Pester Lloyd, Dezember 1911 (Jahrgang 58, nr. 298-309)
1911-12-16 / nr. 298
Samstag, 16. Dezember 1911 Debatte zu ziehen. "39 .betone ferner nachbrüchlicht, "mag die maßgebenden Faktoren, denen die "Dochsorge für die Wehrfähigkeit der Monarchie femwohl vom Standpunkte der auswärtigen Lage und im Bereiche der inneren Politis,als auch vom militärischen Gesichtspunkte aus anvertraut ist, über die in dieser Richtung zu treffenden Maßnahmen sich in ‚vollkommenstem Einvernehmen befinden. Schließlich möchte ich noch gegenüber einzelnen Ausführungen der Interpellanten, aus denen die Besorgnis hervorzugehen scheint, als sönnte unser Verhältnis zu den übrigen Staaten Europas einer Trübung ausgefeßt sein, mit aller Bestimmtheit erklären, daß die auswärtige Lage dermalen seinerlei Momente aufweist, welche uns der" Verpflichtung die Erfat enthlieben würden, die auf tung des Friedens gerichtete Politik „Der Monarchie mit ruhiger Fertigkeit und mit gebotener Folgerichtigkeit des Handelns auch weiterhin zur Geltung zu bringen. (lebhafter Beifall.) . . « » Die Wahlen in Kroatien, Telegramme des „Beiter Lloyd") Agram, 15. Dezember. Heute am ersten Wahltage fanden in 56 Beriefen die Wahlen für den Eroatischen Landtag statt. Bisher fielen der unionistischen Regierungspartei, der nationalen Fortschrittes der Rechtspartei 12, "Müartei de "zwanzig Mandate. Der Koalition 13 Mandate zu In zehn Bezirken wid er zur engeren Wahl kommen, bei denen noch voraussichtlich einige Mandate der Koalition entriffen werden dürften; aus einem Bezirk ist das Wahlresultat noch ausständig. Die Koalition hat am heutigen Tage bereits sechs ihrer altem Stammbezirke an die Regierungspartei und einen an die Rechtspartei verloren. In zweien ihrer alten Bezirke tont sie mit der Regierungspartei und in mehreren anderen mit der Rechtspartei und der Bauernpartei in die engere Wahl, so daß sie beiläufig die Hälfte ihrer bisherigen Mandate einbüßen wird. Dieses Resultat it umso betreffenswerter, als die Koalition sich in jüngster Zeit auf einen sehr radikalen,ungarnfeindlichen Standpunkt stellte und für die Nichtbekeidung des ungarischen Reichstages eintrat, um Die Anhänger der staatsrechtlichen Opposition für sich zu gespinnen. Nach den bei den vorigen Wahlen erlittenen Vier- hiten der Majorität bildet ihr Herabfinden zu einer ein fargen Minoritätsgruppe einen neuen jäweren Berlust für sie. Bemerkenswert sind ferner die großen Majoris hervor .Duchdrangen Im erstentäten, mit denen gerade die "tagendsten Persönlichkeiten "der Regierungspartei " Mgramer Wahlbezirk wude Barus Tonmak mit 490 Stimmen gewählt, während der Rechtspartei Dr.Koalition Dr. Nitolics nur 231 Stimmen erhielt. Im Führer der Mordat nur 244 und der Führer der Die fejvere Niederlage der Koalition in der Kroatischen Landeshauptstadt wird hoffentlich auf die Resultate der Stichtwahlen und die weiteren zwei Wahltage zurückwirken. In Berdcze wurde ebenfalls Dr. Spevec mit tiefigen Majoritä, in Nafice und Europär Graf Belacsevich gleichfalls mit großer Mehrheit, ferner Sektionsheft Ehavrat in Zimony und Sektionschef Brojhan in Nuftar mit großer Majorität gewählt, welch letterer Bezirk der Koalition abgenommen wurde. Die Regierungspartei hat bisher sechs neue Bezirke gewonnen. Die Rechtspartei hat ihre Position Heute nur wenig gebessert, während die Koalition die schwersten Verluste erlitt; die Bauernpartei, die Sozialisten und Die serbischen Radikalen müssen sich einstweilen mit der Hoffnung auf Stichwahlen begnügen. Die Wahl in Agram verlief vollkommen wudhig. Nur am Schluß des Wahlaktes im ersten Bezirk kam es zu kleinen Lärmszenen. Einige v oppositionelle Wähler wollten durch einen Trus die Verschiebung des Wahlslusses bis 5 Uhr herbeiführen, indem sie sie weigerten, 1 ihrer Stimmen abzugeben. MS der Wahlart um 4 Uhr ordnungsgemäß, für geschlossen erklärt wurde, verlangten sie plöglic, ihre Stimmen abzugeben. Abends bereiteten zahlreiche Wähler dem Banat vor dem Banatpalais oppositioneller Wähler, denen ich auch einige Studenten angeschlossen hatten, lärmten vor der Universität. In Karlstadt wurde die Wahl wegen drohender Ausschreitungen vertagt. In Korenica kam es im Wahllokal selbst zu Ausschreitungen von jeiten der Anhänger des Kandidaten Cvetozar Pribicsevicz, so daß die Wahl suspendiert werden mußte. Aus einem ähnlichen Grunde wurde auch der Wahlart in Brbovsko suspendiert. . Bemerkenswert ist, mag die Kandidaten der Konlition, gerade in jenen Bezirken durchdrangen, aus welchen ihre Blätter die angeblichen Gewaltäkte der Behörden gemeldet hatten. Auffallend sind jedoch auch in diesen Bezirken die verhältnismäßig großen Minoritäten, die ss auf die Kandidaten der Regierungspartei vereinigten. Morgens wählen 14. Montag ebenfalls 14 Bezirke, so daß im ganzen noch in 32. und mit den Stichwahlenden in 42 Bezirken die Wahlen durchzuführen 110. - - Agram, 15. Dezember. Den bisher vorliegenden detaillierten Wahlberichten sind nug folgende Daten zu entnehmen: € 3 wurden gewählt: . On V Barasdı Dr. Magdics, Koalition; Zimony: Sektionschef Chapraf, Negierungspartei, mit großer Majorität; Gracacs: Paul Obradovics, Koalition; Fu Peter Eranovicz, Koalition; Udbina: Gabriel evics, Negierungspartei; Perufics: arrer Bucsics, Neihtspartei; get; ar lbenkon: Fi iz Bolieg, Koalition; Blasti: Dr. Bogdan Medatovics, Koalition; Vojnies Mugtsevics, Koalition; Delnice: Franz Kris, Koalition; Draganics: Gabriel Grandadec,egierungspartei; Iasla: Dr. Span Banjavcsics, Rechtspartei; Samobor: Dr. Bavezlic3, Rechtspartei; Brginmost: Bude Budijavljevics, Koalition; Glina:: Nikolaus Ercegopvac, Koalition; Petrinja: Dr. Badaj, Koalition; Ipanec: Cäsar Alacsics, Rechtspartei; Körös: Pfarrer Franz Novak, Rechtspartei; Kapronca: Stefan Zagorac, Rechtspartei; Daruvar: Dr. Ludwig Schwarz, Regierungspartei; Bilics-Selo: Ivan Zatlufa, Rechtspartei; Pozjega: Stefan Lesai, Rechtspartei; Brod: Dr. Wladimir Brebeg, R Rechtspartei; Garen: Herpoj, Rechtspartei; Domji Miholjac: Dr. Bolat, Koalition; Balkovo: Bacinovics, Koalition; Djatovár: Dr. Lorenz Radicsenvics, Regierungspartei; Morovic: Dr. Paul Yantovics, Regierungspartei (früher ein Bezirk der Koalition); Martinez: Dr. Wladimir Nikolics- Zemun, Regierungsparti; Numa: Franz Moser, Regierungspartei; Hitkover: Dr. Mierander Spicz, Regierungspartei; DPBazua: Nikolaus Betrovics, Regierungspartei; Simanovei: Jovan Karamata, Regierungspartei; Binforce: Dr. Tropjc, Regierungspartei. . — Eine Aufforderung an den Kriegsminister. Wien, 15. Dezember. Dr. Biankini und mehrere andere dalatinisch- kroatische Abgeordnete haben an den Kriegsminiter folgendes Telegramm gerichtet: Cm. Grzellenz! Die eben stattfindenden Wahlen in Kroatien werden unter Assistenz der gemeinsamen Armee durchgeführt, und zwar muß das gemeinsame Militär Die selbst für Ungarn unerhörte Vergewaltigung jeglichen Rechtes und jeglicher Billigkeit mit feiner Autorität und Macht deben. Die unabhängigen Blätter berichten über Die Wahlgreuel in Kroatien, die in unserem Bolfe die größte Entrüstung hervorrufen. Wir wenden uns an Em. Erzellenz mit der Bitte, zu veranlassen, daß diesem Misbrauch der gemeinsamen Armee sofort ein Ende bereitet werde, ‚Gerichtshofes zu sprechen, den sie gelegentlich der Verhandlung über die englischen Spione Trentsh und Brandon mit aller Anerkennung für die geübte Objektivität, ja für die Ritterlichkeit seines Spruches ausgezeichnet haben. Nun ist sicher das Leipziger Urteil von damals ganz genau ebenso dem deutschen Geseb und der deutschen Gesinnung gemäß, wie das Leipziger Urteil von geitern Cs it aber in den beiden Fällen ein großer Unterschied vorhanden. Im ersten Falle konnte die Gesinnung der Angeklagten nicht als unehrenhaft gelten. Gestern hatte es sie aber um eine gemeine, aus gewinnsüchtiger Absicht beangene Spionage gehandelt, die mit einer umso stärferen ase geahndet werden mußte, als sie leider sehr erfolgreich geiveten zur sein scheint. In den Urteilsgründen des höchsten Gerichtshofes wird ausdrücklich gesagt, daß die verbrecherische Tätigkeit der Angeklagten im Interesse und im Auftrage des englischen Spionagebureaus ‚verübt wurde. Das konnte genau und zweifellos festgestellt werden, weil der Angeklagte Schul fich zu einem umfassenden Geständnis bequemt hatte. -----Der Versuch englischer Zeitungen,in diesem Punkte Zweifel hervorzurufen,ist einfach komischs.Ganz abgesehen von diesen traurigen Fällen,ist es übens in Marines kreisen genau bekannt,dass englische sold»in der Umstrebung der deutschen Kriegsschäfen in«außerorde’ttlich’s auf« dringlicher Weise in Zirkulation gesetzt wird.Dies lange Duldsamkeit,die von deutscher Seite Heft-Hi wurde, "hat jetzt ein Ende.Man weiß,daß icie höchten militätische Interessen ernstlich gefährdet würden,wenn nicht mit außerordentlicher Stren.e gegen die ungeheure Korruption, die an der deutschenasserkante von englischer Setteim Szene gesetzt wurde,eingeschnitten wird Bekanntlkcisxfitzen in WilhelmshaMnd bereitsIehtere einige Landesvan Mnter" l Schloß und Riegel,von denen allerdings einerg und zwar einer der am meisten belassteten zu entkommen vermochte.Aber auch der Leipziger Gerichtshof hat sich alsbald, mit einer Verhandlung zu beschäftigen, die sih diesmal gegen einen englischen Rechtsanwalt richten wird, ein Fall, der vor wenigen Tagen in der deutschen Presse als sportmäßige Ausübung der Spionage charakterisiert wurde. Es ist damals darauf hingewiesen worden, ‚daßı scch in’ London unter den Augen der Behörden eine Art Nachrichtenbörse, und" zwar in einem hier genau bekannten, als sozial hochstehend geltenden Klub befindet. Es scheint, daß man in der Londoner Gesellschaft nichts Anstößiges darin enthficht, in fremden Ländern zu spionieren, weil man dem eigenen Lande dadurch Nuben zu leiben vermag und die Gefahr, die damit verbunden ist, reizt ungefähr so wie eine Löwenjagd in einer Winite. Das it eine Auffaltung, die sich vertreten läßt. Man darf es aber den betroffenen Ländern nicht verübeln, wenn sie bei Aufdeckung einer derartigen Organisation die schärfstern zus läsfigen Strafmittel in Anwendung bringt, um so weit als möglich abschiedend zu wirken. Für das gestrige Urteil kmmen indes derartige Arguemente überhaupt nicht in Betracht. Dieses Urteil richtete sie gegen den gemeinsten und niedrigsten Fall der Spionage und des Landesverrats und es braucht nicht abschniilich gesagt zu werden, dass es in Deutschland und uneingeschränkter Befriedigung upgenommen worden ist. Wenn man heute aus London die Drohung hieher sendet, man werde am dem Spion Gtoffe, der demnächst vor die englischen Geschwornen kommt, die nötige Vergeltung üben, so kann das hier nur ungeheure Heiterkeit hervorrufen. Dieser Grofje ist ein Hochstapler, der erst vor kurzer Zeit von der Strafkammer in Berlin für einige Zeit ins Gefängnis gerecht war. Außerdem ist von amtlicher deutscher Seite direkt erklärt worden, daß die deutschen Behörden mit ihm nichts zu tun haben und die in der Bresse enthalten gewesene Mitteilung, Grosje sei ein Angestellter eines der zahlreichen in Brüssel domizilierenden Spionagebureaus, die an jede beliebige Macht, und zwar immer an Die meistbietende, ihr Material verkaufen, Hat alle Wahrscheinlichkeit für sich. Es wird also nicht den geringsten Eindruck in Deutschland machen, wenn man diesen Abenteurer für zwanzig Jahre in die Bergmwerfe jegibt. Erfreulich wäre es unbedingt, wenn der strenge Spruch des Reichsgerichtes dafur, beitragen würde, der Masseninfektion entgegenzuwirken, die englische Agenten unter der Bevölkerung der deutschen Hafenstädte z versbreiten sudjen . J·-« Ddationen. Eine Anzahl " mit bollen ung, von “ Rudolf Kiss, dem sehr begabten Gentenaler, ein Porträt von Nealismus, von Mar Timär-Thein, dagegen ein Frauenkopf voll Hingehauschter Zartheit, — Furz, es scheint, man malt bei uns bereits Porträts, deren. ji niemand zu schämen braucht. Auch in der Plastik ist das Bildnis Hervorragend vertreten. Wie denn Die Bildhauerei in dieser Ausstellung überhaupt eine Rolle spielt, die eingehende Würdigung verdient. Sie soll ihr no zuteil TERER, kam uzen seen : szá Das Urteil im Leipziger Spionageprozess, — Bon unserem Korrespondenten. — e 5 N Berlin, 14. Dezember. Daß man in London in politischen Dingen: mit zweierlei Maß zu messen pflegt, hat der deutsche Botschafter seinerzeit in der bekannten Unterredung mit Sir Edward Grey festgestellt. Aber auch auf dem Gebiete der gemeinen Moral scheint man an der Themse in manchen Fällen ungewöhnliche Maßstäbe zu benügen. Die Kritik, die die Londoner Zeitungen heute an dem Urteil üben, das der Reichsgerichtshof in Leipzig gestern im Spionageprozeß fällt, ist Außerordentlich wunderlich. Diese Zeitungen jenen sinit, von einem Zustgverbrechen eines . Die Send " PESTER LLOYD »s-Budapest, 15. Dezember, Rückkehr des Ministerpräsidentens«,» Ministerpräsident Graf Karl Khuren Hedemärg it heute abends um 7 Uhr:15 Minuten in Gesellschaft des Landesverteidigungsministers Hazai, des Sektionschefs im gemeinsamen Finanzministerium Ludwig v. Kallach und des Seketärs des Ministerpräsidenten Dr. Stefan v. Bárczy aus Wien in Budapest eingetroffen. Der Ministerpräsident "begab sich vom Bahnhof direkt in den Klub der Partei der nationalen Arbeit, t wo er von" den zahlreich erschienenen Anmwesenden mit lebhaften Elfenrufen begrüßt wurde. Alle Anmesenden beeilten sich, den Ministerpräsidenten ,vor seinem blühenden Aussehen zu beglückwünschen und ihn willkoumen zu heißen. Der Ministerpräsident konferierte im Klub lange Zeit mit den antwesenden Ministern Ladislaus Lufács, Dr. Franz Szésfely und Samuel Hazai. » « « « Die Delegationswahlen.s.»» Im Abgeordnetenhause und im Magnatenkransenkrs den für die bevorstehende Delegationssession die Delegierten neugewählt werden. Die Neuwahl der Delegationsmitglieder wird im Laufe der nächsten Woche stattfinden. Die Interpellation des Grafen Albert Apponyi, ‚Ministerpräsident Graf Karl Khuen-Hederväry wird die Interpellation :des Grafen Albert ppm! "über die Demission des gewesenen Chefs :des Generalstabes Freiherrn vw. Conrad erst im Laufe der nächsten Woche im Abgeordnetenhause beantwoorten. |.. Dom Ense . 4