr in den Klublokalitäten der Unabhängigkeits-Rartei eine Sagung, in welcher Julius Gulher präsidiirte. Anwesend waren die Mitglieder Ludwig Holle Graf Johann CHadit und Ladislaus Lammersberg Ad Graf Albert Apponyi und Béla Bernáth waren in der Gitung erschienen. Ueber die Sitzung wurde folgendes Communiqué veröffentlicht: Das Sublimite hat den Tert der an den leitenden Ausschub zu erstellenden Unterbreitung festgestellt. Die Unterbreitung wird unter die Mitglieder der leitenden Ausschusses vertheilt und­ dann in der nächsten Situng desselben verhandelt­ werden. An der Sigung hat Graf Appondyi die Aufmerksamkeit des Komites auf mehrere wichtige Fragen gelenkt, während Béla Bernáth über die Verhältnisse im Komitat Zemplén berichtete. Da der Präsident des Komites Julius Ou In­er demnächst ins Ausland reist, wurde Graf Yohann HadiE zum stellvertretenden P­räsidenten gewählt; auch wird sich das Komite, mit Nachsicht auf die Menge der zu erledigenden Angelegenheiten, wo duch mehrere Mitglieder ergänzen. Der leitende Ausschuß der Toaristen Opposition wird am Donn­erstag, 10. August, Nachmittags 5 Uhr, in der Loyali­­täten des Unabhängigkeitsflubs unter dem Borfibe Franz Korf­uth's eine Sigung halten, zu welcher die Mitglieder des Ausschusses vom Präsidiu­m brieflich eingeladen wurden. Franz Kossuth, der am wird fi) sodenn nach 10. August aus Herkulesfridd hier eintrifft, einigen Tagen zur vollständigen Herstellung jener Gesundheit nach Karlsbad begeben. „Ein­ Interview mit Dem Grafen Albert Apponpi. : Ein Mitarbeiter des „Magyar Hirlap" Bat Heute. mit "Graf Albert­ Apoponyi, "der von seinem Gute Eberhard in die Hauptstadt " gekommen war, und im „Hotel Hungaria" Absteigequartier Gera hatte, das folgende Gespräch geführt: ‚ Königliches Handschreiben nicht berücksichtigen 2 Hi­n .—1&ind. es vielleicht politische Gründe, die: Em. Crzellenz in Die Sauptstadt, geführt haben ? fragte der ‚Berichterstatter­­! reife gar oft hin und her, antwortete Graf Apponyi­en Mas halten Em. Crzellenz, von der Nallitrung der Sieben und sehrte er : ? — 30 halte die Ralliirung auf der siebenundsechziger Basis in der Were, wie die Baron Bánffy gestern in Des aus­einandergefest hat, für sehr münschenswerth. 63 wűre erwünscht, daß­ diejenigen Mitglieder­ der liberalen Partei, die das Programm der Koalition sich zu eigen machen möchten, in Die Achtundvierziger- Partei jedoch nicht eintreten wollen, ehestens in die Neiben der Dissidenten oder­ der Neuen Wartet übergehen würden. Und ich glaube auch nicht, daß das Gros der liberalen Partei auch­ weiter in der Hoffnung auf Die Niederringung der Nation dort ver­­bleiben sol. — Grzellenz haben die saje­al des Präsidenten des­ Ab­geordnetenhauses darüber, melche Haltung er ‚einem neuerlichen KELLO BONT königlichen Handschreiben gegenüber einnehmen miürde, gelesen ? — a, ich weiß, Herr v. Justh hat erklärt, daß er ein solches würde. Nun, meine Auffassung in dieser Frage ist bekannt, ich habe mich diesbezüglich aus Anlaß der im Ex-lex-Zustande vorgenommenen Auflösung ge­­äußert. Mein prinzipieller Standpunkt war zur Zeit meiner Präsi­­dentschaft derselbe, wie heute, menn das Haus im Ex-lex-Zustande aufgelöst würde, " 10 mürde ich die V Berathungen des Hauses fortlegen. — Mit Verlaub, Erzellenz!­est it von der Eventualität Die Rede, wenn das Haus mieder vertagt würde. — 9, ich bitte, meiner Ansicht nach ist die Vertagung im Ex- lex-Zustande noch gravantiöser als die Auflösung. Denn die Auflösung des Hauses kann vom Gesichtspunkte der rechtlichen Ethik, der ‚ratio legis in gewissen Fällen zulässig sein. Wenn man nämlich damit argumentirt, daß man mit der Auflösung des Hauses an Die Nation appelliren will, dann ist es beinahe od 108, die Bewilligung jener Mittel zu v­erweigern, mit deren Hilfe dieser Appell in normalem Wege vor sich gehen sol. 39 habe schon, mehrere Male meiner Ansicht Ausdruck gegeben, daß die obstruirende Minorität verpflichtet ist, der darum nachsuchenden Negierung durch Beh­rung der Indemmität die Mittel an die Hand zu geben, in Folge Auflösung des Hauses die Nation üiber die Wolitit der Regierung und der Parteien entscheiden zu­ lassen. Tika selbst hat in diesem Sinne von der Opposi­tion die Wotk­ung der Indemnität verlangt, um sodann an die Nation zu appelliren, doch hat Tika die Idem­nität zu dem 3mede verlangt, um nach Auflösung des Hanfes die Genehmigung der Nation für einen bereits unternommenen , Versuch der Abänderung der Hausordnung, demnach­ die Ratifikation einer Ungeseßlichkeit zu erbitten, nicht­­ bewilligt werden. “Aber, wie gesagt, die­ Vertagung des Hauses im Exlex ist weitaus gravamindjer, als die Auflösung im Ex­lex, weil hier für die Beiseiterschiebung der natürlichen Grenzen gar seine Rechtfertigung gefunden werden kann: Im Uebrigen bemerke ich), dab ich fest lediglich meinen prinzipiellen Standpunkt entmwickelt habe und mit meiner Erklärung irgend einem eventuell nothwendig werdenden Beischluffe des Leitenden Ausschhisfes in seiner Weise präjudiziren mils.­­ — Mas­st die Ansicht Em. Exzellenz über­ die Lage im Allgemeinen : ? fü­r unverändert. Hinsichtlich der Ich halte die Situation nächsten­­ Gestaltungen hängt natürlich sehr Vieles von dem Fort­gange des Zerlegungsprozesses ab, der in der liberalen P­artei seinen Anfang genommen hat. Die Neue Bartei im HEHE. Bezirke. Im Interesse der Konstituirung der Neuen Partei im haupt- Städtischen II. Bezirke wird morgen, Dienstag, Abends 8 Uhr im separaten Speisesaale des Kaiserbades eine Konferenz stattfinden, an welcher auch der Führer der Neuen Partei Baron Desider Banffy und Reichstags-Abgeordneter Johann O 0­d theilnehmen werden. Die Anhänger der Neuen Partei werden auf diesem Wege zur Theilnahme eingeladen. Die Stellungnahme der Munizipien. Das Munizipium der Stadt Szabadta hat heute das Reskript des Ministers des Innern erhalten, mit welchem Dieser den in Angelegenheit der passiven Resistenz gefaßten Beichluß der General­versammlung der Stadt annullirte. Der Bürgermeister meldete dem Obergespan, daß er den Beichluß des Munizipiums aufrechthalten und ‚an die Minister des Innnern eine Repräsentation richten werde. Die Aktion der Sozialisten. Die Leitung der sozialdemokratischen Partei hielt heute Nach­mittags eine­ Konferenz, ‚in­ welcher das Programm der­ in der gestrigen Versammlung beschloffenen Agitation zu Gunsten des allgemeinen Wahlrechtes festgestellt wurde. Es wurde die Herausgabe zweier Broschüren in je 100.000 Exemplaren­ beschlossen, deren eine die gestrige Nede Defiver Bolony­is enthalten wird, während die andere ein Bild der derzeitigen politischen Lage geben und die Stellung der Partei so­wohl der Negierung, als auch der Koalition gegenüber präzisiren wird. Im Laufe des Monats August sollen im ganzen Lande nicht weniger als 250 Volksversammlungen gehalten und zu allen diesen Versammlungen sollen Delegirte der Parteileitung­ entsendet­ werden. In Budapest wird am 13. A­ugust im Tatterfall wieder eine große Versammlung stattfinden, zu welcher frünstliche P­rovinzverbände Delegirte entsenden­­ werden ; man rechnet auf die Vertreter von mindestens 100 Verbänden. In­­ dieser Versammlung werden die Modalitäten der , im­nteresse des allgemeinen Wahlrechtes einzuleitenden ‚Aktion festgestellt werden. Die Quotenfrage. Innsbruck,31 Ju­li(Qing Telegr) Wie dem „Ziroler Tagblatt" aus 8 j­18 bad gemeldet wird, sol der Minister-Präsident seine Ansicht bezüglich der" Ort­er Frage, ie er mit "großer Energie im Derschatta-Ausschusse vertreten hat, nunmehr dahin geändert haben, daß er, fast bis zum Herbit seine­lärung in den ungarischen Verhältnis­en eingetreten ist, einem Ermächtigungs« geleße, das nicht die Fall selbst, sondern nur die Norm ihrer provisorischen Weiterzahlung zum Iinhalte hätte, nicht wider­­­sprechen würde. Der ungarische Bloc der gemeinsamen Staatsschuld. Wien, 31. Jul. (Drig-Telegr.) Der Bericht des Abgeordneten Dr. Chiarti im Derichatta-Ausschusse, welcher fest zur Versendung gelangt, stellt zunächst fest, auf welchen Voraus­­seßungen die Vereinbarungen über die gemeinsame Staatsschuld vom Jahre 1867 zu Stande gekommen sind. 68 wurde namentlich betont, daß Ungarn bezü­glich jener Summe, welche von Oesterreich fontrabirt muche, nicht bettragas­pflichtig erscienen könne, da diese Schulden ohne feine Zustimmung aufgenommen wurden. Troßdem­ erklärte sich Ungarn aus Billigkeits­­gründen und aus politischen Rücksichten bereit, einen geriissen Jahres­beitrag zu diesen Schulden zu übernehmen, "welcher nicht in Form­­einer Duote, sondern als ein ein- für allemal festgesegter Betrag ent­­richtet wird. In den Vereinbarungen wurde auch der Enthebung von der Verpflichtung zur Beitragsleistung gedacht und in dieser Beziehung bes­­timmt, es bleibe den Ländern offen, ihren Beitrag zu den Linien der gemein­samen Staatsschuld durch Tilgung von Obligationen oder durch Baarr­czahlung des Kapitals zu verringern. Die den Binsen des­ getilgten Schuldbetrages entsprechende Su­mme werde in diesem Falle von der Beitragsschuld der tilgenden Finanzverwaltung in Abzu­g gebracht. Nach­ dem Wortlaute Dieser Vereinbarungen und nach kaufmännischen Begriffen kann daher beiderseits nur der effektive Zinsfuß als für die Kapitalisieung maßgebend betrachtet werden. Dem hat auch die österreichische Negierung Rechnung getragen, indem­ sie bei der legten Konvertirung der 4’2perzentigen einheitlichen Staatsschuld 1400 Millionen Kronen als sogenannten ungarischen Blod nicht konvertirte, was einer 4’2perzentigen Kapitalisirung des ungarischen firen Beitrages gleichkommt. In der lethten Zeit sallen zwischen der österreichischen und der ungarischen Regierung Verhande­lungen über die Kapitalisirung der ungarischen Hinfenbeiträge gepflogen worden sein, sie scheinen aber zu keinem Resultat geführt zu haben. So viel, in die Oeffentlichkeit directficierte, verlangte Ungarn damals die Zugrundelegung eines höheren als de3 4’operzentigen Zinsfußes. Wenn Ungarn seinen Beitrag zu diesem Zinsfuße, der ihm ja gewiissermaßen Durch die Firtzung­ des ungarischen Blodes zugestanden erscheint, EZapitalisiren m wollte­­und diesen Betrag als ungarische Staatsschuld selbstständig übernehmen würde, wäre ihm auch eine große Erleichterung dadurch g­eboten, daß er im Laufe der Zeit entsprechend den herrs­chenden Zinsverhältnissen seine jährliche Belastung­­ wesentlich verringern‘ könnte. Keinesfalls kann aber von österreichischer Seite ein höherer als der A’2perzentige Zinzfuß zugestanden werden. Der Den­kt es für sehr münschenswerth, daß Ungarn als s­elbst­­ständiger Staat auf Seine Staatsschuld selbst vermwalte und daß die Kapitalisirung vorgenommen werde, sowohl für den Fall, als eine vollständige Trennung mit Ungarn durchgeführt würde, als auch dann, wenn in anderer Weise das Verhältniß zwischen Desterreich und Ungarn geregelt werden sollte. Wü­rde der erstere Fall nicht eintreten und die Kapitalisirung nicht erfolgen, so empfiehlt der Referent die Konvertirung des ungarischen Blod3 zu dem Zinsfuße von vier Berzen“. In Zukunft würde dann­ selbstverständlich „bei eventueller Kapitalisirung des ungarischen Bei­­trages der effektive BURREHENIGE Binsfuß zu gelten haben. hm konnte daher die Indemnität .s . Die Vorgänge in Buklanı, Der Direktor des Volizeidsparteuients, Petersburg,31 Ju­li(DrigTelegr)Wie verlau­tet soll zu­m­ Direktor des Polizeidepartements der­jebige Referent für Toleranz und a­n Garin ernannt werden. Soldaten vor dem Kriegsgerichte. Petersburg, 31. Juli, (Drig-Telegr.) In Cherson haben die Verhandlungen des provisoris­­chen Kriegsgerichtes gegen 21 Soldaten begonnen,­ die beschuldigt sind, den Obersten des Rigasplinger Bataillons­ Damwidorf ermordet zu haben.­­ Ein Mord aufrührerischer iten Königsberg, 31. Juli. Wie Die "Anikäätkid Hartung’sche Zeitung" aus Niga meldet, wurde Baron Pistram auf Z­­eitern von­ aufrührerischen­ Bauern erschoffen. Die Aufrü­hrer plündern die­se Aus Grobin wurden Dragoner entsendet. Zusammenftoß mit Sozialisten. Warfehan, 31. Juli. Orig.-Telegr.­ In einem Wäldchen bei­­ Nowomiast versammelte sich­ gestern eine große Zahl von Sozialisten. Die Polizei, die von der Versammlung Kenntniß erhielt, entsandte in den Wald eine Scwadron Dragoner, die sofort mit blanfer Waffe gegen die fliehenden Sozialisten vorging.­ Zehn­­ wurden getö­­tet, zwei schwer verlegt. Feuilleton. „L’etat c'est moi“ Buklan­d­ — sind die Historischen Worte, die einst Ludwig XIV. vor dem­ französischen Parlament­­ sprach, um die Allmacht des gekrönten Herrschers zu dokumentiren. Vor anderthalb hundert Jahren, da sich diese historische Szene ereignete, mag unter den damaligen Verhältnissen die These von der Ab­macht regierender Herrscher u. Recht bestanden haben, aber heute haben die freiheit­lichen Apirationen der Kulturvölker, ihre Forderung nach verfassungs­­mäßigen Rechten und Zuständen solche Dimensionen angenommen, die zu unterdrücen s­chlechterdings unmöglich ist. Wird dennoch der gewagte­­ Versuch unternommen, dieses natürliche V Bedinfnnd der heutigen Gesellschaft­­ gewaltsam zu unterdrücen, so ergeben ss folgenschwere Konflikte, wie mir sie zur Zeit im rufstichen Neic­e in so großem Anfange zu beobachten Gelegenheit haben. Al Ezar Nikolaus I., der jenige Beherrscher aller Neuffen, vor mehr denn einem Dezennium den Thron der Romanoffs bestieg,­war das russische Bolt voll der hoffnungsvollen Zuversicht, die Stunde der Erlö­­sung aus schwerer Bedrängniß habe nun­ endlich geschlagen. Millionen rufsischer Unterthanen blicken vertrauensvoll in die Zukunft, hoffend, die goldene Sonne der Freiheit sei nun im Aufgehen begriffen. Doch das rufsische Bolt und mit ihm die ganze Welt haben an Nikolaus II. eine schwere Enttäuschung erlebt. Di­ schien es wohl, der heißerfehnte, neue wurd fer imt Anzuge begriffen, oft wurden Aruherungen des jugendlichen­­­ Herrschers verk­ommen, die auf Reformabsichten schließen ließen. Aber jedesmal war es eitle Hoffnung und heute, nach’ einer zehnjährigen Negierung Nikolaus’ II, befindet sich das mächtige tuffische Mei in ärgeren Nöthen denn je. Fern von der Heimath, auf man­dichurischen Gefilden, behecken Zehntausende von Leichen die zuhntlosen Schlachtfelder;; die stolzen Panzer der lotte ruhen auf dem Meeres­­geunde des Dzeand oder tragen das japanische Sonnenbanner auf Topmast, und während auf dem Kriegsschauplage des fernen Ostens die Niederlagen und Katastrophen sein Ende nehmen, würdet zuhause eine gefährliche, innere Revolution. Mord und Straßenkämpfe, Ber­­üstungen und Wlündereien werden aus allen Eden und Enden des weitverzweigten russischen Neiches­ gemeldet, Anarchie und Revolution haben weite Schichten der Bevölkerung in ihren Bannkreis gezogen. Das sind die Erfolge von Czar Nikolaus’ zehnjährigem Regime ! Inmitten der blutigen Ereignisse im russischen Neiche, da die Augen der gesan­mten Kulturwelt auf den si in Fonoulfivischen Krämpfen windenden russischen Koloß gerichtet sind, erschien jüngst­ in englischer Sprage ein neues, großangelegtes Werk. über Rußland,­­ das Ledermann sesen sollte, der an­ den­ heutigen Vorgängen im Gravenreiche Interesse nimmt. Der­ Verfasser, Sir. Donald­ Madenzie Wallace, hat bereits vor dreißig Jahren ein großes Werk über N­uß­­land veröffentlicht und seither in verschiedenen diplomatischen Missionen­­ reichliche Gelegenheit gefunden, seine Studien über Nußland fort­zulegen. Sir Donald stand in diplomatischen Diensten in­­ Petersburg, Konstantinopel und Bombay, er "begleitete als­ politischer Adlatus den Czarewitsch, jet. zur Nikolaus I., auf seiner­­ Weltreise, in den Jahren 1890/91, und im Vorjahre verbrachte der Berfasser ein halbes­­ Jahr in Rußland, um die allerneuerte Gestaltung der Verhältnisse an Ort und Stelle zu studiren. Kein Wunder, dab es dem Berfaffer bei diesen häufigen­­­ Berührungen ,mit dem offiziellen Rußland wie mit allen Schichten der Bevölkerung geglict­et, in Die Verhältnisse des Landes einen Einblick zu gewinnen, wie dies bisher nur wenigen Ausländern beschieden war. In den beiden Bänden seines großangelegten Werkes geleitet uns der Verfasser duch alle Winkel des kussischen Reiches; er dehnt seine Aufmerksamkeit auf jeden Zweig der Verwaltung aus und läßt alle Schichten der Bevölkerung vor uns Nevue paffiren. Dabei hält sich Sie Donald stets in den Grenzen strengster Objektivität. So leicht es auch gemesen wäre, über rufsische Verhältnisse Bilder a la Meerefchtichagin zu entwerfen, vermeidet der Berfaffer mehlweislich die Schmalzmalerei. Wir können uns daher der Führung Sie Donald’s beruhigt anvertrauen und folgen wir ihm mit Aufmerksamkeit durch Die beiden Bände seines Werkes, so wird uns . in den heutigen russischen Ereignissen gar Vieles verständlich und g­ar werden, was­ mir bisher nit zu erfassen, nicht zu ergründen im Stande waren. Den interessantesten Theil von Sir Donald’s Werk bilden seine verschiedenen Abhandlungen über den russischen Bauernstand. Gut vier Fünftel der beiläufig hundert Millionen zählenden Einwohnerschaft des europäischen Rußland sind Bauern, von deren niedrigen Kulturstufe der Umstand zeugt, daß weitaus der größte Theil dieser Bevölkerungs- Haffe —, wohl über achtzig Berzent — Analphabeten sind. Bast scheint es, als ob alle Institutionen­­ des russischen­­ Staats wesend derart zugeschnitten wären, um den Bauernstand auf niedriger Kulturstufe und in dürftigen wirtsschaftlichen Verhältnissen dahinziehen zu lassen, ist­ es doch nur so möglich, den Bauer als millenloses Werkzeug für Staat und Gesellschaft zu benügen. Das Grundübel, woran der russische Bauernstand leidet, liegt jedoch zweifellos in den ganz eigen­­thümlichen­­­erhältnissen des bäuerlichen Grundbefiges. AS nämlich die Leibeigenschaft in­ Rußland im Jahre 1863, viel später al in den übrigen N Kulturstaaten, aufgehoben wurde, erhielt der Muzfit — wie der­­ Bauer landläufig heißt. — seinen Grundbefiß, sondern um den Bauern je abhängiger von der ‚ Staat‘-, respektive Gemeindegewalt zu machen, wurde der den Adeligen abgenommene Bodenbefiß, den Gemeinden als ungetrenntes Ganzes überantwortet. Für die Bewirthschaftung dieser kon­munalen Grund­­besite wurden sodann aus der Gesammtheit der bäuerlichen Ber­völkerung einer Gemeinde Pachtgesellschaften, Mir genannt, gebildet, die den Boden von Zeit zu Zeit unter sich auftheilen. Natürlich ergeben sich bei dieser Nuftheilung die größten Unzukömmlichkeiten und die schreiendsten Gemal­atte. Da die Mirs in jedem Landstriche nach anderen Prinzipien­ verwaltet werden, in Mißbräuchen Thür und­ Thor. geöffnet. Manche­ Mir behindern z. B. die individuelle des Musfil so weit, daß in den gemeinschaftlichen Mirversammlungen beschloffen,, wird, was der Bauer auf Freiheit anbauen, mann er fäen oder ernten darf. feinem Felde Dabei sind die Steuern horrend, denn jeder Musfik, der ein Stüd ' Steuern und­­ Kurz, der Muzfit ist weder Herr feines Gemeindeland erhält, muß an das Mir, an die Gemeinde und an den Staat Abgaben abführen, so daß der arme Muzfit zumindest ein Viertel, oft aber auch weit mehr als die Hälfte seines Grwerbes an Taten wegzahlt. Resiges, noch Herr seiner Entschließungen, sondern ein wahrer Sklave, der fi­­ttet, der Willkür der behördlichen Organe oder den Interessen der Gemeinsamkeit fügen muß. Nur ein vorihm windend kleiner Theil des Bauernstandes verfügt über privaten Bodenbefig, und zwar zu­­meist nur dort, wo zugrunde gegangene Adelige ihren Belis zu. Ders äußern gezwungen waren, was in den legten Jahren allerdings recht häufig, der Fall war. Beradezu ein Fluch für den russischen Bauern ist die Beamten­­wirthschaft des Czarenreiches. Der bedauernswerthe Musfi hat vor dem Tichinomwnit (Beamten) eine ebensolche Angst, wie vor der Hölle, weshalb er denn auch den Allmächtigen, die unter der Aegide des Staates das Bolt Schinden, möglichst aus dem Wege geht. Unwissen­­heit und Indolenz sind die charakteristischen Eigenfaften des russischen Beamtenstandes. Wie ung Sir Donald versichert, wisfen die in den höchsten Staatsämtern zu Petersburg figenden Herren über die Ver­­hältnisse im Innern des Landes nicht mehr als über China. An seinem Gebahren fennt der xufsische Beamte nur zwei Gebote, nämlich: die Interessen des Staates über Alles zu wahren und die gefeglichen Formen um jeden Preis einzuhalten. Was hierüber hinausgeht, dafür hat er kein Verständniß. Aber geradezu haar­­ste­ubend sind die­ moralischen Begriffe des Tjehinomnis. Er hält nämlich die Korruption für et­was ganz Natürliches und vermag nichts Unmoralites darin zu finden, wenn er sich im europäischen Sinne des Wortes bestechen läßt. In manchen Gegenden wird die Korruption so unverfroren betrieben, daß sich die Beamten vom Gouverneur bis zum legten Bolizisten von den Staatslieferanten, Monopolverschleißern und fonzeiftonixten Betrieben ihre Abgaben bedingen. Die bedauernswerthe Bevölkerung ist der Willkür und Kor­ruption der V Beamtenschaft gegenüber vollständig machtlos. Erfolgt einmal eine Anzeige gegen einen Tichinomanil wegen unehrlichen Ge­bahrens, so wird die Untersuchung mit der größten Nachsicht geführt, denn es geht doch nicht an, die Grelativorgane des Staates, die einzigen verläßlichen Stüßen der Staatswohlfahrt, zu verbittern, zu bestrafen. Treibt es aber ein hoher Tischm­omnis denn Doch zu arg, so wird die Unter­­suchung wohl strengstens geführt, aber im geeigneten Augenblick ver­­schreindet der Verhuldigte und taucht im Auslande auf, wo der Staat seines treuen Diener gewiß nicht vergißt. Zahlreiche „verbannte” Tihrmomnitz führen an der Riviera oder in Paris aus Staatsmitteln ein sorgenloses Leben. Diese echt russischen Zustände erinnern an eine Anekdote aus der Zeit Peters des Großen. Eines Tages befahl der Herrscher seinem geheimen Prokurator, alle jene Beamten, die stehlen, denfen zu lassen. Der unerschrocene Höfling antwortete jedoch seinem Herren: „Allmächtiger Czar, erfülle ich Deiner Befehl, so Kahn Dir gewiß Deine Beamten übrig, denn mir stehlen doch Alle; nur stiehlt Einer von uns mehr, der Andere weniger.” — Zweihundert Jahre sind seither verflossen, aber die Korruption in Rußland besteht noch heute. Man kann sich Leicht vorstellen, was eine derart korrumpirte Beantenschaft fir ein­and zu leisten vermag. Nüsliches und­ Erfreu­­liches sieht dabei gewiß nicht­ heraus. Thatsächlich: leistet denn auch die ruffiiche Beamtenschaft nur auf einem­­ Gebiete Hervorragendes, auf dem Gebiete des Bureaukratismus. Nach Legionen gehen die sinnlosen‘ Berichte, Protokolle und Akten, die der ruffiiche­ Beamte laut Gefeb zu verfassen hat, und, um der Form zu genügen, werden oft die haar­­sträubendsten Bummpheiten begangen. Hier einige Fraffe Beispiele, die­­ Sir Donald anführt. In dem Amtslokale eines Gouverneurs wird ein Ofen defekt und bedarf einer Reparatur. Da der Gouverneur möglicherw­eise die Mante befißen könnte, Geld auf unnüge Weise auszugeben, muß vor Allem ein Sachverständiger über die Nothiwendigkeit der Reparatur ein Gutachten ausarbeiten. Hat die vorgelegte Behörde die Reparatur auf Grund­­ dieses Gutachtens genehmigt, so fertigt ein zweiter Fachmann einen Kostenüberschlag an. Eine eigene Kontrol­­lommisation überprüft den K­ostenvoranschlag und zwei weitere vorges­ießte Behörden müssen die Kosten gutheißen. Erst nachdem 30 Bogen Akten vollgeschrieben wurden und ein Monat verstrichen ist, kann die drei Rubel beanspruchende Reparatur ohne Gefährdung des Staats­­interesses vorgenommen werden. Ein zweiter Fall. Ein Gouver­­nement erhält vom Minister des Innern einen Geldbetrag, um die wichtigsten Straßen in Stand zu legen. Bei uns zu Lande hätte ein offizielle Organ m­­it Tagen die­ Liste der reparaturbedürftigen Straßen zusammengestellt. Nicht so in Rußland. Der Gouverneur ordnet vorerst in einem der elf Distrikte seines Bezirks eine­­ genaue Klassifikation der Straßen an. Wochen hindurch stehen staatliche Organe an allen Straßenkreuzungen und nötigen Anzahl und Gewicht der passirenden Fuhr­werke. Nach genau drei Jahren ist die Straßen- Haffifitation dieses einen der elf Gouvernements-Distrikte beendet und ein stattliger Band, den gewiß Fein Menj je gelesen, vereinigt diese großartige Reistung bureaufrat­icher Erfindungsgabe. Aehnlich ging es in einem Gouvernement zu, wo eine Typhus-Epidemie in Folge Schlechten Trinkwassers ausbrach,. Die Behörde ordnete das Studium der geologischen­­ Verhältnisse des Distriktes, sowie eine Konskription der Brunnen an, und während dies geschah, farben Tausende von Leuten an der Epidemie. Mebrigens versichert und Sir Donald, daß ein großer Theil solcher unsinniger Berichte und Protokolle einfach erdichtet ist, indem die Beamten einsehen, daß sie den geseß­­ten Anforderungen oder den Verordnungen ihrer Vorgefechten gerilsenhaft unmöglich entsprechen können und deshalb Berichte über Enqueiten und Verhöre verfassen, die gar nie stattgefunden haben. Der weitaus größte Theil der Tichinomniks refrutirt sich aus dem Adel, der in Rußland beiläufig eine Million Seelen zählt. Jeder verarmte Edelmann sucht sein Fortkommen in den Diensten des Czars, in der Armee oder der Verwaltung, und da seit Aufhebung der Leib­­eigenschaft die Hälfte der adeligen Besiße veräußert wurde, ist die Zahl dieser stärksten Stüßen des heutigen Czarismus besonders groß. Die Gesammtzahl der Beamten Rußland beträgt übrigens 650.000 ! Ein nigt minder ‚mächtiges Element bildet in Rußland die Hierarchie. Sir Donald erklärt den tuffischen Bopen, für ebenso korrupt, wie den Tidinomwnit. Der Pope erniedrigt die Religion zum­ wahren Gejgürt und treibt mit deren Heiligthü­mern einen schwunge­­­n. *) „Russia.“ By Sir Donald Mackenzie Wallace, R.C.LE., K.C.V.0. Two Vols., with Maps. 24s. net. Cassell & Com­­pany, Limited, London. 1905. BR

Next