Pester Lloyd, Dezember 1906 (Jahrgang 53, nr. 308-317)

1906-12-16 / 308. szám

Sr TEE, Seite 2 "PESTER LLOYD war so offenkundig, daß der französische Klerus, wie gesagt, nach reiflicher Erwägung bag Gejeg annahmn. Ja noch mehr : der Erzbischof von Bordeaut, Kardinal Lecot, bildete eine Diözesan­­vereinigung, um die Bezüge der Mitglieder des Klerus zu sichern, unterbreitete die Statuten derselben in Rom, wo man sie nach genauester Prüfung den kanonischen Regeln entsprechend fand. Der Kardinal bewarb sic um die Genehmigung der Zivilbehörde, wie das Gefeg vom Jahre 1905 Dies vor­­schreibt und erhielt sie auch. So hatte sich den Vorschriften des von Rom zurückgewiesenen Gejäßes entsprechend eine Bereinigung gebildet, welche kanonisch und gejeglich zugleich war. Und es hatte sich gezeigt, daß die Kirche unter dem neuen Regime, welches das republikanische Frankreich ihr darbot, nach ihren Regeln und kanonischen Vorschriften in Frieden leben konnte, . ..—sz von einem Tage zum anderen hat die Lage sich ver­­ändert. Herr Briand, der in seinem Liberalismus bis zu den äußersten Grenzen des Wohlmollens gegangen ist, rüstet fest zum Kampfe und theilt wuchtige Schläge aus. “Der P­apst hat es so wollen. Er muß mehr seine Gründe gehabt haben, um die bedeutenden Bortheile zurück­­zumessen, welche das Trennungsgefüt der Kirche einräu­mte. Man verzichtet nicht auf beträchtliche Güter, auf das Obdach all der Seinigen, wenn man nir im fausch für Diese Güter noch weit Größere in Aussicht zu haben glaubt. Der Papst bildet sich ein, daß die Kirche bei diesem Kriege Alles zu gewinnen habe, daß in Frankreich der Glaube wieder erwachen, eine große katholische Bewegung entstehen werde. Der Papst täuscht sich, das wird ihm die Zukunft zeigen. Er rennt­ nicht die Verfassung der Geister in Stanf­­reich. Ich möchte Ihnen Hier eine­ Analyse derselben bieten, doch Dieter Brief­­ ü­berschreitet schon­­ den Naum,­ den Sie mir zumeffen. Ich werde mich in einem nächsten Briefe damit beschäftigen; der Gegenstand ist der Mühe werth. EEE­LTE­ RT. sp SZAZ EIESANENÜ B. Sonntag, Er Dezember 1906 DE Er Doc)wer nicht hören willjl st ellt sich ebe·ntaub.In der ThatJnußte man allgem­ein glauben,daß"die Kirch­e einetc Religionskrieg wolle.Auf diese erste Herausforderu­n­g antwortete der Staat mit vollkommener Ruhe.­Wie­ ich Ihnen in einem meiner früheren Briefe sagte,war es sehr schwer­ der­ Kam­pf mit Jem­andem­aufzunehmen,der sich nicht schlagen will.Das war der Fall des Kabinets Clemenceau: es wollte sich nicht schlagen.Romes konptirte die Schließung der Kirchen unter großem­ Skandal.Das Ministerium sagte,man wird keine einzige Kirche schließen.Und die Regierung unterließ es sogar,alle jed­e Vortheile in­ Anspruch zu nehmen,welche die Ablehnung des Gesetzes ihr einräumte. In seiner berühmten Novemberrede verlangte­ Herr Wriand, daß man der Kirche noch ein Jahr,vom 12.Dezember 1906 gerechn­et,beivillige,ehe man ihr die Güter nimmt,«die sie nicht reklamirt,ebenso die Benützung der Pfarrhäuser, ’bischöflichhe 11 Residenzen und Seminarien- Die Gedxtld des Herrn Briand schien übertrieben,sich doch blieb er dabei nicht stehen.Dieser Staatsmar­­k wollte Alles aufbieten,um den Kampf zu vermeiden.Der Papst hatte in seiner erste­c Encyklika,als er das Gesetz zurück­­wies,gesagt,die Kircherolle das gemeine Recht Was ist das gemeine Recht in Bezug auf seine öffent­­liche Versammlung.Es ist du­rch das Gesetz vom sp Jahre «1881 festgesetzt,,welches­ bestimmt,«daß zwei­ Personen»in vorhinein auf der Präfektur die Erklärung abzugeben­ haben, daß sie eine Öffentliche Versammlung abhalten­ werden, und hab sie den Gegenstand der Versammlung angeben. Es war unmöglich, die Kirche einem solchen Regime zu unterwerfen. In Wirklichkeit hören die Versammlungen der Kirche nicht auf; von den ersten Frühmessen bis zur Vesper am Abend gibt es Versammlung auf Versammlung. Hätten man Die vierzigtausend Kirchen Frankreichs so viele tägliche Anmel­­dungen machen sollen, als je öffentliche Zeremonien hatten? Und doch wäre das das Regime des gemeinen Rechtes ge­­wesen, welches der Papst empfahl, offenbar ohne es zu fennen. Here Briand milderte dieses Regime zu Gunsten der Eire. Er gab durch ein Rumdschreiben bekannt, daß eine zu Beginn eines jeden Jahres geschehene Anmeldung Für das ganze Jahr genü­ge. Wederdies ist es nicht noth­wendig, daß der Pfarrer selbst die Anmeldung mache, zwei seiner P­farrkinder können es anstatt seiner thun. . Das ist abermals ein Zugeständniß der Zivilgewalt. Und die Freunde des Herrn Briand schrieen über Schwäche, fast über Verrath. Doch Herr Briand wollte­­ die­ Beweise seines guten Willens häufen und selbst das Unmögliche thun, um den Krieg zu­ vermeiden. Er wird ihn dennoch nicht vermeide1­.Am Voraben­d­­eansleben tretens des neuen­ Regimes ist aus Rom der Befehl gekommen, mit welchem­ heute das gemeine Recht zurl­eigewiesen wird, das man­­ gestern gefordert hat, . Die Abgabe der Erklärung verbietet, ‚welche das ‚Geset : vom­ Sabre 1881 verlangt und­ zugleich ‚den ganzen französischen Klerus in die offene Auflehnung gegen das französische Gesäß sagt. Und da erscheint es denn ganz klar, daß der Bapst den Krieg mill. Bisher hat man glauben können, daß er schlecht unterrichtet sei, daß er die Verfassung der Geister nicht genau fenne, daß er ohne Grund und übermäßig mi­teaurich­tet; doch Heute kann in dieser Hinsicht­ kein Zweifel­­ mehr bestehen. Ex will den Krieg, er entfesselt ihn. Es liegt nicht mehr in der Macht des­ französischen Staates, den Kampf von sich zu wersen. Wir stehen­ also, wie gesagt, mitten im Kulturkampfe. Sämmtliche Pfarrer Frankreichs befinden sie von heute angefangen im offenen Aufruhr gegen das Gejet. Diesmal hat der Staat radikale Maßnahmen ergriffen; es wird die Pensionen und­ zeitweiligen Bestallungen aufs heben, die erzbischöflichen und bischöflichen Nesidenzen und die Pfarrhöfe wieder­ in Besisz nehmen, die Kirchenvüter den Wohlthätigkeitsvereinen ü­berweisen, an sechstausend Semina­­risten unter die Fahnen rufen und die Seminarien schließen. . dürft Bülow nad m. Holstein. D Original- Korrespondenz des „Belter 2Lloyd“,­ 2 Berlin, 10. Dezember.”) Das Neid­egefeg,­­ welches zur Ausführung einiger Punkte der Algeciras-Aite — Strafbestimmungen für Waffen­­schmuggel und B­oll­ontraventionen und Mitwirkung des Konsulargerichtes — nöthig i­, it vom Reichstage in dritter Lesung genehmigt worden. Durch ein Versehen des Präsi­­denten ist auch die diesem Gelegentwurf beigegebene General alte von Algeciras genehmigt­­ worden, obgleich sie vers faffungsrechtlich der Genehmigung des Reichstages nicht leer darf. Eine nochmalige Besprechung der Marokko-Angelegen­­heit hat man nicht beliebt... Es gibt wahrscheinlich. Fein Parlament der Welt, das sie so wenig mit auswärtiger Polität beschäftigt, wie der deutsche Reichstag. Ein­­ Menschenalter Bismarck’schen Regiments hat das Bedirfung nach einer kritischen Mit­wirkung, der, B Wolfsvertretung an der­ Führung der aus­­wärtigen Geschäfte nicht mitformen lassen. Der große Mann, der auch der Weiße, Blau- und sonstige Bummtbücher als in usum delphini zurechtgefragte Machweite f eher ironisch sprach, hat sich unerbetene Einmischungen in das Gebiet, auf dem­ er Meister­ war, energisch fernzuhalten gemußt. Wollte er einmal der Welt und gewissen fremden Faktoren seine Meinung sagen, so bestellte er sich eine Sinterpellation. So ist es auch nach seinem Nichtritte im Großen und tanzen geblieben. Man redet im deutschen Reichstage bei der Generaldebatte über den Etat gemeissermaßen konven­­tionell aue Einiges über auswärtige Beziehungen, aber das geht über schematische Bemerkungen, wie sie den grund­läglichen Anschauungen der Sozialdemokratie oder der von Haß und Liebe diktirten Diplomatie der Alldeutschen ent­­sprechen, fast nie hinaus. Es gibt in unserem Reichstage, seitdem die alten Führer einer größeren und besseren Zeit, Männer wie Bamberger, Bennigsen, Windthorst, die sich auch mit Universalpolitik beschäftigten, ausgeschieden sind, nicht mehr ein Dugend Abgeordnete, die die auswärtigen Fragen eingehender, als es die Lektüre einiger Zeitungen ermöglicht, verfolgen, und Diejenigen, die zu­­ diesem Zwecke in irgendwie nennenswerthem Umfange auch­ fremdsprachliche Zeitungen und das diplomatische­­ Material auswärtiger Parlamente studiren, , lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen, und dann bleiben wahrscheinlich auch noch einige Finger übrig. Das Bedürfnis nach einer kritischen Mitwirkung an unserer gewachsen, in demselben­ Maße gewachsen, wie das Vertrauen zu ihrer Führung sich vermindert und das Mißtrauen gegen die Einmischungen, d­ies man als persönliches Regiment bezeichnet, sich vermehrt hat. Es fehlt­ aber an den Männern, die einer solchen fritischen­ Aufgabe Z­weifelsfragen und Befundung allgemeinen Unbehagens kommt man nicht hinaus. Der jebt häufiger laut werdende Wunsch, daß dem Reichstage über Vorgänge der auswär­­tigen, politis­cster und mehr Material in Gestalt von ei­büchern mitgetheilt werden solle, entspringt der Borstellung, daß man auf diesem­ Wege Einblic­k hinter die Confisfen gewinnen und Enger werden könne als sonst. Möglich, daß mit­ der Zeit die deutsche Volksvertretung sich zu einer Mit­arbeit an der auswärtigen Politik erzieht, unter Bülow noch so, wie­ es unter Bismarck war. Debatten über Auswärtiges finden auf Grund von be­­stellten I Interpellationen statt. Die Interpellanten pflü­­gen Dabei nur mit eigenem Kalbe. Es ist ein auswärtigen Politik­et aber mit den Jahren gewachsen wären. Weber bhange, vorläufig­st es Die Redaktion des „Pester Lloyd”, öffentliches Geheimnis und Hat aug gelegentlich zu spöttischen Bemerkungen im Reichstage selbst geführt, daß Ränner, wie der ultramontane Freiherr v. Hertling und der nationalliberale Bassermann, als sie am 5. April den in dieser Situng zusammenbrechenden Reichskanzler über Marokko und Anderes befragten, im Grunde nur die Weis­­heit wiedergegeben haben, die sie durch die freundliche Ber­mittlung des interpellirten Kanzlers kurz vorher eigens zu diesem Briede erworben hatten. Der Freiherr v. Hertling, der seine Rolle wie immer recht staatsmännisch ausführte, hatte sogar schlecht gelernt , bedauerte er Doch in seiner Rede, daß die Vereinigten Staaten von Amerika nicht auf der Konferenz in Algeciras vertreten gewesen seien. Das hieß dann später, als er darauf aufmerksam gemacht wurde, ein lapsus linguae, ganz wie der Schüler sagt: . ich Habe mich versprochen. Es war etwas Außergewöhnliches, das am Freitag der Tegten Woche bei der ersten Lesung des Gefäßes zur Algeciras- Arte einige Redner der Linken kritische Bemerkungen über die Maroflo-Affaire machten und starre Zweifel an den Leistungen unserer Diplomatie vorbrachten. Die waren auch nicht auf ihrem Adel gemachen. Sie schlossen sich den peinlichen Fragen an, die das „Berliner Tageblatt“ auf­­geworfen hatte, dessen Redakteur als früherer Bariser Korrespondent einen Einblick in die Vorgänge des Sommers 1905 gewonnen hat. Die Fragen sind unbeantwortet geblieben. Der Reichskanzler war in der Sigung nicht anwesend, und der Staatssekretär Zreihere v. ZTichirschly, der ein ganz Huger Kopf und fleisiger Arbeiter sein sol, ist von erstaunlicher Hilflosigkeit vor dem Neichstage. Er kann nicht einen Sat frei |prechen und liest so schlecht, daß man ihn nicht versteht. Heute bei der dritten Lesung sind troß vorheriger Ank­ündigungen die Redner der Linken auf Diese Sragen nicht zurü­ckgekommen; vielleicht, weil sie selbst zu wenig davon willen, in der Hauptsache aber wohl, weil Niemand sie von einer retrospektiven Behandlung der Maroffo-Angelegenheit einen Nuten verspricht, und wohl die Linke zur Zeit dem Fürsten Bilow nicht ohne Noth Schwierigkeiten machen will. Das it ja überhaupt, der seltsame, nur aus dem Mangel eines parlamentarischen Regierungssystems erklärbare Zustand bei uns, daß zwar seine, Wartet, mit der gegenwärtigen Regierung, die sich­ im Zürften Bülow als dem formell Verantwortlichen Tonzentritt, ganz zufrieden it, auch nicht die konservativen Ngrarier, die ihn für den besten alter Steichskanzler halten, und daß doch seine Partei ein Interesse hat, ihn ernstlich anzugreifen oder seinen Sturz zu wünschen. Man weiß nicht, wer­ nach ihm säme; es hat seine Partei Aussicht, den Nachfolger zu stellen ; man hat nicht einmal eine Ahnung, wer Dieser Nachfolger werden könnte, und so hat Niemand ein Iteresse, ihn herbeizumünschen. Fürst Bülow hat Alle zu Freunden gewollt, er hat Niemanden zum Freunde, aber Feinde hat er eigentlich auch nicht. In der durch den Zusammenstoß mit dem Zentrum in der Kolonialdebatte herbeigeführten Situation spielen die anderen Parteien, namentlich auch die Linie, die Rolle des neugierig und gespannt die weitere Entwiclung beobachtenden Zuschauers. Sie wilden einen Borstoß gegen den Reichskanzler, und noch dazu wegen einer in der Hauptsache abgeschlossenen Angelegenheit der aus­­wärtigen Bolitit ganz gern dem Zentrum überlassen ; ihn­ selbst zu unternehmen sind sie doch zu klug. Man spricht nicht mehr gern über die Maroffo- Affaire und ist froh, daß sie , Kann dem ausgezeichneten Sekundanten so leidlich erledigt worden ist. Es waren heikle und recht umfassende­ Schemata, Die, der eingeweihte Mann des. „Zageblatt" zu vier Fragen . formulirt Hatte... Es waren Fragen darunter, über die man sich in einem Parla­­ment überhaupt nicht einigen wird, wie die, ob Deutschland im­ Jahre 1902, als England angeblich ‚gegen ein­ erstes spanisch-französisches Marokko-Abkommen protestirt hatte. Die spätere­ französisch-englische Annäherung hätte verhindern können. Ueber die damalige­ Situation werden mit wenig Staatsmänner vollständig klar sehen, und über die Möglich­­keit ihrer Auswügung würden auch Diese lange streiten können. Einfacher war Die Lage, die im Kern darauf hinauslief, ob Deutschland­ nicht Flügel­ gehandelt hätte, wenn es im Frühjahr 1905 nach Delcaffe’3 Sturz die von Nouvier angebotene Verständigung über Marokko, die auch noch eine weitergehende Verständigung hätte sein Können, angenommen und­­ auf. Die internationale Konferenz ver­­zichtet hätte. Das, was Nouvier­­ damals „anbot, und gewiß an dringend­­ anbot, war sein Spezialvertrag im Sinne formulirter Berschläge; es war nur eine allgemeine Bereiterklärung, sie zu vers­­tändigen. Ob daraus ein Vertrag geworden wäre, das war der­ Streitpunkt. Es ist längst sein Geheimniß, daß auch manche deutsche Staatsmänner Damals eine Verständigung mächtigen Einflusse des inzwischen befanntlich nach dem­ Abschlusse der Maroflo-Affaire mit dem Ministerium Nouvier für das Bessere gehalten haben, daß sie aber mit dieser Ansicht nicht durchgedrungen sind, ‚weil andere und vielleicht nur ein anderer einfluß­­reicher Mitarbeiter nicht an die Möglichkeit einer dauernden Abmachung mit Frankreich glaubten und Hart auf dem von Beginn­ der Marotto-Afaite an vertretenen Grundlage bestanden, daß die auf der­ Madrider Konferenz­ 1882 geschaffene internationale Rechtsgrundlage nicht ver­lassen werden dürfe. Da Deutschland bestritten. Hatte, daß ein französisch-englisches Abkommen irgend etwas an­ den Nechten Dritter in Marotto ändern könnte, so­ hielt es nun daran fest, daß das auch nicht durch ein­ deutsch-französisches Abkommen geschehen könne. So kam es zu der Konferenz in Algeciras und zu vielen noch nach­wirkenden Verstimmungen. Die Zahl Dever, welche glauben, daß das hätte­­ vermieden werden können, ist inzwischen nicht Meiner, sondern größer­­ geworden­ . Die heiterste der vier Fragen war die nach dem­ über­­unmittelbar ausgeschiedenen Heren.d. Holstein. Hat der die Berichte der Botschafter im Sinne seiner eigentlichen persönlichen Politik beeinflußt, so daß der R­eichskanzler und. .der Kaiser seine umgefärbten Berichte besamen., und hat­ Bülom dem Manne nicht­­ zu lange freie Hand gelassen? Darüber und über diesen in Berlin und in fremden Hauptstädten beinahe zu einer mystischen Figur gewordenen ehemaligen Leiter 1 unserer politis­hen Abtheilung läßt sich vielsagen: viel Thatsächliches, noch mehr Psychologisches. Aber öffentlich vor dem Reichs­­tage läßt es sich nicht erörtern und am wenigsten konnte der Reichskanzler Darüber sprechen. Er m­ürde sich wie jeder leitende Minister in jedem Staate auf eine parlamentarische Debatte, über die Berson und Die Thätigkeit eines ihm untergeordneten Beamten nie einlassen, sondern sich auf die selbstverständliche Formel beschränken, daß er für die Leitung der auswärtigen Dinge verfassungsrechtlich und thatfäh­lig die alleinige Ver­­antwortung trage. Er trägt für Manches die Verantwortung, was im­mer zu verantworten ist. Und bei der­ üblichen Formel Denkt sich. Seder das Genie. Wen will man zumuthen, öffentlich einzugestehen, daß er im eigenen Hause nicht immer der Herr gewesen it, und daß er und seine Vorgänger dem alten, Augen, eigenmächtig und eigensinnig gewordenen­ Manne aus mancherlei Rücsichten und mancherlei Befürchtungen weit, über das Maß seiner Stellung hinaus freie Hand gelassen haben, einem Manne, „der älter, als seine Vorgejegten, ihr Lehrmeister gewesen war,­­ der that­­tagi­­feit , Bismard’s Sturze weit über das Nesfort des Wurmwäürtigen Amtes Hinaus. regiert hat, Dem Arbeit, Einfuh, Macht Alles, Titel und äußerer Schein gar nichts waren und der, das erfordert Die Gerechtigkeit zu sagen, auch dort, wo er, fehlging und b­esichtslos gegen Personen verfuhr, immer der Sache zu dienen glaubte und für sich selbst nichts erstrebte. Daß einem solchen Manne, der Minister und Kanzler gestürzt hat, und von dem das Schicsal auch Hoher und Höchster Diplomaten abhing, die eigenen Botschafter in wichtigen Fragen der auswärtigen P­olitik nicht­ gern widersprechen, weil sie missen, daß­ er es übel aufnimmt und leicht persön­­liche Konsequenzen daraus zieht, dam­­it begreiflich. Auch Botschafter hängen an ihrem Boften. Ein weites Gebiet ! Ein ‚interessantes und schwieriges. Kapitel 1. Es wird sich einst in historischen Darstellungen und in der Memoiren-Literatur fesselnd lesen, aber im Reichstage darüber diskutiren. Das geht nicht, Es würde nichts dabei herauskommen, co wide auch an Verstandniß fehlen. So erklärt es­­ sich, daß im Reichstage schließlich Niemand auf der Beantwortung dieser Trage bestanden hat. ,­­« *) Der voranstehende interessante Artikel_ wurde drei Tage vor der A­uflösung des deutschen Reichstages geschrieben, hat jedoch nichts von seiner Aktualität eingebüßt. nifter Hatte, diesen Heinen militärischen Taschenkoder der Moral Ehre und Menschlichkeit, das „Taschenmahnbuch für Soldaten und Seeleute“, das nach General Fukush­ima’s Zeugniß mehr Gutes gewirkt hat, als ein Regiment Artillerie. Auch aus diesem Büchlein legt Hana ihrem Rufen immer wieder Stellen vor, die der Bhödisten Auffassung des Lebens und Menschenthums entsprechen ; es ist ein Katechismus der Pflicht und Ehre, dem man alle Bewunderung zollen muß, der aber leider nicht in­folge Romanszenen gehört. Auch an Historischen Argumenten fehlt es bei diesen Herzenshändeln nicht. Aus der ganz alten japanischen Spezial-Feudalgeschichte werden seitenlang Heldenthaten von meistens umnaussprechlichen Seationalheroen mitgeteilt; hie und da gibt es sogar­ noch­ einen Ueberlebenden, wie den Mr. Schiro Asaba, der später Gesandtschafts-Attaché in Belgien und Rußland war und es bezeugen kann, daß seine 36 Gefährten in Neid und Obied „seppuku“ gemacht haben. Das Alles sind sehr erbauliche Beispiele, aber nicht recht aktuell, wenn ein gequältes Mädcenherz innerlich seine verzweifelnde Liebe wie­erkäut. Was kann ihr da der Edelmuth des Kapitäns Higuschi wagen, der im Straßenkampfe ein dem Zerstampfen aus­­gelöstes Baby auf den Linken Arm nimmt und mit dem rechten heldenmüthig weiterfämpft? . Die Schöne Hana ist,übrigens auch,in den häuslichen Geschäften musterhaft bewandert. Vor allem eine­ großartige Köchin, zunächst für japanische Speisen, deren Zubereitungs­­weise sie auch seitenlang erzählt, nicht ohne­ der­ empfind­­samen Stimmung einer Liebesgeschichte einigermaßen Eintrag zu thun. In dieser Hinsicht it ihr der Weizen immerhin zu Dank verpflichtet, oder kann es noch werden, wenn er auf ihre Anregung eingeht, gewisse japanische Nahrungsmittel in die etwas bernirte zestliche Küche aufzunehmen. Gee­­pflanzen z. B., die wir Weißen bisher ganz vernachlässigen. Warum sollten wir nicht Seetang als Salat essen? Oder ein Gericht aus Araria pinnatifida, wovon nicht mitgetheilt wird, ob es als Fisch oder Fleisch anzusehen oder au nur ein Meeresgewächs it. Eine ganz entschiedene Lanze wird für Laminaria japonica gebrochen, ein Seefraut von wider­vollen Vorzügen. Wenn man z. B. Bohnen fährt, werden sie unter Zusag von Laminaria in einem Drittel der Zeit wei. Das ist doch gewiß nicht zu verachten, den wegen der Teuerungsersparung. Und auch als Thee trinkt sich Laminaria japonica vortrefflich, blos der Geschmac­ht grausch, sonst aber ist es ein herrlicher bee. Alle diese Dinge werden nur leider nicht Orte abgehandelt, nämlich gerade­ zur ein­verwandter einen Zeit, intransigenten da am rechten wir mit hochgradiger Spannung aufpassen, ob Vater, Hayashi (viel­­leicht des gleichnamigen Bifomte ?) seine Einwilligung zur Ehe mit dem „warmherzigen“ Amerikaner geben oder sie auf zurückziehen wird. Nein, er willigt ein. Ex ist ein moderner Japaner, der in einem „westlichen“ Hause wohnt, bei japa­­nischer Inneneinrichtung. Er freut den Leer auch, zu hören, daß seine Ernährungsgrundlage in Japan immer mehr durchdringen und offenbar sogar eine internationale Zukunft haben. Die Hayashi-Diät geht durch das junge Ehepaar Conner zunächst nac den­­­ereinigten Staaten über, nach Chicago, wo Mer. Conner zu Hause ist und vieleicht eines der fest so berüchtigten Schlachthäuser besigt. Das Unqualifiziebare in Bü­chsen Hat abgemirthichafter, das ist gerade der Moment, um eine neue, rationelle und s­ gepantschte Ernährung einzuführen. So schlieft das Buch unter den günstigsten Barzeichen. Ein Roman für Weiße it das also nicht. Aber man möchte den Japanern Glück wünschen, daß sie noch immer seine eu­ropäischeren Romane schreiben Türmen. Sobald es einen japanischen Bourget geben wird, werden die Rufen anfangen aufzuhören, sie vor der japanischen Urkraft zu für­hten. „Belila.“ (Drama in fünf Aufzügen von Johann Barabás Erste Auf­­­führung im Nationaltheater am 15. Dezem­ber.) ‚Ein unbekannter Mann, dessen Talent über das nor­­male Tauglichkeitsmaß hinausragt, kam heute im National­theater zu Wort. Einer, der. jo. naiv und. jo: muthig war, die. Zente, für ein­ biblisches Trauerspiel interessiren zu wollen. Solo Einfalt und solche Courage können natürlich nur aus der­ Provinz kommen. Die Dichtenden Stadtherren wissen längst, daß das Publikum seinen Nespest vor B biblischen Dramen hat. Scheinbar mit Recht feinen Respekt, denn diese Dramen trugen ihrerseits Hinwieder in­ den seltensten Fällen dazu bei, den Nespest vor der Bibel zu steigern. Im alten und im neuen­­ Testament stehen die Tragödien unseren Gesichtstreis gerückt, verloren sie fast immer das Erhabene und Erschütternde, das unsere Einb­ildungskraft in ihnen fand. Langweilig erschienen sie uns oder pervers. Die gewaltigen Helden der Schrift schrumpften augenfällig zusam­men, nichts blieb von ihnen übrig. Höchstens die mehr oder weniger anziehende Person dieses Schauspielers oder jener Schauspielerin. Die Phantasie­ des Zuschauers war da­seine willige Mitarbeiterin des Dichters und des Theaters, sondern ihre Feindin. Die Kunst der Bühne, uns Slusionen zu geben, muß sich eitern, wenn wir mit bereits fertigen Begriffsvorstellungen ins Theater Frommen. Vorstellungen. Die von der grandioierten Lektüre aller Zeiten entzündet wurden und die darum­­ unter allen Umständen stärker sind, als die Ilusion, die das Theater uns bieten kann. Unter den Dramatikern aller Nationen gab es nur einen Einzigen, der es verstand, die Zunfen jenes mächtigen Schritt fü­r Schritt.Anfangs sah die Sache noch gar nicht nach Erfolg aus. Der erste Akt des Dramas. ist auch recht­mäßig, Tehut - fih furchtsam an Ueberlieferungen, die man bis zum Ueberdruffe rennt. Bei ung zulegt von der Oper her, wo Saint-Sadus wichtiger. it als Delila. Barabás fliht in­ die Geschichte nur ein paar neue Fäden ein. Simson ist verrathen und verkauft, noch ehe er erscheint. Die Philister haben den Dagenpriester Samftiram entsendet, um Delila zu gewinnen. Die Frau liebt den Gatten nicht, aber sie sträubt sich, den Vater ihres Kindes den­­ Feinden auszuliefern. Da bringt man die Botschaft, Judith, des Simson Mutter, habe ihr Enkelkind entführt. Delila findet verzweifelt das Bett des Heinen Saras leer, und eine zweite Hiobspost meldet, der Knabe sei unterwegs von­­ Arabern geraubt worden. Und aus dem Munde des jüdischen Hohe­­priesters vernimmt die Mutter, die Entführung ses ange Feuers, das im biblischen Mythos rodert, zu neuer Gluth anzufachen: Hebbel. Und auch ihn hat man zu­ den Todten gelegt. Die vorsichtigen, wohlinformirten Dichter _langen deshalb nicht mehr nach den Herzlich undankbaren Stoffen, überlassen den Kampf gegen die Skepsis des Publikums spekulativen Musikern und unerfahrenen Novizen. Und man gar eine Delila! Diese fatale Weibsperson,­­bei deren Namen jeder halbwegs Ungebildete sofort an die Prozedur des Haarschneidens denkt. Dieses dramatisch so oft mißhandelte, sogar musikalisch Längst ausgeschrotete Frauen­­zimmer! Solch eine späte dee konnte in der That nur in einem Provinzlerhien sich festlegen. Und Hätte Dieter Herr Johann Barabás aus Debreczen oder Eger nicht so viel Talent gezeigt, so viel gesunde, alle Opposition nieder­­schlagende Urkraft, er wäre mit seiner „Delila” unfehlbar ausgelacht worden. Aber er wurde nicht verlacht,.. brauchte nicht bemitleidet, nicht getröstet zu werden, hatte seinen guten, ehrlichen Erfolg. Niemand schenkte ihm was. Die freundliche Nachhilfe der Zukunft-Essompienve fehlte an diesem Abend, die Starre Spannung, der Häufige Beifall wurden , dem Publik­um abgerungen, ordnet worden, un das Kind vor Delila’s, der Fremden, Unteinen, Einfuß zu bewahren. In­ dem Weibe bäumt sich Die Leidenschaft, der Zorn, die mahlose Erbitterung und da. Simjon, der Nierenkarke, dem Gebot der Priester sich beugt, reißt die einzige Kette, die Delila an Simjon fesselte. Ihr Kind will Delila­ wiedererlangen, dazu bedarf sie aber der Macht, der hohen Stellung, die ihr von den Philistern verheißen ward. Und so macht sie Simson von Wein und Liebe trunken, entloct ihm das Geheimniß seiner Kraft und überantwortet den Schlafenden, Entgötterten seinen hereinstürzenden Gegnern. Das ist die Einleitung. Nichts Unge­wöhnliches, als die Diktion vieleicht, die den biblischen Styl oft sehr glücklich­­­­­ trifft, allerdings auf mit fremdartigen­­ Elementen ver­­mischt: calomistifgem Pathos und Tern magyarischen Wendungen. Kleine sprachliche Anachronismen, mittelalterliche und neuzeitliche Lebensarten sind hier und auch später nicht selten, allein Saft und Kraft hat­­ diese Sprache zweifellos. Auch it sie von Prosa freier als mancher Vorgang im ersten Akte. Die Scheerszene ernüchtert, nimmt uns das bisschen Stimmung, das sich in uns bereits zu sammeln begonnen. Thut nichts. Barabás fängt im zweiten Akte von vorn an und läßt dann nicht mehr joder. Er muß auch nochmals beginnen, denn was man bisher bekam, war Simson’s Drama. Die Tragödie des Weibes ist er uns noch schuldig. Delila it in den sieben Jahren, die den zweiten vom ersten Aufzuge trennen, die Stufenleiter der Macht hinangestiegen, Oberpriesterin der Astaroth geworden. Eine Gefahr für die Priesterkaste, denn Delila ist auch die Favoritin des Königs Joachim. Samstram, der Hohepriester, wird daflir sorgen, daß die Bäume nicht im den Himmel wachsen. al unternommen und soll die Mifjelhat am Kreuze üßen­ hinauf: es it Judith, die Mutter des Simson. Der Hohe­­priester erkennt sie, läßt sie begnadigen und hereinführen. Sein­ Plan ist fertig. Durch­ Delila hat Judith Alles verloren, den Wohlstand, das Ansehen, den Sohn, der geblendet im Kerker schmachtet, und durch Judith, die Näh­erin ihres Kindes, ihres Volkes, soll Delila von der Höhe ihrer Macht gestü­rzt werden. Eine erbeutete Bundeslade, den Eostbarsten Schag der Juden, verheißt Samfiram der Greifin und die finstern Geister der Nache ergreifen: Bei von Judith’s­­Mühlen und Denken. Diese Szene, in der Judith im Namen­ " des einzigen Gottes, des Gottes der Mode und Bergeh­ung Delila den Tod sch­wört, ist erfüllt von tragischen Schauern;­ gäbe es in dem Drama nichts Bedeutendes mehr, um dieser Szene willen schon hätte die Einführung des neuen Mannes verlohnt.­­­­ Aber es steht noch gar manches Kernige und Knorrige in diesem Trauerspiele. , Der Aufstieg Delila’s vollzieht sich farbig und­ anshaulich. Das Weib Hat sein Ne nach dem König ausgeworfen, aldas um des Kindes willen, das nach Egypten­ verkauft wurde und unauffindbar it. Königin will Delila werden, um das Land der Pharaonen durchsuchen, oberst zu­­ unterst fehren, das Weib, des Foadim,­­ eine, wenn nöthig, die Pyramiden von zu lassen. Doch Nunatar, egyptische Königstochter, Tebt, ist jung, und blühend und, mit der Briefterfaste verbunden. Dennoch gelingt es Delila, eine Allianz mit Egypten zu Hintertreiben und dann hebt das dämonische Weib einen Plan aus, dem die Königin zum Opfer fallen muß. Sie dingt falsche Zeugen, die Numatar der Unfeuschheit bezichtigen. Boi dem Bilde des Gößen Dagon Nationalismus zuhauft;­­ im Ein­züdisc­h Weib Hat einen Mordversuch gegen Luft zieht man die fanatische Alte aufs Kreuz »Y-o.s.tx,ngge.kis,». .DassNtmdfcbrkibeuKosfxtth’s.·--" Die NervositätJ welche das,Rundschr«eibe11des,Hatsdek»s­­ministers Franz Kossuth an die Mitglieder der Unab­­hängigkeits-partei in den parlamentarischen Kreisen ‚hervor­­gerufen hat, scheint sie noch immer nicht gelegt zu haben. Die Erörterungen über den Inhalt dieses Schreibens bildeten auch im Laufe des heutigen Tages beinahe den ausschließ­­lichen Gesprächsstoff in den eben bezeichneten Kreisen. Man vernimmt allerdings aus dem Munde folcher VBarlamentarier, denen­ man in seiner politischen Lage die­­­ Besonnenheit und Mäßigung abzuerkennen vermag, die Meinung, daß es ein großer Fehler wäre, diesem Zwischenfall eine übertriebene Bedeutung beizumessen und dadurch die politische Situation ohne Not­b zu er­schmeren. Die Unabhängigkeits-Barti — so wird argumentirt — besitz das Recht und erfüllt gegen­ sich selbst nun eine Pflicht, wenn sie für ihre Organisation rechtzeitig RES­ENTE IL KERZE TEEN TEETETEHETEN KURESSTE, ESETERE TEN NEE NIS EIERN 2 } un

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