Pester Lloyd, September 1910 (Jahrgang 57, nr. 220-230)

1910-09-16 / nr. 220

Freitag, 16. September 1910 . .. Vom Gage. Budapest, 15. September. Die Landm­irtepartei. Die Achtundvierziger Lan­despartei wird am 18.d.­M.in Szabós eine Versammluung halten,in welcheholoman Szei­more,die­ Abgeordneten Stefmi Szabó,Alexander­ Her­­czegh und Johann Novák Reden halten werdett.Sodann wird die Landwirtepartei in den Konxilaten Sosnogy,Toan und Baranya­ sich"organisiere11..In der VersammlIung werden auch die Wahlreform­ und diecielung des Versammlungsrechtes zur Verhandlung gelangen. MWahlrechtslige. Die Landes-Wahlrechtsliga hielt im Laufe des Sommers mehrere Ausschuldigungen unter dem Präsidium des Abgeord­­neten Baron Desider Bánffy, in welchen Vorbereitungen für die im­ Herbst stattfindenden Wahlrechtsversammlungen getroffen wurden. Die erste Wahlrechtsversammlung findet am 18. b. M. in Szatmár statt, wo die Abgeordneten Baron Defiver Banffy, Alexander Ervely jun und Samuel Kelemen, sowie Advokat Dr. Blauner Neben halten werden. Am 25. d. M. finden in Káposvár, Belescsaba und Kispest Wahlrechtsversamm­­lungen tat. Zurückgezogene Petition. Gegen den im Füleser Wahlbezirke gewählten Abgeord­­neten Dr. Alexander Mocsary haben Sofef Csaba und­­ Genoffen eine Petition eingereicht, welche jüngst von der königl­ichen Kurie zur Ergänzung an die Petenten zurückgeleitet wurde. 25 Petenten haben man angemeldet, daß sie die Petition zurück ziehen. Die Justizreform.« ·« "­­ Der Ausschuß der Budapester Advokatenkam­­mer hielt heute abends eine außerordentlich gut besuchte Sitzung ab,um zu der bekan­nten Gesetzvorlage des­ Justiz­­ministers über­ die Modifizierung einzelner Verfügungen der justiziellen Organisation und des Verfahrens Stellu­ng zu nah­­men.Nach­ Eröffnun­g der Sitzung durch den Präsidenten Emerich Szimak ergriff der Referent Dr.Josef Papp das Wort.Der Redner erörterte de­r Standpunkt der Kammer in der F­rage der Ausbildung Sschichter und­ der Advokatejr und konstatierte mit Freude,daß­ der Justizm­inister den Ent­­wurf unter Berücksichtigung dieses Standpunktes der Kammer ausgearbeitet habe.Der Referent steht di übrigens auf ein­em noch strengeren Standpunkte als der Minister,indem er deanisch aussprach,daß die Rechtspraxis von der Zeit des Erlangen­s des Doktorats angerechnet werde,ferner daß die Advokatuts­­-kandidaten nur bei ‚den Bezirksgerichten funktionieren dürfen. An die Ausführungen des Referenten knüpfte sich eine lebhafte­­ Debatte. ‚Die ‚meisten Redner sprachen sich für den Entwurf des ‚Minister‘ aus. Wegen vorgeschrittener Zeit wurde dann die Konferenz abgebrochen und auf morgen mittags 12 Uhr ver­­tagt­ .Auch der Bud­apester Advokatenklub hat sich heute abends mit der Vorlage beschäftigt.In den Lokalitäten des Klubs fand eine Debatte über den Gesetzentwurf statt;die Referenten Dr.Matthias Fürst,Dr.Josef Weigend und Dr.M­oritz B­l­auner erörterten die einzelnen Bestimmungen der Vorlage.Die Debatte wird am­ 22.d.M.,abend 36 Uhr, fortgelegt werden, »». . ft Dergseluch des Deutschen Kaisers. — (Telegramme.) Kreuzburg (Oberschlesien),15.September. Kaiser Wilhelm hat auf der Reise nach Ungarn um­ 2 Uhr 22 Minuuten nachmittags Kreuzburg passiert.­­ " "Bécs, 15. September. ‚Kaiser Wilhelm trifft morgen vormittags 11 Uhr 3 Minuten mittels Hofzuges hier ein. Der Bahnhof wird während des Aufenthaltes des Hofzuges abgesperrt sein. Im Bahnhofe wird die Lokomotive gewechselt,­­worauf der Bug weiterfährt. In Pelmonostor, wo der Zug um­­ 1 Uhr 3 Minuten eintrifft, wird­ nur Erzherzog Fr­ed­­ri den Saijer erwarten. Nach zehn Minuten Lagem Aufenthalte fett der Zug auf der Drautallinie die Fahrt fort. In Kiskföpeg, wo sein offizieller Empfang statt­­findet, verläßt der Kaiser den Zug und fährt in einem feh­lr Ce­u­fen­des Mufikantenblut,­ als er sich selbst in die Auf­regungen leidenschaftlicher Zustände verstricte und so den Anstok" gab zu einer wüsten Hebe, während welcher der vortreffliche Künstler duch die schmäßigsten SKotladhen Wiens geschleift wurde. IH glaube einen Fehler, seine Schwäche Seh­r 9. Weingartners versch­wiegen zu­­ haben, Bin also ‚auch, verpflichtet, ergänzend ‚hinzuzufügen, daß er den philharmonischen Konzerten doch glänzende Zeiltungen viele Freunde­­ gewonnen hat. . Seine Auf­­führungen gehen niemals sehr in Die Tiefe, wen würde aber dies effektvolle Frische, das gesunde Vollblut musizieren, die temperamentvolle Beredsamkeit des Taftitods fast "Taften? Holfte er wirklich nicht möglich sein, daß, dieser echte und sympathische Künstler auch als DOperndirektor sich zusammenraffe und auch hier seine volle Künstlerschaft bewähre? Sollten dieser beichämende Dilettantism­us, dieses ‚planfose ZTaften, dieses Arbeiten ohne Ideal, ohne Ziel, ohne Fertigkeit alles sein, was Feliz v. Weingartner als ‚Operndirektor aus sich herauszuholen vermöchte? Dies zu ‘glauben, fällt uns schwer, und wirklich hat er den­­ An­schein, als ob Felir v. Weingartner in dem neuen Jahre reichlichere Arbeit leisten wollte. Er hat uns vielerlei ver­sprochen und wenn in dem Novitätenprogramm , dieses liebenswürdige Winsen ‚nach allen Seiten, das Lächeln und Niden und Büden nach Ort und Welt, Sich und­­ Nord auch nicht unseres Geschmades it, er it doch ein "Program und stellt manche Anregung in Aussicht. Gern sehen wir noch Selte v. Weingartner ein Jahr lang an der Arbeit. Und wenn es sich vielleicht nach diesen einen Jahre herausstellen sollte, daß Feliz v. Weingartner un­­gern von Wien scheidet und Wien ihn ungern gehen Tiefe, "umso besser für ihn und uns, aber es ist ein unm­öglicher ‚Bustand, daß das Wiener Hofoperntheater jedes Jahr von neuem von den Laumen und Wallungen eines S Künstler­­temperaments bedroht werde. Nicht nur die Kümstler,­ auc­ ‚die Kunst hat ein Recht auf Nacsicht und auf Ruhe, ion. Dr .­ ­ ru köz e­i­n Motorboot nach dem jenseitigen Ufer der Donau, wo die Karapanczaer Waldungen beginnen. Sofort nach­ seiner Ankunft begibt sich der Kaiser in einem kleinen Wagen auf die Bürsde. Wien, 15. September. Nach einer Mitteilung der Ausstellungsleitung wird Sailer Wilhelm Mittwoch, den 21. d., der Jagd­­ausstellung einen Besuch abstatten. Der­­ Deutsche Saifer wird in Begleitung unseres Monarchen um 3 Uhr nachmittags mit seiner Suite in den Jagdausstellung ein­­treffen und bliebei auf dem ungarischen Sagd­­fgloise einen Besuch abstatten. PESTERELLOYU Die Situation in Oeterreich. (Telegramme bez ‚Bester Lloyd.) Verständigungskonferenzen. Wien, 15. September. Ministerpräsident Freiherr v. Bienerth konferierte heute mit dem Abgeordneten Dr. Roller, dem Vorstand des deutschen Landesklubs in Prag. Der Ministerpräsident erklärte, mit allem Nachdruch, daß die von ihm angebahnte Stottmachungsak­ion in der böhmischen Land­­tagsfrage nicht mit der Reichspolitik in Verbindung­­ ges bracht werden dürfe. Was die bevorstehenden K­onferenzen anlangt, glaube er, daß die Dispositionen der Parteien eine gewisse Friedensgeneigtheit erkennen Yassen. Roller vertrat den Standpunkt, daß vor Erfüllung der nationalen Existenzansprüc­he der Deutschen an eine Gott­machung des Landtages nit zu Denken sei. Garantien müssen in Taten und nicht in Worten bestehen. Prag, 15. September. Bon. Oberstlandsmarschall Prinzen Lobrowiß heute beim Landesausschußpräsidium eine Mitteilung ein­­getroffen,­­wonach der Beginn der Verständi­­gungskonferenzen für Dienstag, 20. D. M., festgejebt wird. Der Hub der verfassungstreuen Graf­grundbesißer hat den Obmannstellvertreter Grafen Erwin Nostib und Dr. v. Baernreither für die Verständigungskonferenzen delegiert. Der konserva­tive böhmische Großgrundbesiß versammelt sich Samstag, um seine Vertreter zu nominieren. Da sich in der heutigen Sigung der tibechischen Nationalssozialen und der radikalen Staatsrechtler auch Diese Parteien für die Bek­eeidung der Konferenzen ausgesprochen haben, werden sämtliche Landtagsparteien bei den Ver­ständigungskonferenzen vertreten sei. Dr. Eppinger hat die Vorberatung der für Die Verständigungskonferenzen namhaft gemachten zehn deutschen­­ Vertrauensmänner für Montag abends in das Deutsche Haus einberufen. Im Deutschen Lager herrscht bezüglich des taktischen Vorgehens bei den Verständigungskonferenzen eine vollkomm­en einheitliche­ Auffassung. Die Haltung der Ticherhen. Brag, 15. September. Der Klub dr Tichehishradifalen und der staatsrechtlichen Fortschrittler hielt heute eine Sagung ab. € 3 wurde folgendes Communique verlautbart: „ Die Reichsrats-un­d Landtagsabgeordneten der Nationalsozialen­ und radikalen staatsrechtlichen Fort­­schrittspartei erklären­,daß­ sie si­ch gegenüber den V­or­­schlägen­ der Deutsche Stin­böhmis­chen Landtag auf den Standpunkt des prinzipiellen­ Wider­­standes begeben­.Da die genannten Abgeordneten jedoch keine Gelegenheit zur Verteidigung den Bechcke des tschechischen Volkes versäumen wollen,h­aben sie«beschlossen­, die Einladun­g des Oberstlandmarschalls anzunehmen und zu den Beratungen die Abgeordneten­ Baxa und Choc zu delegieren. Beide Abgeordneten wurden beauftragt, den Standpunkt der früheren Erklärungen zu verteidigen. Die Beratungen waren nicht einmütig. Eine Erklärung Breiterd. Lemberg, 15. September. Abgeordneter Breiter veröffentlicht folgende Er­kärung: Am 10. Mai habe ich im Abgeordnetenhause einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, der dahin zielte, die Gründe zu erfahren, welche für die Berufung des Kommerzialrates Bernhad Wesler ins Her­renhaus ausschlaggebend waren. Seit jener Zeit hatte ich Gelegenheit, über diese Berufung,­­sowie über die Ber­sönlichkeit des Herrn, Webler eingehende Recherchen zu pflegen, als deren Resultat ich Ioyal zugeben muß, daß das Ergebnis dieser Erhebungen sich mit dem Inhalt der diesbezüglichen Interpellationsbeantwortung doch Den Ministerpräsidenten vollständig dect, so daß die Berufung und­ Persönlichkeit des Herrn Webler für mich klar­gestellt ist und für den gegebenen Fall nicht weiter in Betracht kommt. Um Mitverständnissen zu begegnen, erkläre ich aber gleichzeitig ausdrücklich, daß ich die den Abgeordneten Giombinski betreffenden Beschuldi­­gungen aufrecht Halte und auf Grund zahlreicher Fälle, die gegen den Begriff der Inkompatibilität aufs ärgste verstoßen, an Stelle des eingangs erwähnten Dringlich­keitsantrages einen anderen zur­ Verhandlung bringen werde, der die Schaffung eines Inkompatibili­tätsgestehes bezweckt­ fallen. Die mazedonischen Organe zeigen sich Höchst zu­frieden über den Sturz einer Regierung, die sich unfähig in der Behandlung der mazedonischen Frage gezeigt hat. Die sozialistische „Kombana” meint, ein Land Önne nicht erfolgreich regiert werden, in welchen Kapricen entscheiden und das duch den­ vertrorrenen Beistand eines ewig in der Welt herumirrenden Stopfes geleitet erde. Im ganzen Tann man sagen, das die Sinie feine der Regierung Malinow besonders feindliche Auffassung aus­­gelöst hat. Sophia, 15. September. In diplomatischen Streifen, in welchen der Rück­tritt des Ministeriums Malinow für end­­gültig aufgefaßt wird, will man wissen, daß­ zu Dem­­selben in bedeutenden Maße auch der Gegenjaß zwischen dem König und Malinow beige­tragen hat, der sich zulest zwischen beiden ü­ber­ das Ver­hältnis zur Türkei herausgebildet hat. Während der König noch vor seinen letten Aufenthalte im Auslande einem energischen Auftreten gegenüber der Türkei zu­­stimmte, habe er zulest vollkommen umgesattelt und sogar anläßlich der eben stattfindenden Manöver an der G Südgrenze eine Begegnung mit Sultan Mehmed ins Auge gefacht. Die Regierung widerlebte sich diesem Projekte und entschloß sich, “infolge der einge­­tretenen Entfremdung gegenüber dem Herrscher, durch ihren Rücktritt eine Hare Lage zu schaffen. Diese­ ist Bulgarische Kabinettskrise. (Telegramme des­­„Better Lloyd“) Sophia, 15. September. Ministerpräsident Malinow wurde Heute nachts no einmal vom König empfangen. Die Stile bleibt stationär bis zur Rückkehr des Königs von den Mandvern, Die Montag erfolgen­ dürfte. Sophia, 15. September. Die Urteile der heutigen Blätter über die Minister Elite sind ziemlich vertvorten. Einige Blätter meinen, das Ministerium sei über seine Friegerische MBolitit­ac «· Z Die Ereignisse in der Türkei. Telegramme des ‚„Better Lloyd”) Die Nationalversammlung des Patriarchats,­ ­ ·­­Konstantin­pel,15·­..September. Die Polizei hat weitere fünf Delegierte der Nationalversammlung verhaftet.Wieder-­ lautet,sind gegen sämtliche Delegierten Haftbefehle erlassen worden.Heute abends hat das Patriarchat an die Pfostte ein­e Note gerichtet,wonach das Patriarchat anesichts dagegen die Nationalversammlung getroffenen Gewalt­­maßregeln sich gezwungen gesehen habe, die Arbeiten der Versammlung zu unterbrechen, um das Einver­­nehmen mit der Regierung anzustreben. Im Patriarchatskreisen wird die Unterbrechung der National­versammlung als eine Befragung­sm­e­die betrachtet und eine Schlichtung des Konflikts erhofft. Die mazedonischen Flüchtlinge, Saloniti, 14. September. Die Regierung hat im Einverständnis mit den bul­garischen Behörden eine besondere Kommission ernannt, welche sich an die bulgarische Grenze begeben wird, um die Identität der bulgarischem Flücht­­linge festzustellen, welche duch das Ministerium die Erlaubnis zur Rückkehr nach Makedonien erhalten haben. Sophia, 15. September.­­E3 verlautet, daß die mazedonischen Flüchk­­linge, erschrocen über die feindliche Sprache des in ihrem Namen vom den Agitatoren dem König Fer­­dinand überreichten Appell, in welchem offen Der Krieg gegen die Quartei verlangt wird, sich weigern, die für heute angefechte Abfahrt nach der Grenze anzutreten. Türkische Rüstungen . Konstantinopel, 15. September, Dem , €anin" zufolge wurde eine Kommission mit General Riza an der Seite ernannt, welche Die Modernisierung der Verteidigungs­werfe an den Dardanellen und am Bosporus studieren soll. — Die Enge in Griechenland. (Telegramm des „Lester Lloyd“) Griechische Nationalversammlung. Athen, 15. September, Gestern, sind die Vertreten der Mächte in freundhaftlicher Weise bei der griechischen Regierung hurz stellig geworden und haben dieselbe ersucht, ihren ganzen Einfluß aufzubieten, um jeden unliebsamen Bröttchenfall zu verhindern, der geeignet sein könnte, von der Tü­rkei als Herausforderung betrachtet zu werden. Der Minister des Meußern erwiderte, die Regierung werde alles tun, was in ihren Kräften stehe, obgleich die Be­schlüsse der Nationalversammlung dem Einfluß der Regierung nicht unterstellt sind. Die Vorgänge in Serbien­. Telegramm des ‚Better Lloyd“­ Die Heimkehr Milovanovice’. Belgrad, 15. September. Minister des Reutern Milovanovich, der gestern abends hieher zurücgekührt ist, wurde Heute nach­mittags vom König in Audienz empfangen. Der Minister äußerte sich gegenüber einem Redakteur der „politika“, er habe anläßlich­­ seiner Zusammenkunft mit dem russischen Minister des Yeußern SS inwolski Gelegenheit gehabt, über alle auf der Tagesordnung stehenden politischen Fragen Rücksprache zu nehmen. Die Begegnung, die nichts Ungewöhnliches an sich gehabt habe, sei vorher nicht vers­abredet gewesen. Gelegramme der Mesterxlode Französisch Manöver. Grand Villiers,15.September.—Deereiter der Manöver General Michel gab zu Ehren der anwesen­­los augzländischen Offiziere ein Diner zu­ sechzig Ge­lden. General Michel brachte einen Toaft auf die Souve­­räne, Nationen und Armeen aus, die bei den Manövern in der Picardie vertreten sind. «­­General Vaurade erwiderte auf diesen Toaft im Namen der angländischen­ Offiziere und­ schloß mit­ dem Rufe:Es lebe Frankreichs

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