Pester Lloyd, Mai 1910 (Jahrgang 57, nr. 116-128)

1910-05-17 / nr. 116

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Abendblatt in­­ Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller, Redaktion und Administration: V., Maria Valéria-utcza 12. — Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt. — Unfran­­kierte Briefe werden nicht angenommen, Az. 116. —­­­­­ ur Lage in Aegypten. Original-Korrespondenz des ‚„Petter 2roup“) Berlin, 15. Mai. Eine Zurückweisung englischer Einbildungen über eine beabsichtigte deutsche Einmischung in­ Aegypten konnte zurzeit unmöglich einen Hinweis auf die tatsächliche Lage im Niltal unterlassen. Es ist vielleicht angebracht, darauf mit einigen Worten näher einzugehen, umso mehr, als der Schreiber dieser Reisen vor wenigen Wochen in der­ Lage war, sich an Ort und Greife von dem Stande der Dinge zu überzeugen. Schwerlich bekommt man irgendwo den Gindruch der Veränderungen, die sich in der­­ internatio­­nalen Gefühlswelt im Anschluß an den russisch-japani­­sen Krieg vollzogen haben, so eindringlich zu spüren, wie in Kairo und unter den ägyptischen Eingebornen. Kein­e Zweifel, daß auch die ganze mohammedanische Welt von neuen politischen Wutrieben erfüllt , ist,­­ gleichgültig, ob man sie­ als­ den Beginn einer panislamische­n Bewe­­gung ansehen oder lediglich als nationalistische Strömun­­gen betrachten will.. In Aegypten freilich haben, iü diese Madhjinwirtungen eines großen geschächtlichen Ereignisses funmiert mit den unvermeidlichen Ergebniss­en, die schon die bloße geistige Kultur durch europäische Lehrmeister allmählich von selbst auf der Stätte einer Jahrtausende alten Zivilisa­tion hätte hervorbringen müssen. Niemand­ hat vergessen, wie, bereits, zu Ende des XIX. Jahrhunderts die unter Führung Mustapha­stamels erw­achsene nationalistische Bewegung Beweis einer starken Lebenskraft und Aussichten für eine weitere Entwickung verriet. Damals gab es in­­ Aegypten noch einen Gegensob zwischen französischer und englischer Politik, und es lag nahe, die Einflüsse des aus der französisgen Schule her­­vorgegangenen, reich begabten Führers der neuen Partei, dessen­ früher Tod von seinen Landsleuten aufrichtig bez .­trauert wurde, im Sinne französischer Bestrebungen ans­­­legen. Diese Dinge haben sich seither­ geändert. ‚Zwischen GH und Großbritannien it die Rechnung “über Megypten völlig beglichen. Fellahs und­­ Wraber" missen, daß sie von Paris her nichts mehr zu hoffen haben. Es it wohl sein zufälliges A Zusammentreffen, daß alabald nach dem Zeitpunkt, wo die englisch-französische Entente über das Mittelmeerboden allgemein bekannt wurde, der bis dahin­ streng nationalisische Charakter der vaterländi­­schen Reformbestrebungen im Pharaonenland eine mehr doalvinistische Färbung annahm, indem die Anhänger der M­atriotischen Partei ihre Blide über­­ Die­­ Landesgrenzen hinaus nach Arabien und auf der anderen Seite nach Tunis, Algier und sogar nach Marokko richteten. Das zungen ‚in Konstantinopel die Türkei in die Reihe konstitutionell regierten Staaten eingetreten ist, fühlen sich Kopten, doch einen fanatischen Nationalisten stedte der ganzen Welt ein Signal auf­ für das, was dort unter der Rede sich abspielte. Seither it auch von englischer Seite, namentlich durch den Ver­waltungsbericht Sir Eldon Gorits über­ die Ent­wicklung Aegyptens und des Sudans neues Material für die Verfolgung dieser Frage beigebracht worden. € 3­st sein Wunder, daß man in London im den ernsten politischen Streifen Diese Angelegenheit nicht unter­­hält. Das hat freilich nicht verhindert, daß sich alsbald der Parteigeist ihrer bemächtigt hat, und daß bei dem Ringen um die Entscheidung, ob man den Aegypten gegenüber­­ mehr oder weniger Nachgiebigkeit zeigen olte, die Wahrheit allmählich zur Seite geschoben wird und eine entstellende politische Regie das Ruder ergreift. Persönlicher Augenschein kann nur bestätigen, daß Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes eine wahrhaft glänzende ist und einer kräftigen und zielbewußten Ini­­tiative oc) “auf viele Jahre hinaus «ein weites Feld ge­währt. Steilich hat sich das Land von Der schiveren Klifis, die es im Jahre 1907 durchzumachen hatte, noch nit völlig erholt, und auch im vorigen Jahre ist­ der Ertrag der Baumtollernte, der für den­ auswärtigen Handel wichtigsten Einnahmequelle noch Hinter dem Durchinmitte zurückgeblieben. Aber­ er zeigt sich trotdem überall und unverkennbar, ein bedeutender wirtschaftlicher Aufschwung, und es ist sein Zweifel, daß Aegypten da­­für dersenglischen Tattrast zu großen Dante verpflichtet tt. Leider, spielt die Dankbarkeit in der Bolitit seine Rolle, und so muß man das Gefühl des Unbegagens, von dem Sir Eldon Gorit in seinem " fetten Berichte­­ mist, von­­ einer anderen .Geste . her. betrachten, er über den­ Charakter - und das­­ Seelenleben der­ eingeborenen Bevölkerung - einigermaßen DBesceid weiß, wird freilich nicht daran glauben, daß in abseh­­barer Zeit eine organisierte Bewegung gegen die englische Beri­aftung mit ernstlichem­­ Nachdrud­kie geltend machen, könnte. Aber unbedingt wird man in London das Bor­banbettsein gewisser obstentierender Mom­ente für die weitere ägyptische Politik in Betracht ziehen­ müssen. Nichts konfte einer ruhigen Lösung des gegebenen Problems gefährlicher werden, als wenn man­ sich einfach, auf eine souveräne Beratung der Fellahs zurückzöge und von­ einen Regine der Starken Faust allein Die Ueberwindung der augenblldk­­lichen ‚Schwierigkeiten ’ erwartete. Die wirkliche Lage it auch in größeren Städten, namentlich in Kairo, und Alexandrien, durchaus­ nicht­ hoffnungslos, und es scheint sogar, daß die Huge Halt­ung Eli Eldon Gorsts, der sich duch die Ermordung des Kabinettschefs zu seinerlei ex­­tremen Maßregeln Hinreißen tek, bereits einen gewissen Eindruck gemacht hat. Glücklicher­weise überw­iegen auch in London noch die Stimmen, die von einer ruhigen Weiter­­entwichlung, selbst unter gewissen Zugeständnissen an die Wünsche der eingeborenen Bevölkerung, mehr erwarten, als von einer ge­walttätigen Straf­probe, ob­wohl Dabei zweifellos die weit überlegene englische Macht ein leichtes Spiel haben müßte. Von Tage. Budapest, 16. Mai, Audienzen bei dem König. Der König hat gestern nachmittags 1 Uhr den Han­­delsminister Hard Hieronymi in Privataudienz empfangen, die eine halbe Stunde währte. Der Minister referierte dem König über Angelegenheiten­­ seines Portes feuilles.. Freitag, 20. b. M., wird der­ König den öster­­reichischen Finanzminister Leon Ritter 1. Bilinsti und später Hilmi Palda in Privataudienz empfangen. Die gemeinsamen Ministerkonferenzen. Morgen beginnen hier unter dem Borsibe des Mi­­nisters des Reußern Grafen Aehrenthal Die gemein­­samen Ministerkonferenzen, Die zwei Tage­ in Anspruch nehmen sollen. Aus diesem Grunde sind Die drei gemein­samen Minister. und: der Chef der Marinesektion Graf Montecuccoli, der österreichhsche Ministerpräsident Freiherr v. Biemerth und der österreichische Finanze­minister Ritter v. Bilinski bereits hier eingetroffen. &3 wird an allen unterrichteten Stellen erklärt, daß figg die­ »gemeinsame­ Ministerkonferenz vorderhand nur mit dem gemeinsamen Budget für das lau­fende Jahr beschäftigen werde, das im großen und ganzen allerdings schon im Vorjahre unter der Teilnahme der Koalitionsregierung vereinbart war, in dem jedoch einige Punkte in Schwebe geblieben waren. Die Fest­stellung des gemeinsamen Boranschlages für das Jahr 1911 aber soll einem späteren Zeitpunkte vorbehalten werden. Es liegt nahe, daß insbesondere Die Heeres- und die Marineverh­altung in diesem Zutsammenz hange und wenigstens in großen Zügen dasjenige mit­teilen werde, was sie für das nächste Jahr plant. Man kommt demnach sozusagen, zur gegenseitigen Information zusammen. Die Wünsche und Sorderungen der. Heeres­verwaltung seinen in den maßgebenden Streifen bereits bekonnt zu sein,. und namentlich die Finanzminister der beiden Staaten werden ein tüchtiges Stüdt- Arbeit . zur letften haben, um die an’ sie. zu stellenden Ansprü­che mit der. .nicht$ weniger als erfreulichen budgetären Lage in beiden Staaten der Monarchie in Einklang­­ zu bringen. Der eine und der andere der hier weilenden gemeinsamen und österreichischen Minister wird sicherlich den­­ A­ufent­­halt in Budapest dazu bewußen, um vor dem Monarchen in besonderer Audienz zu­ erscheinen und Bericht zu er­statten. Der gemeinsame F­inanzminister Baron Burián machte damit den Anfang, der heute 4 Uhr nachmittaggs in besonderer Audienz empfangen worden ist. 63 wird indessen mit Nachdruch betont, daß es den Tatsachen nicht entsprechen würde, den rechr anhebenden Ministerkonferenzen eine größere Bedeutung beizumessen, als es durch Die Feststellung eines Budgets bedingt er­scheint, das längst­e auch parlamentarisch hätte­ entschieden sein sollen, wenn nicht Die desolaten parlamentarischen Verhältnisse in unserem Lande Hindernd im­ Wege gestan­­den wären. Feuilleton, Mohora, Mikpathfalon und der Hirst­. Ein Brief an den Redakteur. Bon K­oloman Mifkath, Lieber Freund ! Wie ich merke, willst Du jhhon wieder eine Mikpath- Nummer bringen, um meinen „Grund“­ zu Horpacs irgend­einen Bienenstod glei; dem Leser vor Augen zu führen und meinen Wirtschaft dann einen Heinen Humo­­rischen Anstrich zu geben. Das ist Deine Tendenz, aber auch die meiner­rau. Rein, als würdet Ihe mir unab­­lässig ins Ohr rufen: „Zurück zum Schreibti­ch !“ E3 ist am Ende wahr, allzu glänzend ist es um die Wirtschaft nicht bestellt. Aber wer könmte sich des Gegen­­teils Heutzutage mit gutem Gewissen rühmen? Aechzt und stöhnt doc jeder und Fhilt über das­­ elende Wetter, die schlechte Regierung, den teuren Arbeitslohn und wartet mit Schmerzen darauf, daß es nach seinem Geschmach und Bedarf regnet. Weshalb sollte gerade ich eine Ausnahme machen? G­roßartig! Nur mir darf das nicht gestattet sein? Da berechnet einer von Euch, daß mich meine Pferde so und soviel fotten, und da ich diese Pferde jährlich bloß viermal benühe, so könnte ich mich so um Die Sommerzzeit glei in Kutschen fehen, die von weiß­­gekleideten Mädchen gezogen werden. Dann bringt Ihr den „Grund“ selbst in Verruf. War da für mir, mein Freund Paul Gajdács, seines Zeichens Pfarrer zu Tóttomlós im­ gottgesegneten Alföld, bei mir zu Gaste, dem ich stolzerfüllt meine Befigung zeigte und dabei bemerkte, daß das eigentlich meine zur Erde geivor­­denen Bücher seien, denn zu ihrem Anlauf wurde sein Kreuzer von dem­ Gelde verwendet, das ich durch Zeitungs­­schreiberei oder auf anderem Wege erwworben hatte. „Jawohl, Freund Baul, diesen, Grund und Boden habe ich mir trob unserer armseligen literarischen Der, sagst Du hältnisse mit meinen Büchern erschrieben. Was dazu? Ein nettes Grundi­üd, was?“ ‚Ein Det, wie geschaffen, um Sped zu braten,“ lautete die ausweichende Antiwort. Mich ärgerte der geringshabende Ton, dieser Hochmut des Mannes aus dem Alföld und ein wenig verstimmt geleitete, ich ihn weiter über die weichen, schwarzen C­holfen. Wir gelangten zu einer Sidspalte. Die lebhaft an einen grün gestrichenen Trog erinnerte, und da rief mein Gast mit einem Male aus: „Hier ließe sich aber wahrhaftig trefflich Sped braten !" Aha, er beginnt von Räfon anzunehmen! Nun Hatte ich ihn dort, wo ich ihn­ haben wollte; doc sollte er noch schönere Stellen zu sehen bekommen und mit großer Aus­­dauer führte ich ihn von einem prächtigen Ort zum an­deren. Längs des Waldesraumes ging es üben blumten­­besäte Wiesen, durch breite Alleen kamen wir auf schlän­­gelnde, weiße Fußpfade, und auf einer der M Wiesen führte ich ihn zu einer uralten S Trauerweide, an deren Hut eine muntere Duelle hervorsprudelte. Die im Dahineilen, kleine Lachen bildete, die von den ringsum aufragenden schlanfen Lilien fast ganz verhüllt wurden. „Das ist aber eine Pracht, Rauschen, was?” „Hm!“ machte Gajdacs nachdenklich. „Magst wirklich recht haben. Der schönste Det zum Cpedbraten, den ich jemals gesehen !“ 30 bi mir die Lippen. Alle Wetter! Mit dem Paul wurde man nicht fertig. Der schied die ganze Welt bloß in zwei Teile, in Orte, wo­ man bequem Sped braten konnte, und in solche, wo sich das weniger leicht machen soh. Ein Standpunkt war das immerhin. Schließlich­­ gibt es der Menschen vielerlei und jeder hat jene Schrullen und individuellen Eigenschaften. Sein Freund Géza Kenedi erstand vor Jahren einmal, als er noch Grundbesiter in üzbég war, von jemanden einen alten Wagen. Den ließ er in sein Dorf Schaffen, taufte­ sich ein paar Büchsen Der jarbe und [uch eines Tages seine gesamten Freunde nach üzbég zum Wagenanstreichen ein. Die Eingeladenen blie­­ben größtenteils unter den verschiedensten Vorwänden fort, und er konnte sich nicht genug darüber wundern, wie es doch Leute gab, die sich aus nichtigen Gründen einem so kapitalen Genuß zu entziehen imstande waren. Was war eigentlich mit den Menschen geschehen? Waren sie denn ganz versäuert, blasiert und unmöglich zu befriedigen, daß sie ja nicht mehr zu amüsieren vermögen? Und jede der Einladungen hatte doch klar und deutlich den Berrerf ges­tragen: „Nach Belieben kaun jeder, einzelne Teile selbst anstreichen !" . Bemühe Dich nicht, verehrter Freund; ich sehe Dir doch bis in die Nieren, brauchst Dich darum nicht zu ver­­stellen: Du fahst mich aus als Landwirt. Wenn Du mit mir sprichst, scheint jedes Deiner Worte Deinen geheimen, Gedanken­ zu ‚verraten: ‚Na, hast Du das nötig gehabt, Du Narr?“ « llxid doch trifft das nicht zu,denn ichh habe meitk Landleben gleich vom Anbeginn auf ein gewisses philoso­­phisches System aufgebaut,trotzdem ich damals noch keine philosophiae doctor war.Oder vielleicht gerade deshalb. Tenudamds wußte ich noch nicht,daß mit sounetidlia viel dazu fehlte,um von Euch für einen gescheiten Men­schett gehalten zu werden.Seither hat mir das Jubiläum gar viele Ehrungen und wissenschaftliche Grade gebrt. Wenn ich bedenke,was ich noch vor einem Jahr gewesen,­­so bin ich nur mehr geneigt,durch ein Mikroskop in meine Vergangenheit zu blicken.So setzte ich denn von einer e­­wissen Philosophie erfüllt den Fuß auf meinen,,Grund, die die sogenannten ländlichen VerdrießlichkeitenmäMgt und die Brennessel in eine Rose verwandeltk.Interessant, nicht wahr?Ich möchteI Euch wohlsage merratet’mal mein Geheimnis; aber das könntet Ihr Doch nie! « Tarum will ichcs Euch offen gestehen..Der»Quad« g­ehört nur zur Hälfte mir,der ich die verschiedenen Ge­schichten geträumt und niedergeschrieben habe…die andere Hälfte gehört meiner Muse,die kein himmlisches Frauenp­rinttner ist.—von den quen kommen für mich nur jene in Betracht,die auch mein­e zerrissenen Strümpfe stopfen —, ‚sondern meine angetraute ‚Gattin. Demzufolge ist es ihre Aufgabe, in Horpärz für weiblices Gelinde­­ . a

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