Pester Lloyd, Juni 1912 (Jahrgang 59, nr. 142-153)

1912-06-16 / nr. 142

- 1, $ a A a pe mA " ‚Abonnement: Für Budapest: Ganzjährig 44 K.,halbjährig .... ier r EIE ge K. d Inland: Ganzjährig 48 K., halb­­jährig 24 K., ron 12 K., monatlich 4 K. 40 K. Mit separater Postversendung des Abendblattes vierteljährig 2 K. mehr, Für Wien auch durch Herm. Goldschmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuz­­bandsendung vierteljährig : Für Deutsch­­land 18 K., für alle übrigen Staaten 21 K. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern ent­­gegengenommen. Für Amerika, England, Frankreich, Spanien und Portugal besteht die Vermittlung der Post­ nicht und das Abonnement muss direkt in unserer Administration erfolgen. Vertretung für Deutschland, Frankreich, England und Italien bei der Zeitungsfirma Saarbach, News Exchange in Mainz. 59. Jahrgang. MORGENBLATT Budapest, Sonntag, 16. Juni 1912 Inseratenaufnahmes In Budapest, in der Administration des „Pester Lloyd“ V., Mária Valeria-uteza Nr. 12 und in den Annoncen-Bureaus : J. Blockner, B. Eckstein, Györi & Wagy, Jaulus , Co., Sigm. Lenker, Jul. Leopold, Ant. Mezei, Rud. Mosse, Jul. Tenzer, Jos. Schwarz. In Wien: bei Book&Herzfeld, Ed. Braun, J. Danneberg, M. Dukes, Haasenstein , Vogler, Rud. Mosse, J. Rafael, H. Schalek. Im Auslande: Berlin Rudolf Mosse; Dresden : Invalidendank ; Paris: John [4 Jones & Co. Einzeln : Morgenblatt in Budapest 12 Hel­­­ler, in der Provinz 14 Heller. Abendblatt in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller. Redaktion und Administration: V., Maria Valéria-utcza 1. — Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt. — Unfran­­kierte Briefe werden nicht angenommen, Mr. 142. Budapest, 15. Iuni. Die Entwürfe der Wehrreform haben auf ihrem lan­­gen Leidenswege der parlamentarischen Erledigung in Ungarn heute die feste Etappe zurücgelegt. Das Mar­gnatenhaus hat das Wehrgeseß, das Honvedgeset und den Militärstrafprozeß­ für das gemeinsame Heer wie für die Honvedarmee mit einer geradezu verblüffend großen Majorität angenommen. Mit der äußersten Kraftentfal­­tung einer zehnstündigen Sizung, von welcher Zeit ac­ht Stunden der Beratung gewidmet waren, hat das Magmnatenhaus angesichts dr vorgeschrittenen Jahreszeit und noch, viel mehr angespornt durch die ungeheure Be­­deutung dieser Entwürfe, durch ihre lange Verzögerung in dem anderen Hause der Gesebgebung sich bereitwillig zu dieser Probe seiner Leistungsfähigkeit aufgerafft. Das Haus der Magnaten zeigte sich­ dabei auf der vollen Höhe seines Berufes und der Rolle, die ihm in der ungarischen Verfassung­ zugewiesen ist. Mehr als die Hälfte sämtlicher Mitglieder der ersten Kammer, auch wenn man die Erz­­herzöge mitrechnet, war zu dieser Sißung erschienen, und unter diesen fand sich für die Opposition ein nume­­risch überaus geringes Häuflein von etwas mehr als dreißig­ Stimmen. Wenn man, so robust, um nicht zu sagen präpotent, auftritt, wie ein Wortführer dieser kleinen Gruppe der Opposition, der ehemalige Staatssekretär des Innern Graf Johann Hadik, und man nur ein so kleines Fähnlein hinter sich hat, dann macht man sich unsterblich lächerlich. Vielleicht hat Graf Hadik einmal von dem französischen Wahlwort etwas gehört, daß die Lächerlich-­keit tötet. Doch wozu sich mit solchen Einzelheiten beschäf­­tigen? Es ist in dem Kampfe um die Wehrreform aber­mals eine große und siegreiche Schlacht geschlagen wor­­den. Man weiß, daß die Politiker der­ Opposition große Hoffnungen auf diesen Tag gesezt haben, mehr noch, ihre lezten Hoffnungen, und, siehe da, diese­ wurden in einer sehr schmerzlichen Weise Gen vernichtet.­ Nach den Zurüstungen für diese Beratung der Wehrgeseßentwürfe im Magnatenhause hätte man fäglich erwarten können, daß­ es bei dem vielleicht nur eingebildeten, jedoch den Betreffenden notorisch zugeschriebenen Einfluß gewisser Rühren der „Opposition auf­ die Kreise der Aristokratie gelingen werde, mindestens eine Hilfsarmee zusammenzu­­scharen, mit der man mit einigen Ehren bestehen­ kann. Das soll nicht mißverstanden werden. Eine Minorität bleibt alle dann äußerst ehrenwert, wenn sie numerisch gering ist. Allein sie muß sich dann nach ihren Mitteln einrichten und­ darf nicht einen Ton anschlagen, als ob sie die Herrin in diesem Hause wäre. Sie erwies sich nicht nur nicht als die Herrin des Magratenhauses, sondern sie erlitt eine Niederlage, die klärlich zeigt, daß, sie in der ersten Kammer­ des Landes über keinen nennenswerten der Frage der­ Legalität der vom­­ Abgeordnetenhause ge­­faßten Beschlüsse und von der zweiten Frage, ob das Magnatenhaus das Recht besitze, sich auf die Untersuchung einzulassen, in welcher Weise die auf diese Gesetzentwürfe bezughabenden Beschlüsse des Abgeordnetenhauses zustande gekommen seien. Auch­ diese Seite der Frage des Tages war: eigentlich Thon durch­ die vorausgegangene publizisti­­sche Erörterung und durch die in den vereinigten Aus­­schüssen des Magnatenhauses abgeführte­­ Debatte erledigt. (E38 sind in diesem Belange auch durchaus keine neuen Momente aufgetaucht. Wohl aber brachte das nähere Eindringen in das Wesen dieser Frage dem ersten Präsi­­denten unseres obersten Gerichtshofes,­­ der königlichen Kurie, eine schwere Niederlage. Und derjenige, der sie ihm bereitete, war sein nächsten Kollege in der Leitung dieses obersten Gerichtshofes, der Zweite Präsident der königlichen Kurie, Bela v. Vavrik, eine Leuchte der ungarischen Justiz und der ungarischen Jurisprudenz. Seine These wurde scharf, mit durchsichtiger Klarheit entwickelt, auch­ dem juristischen Laien zugänglich gemacht und mit einer un­­widerstehlichen Folgerichtigkeit bewiesen. Auch­ der Minister­­präsident Ladislaus v. Lukács beschäftigte sich in seiner ersten größeren Rede fast ausschließlich mit der Frage der Legalität, und jeder unbefangen Urteilende wird zugeben müssen, daß­ auch die einschlägigen Auseinandersezungen des Ministerpräsidenten an Klarheit und eindrucksvoller Logik nichts zu wünschen übrig ließen. Der Ministerpräsi­­dent konnte sich dabei auf keine geringere Autorität, als auf diejenige Franz Deáks berufen, der gelegentlich einer Budgetverhandlung im Abgeordnetenhause direkt die Ab­­weichung­ von der Norm empfahl und die Berechtigung dazu mit zwingender Logik bewies. . Die Frage der Wehrreform­­ ist indessen, über alle­­ juristischen Zweifel, über alle Einwendungen gegen die Legalität vollständig hinausgediehen.. Es gibt in diesem Augenblik nur ein einziges Hindernis, das der Sanktion dieser Entwürfe im Wege steht: die parlamentarische Er­­ledigung der Wehrreform im österreichischen Parlament, die nun gleichfalls gesichert zu sein scheint. Ungarn hat in diesem Belange seine Pflicht heute vollständig erfüllt. Wegen des ungarischen Parlaments könnten die Entwürfe der 'Wehrreform ' binnen vierundzwanzig Stunden dem König zur Sanktion vorgelegt werden. "Was das bedeutet, dessen wird man erst dann vollständig inne, wenn man sich die mehr als zwölfjährigen Kämpfe um diese Entwürfe vergegenwärtigt. Wir haben sie, mitgerungen,­­ wir haben darin, unsere Wunden empfangen, unsere Erfolge erzielt. Es gab inmitten dieser Kämpfe, die zeitweilig Ühtelahbe Dimensionen annahmen, tief in alle gesellschaftlichen Be­­ziehungen eindrangen, nur einen Notleidenden: Ungarn selbst. Seine wirtschaftliche, seine soziale, seine kulturelle“ Entwicklung war : bei Kreise der Gesellschaft bei uns zulande der Politik ent­­gegenbringen, sich von ihr sogar völlig absorbieren lassen, während­ dieser langen Zeit­ gehemmt. Man darf demnach sehr mit ziemlicher Bestimmtheit voraussagen, daß die in dieser Periode niedergehaltenen, gebundenen Kräfte nun­­mehr ihre Elastizität empfangen, der­ung schaft,­­ dem Handel und der Industrie, der­ kulturellen Entwicklung überhaupt neue Schwungkraft geben, aktie neue Energien entfalten werden. Das hat allerdings eine Vorauslesung, daß­ die wirklich Besiegten in diesem un­­geheuren Ringen sich "ihrer Situation inne werden und daraus "die nötigen Konsequenzen ableiten. Der Tertoris­­mus der Opposition, den sie während dieser ganzen Zeit sc­hrankenlos walten ließ, ist gebrochen. Und die besten Elemente in diesem Lande atmen befreit wieder auf. Es wäre ein neues, ein noch viel größeres Unglück, wenn fest auf den Terror­­ der­ Minderheit derjenige, der Majorität folgen würde. Das befürchten wir jedoch nicht. C3 ziemt dem Sieger, daß­ er der erste sei, der an die Wieder­­herstellung des­ Friedens denkt. Beileibe nicht nur den­ Preis einer neuen Zumutung an die Majorität. Die Kon­sequenzen müssen­­ zuerst aus­­ der Situation abgeleitet werden. Dann kann­­ auf fester Grundlage ein ehrlicher Friede geschlossen werden. Es steht der Opposition frei, jene Modalität zu wählen, von der Ministerpräsident v. Lukács auc­h in der heu­­­tigen Situng des Magnatenhauses gesprochen hat. Man hat er dort aus dem Munde des Erzbischofs von Kalocsa heute abends vernommen, daß­ dieser Fürst der Kirche sozusagen im Namen seiner bischöflichen Amts­­brüder während der jüngsten Tage Umfrage gehalten habe bei allen maßgebenden Persönlichkeiten der Politik, also auch bei denjenigen der Opposition,­­und sich davon Über­­zeugen mußte, daß vorläufig ein Friedensschluß­ noch nicht möglich sei. Uns wird jedoch gesagt, das troß dieses negativen Ergebnisses, des für jede Friedensaktion gewiß kompetenten Episkopats dennoch bei allen wirklich maß­­gebenden Politikern die Disposition für eine friedliche Vereinbarung in späterer Zeit in He­he vor­­handen sei. Es­ wird an der ernsten Presse in Ungarn nicht fehlen, dieses Friedenswerk zu fördern, wenn Die Stunde dafür geschlagen haben wird. Denn­ am Ende sind wir alle Ungarn, wie der Erzbischof von Kalocs8a ‚ebenfalls sagte, und der Zwei des Kampfes, zwischen Gleichgestimmten­ oder Gleichgesinnten, oder Angehörigen einer Nation, eines Stammes kann sein anderer sein als der Friede. | | | dem großen Interesse, das alle arischen Gefell- Feuilleton. Die Erziehung eines Kronprinzen. -- Neue Aufklärungen über König Eduard VII. — Von Sidney Low. London, 13. Juni. Ganz­un spri<t von der neuen Denkschrift über König Eduard VII., die soeben von der „Sammlung nationaler Biographien“ („Dictionary of­ National Biography“) veröffentlicht wurde. Ihr Verfasser ist Sir Sidney Lee, der Herausgeber dieser großen Enzyklopädie, der scon früher das Leben der Königin­ Viktoria beschrieb und einigermaßen in persönlichen Beziehungen zu dem verstorbenen König stand. So wird nicht angenommen, daßs er offiziellen Eingebungen folgte, aber er stellte seine Denkschrift aus Material zusammen, das ihm die könig­­lichen Archive lieferten, und man weiß, dak dieses von Lord Exber, einen vollendeten, patriotisch gesinnten Edel­­mann, der fast als vertrauter Ratgeber König Georgs V. betrachtet werden kann, sorgfältig revidiert wurde, ehe es in seine Hände kam. Es­ ist auch wahrscheinlich, daß] die Denkschrift dem regierenden König und seiner Mutter, der Königin ,Alexandra, vorgelegt wurde und daß, sie keine Hinwendungen ‚gegen­ die sehr aufrichtigen Darstellungen machten, die sie enthält. Sir Sidney Lee, der ein Schriftsteller mit strengem Sinn für historische Wahrheit ist, zeigt Eduard VII. in neuem Lichte. Nach dem Tode des verstorbenen Königs entstand eine Art von Legende über ihn. Königstreue Jour­­nalisten in England und enthusiastische Bewunderer in Frankreich und anderen Ländern beschrieben ihn als eine Art von Wunder an staatsmännischen Eigenschaften, Starrsinn und Geistesstärke. Sir. Sidney » Lee macht diesen ü­bertriebenen­­­ Lobreden ein­ Ende. Er stellt den König als einen milden, großmütigen, wohlmeinenden Mann, mit einem guten Teil natürlicher Schlauheit, großen­ Takt und Charme der­ Manieren und dem Fäöhig­ rasch Aber er will nicht zugeben, daß­ er ein Staatsmann oder ein Denker war. Er hatte ein Interesse an dem Klatsche und den Persönlichkeiten der Politik, aber kein wirkliches Verständnis für heimische oder ausländische Angelegen­­heiten;­ er hatte seine weitgehenden Kenntnisse englischer oder europäischer Geschichte erworben und war gleich un­­fähig zu anhaltendem Denken und ernsthaften Studien. Er war zu­lässig, um seinen Mängeln duch Lektüre ab­­zuhelfen. In seinen jüngeren Jahren liebte er nur die allerl­izteste Belletristik, im reiferen­­ Alter aber las er überhaupt nichts als Zeitungen. Sir Sidney Lee sagt, daß­ es­ ziemlich unsinnig ist, ihn den „Friedenzstifter von Europa“ zu nennen oder anzunehmen, daß er wirk­­lich der Leiter der britischen auswärtigen Politik war. Noch weit mehr, als selbst Königin ‚Viktoria, gab­ er sich als den konstitutionellen Monarchen "und ließ die Politik des Landes von seinen Ministern erledigen. Wäh­­rend seines ganzen Lebens liebte er Vergnügen und Erholung zu sehr und war zu undiszipliniert in seinen geistigen Gewohnheiten, um die Rolle des staatsmännischen Herrschers zu spielen oder große politische Pläne auszu­­führen, selbst wenn ihm das­ englische Regierungssystem dazu Gelegenheit geboten hätte. Er hatte wenige der ernst­­haften Interessen, die seinen Sohn, den gegenwärtigen, König beschäftigen. Er war mitfühlend und selbstzufrieden, wohltätig und­ ziemlich frivol; er liebte es, glücklich zu sein und andere Leute glücklich zu sehen, sein Bedürfnis, noch Unterhaltung zu befriedigen und sich in kongenialer Gesellschaft zu vergnügen. Aber Sir Sidney Lee will uns nicht glauben­ machen, daß er mit hohen geistigen Fähigkeiten oder großer Charakterstärke begabt gewesen sei. Eir Sidney Lee entschuldigt des Königs Unzuläng­­lichkeiten mit seiner mangelhaften ersten­­ Erziehung. Als Knabe, wurde der Erbe des Thrones von Britannien­ sehr unvernünftig erzogen. Das war Königin Viktorias Fehler, oder besser gejagt, der ihres Gatten, des vortrefflichen Prinzen von Sachsen-Koburg, auf den sie mit abgöttischen­­, erfüllte Jugend. Die Natur hatte ihn zu einem Weltmann bestimmt. Sein Vater aber schien ent­­schlossen, einen Bücherwurm und Einsiedler aus ihm zu machen. Er hatte seines eigenen Alters und keine jener Unterhaltungen und Spiele im Freien, denen­ englische Knaben weder Cridet, noch Football, jungen Prinzen. Er keine fröhnen, wuchs Gefährten gab­ noch Tennis für diesen in­­im Freien auf, und seine einzige Leibesübung war das Reiten, obzwar er in späteren Jahren ein eifriger Sport­­­man wurde und dreimal das Derbyrennen mit seinen eigenen Pferden gewann. Der Prinz enttäuschte seinen Vater, indem­­ er­ keinerlei Anlagen zum Lernen ne Seine Bücher ermüdeten ihn und die einzige gelehrte Leistung, die er jemals produzierte, war das fließende haggett­­ des­­ Französischen und Deutschen mit aus­­gezeichneten Akzent. Uebrigens geschah wirklich alles, um­ ihm seine Studien zu verleihen. (Es wurde ihm niemals gestattet, einen Roman zu lesen, und s­elbst die Werke Sir Walter Scotts, damals sehr in der Ode, wurden ihm verboten. Es ist nicht zum Verwun­­dern, daß er Beobachtern den Eindrug eines liebend« würdigen,­­ aber ungebührlich, reservierten und nieder­­­geschlagenen jungen Mannes machte. Er besuchte den großen Metternich auf seinem Schlosse am­ Rhein" als er 16 Jahre alt war, und der alte Staatsmann sagte Guizot: "I­ keit, oberflächliche Kenntnisse zu erwerben, dar. | Verehrung blickte. Prinz Albert war eine hochrespektable üblichen ohne Es Spiel | RE­­RT 1 RER zen SE ISS LS NOR +25 (SIEH 01 VER Pe­ter SE IEE 3 ; )

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