Pester Lloyd, Oktober 1906 (Jahrgang 53, nr. 242-251)

1906-10-04 / 242. szám

­ .. ’ ‚ Budapeft, 3. Oltober. 2 Serbien steht wieder einmal vor der Alternative, es seine wirthschaftlichen Beziehungen zu Reiterreich- Ungarn, doch einen , Handelsvertrag egeln oder ob es noch weiter die Bil­de eines vertrags­­osen Zustandes tragen sol. Die Bedingungen, soweit sie den Vertrag selbst betreffen, scheinen wenigstens. nach. den Bereicherungen der Belgrader Negierung seine unübersteig­­baren Schwierigkeiten­ zu bereiten Die Schwierigkeiten liegen vielmehr in der Forderung betreffend Die Staats­­lieferungen, an denen Oesterreich-Ungar partizipiren soll. Diese Forderung tritt in Form eines Kunctim, mit dem Abschlusse eines Handelsvertrages auf.­­ Dieser Beziehung folgte unsere Monarchie nur dem Beispiele Deutschlands und Frankreichs, Oheim in beiden­ Staaten sind sowohl anläßlich der Geb­illngbestellungen,­ wie der. Anleihe­ werbungen ähnliche Worderungen gestellt worden,­­ . Die Vetheiligung an den serbischen Staatslieferungen fand auch darin ihre Begründung,­­ daß die, serbischen, Regierungen seit einer Reihe von Jahren auf allerlei Uns wegen und mit Kunststücken — deren Kosten Schließlich doch­ in der Konsument in Serbien getragen hat — den Im­port aus Desterreich, die aus Ungarn durch foreiche Machen­schaften mit anderen Staaten und Produzenten auszuspielen versuchten. Es war also nun ein Art vollberechtigter Ab­­wehr, wenn Desterreich-Ungarn dafür, daß es Serbien einen günstigen Handelsvertrag bewilligt, die Korrektur­­ eines hinterhältigen, illogalen Verhaltens gefordert hat. Eine solche Abwehr, eine soldge Bercitigung: umnseres Exports konnte mit einigem Erfolg nur gelegentlich­ des Abschlusses eines Handelsvertrages erhoben werden, und wenn für­ jene Staatslieferungen eine Summe von 26 Millionen Frances festgelegt wurde, so war diese gewiß­ bescheiden, da sie nur einen Theil jener Summe­­ beträgt,­­ Dur) welche unntere Ausfuhr nach­­ Serbien seit dem Jahre 1903 auf Füistliche Weise geschädigt worden ist. »­­ Dieser Standpunkt ist so einfach und so­­ berechtigt, er­­ ist schon so oft erörtert und Durch ziffermäßige Nachweise beleuchtet worden, daß hierüber nichts mehr zu sagen Hibrige bleibt. In Belgrad hat man es auch niemals versucht, Die prinzipiellen Forderungen Oesterreich-Ungarns , mit­ ‚ernste­haften­ und zutreffenden Argumenten zur­ widerlegen. Denn mein dort gefragt wırde, wieso unsere Monarchie Dazır komme, dem freien und unabhängigen Serbien vorzus­­chreiben, wo es seine Bestellungen zu machen habe, so Tag darin nur ein populär klingender Kniff,­­der in dem bereits Sejagten seine volle Widerlegung findet. Oder sollte Desterz weichellugnen, welches beinahe den ganzen Export Serbiens aufnimmt, nicht das Necht zu der­ Forderung " befißen, da; man ums jene Begünstigungen gewährte, welche Die serbischen Negierungen freiwillig Deutschland­­ und Frankreich bewilligt haben? Und wenn die Berufung auf die Handelspolitische Souveränetät Serbiens­ mir ein Kniff war, den man zu dem unsinnigen Nachweise ersonnen hat, wie ge­waltthätig und habgierig Desterreich- Ungarn vorgehe, so verdient die Bauernschlauheit­ des Ministeriums PBafics umso mehr Mißtrauen, als man von serbischer Seite später unter allerlei verdächtig verklausulixten Wendungen die DBetheiligung Desterreich-Ungarns an den Staatslieferungen dennoch zugestanden hat. Es war also durchaus berechtigt, und zum Mindesten ein Akt der Borsicht, wenn dann von unserer Seite ein Hares und bestimmtes Sa oder Nein gefordert wurde, nachdem bisher schon eine ganze M­eihe zurückgenommener Versprechungen oder unqualifizirbarer Verdrehungen konstauirt worden waren, die sich die serbische Negierung glaubte gönnen zu binfen. Das verwegene Spiel, das man seit dem­äb­er laufenden Jahres in Belgrad treibt, war ja in feinen, legten Bielen von allem Anfange dar. Den Premnisterien, Stoja­­novics und Paftes handelte es sich gar nicht Darum, die Frem­dnachbarschaft Serbiens doch einen fetten Handels­­vertrag honoriren zu lassen,­­ denn, das wußte man in Belgrad ganz genau, daß Oesterreich-Ungarn hiefür seinen übermäßig hohen Preis nicht bezahlen werde, nicht bezahlen . Türme. Auf serbi­ger Seite waren die Handelsvertrags- Verhandlungen, lange bevor sie noch begonnen hatten, auf die rein politische Grundlage gestellt worden. Die radikale Partei in Serbien ist mit der Windseligkeit gegen unsere Monarchie auf die Welt gekommen und sie hat . Diese­ Gesinmung ganz folgerichtig in die Handelspolitik hineingetragen. Die­­ Balkanbund­­­politik der Machtaten hat ihren wirthschaftlichen Aus, din in der sogenannten Zollunion auf unzweideutige Weise bereiten könnte. Es manifestirte ich dabei nicht nur der bei solchen Anlässen durchaus statthafte Egoism­us, es war jede Maßregel Serbiens von der offenkundigen Bosheit, unserer Monarchie einen Streich zu spielen, biktixt, Wenn mt. alle Diese Experimente. — Die bulgarische Bostunion voran — bisher vollständig mißlungen­ sind,­­ so. Spricht, das nur für die Unüberlegtheit und den Dilettantismus der jerbitigen Handelspolitiker, welche das Wollen und Können für identische Dinge hielten und sich der unbegreiflichen Selbsttäuschung hingaben, Oesterreich Ungarn werde Die Entschlossenheit nicht aufbringen, sollten Machnschaften ein talsches­ Ende zu bereiten... Hand in Hand mit solchen V­orauslegungen ging auf die Tendenz SSerbien in Handelspolitischer Hinsicht von Oesterreich-Ungarn vollständig zu emanzipiren. . Phantasterei und Dilettantismus waren auch in Dieter Hinsigt die Leiter der serbischen Handelspolitik Während die geographische Lage­ Serbiens und seine­ Produktionsverhältnisse natur­­gemäß eine frem­dnachbarliche Handelspolitit­ bedingen, da ja die günstige wirthschaftliche­­ Entwickung dieses Landes zumeist den bisher mit Oesterreich-Ungarn abgeschlossenen Handelsverlägen zu danken war,­ so veriielen­­ doch die Radikalen auf den Gedanken, es mit der handelspolitischen Emanzipation und Feindschaft zu versuchen. Das Handels­­emporium im nahegelegenen Budapest gefällt ihnen nicht; sie wollen sich mit Saloniki, Braila und Sulina von Oesterreich-Ungarn losldten. Sie zahlen Subventionen an italienische und französische Transportunternehmungen, damit Diese die Gnade hätten, serbische Nähprodukte zu vers­prachten. Sie schieden selbst vor abenteuerlichen­ Reisen nicht zurü­ck, die bis nach Egypten führen, und bedenken nicht, daß Schließlich doch die serbischen Produzenten. Die Kosten all Dieser nachlosen Experimente . . tragen werden. Allerdings erheben „die Kaufleute und Nahprodu­­zenten in Serbien einen Heidenlärm gegen io­e selbst­­mörderische Handelspolitik, doch ruft man­­ ihnen zu: sie mögen nur aushalten, Geld und Gut im Werte von ungezählten Millionen verlieren, demn Das verlangen Die Wilde und das Ansehen, die wirthschaftliche, wie Die politische Unabhängigkeit des Vaterlandes. Wie lange D­ieses verwegene Spiel m­it dem Handel und mit der Produktion Serbiens fortdauern wird, hängt nur von der Geduld der wirtsschaftlich­­­ betheiligten Kreise im ‚benachbarten Königreiche ab. Oesterreich-Ungarn, das für den Fall eines Bollkrieges mit Serbien nur anderthalb Berzent seiner Gesam­nt­­ausfuhr gefährdet, kann den Zeitpunkt ruhig abwarten, bis Ledermann in Belgrad endlich einmal doch einsehen wird, daß die radikale P­olitik in wirthschaftlicher Hinsicht ein Verbrechen an den ‚wohlverstandenen Interessen Serbiens gewesen u­. a . Uri PESTER TRAINER , 4. Oktober 19 Die Jusizreformern, Budapest, 5. Oktober. § Die Reformpläne des Justizministers, die wir in unserem jüngsten Abendblatte mittheilten, zeigen jedenfalls das Eine, daß Herr Polónyi auf allen Gebieten seines Refsorts eine kräftige Aktion einzuleiten entschlossen ist. Ueber die Aeußerungen des Ministers, in denen er sich über den Geist ausließ, Der vorher,in den min­ von ihm her herrschten Räumen gewaltet fat wollen wir für jeßt einfach hinw­eggegen. Here Bolónyi war stets ein prononeintes Mitglied der Unabhängigkeits-P­artei, und wenn er nun auch Mitglied eines Kabinets ist, das eine radikale staatsrechtliche RVolitik nicht macht, so will er doch wenigstens eine gericiste theoretische Konsequenz nicht verleugnen. Ueberdies wird es ihm von allen Seiten nur zum Nahme angerechnet werden, wenn es ihm gelingt. Die ungarische Staatlichkeit und Unab­­hängigkeit in den internationalen­­ und staatsrechtlichen Ver­­hältnissen des Landes, sowohl im Innern, wie gegenüber dem Auslande, und hier insbesondere gegenüber Oesterreich intensiver geltend zu machen. Immerhin fragt sich, wie weit man auf diesem Wege fortschreiten will, und es wäre rath­,­­ sam und mwinschenswerth, daß unter seinen Umständen jene Grhundlage erschüttert werde, auf der der kulturelle Auf­schwung und der materielle Wohlstand Ungarns während der verfroffenen Dezennien erzielt wurde. Ebenso wollen wir uns auch nicht eingehend mit jedem einzelnen der zahlreichen Brojette befassen, die Herr Polónyi in seiner­ heutigen Aenßerung aufgezählt hat, sondern uns auf die unsere Kreise näher, interesst von den Angelegenheiten beschränken. Eine Ausnahme müssen wir immerhin mit der Reform der Gerichtsbarkeit der königlichen Kurie in Wahlangelegenheiten machen, ‚da­s diese sein möge, für eine entsprechende Verfügung sorgen muß. Dir bleiben mit dem Standpunkte treu, den wir schon zur Zeit der Schaffung dieses Gesethes eingenommen haben und welcher dire) die praktischen Erfahrungen nur bestärkt wurde, indem wir behaupten, daß diese Institution zur Wahrung der Lauterkeit der Wahlen nicht unbedingt mot­wendig ist. Doch­ast far, daß weder eine Regierung, noch eine mächtige Partei in der Lage ist, die Beseitigung dieser num einmal geschaffenen­nstitution anzuregen, weil sie sie Dadurch uns bedingt dem Verdachte ausregen wü­rde, daß sie Die objektive Rechtspflege in den fraglichen Angelegenheiten scheue und ihre Interessen,viel mehr gewahrt jede, wenn wie vordem ausschließ­­lich das­ Abgeordnetenhaus über Die Güftigkeit der Mandate zu entscheiden habe. Es kann daher nicht befremden, daß der gegenwärtige Justizm­inister fich nur eine solche Reform zu denken vermag, bei welcher die Instit­tion selbst erhalten bleibt und bies die wahrgenommenen Mängel behoben werden, u welcher Weise Herr v. Polönyi dies erreichen will, darüber geben seine heutigen Meittheilungen seine er­­schöpfende Aufklärung. Immerhin muß jedoch anerkannt werden, Daß auch der einzige Punkt, den er entwickelt hat, daß nämlich­ künftighin die betreffenden Senate sich zur Hälfte aus Richtern des V­erwaltungsgerichtshofes zu refratiren hätten, geeignet ist, zumindest den nachtheiligen Wirkungen des Gefäßes auf die Geschäftsgebahrung der königlichen Kurie ein Ende zu machen. Am ausführlich­en äußerte sich der Minister über die Handel und­ndustrie betreffenden Fragen seines Nessorts. Und hier fonstativen wir vor Allem mit besonderer Genugz­ahuung, daß der Minister nunmehr in nicht mißzuverstehender, entschiedener Weise erklärte, er habe nie daran gedacht, den Budapester Handels- und Wechselgerichtshof aufzuheben. Diese Erklärung wird nicht verfehlen, alle jene Bedenken zu zerstreiten, die durch die gegentheilige Mittheilung hervors­gerufen wurden und welche den maßgebenden Seiten wohl nahelegen künnen, es sei nicht immer gut, sich über Nach­­richten, die gleichsam mit offiziöser Marke in Die Oeffentlichkeit gebracht werden, st­llshmweigend hinwegzufegen. Wie bekannt, wurde seinerzeit behauptet, der Justizminister habe einer Deputation der Budapester Advokatenkammer gegenüber fi dahin geäußert, daß er den in Rede stehenden Gefegentwurf nicht­ länger aufrechterhalten wolle. Es konnte ja unmöglich einem Berichte über den offiziellen Empfang der Deputation einer so­­ angesehenen Körperschaft absichtlig ein derartiger Stra­ium Eingang finden könne, und dennoch ließ der Minister Wochen ver­­streichen, sah ruhig zu, die Diese irrige Meldung in den betheiligten Srei­en eine immer sich steigernde Erregtheit zur Sorge hatte, ohne es der Mühe werth zu finden, Die Gemüther durch eine Richtigstellung zu besc­hwichtigen. Erst das unangenehme­ntermezzo, daß Diese Frage in dem Verhältnisse des Justizministers zu der Budapester Handels­­und Gewerbekammer hervorgerufen hat, gab zu einer Auf­­lärung Anlaß, die nun zu allgemeiner Genugthuung neuerlich betätigt wurde. ‚Nicht geringere Anerkennung wird sich Justizminister Volonyi in den Handelskreisen dadurch erwerben, daß er seine­­ Absicht geäußert hat, bei der Reform der Börsen- Schiedsgerichtsbarkeit mit der größten Vorsicht vorzugehen. Diese Reform gehört zweifellos: zu den heitelsten Tragen, die das Justizressort in der allernächsten Zeit zu Lösen haben wird. Su dem von Dr. PIöR ausgearbeiteten Entwurfe des Einführungsgefeges zur allgemeinen B Zivilprozeß-Ordnung wurde eine Regelung­­ dieser Frage wohl ebenfalls an­gestrebt, doch bei weitem nicht in jenem Rahmen, in den winmehr Bolónyi sie zu fessen beabsichtigt. Unter allen Um­­ständen wird­ es eben in jenen Kreisen, die mit der Börse am engsten Wirt sind, mit großer Befriedigung aufgenommen werden, wenn es Bolónyi gelingt, die Ziele zu­ erreichen. Die er sich­ hier steckt, denn unsere Handelswelt betont ja schon seit Langem, daß die Interessen des Handels und der Industrie denen der Landwirthischaft in keiner Weise unwidersprechen, und daß sie stets mit der größten Bereitwilligkeit die Hand zu­­ einer solchen Förderung ihrer Interessen biete, Die gleichzeitig auch die Hebung der Landwirthischaft ermöglicht. Nun verfolgt, Bolengi dieselben Zwecke; auch er will das börsenschiedsgerichtliche Verfahren derart regeln, daß den Anforderungen der drei wichtigsten Nattoren des wirthschaft­­lichen Lebens in gleichem Maße entsprochen wird, und zwar wils er diese Lösung­ in gründlicher Weise anstreben. Der Minister beabsichtigt, durch seine eigenen Organe das einschlägige Vorgehen des Auslandes einem Studium unterziehen zu lassen, was Doc­ vorausfegt, Daß Diesen mit dem Exsudhen herantreten wird, sie an diesem Stu zu betheiligen. Und es kann der Sache selbst nur zum A­nheil gereichen, wenn " diesen Körperschaften, und in Reihe ihren Delegirten, reichlich Gelegenheit geboten , schon an der Vorbereitung dieser Reform weitgehenden " teil zu nehmen. Der Minister wird voraussichtlich­­ vergessen, daß diese besondere Gerichtsbarkeit in erster, Lir dennoch den Zwecken des Handels zu dienen hat, und da deren DBerfahren derart geregelt werden muß, hab die Kid dem richterlichen Ausspruch unterbreiteten Angelegenheiten mit möglichster Na­chheit, Objektivität und Fachleistung erledigt werden. A .—«­­Wenn auch nicht mit dem Eifer,mit welchem sein Amtsvorgänger den Gesetzentwurf über die allgemeine Zivilprozeß-Ord 1111ng alle Retortekr der legislativen­ Verhandluug passiren lassen­ wollte,so wirds doch auch« Minister Pole N­yi dieser Frage besondere Sorgfalt zu wenden- Das Großinteresse,­das sich fü­r die Regelung­ des all­­gemeinen Zivilprozeßverfahrens bei allen betheiligten Faktoren seit Jahre It kundgibt,wie­ auch die zahlreichen Uebelstände,­­die heute auf diesem Gebiete bestehen,machen es ja.spnoth-«. wendig,daß endlich ein einheitliches Gesetz geschaffen werde, das die Grundpfeiler der modernen Rechtsprech­hung,dn Mündlichkeit und Unmittelbarkeit,auf der ganzen Linie des B Zivilprozesses einführt. Polónyi hat als Advokat wie als Abgeordneter und in zahlreichen Engqueten wiederholt .Diese Dringlichkeit anerkannt, und es kann daher auf nicht­­ be­zweifelt werden, hi­­er, sobald die wichtigsten parlamen­­tarischen Arbeiten seines Nessorts erledigt sein werden, Die Gelegenheit ergreifen wird, auch diesem dringenden Bedürfnis zu entsprechen. Der Minister will, zeitlich wohl in zweiten Linie, auch das große modifikatorische Werk des allgemeinen bürgerlichen Geseßbuches fortlegen. Die Vorarbeiten sind bereits außerordentlich weit gediehen, da das Hauptreferat auf Grund der massenhaft eingelangten Gutachten und­ Kritiken schon gänzlich der Deffentlichkeit übergeben wurde. Es ist sozusagen nur no­ Die lette Seile Hier anzulegen und der Minister wird auch dabei wahrscheinlich den Mann schwer vermissen, der bisher die Seele dieser ganzen Tome­plizirten und fehmwierigen Arbeit war. Schließlich sei noch hervorgehoben, daß die heutigen Erklärungen des Ministers auch jenen Befürchtungen den Boden entziehen, die bisher durch seine Absichten, das Breß­­­verfahren einer Reform zu unterziehen, erwedt wurden. Er legt in dieser Richtung eine bei ihm ganz­ unerwartete Mäßigung an den Tag, wie denn auch seine jüngsten Mit­­theilungen gleichsam Gewähr dafür bieten, daß die für ihn einzuleitende Modifikation unseres Breßgefeges seine Nenderung in pejus bedeuten wird. Die hervorragende Thätigkeit, Die Bolónyi Jahrzehnte hindurch im Hauptstädtischen Barreau entwickelt hat, läßt auch hoffen, daß er bei den die Vor­­bereitung all Dieser prozessualen Reformen betreffenden Arbeiten das richtige Maß einhalten ı und die gerechten und­ billigen Forderungen der dabei betheiligten weiten Kreise der Sesellschaft erkennen und zur Geltung bringen wird. ‚angenommen werden, daß in . gefunden. Und ebenso. bekannt ist, daß alle Handelsvertrags­­| Reform seyen darum das meiste aktuelle Interesse bef ist, weil | Organen auch Gelegenheit geboten wird. Die eine | der strategischen Front zwischen Trient und Deranto hat Verhandlungen Serbiens mit anderen Staaten stets von | die beschränkte Dauer dieses Gefeges noch im Laufe dieses | schlägigen Verhältnisse genau kennen zu lernen. Er kann | Italien fest und immerdar nicht nur das Lebensinteresse dem Gesichtspunkte entworfen und geführt wurden, wie | Reichstagscyklus zu Ende geht und daher das selige Abgeord- | jedenfalls auf das­­ weiteste Entgegenkommen rechnen, wenn | der Monarchie am freien Meere, sondern auf das man Oesterreich-Ungarn schädigen, oder ihm Zwangslagen | netenhaus jedenfalls, wie kurz auch dessen Lebenszeit bemessen | er an fünstliche wirthschaftlichen Körperschaften des Landes­­ germanische und flavijdge Prinzip sich gegenüber. Sab­ra riva. Don B. v. Bartal. Budapest, 3. Oktober. In Italien treibt die Irredenta ihr Un­wesen luftig weiter, aber schon erheben sich Stimmen, und zwar exnste Stimmen, die den Nusgen dieser Politik bezweifeln. Grund hinzu gibt ja allerdings der neuerliche Vorstoß drantfreidja in das Hinterland von Tripolis — welches von­ Bizerta' aus ohnehin drohend genug flankiert wird — zur Genüge. Der Raum Für italienische Gr­anfton­ wird duch“ das französische Westafrika von Maroffo bis Tripolis, im Osten durch Kgypten und Sudan auf ein Minimum ein­mengt. .« Die maritime Stellung Italiens im Mittelmeer wird­ durch die englisch-französische Entente noch m­ehr reduzirt,­­nicht nur durch die täglich zunehmende Disparität der maritimen Streitkräfte,sonderncuch dadurch,daß in Folge des neuen Kurses inhalie 11,welcher größere Kriekxis­s­bereitschaft,F­estungen ec­ ms der Nord-Und Ostgren«­ze nöthig macht,jene Mittel,die frü­her z zur Stärkung der Marine verwendet waren, mehr und mehr für die Land­­kraft» verwendet werden müssen,­­ wobei ja noch in Betracht gezogen werden muß, daß Italiens neuer Kurs nicht nur mit der Kraft der Monarchie, sondern auch mit jener Deutschlands und in Bezug auf den Balkan von ZTriest , bis Otranto mit dem flavischen Prinzip rechnen muß. uf «· «»»«»v ve ENE ,,.-«, ... . « ».-,«.-,.s«.«.. s-« s--.«k.-.«...-. -«.,...»»..«-. ----«- ,«..-.k«».-.s.:-s«.;«,—»:«.-,.,,».«««-k)u-i»,«-.-s1.-«s.----s-«-v-»«--:--.«-(e«Ho s-WMW« ! Die Fenilleton. Nahprud warhoten. Mergifintigs-Grperimente. Die Erforschung der fesselnden und für das Willen vom Menschen werthvollen Geheimnisse des Nervensystems erweist sich als ungeheuer schwierig, weil man an­ dem un? theueriten Wesen, dem Menschen, keine vivijektorischen Studien vornehmen kann. Umso inter­essanter sind die Expertm­ente an Thieren, Versuche, die besonders geistvoll und derart durchgeführt und gedeutet werden müssen, daß sie uns die erwünschten Aufschlüsfe geben über das Seelenleben und dessen Ver­hältniß zum Leibe. Ein solches Experiment ist das von Claude Bernard, dem berühmten Pariser Physiologen, mit dem amerikanischen Pfeilgift vorgenommene. Dieses Pfeilgift, Curare genannt,­­ist uns schon aus unseren Jugendtagen von den Indianer- und Lederstrumpferzählungen her bekannt. Die erste Kunde dürfte wohl Walther Raleigh im Jahre 1591 aus Guyana nach Europa gebracht haben, während Humboldt uns im Jahre 1804 die Herstellung desselben schildert, wie es von den Zauberern und Medizinmännern aus Pflanzensäften, und zwar einer Bestimmten Gattung von Lianen, bereitet wird mit allem Hokusporus des Aberglaubens und der Charlatanerie, indem zu dieser geheimniß­­vollen Stunde der ganze Indianeritanen, von festlichen Weine fe­­tzunfen, feinen Rausch durchschläft. Nach anderen Forschungsreisenden soll izu diesem Saft der Schlirniggewächse Schlangengift hinzu­­­gefetzt, werden. Die Wirkung des Enware it eine außerordentliche. Während es, wie viele andere Gifte, den Magen nicht angreift, wirkt es tödtlich in einer Wunde, da die Indianer verwenden das Curare im Magen sogar als Heilmittel. So erzählt Bouffingauft von einem columbischen General, der gegen seine Epilepsie-Anfälle Euvarepillen einnahm. D Bewerfenswerth ist noch, daß eine Lösung davon von rascherer Wirkung sich,ermeist, als das trockene Euvare selbst, trogdem dieses, wie man meinen sollte, jtäufer wirfen müßte. Das gelöste Gift wird nämlich viel leichter vom Blut durch die Gewebe getragen. Und so fonm­t es auch, daß die kräftigen Thiere leichter­ zu ver­giften sind, als die schwächlichen . von gleicher Größe. Die Heißblüter wascher als die Kaltblüter, die Vögel schneller als die S­äugethiere, weil­ dies der Schnelligkeit der­ Blutzirkulation als der Trägerin des Todes entspricht. Dabei empfindet das getroffene Thier seinen Schmerz an der Stelle der Verwundung. Feine besondere Er­regung, ahnungslos gleitet es in den Tod hinüber. it es aber auch wirklich ein endgiltiger Tod? Oder nur ein qualvoller Scheintod ? Das ist eben das interessante, noch näher zu exörternde Problem bei dieser Erscheinung. Symptome der Curarevergiftung sind fein charakteristisch. Ein Kaninchen, das durch einen kaum fühlbaren Stich im Rüden ver­­wun­det wurde, fraß ruhig weiter. Aber nach zwei bis drei Minuten hörten die Kaubewegungen auf, das Thier zog sich in einen Winkel des Laboratoriums zurück. Er drückte sich gegen die Mauer und ließ die Ohren auf den Rüden fallen, wie wenn es einschlafen wollte.­­ Mach und nach schwanden die Kräfte, der Kopf fiel herab, während zu gleicher Zeit die Beine nachgaben. So fiel es schließlich auf die Seite, plöglich, wie vom Schlage getroffen. Nach sechs Minuten war es todt — scheinbar, d. h. jede Bewegung, sowie die Athmung hatten auf­­gehört. Ebenso sprang ein Hund nach der Todesimpfung noch munter umher, um auf dieselbe Weise zur Schlafmüdigkeit und Todesstarrheit überzugehen. Augenscheinlich wachte in ihm nur noch die Intelligenz und das Empfindungsvermögen, bis er acht Minuten nach Em­pfang des Stiches als leblos gelten konnte: die Augen waren trüb geworden, die Shätigkeit der Zungen hatte aufgehört. Watterton erzählt ähnliche Symptome von einem vergifteten Menschen. Fret Indianer durch­­streiften auf einem Jagdausflug den Wald, als der Eine von ihnen einen Affen in den Zweigen eines Baumes über sich erblickte. Er schoß einen vergifteten Pfeil in die Höhe. Der Pfeil verfehlte aber das Ziel und da der Wurf fast senkrecht über dem Kopf des Jägers in die Höhe gegangen war, so fiel der Pfeil in derselben Richtung zurück und ihligte den Jäger am Arm ein wenig oberhalb des Gffen­­bogens. Der­­ Indianer war überzeugt, hab er mit ihm zu Ende ei. „Niemals,“ sagte er mit gebrochener Stimme zu seinem­ Kameraden, indem er seinen Bogen betrachtete, während er sprach, „niemals werde ich diesen Bogen mehr spannen." Nach diesen Worten nahm­ er die über die Schulter gehängte Heine Bambusschachtel ab, die das Gift enthielt, legte sie mit den Bogen und den Pfeilen auf die Erde und freie sich daneben hin. Nachdem er Abschied von jenen Gefährten genommen, schloß er, mit diesem legten Worte seinen Mund für die Ewigkeit. „Es wäre ein Trost für mitleidige Seelen,“ bemerkt Watterton,­ „zu willen, daß das­ Opfer nicht gelitten hat, daß das „Woural­“ sanft das Leben zerstöre.” Da, das wäre ein Trost! Wenn das Experiment nit wagreifen wü­rde, da dieser Tod, der uns so sanft und sehmerzlos erscheint, möglicher­­weise begleitet sein könnte von den heftigsten seelischen Leiden, welche die Phantasie des Menschen zu erfinnen vermag. Um das Folgende zu begreifen,­ wollen wir nur Einiges über den thierischen und menschlichen Körper kurz vorausb­hiden. Die Lasern der Muskeln treten in Thätigkeit, sie ziehen sich zusammen und bewegen die Glieder, sobald gemisse Nervenbahnen ihnen vom Hirn aus durch das Nadenmark den Befehl übermitteln. Wir unter­­scheiden zweierlei Nervenbahnen, nämlich solche, die Empfindungen nach dem Hirn, vermitteln, also sensitive oder zentripetale Nerven­­bahnen, und andere, welche die Erregungen des Hirns an die Muskeln übertragen, also Willens- oder motorische Nerven. Die Leitungsbahnen der leßteren enden mittelst. besonderer, nervöser Elemente an den­­ Mustelfasern und übertragen durch Diese Endapparate­ die Netzung auf den Muskel. Sobald der Muskel den Willensimpuls empfangen hat, zieht­ er ft zusammen, 59. b. er.arbeitet. Wir sehen demnach, dag durch das Gift verschiedene Theile des Nervensystens­ getroffen­ werden können. Entweder die Empfindung leitenden Nerven, oder Empfin­­dung und Wille im Bewußtsein, oder aber Die motorischen N­erven­­­­bahnen und ihre Endapparate, oder endlich die Muskelfaser selbst, so daß sie auf den Unreiz des Nerva Hin keine Arbeit mehr vollführen. Nur wenn alle diese Theile todt sind, oder doc mindestens Empfindung und Wille, also das Bewußtsein, nur dann kann von einem völligen Tod die Nede sein. Um das Experiment auszuführen, das und darüber Klarheit verschaffen soll, welche Theile des Nervenfyliens und des Bewußtseins­ von Pfeilgift zum Sterben verurtheilt sind, müssen wir erst die Wege des Giftes durch den thierischen­ Körper verfolgen. Es wird sich zuerst in den Säften der Wunde auflösen müssen; zu zweit wird es vom Blut durch die Venen nach dem Herzen geführt; und endlich rollt es vom Herzen­ aus mit dem arteriellen Blut nach allen Theilen des Körpers und wird durch die Gewebe und durch den ganzen Orga­­nismus verbreitet." Will man also den Tod vermeiden, so füge es darauf an, das venöse Blut zu verhindern, daß es den Giftstoff durch den Körper trage. Drei Jahre nach der Nachkehr des Herrn M­atterton nach England machte Brodie folgenden Betrug: ‚Er impfte das Dein eines Giels mit Gurare, nachdem er oberhalb der Impfstelle eine Bandage angelegt­ hatte, die den Blutabfluß hinderte. Der Esel konnte sich nag der Operation vollklommen frei bewegen, wie gewöhnlich; er befand sich aug wohl und fraß ohne irgend­welche Störung. Nach­ einer Stunde nahm man ihm die Rinde ab und zehn Minuten später war das Thier todt. Dieses Gxperiment be­weist, was Magandie schon für andere Gifte nachgewiesen hat, nämlich, daß das Gurare wirkungslos bleibt, so lange das venöse Blut duch die Bandage verhindert wird, zum Kerzen und Durch dieses in alle Gewebe des Körpers zu dringen. Aber auch dann noch könnte man einzelne Glieder von der Vergiftung abschließen, indem man die Arterien, die in diese Glieder führen, abschnürt und so dem gift­­beladenen Blute den Eingang verwehrt. „Mit einem Wort,” sagt Bernard, „indem man das Gift in den Venen aufhält, rettet man das ganze Individuum. Schließt man­ jedoch das Blut nur in einer der Arterien ab, so rettet man nur den betreffenden Körpertheil.“ Nun können wir zu dem bemerkens­werthen Experimente Claude Bernard 8 übergehen. Einem sehr lebhaften Frosch wurde das Lieber» strömen des arteriellen Blutes nach den Hinterbeinen durch das Zusammenziehen der Arterien unterbunden. Zugleich trachtete der Experimentator mit großer Sorgfalt, die Nerven zu schonen, die diese Glieder mit dem­ Nadenmark verbinden, die also die Willens­­impulse, die motorischen Erregungen nach den Muskeln der Hinter­beine leiten. Nach dieser Vorbereitung besaß der droid noch eine volle Beweglichkeit, er sprang und schwanm umher wie immer. Nun wurde er vergiftet, indem ihm eine kleine Dosis Curare unter die Haut des Nadens, in der Nähe der linken Schulter, eingeimpft wurde. Nach fünf Minuten trat die bekannte Wirkung ein. Der Froie brach zusam­men, seine Vorderbeine verloren jede Spannkraft und breiteten sich aus, der Unterkiefer legte sich kraftlos auf den Tisch. Nach sechs oder acht Minuten war der Frosch todt und bewegungslos. Anıff man die Haut des Kopfes, des Oberkörpers oder der V­orderbeine, überhaupt eine Stelle oberhalb der Bandage, so zeigte ei absolut seine Lebenserscheinung in diesem vergifteten Theil. Aber der 3rosd - vorderen Theil des Körpers bewegte sofort mit Heftigkeit die beiden Hinterbeine, die durch das A­bbinden der Arterien vor der­ Vergiftung gesc­üßt waren. Legte man­ den Broich­ ins Wasser und reizte irgend mel den beliebigen Theil seines Körpers, so schwarm er mit seinen beiden Hinterbeinen, meldhe den vollkormen unbeweglichen vor­­ sich ber stießen. Der Frosch hatte, wie der Forscher er erwartet, nicht nur im ganzen Körper, also aug im vergifteten Theil, seine voll­ommene Empfindlichkeit bewahrt, auch seine Sinne, und seine Willenskraft waren voll­kommen erhalten und intakt geblieben. Und in der That, wenn man das Gefäß­ mit dem Frosch derart bedecte, daß er sich im Finstern befand und man darauf plöglich einen Sonnenstrahl duchh Verschieben des Decikels eintreten ließ, sah man den Traftlosen und mie todt daliegenden Numpf des Frosches mit Hilfe­­ der beiden Hinterbeine­ng gegen die Sonne­ hin bewegen. Dieses oft wiederholte Experiment gelang immer wieder. Wurde nur eines der Hinterbeine, z. B. das linfe abgebunden, so war das Resultat dasselbe: während nach der Vergiftung der gesammte übrige Körper samit dem rechten Hinterbein Ieh- und regungslos war, verkündete dieses linke Hinter­­bein allein duch seine Bewegungen, die viel Empfindung, Sinnes­­wahrnehmung und Willensimpuls noch in dem scheinbar vollkommen todten Thiere lebte.­­Selbst in einem abgesehnürten Finger läßt sich, noch diese Regung, dieser Ausbruch der vitalen Reaktion verfolgen. Unter günstigen Umständen fan­d dieses Schauspiel ein bis zwei Stunden lang dauern, bis endlich in Folge des Stillstandes der Rrhmung der Organismus wirklich stirbt. Und nun sehen wir, daß ein Säugethier und besonders ein Mensch, wenn er durch Curare vergiftet sind, noch­ eine Zeitlang, wenn auch eine viel Fürzere als der Grojd, von seiner Intelligenz, "seinen Empfindungen, seiner Willenskraft beseelt bleibt. Sener todte Indianer, von dem Watterton erzählt, war, die mir fest nagträglich einsehen, vermutlich eine lebende Seele in einem Leichnam, ein­­geschlosfen, während sein Gefährte ihr für todt hielt. Der müde und möglicherweise vollbewußte Geist hatte keinen Einfluß mehr auf den Körper, die motorischen Nerven konnten die Muskeln nicht mehr zur Kontraktion, zur Bewegung bringen. Wir missen, daß manche Dichter, z. B. jener von „Tausend und einer Nacht“, uns versteinerte Menschen schildern. Taffot singt von Clorinden, die lebend in eine majestätische­ Cypresse verwandelt wurde. Sie weint und vergibt Thränen, durch die sie jene zum Mitleide erregt, welche ihre empfindliche Ninde verleten. Dieser Clorinde gleicht der durch Curare vergiftete Mensch. Ehe er stirbt, hat er noch alle Empfindungen von den Vorgängen um si. herum, er fischt das Licht und fühlt jeden Stoß, jede Verlegung seiner Haut, er hört wahrscheinlich auch Alles, was um ihn vorgeht. Er will auch erwidern, bemerkbar machen, das noch Leben in ih­n ist. Aber während die Clorinde als Cypresse noch ihr Leid Hagen und Thränen vergießen kann, in der durch Curare vergiftete Mensch zu der unendlichen Dual verdammt, stumm zu leiden und­­ mortlos, regungslos, in steinerner Ohnmacht festgebannt in den erlösenden Tod hinüber zu schlummern. 209 Gilbert, N EEE­­ " _

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