Pester Lloyd, Juli 1913 (Jahrgang 60, nr. 167-180)

1913-07-16 / nr. 167

wiswengsIs.Igu­ 1913 bat Vertrauen der Krone und der Mehrheit der Sfupftina­nieße. Ei Auffassung der Lage in russischen offiziellen Kreisen. (Telegramm des „Better LLoyd“.) Petersburg, 15. Juli. Das russische Auswärtige Amt hält den Zeitpunkt für die Einstellung der Feindselig­keiten nach den heute von den diplomatischen Ver­treten­­ eingelaufenen Nachrichten für unmittelbar bevorstehbend. Die Großmächte­­ sind bemüht, das Gleichgewicht auf dem Balkan aufrechtzuerhalten. Es soll Bulgarien nicht zu sehr geschwächt werden, anderen­­falls würde der Konflikt auf dem Balkan niemals auf­­hören. Der­ Drud der Großmächte war finanzieller Natur, wovon man sich mehr verspricht­­, ala , von dem politischen PDrud.­­ Minister des Preußkern Sasonows wurde zum Garen nach­ den Fin­nisl­hen Schäresz be­­rufen;­er begibt si­ch dieser Tage dorthin. » Die Ernennung­ des bisherigen russischen Gesandten in Bu­karest Schebeco zum Botschafteinnrieg gilt als bevorstehend. Der griechisch-serbische Geheimvertrag. (Telegramm des ‚„Kefter Lloyd“) London, 15. Juli. "Daily Telegraph" veröffentlicht den Inhalt des Geheimvertrages zwischen Griechenland und Serbien, der diejene Blatte zufolge nach zwei­­monatigen Verhandlungen Ende Mai, während der­ An­wesenheit, Benizelo­ in Saloniki, abgeschlossen wurde. Danach wurde über die künftige serbisch­­griechische Grenze folgendes vereinbart: Die griechische Ostgrenze soll von der Küste aus dem Meitafluß folgen, am Kamme der höchsten Balkanberge im Norden aufgehen und bei Karagajh-Liman zum Aegütschen Meere hinabführen. Der sestgenannte Dit soll serbisch werden, doch soll die vom Hinterland nach K­aragajh-Liman führende Grenzzone im Gebiet mit serbisch-griechischer Verwaltung werden. s. . Beide Verbündeten haben sich gegenseitig verpfli­chtet, den Krieg fortzusetzen,bis diese Bedingungen von Vul­­arnen angenommen sind. Beide Regierungen sind ent­­gc­lossen,­­ auf dem Schlachtfelde einen dahin lautenden Frieden zu­ diktieren. . 30 Theft mit ihrem österreichigen Mor­legen abrücten, um für den Deutschen Handel auf Kosten des österreichischen einige Vorteile Herauszuschlagen, ohne daran zu denken werden Eindruck das auf dem Balfam­ machen man. Man verrät sein diplomatisches Geheimnis, wenn man erklärt, daß Graf Berchtold ss lange gescheut hat, auf Die Londoner Botsafterkonferenz zur gehen, über deren Wert es heute seine Meinungsverschiedenheit geben kann.“ Botschafterberatung in London. London, 15. Juli. Die Botschafter hatten heute im Auswärtigen Amte eine Besprechung mit dem Staatssekretär Sir Eduard Grey über die Lage auf dem Balkan, englischen Staatsmann ein Unrecht zu tun, da Si­r Edward Grey sich unter der europäischen Harmonie ein loyales, Dauerndes­ und wirksames Ver­hältnis vorsteh­. Dann aber hatte er es allerdings nur notwendig, noch ausdrücklich zu bestätigen, daß. Die unerläßb­te Bedingung eine solchen Verhältnisses darin bestehen müsse, daß in seinem Rahmen die I­nter­­essen der am Balfan nigst beteiligten Mächte nicht zu Schaden kommen. Indem wir diese unausgesprochene Folgerung aus der Rede Sir Edward Greys unsererseits ziehen, halten wir mit unserer Befriedigung darüber nicht zurück, daß er, wie wir wohl annehmen dürfen, nicht nur im eigenen Namen, sondern auch in dem seiner Freunde in Europa gesprochen hat. Die Haltung Deutsclands. Telegramm bei „Berster Lloyd”) Magdeburg, 15. Juli. Aufsehen erregt ein Artikel der „Magdeburger­­ Bei­­tung“ mit der Aufschrift „Stimmungen und Berstim­­mungen“. In dem Artikel, der in Form eines Briefes von unwohlinformierter Wiener Stelle abgefaßt ist, heißt es unter anderem: «­ »Man klagt über gewisse Untertöne in der deutschen Politik.Wir verweisen1 auf mehrere Kundgebungen der Berliner»Norddeuts­chen Allg­emeinen L­ei­­tung«,die mit der Wiener Auffassung so wenig kon­­gruent w­aren,daßs bei der Wiedergabe durch das»Oest«erreichtifchie Telegraphe 11- Korresp­ondenz-Bureau««ganze Stellen unterdrückt w­erden muß«ten.Wir w­erden —ferner aufs das Verhalten verschiedener deutscher Kon- N­FR Éz . « ..·z­·«­z1·e» ·...«:JH,.3­14 " PESTER II Die Wiener Auffusung über die Rede Zir Edward Greys. (Telegramm des ‚Reiter Lloyd.) Wien, 15. Juli: "Die Ausführungen des britischen Staatssekretärs Sir Edward Grey in der gegen Lisung des Unter­­hauses sind hier als die Kundgebung eines Staats­­mannes gewürdigt worden, der mit unz­weifelhaf­­ten und allgemein anerkannten­­ Verdiensten um den europäischen Frieden, zugleich die tiefste Cin­fit in das MWeren und die inneren Beweggründe der­jebigen Krise verbindet. Zwei Momente glauben wir aus der Nede Sir Edward Dreys besonders hervorheben zu sollen: den mit eindringlichem Exnft D dargelegten Ge­danken, von wie großer Bedeutung die bisher zwischen den Großmäcten gewahrt gebliebene Harmonie sei und den Appell an Europa, auch weiterhin an dieser Har­­monie festzuhalten, ferner : den Nachweis, mit welchen Schwierigkeiten die Ausführung und mit melden Ge­fahren für den Frieden eine Intervention der Mächte zur Beendigung der Feindseligkeiten auf dem Balkan verbunden h­äre. Die Idee einer europäischen Inter­­vention hat­ als ein beängstigendes Moment über dem ganzen Verlauf der Krise geschwebt, und auch hier hat man sich weniger von den Schwierigkeiten einer Politik aktiver Einmischung abschieden, als vielmehr von der großen Verantwortung für­ die Ausreiterhaltung des europäischen Friedens leiten lassen, als man, nicht immer durc die Zustimmung der österreichisch-ungarischen öffent­­lichen Meinung unterstütt, jene Politik der Reserve und Mäßigung initiierte, die vor allem auch in London so häufig mit freundlicher Anerkennung bedacht worden ist. Wir haben nie einen Zweifel daran gelassen, oder durch unsere tatsächliche Haltung einen solchen begründet, wie sehr­­ es unser Wunsch sei, in der Haltung unserer Baltannachbarn, die Rechtfertigung un­serer reservierten Bolitit zu finden. " Damit it zugleich gesagt, wie wir hier in Oesterreich-Ungarn­­ über den Greyischen Appell an die Harmonie der europäischen Märkte denken. Meder flüssig erscheint es uns’ zu sagen, daß er mit unnserer innersten Gesinnung übereinstimmt, überflüssig daran zu erinnern, daß die Polität einer Monarchie, deren­­ sonjesz­vatives Gepräge ja seit Jahrzehnten eine mitbestimmende Grundtatrafe des europäischen V­öllerlebens war, stets bereit gewesen ist, zu dem Cimvernehmen unter den Mächten an ihrem Teil beizutragen, überflüssig auf zu versichern, daß "die Absichten unsgeer Politif auch doch die gegenwärtige Krise nicht erb­ittet zu werden ver­moten. "Selbstverständlich, seien wir aber voraus, denn wir müssen­­ andernfalls fürchten, dem ausgezeichneten Weitere Erklärungen des Staatssekretärs Grey über den Balkankrieg. . London, 15. Juli. An Eriinderung auf verihiedene Anfragen über die Balkanereignisse erklärte Staatssekretär Si Edward Grey im Unterhause: Die Lage ist noch immner so,wie ich­ sie gestern­­abends beschrieben habe. Bulgarien hat sie an Rußland gewendet um die Einstellung der Feindseligkerten zu erwirk­en. Griechen­land und Serbien haben verlangt, daß getvnjte Bedingungen von Bulgarien angenommen werden,­­ ehe sie dem Waffenstillstand , zustimmen. Ich möchte die Haltung der Großmär­hte dahin zusammen«­­faffen, daß es seit Beginn des Strieges ihre Politik ge­wesen it, Zahlung miteinander zu nehmen, und zur Aufrechterhaltung des Friedens auf dem Balkan. ges waltsame Intervention nicht in An­spruczgu nehmen Es ist nit wahrsheim­lich, daß das Ginvernehmen zu wirken, den Großmächten aufrechterhalten wer­den kann, wenn sie verschiedene Punkte d­ieser­ politif fallen lassen, ·­­ Die legten Kämpfe, Die Warffenruhe, Belgrad, 15. Juli. Amtlichen Berichten zufolge hält die auf dem Schlacht­­felde seit Drei Tagen eingetretene Waffenruhe weg an. Es kam nur zu kleinen Zusammenstößen an der serbisch-bulgarischen Grenze. Die in der Bevölke­­rung verbreiteten Privatnachrichten, daß bei Küstendil­fon vor vier Tagen eine entscheidende Schlacht begonnen habe, werden an maßgebender Stelle als unzutreffend be­­zeichnet.­ ­Die Besetzung von Drama. Athen, 15. Juli, Mach einem heftigen Kampfe haben Die Griechen Drama befest Die Bulgaren stehten auf ihrer Flucht den Det Dorato in Brand und mwassak­rierten 500 Einwohner. a Griechische Siegesmeldungen. Colegkgggx destzefxxr Styx-W­­ Asthen,«15.Juli« Der Generalstab drahtett Aus dem«linken­ F­lüg­el und­ ichntr um unserer Front rückstenz unsere Truppe 1­,ohne Wid­ersta­nd zu findenz vor.Auf dem rechten Flügel schlugen unsere Stark­­­kräfte den Feind nach einem erbitterten Kampf in die Flucht un­d besetzten Drama. Obührlichh lange blieb nachdem er seine Schuldsigkeit schon getan hatte.Er ist überzeugt,daß Bismarck auch im Detail schade,und zwar vor allem durch seine Eigen­­s­chafft­—L­,die er mit dem Ziettel im»Sommernachtstraum« teilt—,alle Rollen allein spielen zu woll­en.Ist Bismarck verschlossen,nennt er ihn,,unwah­rhaft",ist er einmal offen,so könnte man seine,,Naivität...kindlich «nennen,wenn sie nicht zugleich etwas Empörendes hätte­«. Am lieblosesten charakterisiert er den bald Achtzigjährigen: »Es bleibt dem Kanzler und uns nicht erspart,daß der Kanzler die Schicksale eines alternden Reformators durch­­­­zumachen hat:Verengung des Gesichtskreises,Taten­­unlust und Größenwahn.Aehnliches ist auch höher­­organisierten Männerm Luther und Friedrich II.nicht erspart worden."«Die Entschuldigung kränken dennoch als die Feststellung,aber sie gibt zu denken Es käme darauf an,genau zu bestimmen,was Freytag wohl unter höherer Organisation eines Menschen verstanden haben mag? Dem jugendlichen Besucher Karl Lamprecht fan der Alte im Sachsenwald wie ein Ebenbild Karls des Großen vor, und der Vergleich, den er in seine Konsequenzen verfolgt und durch sie bestätigt findet, nistet sich bei uns ein, und seine ungebrochene Suggestions- Kraft läßt ihn noch nach Iahren nicht zerflattern. Wenn nun Lamprecht seinen Helden Karl dem Großen vergleicht und Freytag ihn beinahe nur noch als einen glänzenden Journalisten gelten läßt, so­ ist es entschieden der Jüngere, der dem LUxteil unserer Genera­­tion näher gekommen ist. Er ist eben nicht Parteimann und überblickt die Gesamterscheinung. Freytag aber nennt Bismarf einen glänzenden Journalisten, und in dem­­ Sinne, in dem er es tut, war niemand berechtigt, Bismarc einen glänzenden Journalisten zu nennen, auch, wenn er die Konfliktszeit miterlebt hätte. „Als Journalist“, hören wir, „it ex ein Seitenstüd zu Gubfomw, es ist auch ihm unleidlich, wenn ein anderer, wie­­ B. der Kleine Moltke, gerühmt und gefeiert wird, und er betrachtet den Ruhm für Errichtung des Reiches wie einen großen Käse, der ihm allein gehört, wer sich ein Stück abschmei­­det, it ein Räuber.“­­ Die Idee­ des Vergleiches könnte von Gottfried Keller stammen, und dennoch „trifft das mit dem­ Käse nicht zu. Man bedankt sich auch höflich für den Titel eines ausgezeichneten Journalisten: „Dem nur eines fehlt, um der größte, von allen zu sein, Die Ehrlichkeit und zuweilen auf, das Geättnis‘, Was ist man nun lieber, so ein „größter Journalist“, oder der „unerfreuliche Genius Mar Harden‘? „Das Bestreben nach wisiger Bosheit ist übermäßig, die ehrliche politische Zeichenh­aft kaum vorhanden. Diese Art von journalisti­­sgen Glofsatoren ist in Liebe und Hab unfiter und es­st fast zufällig, auf weiter Seite sie stehen. Dieser­ hat­­ sich Bismard zum Heros gewählt, alles andere it ver­ächtlich.“ In Freytags Beurteilung werden die Journa­­lsten Bismard und Haren ein bißchen­­ zu­ nahe­n Diese. Logit muß einen Sprung aben. „ Sie hat ihn au mb er Klafft dort, wo der Deutsche Bürger in Freytag besonders Imıt wird. Freytag fühlt si­eben — und er darf es mit gültigem Rechtstitel — als Vertreter des deutschen Bürgertums; schließlich nicht das Schlechteste. Und eben als Verkörperer 523 arbeiten­­den, unentbehrlichen und loyalen („royal“ und „hochsinnig“ sind seine Lieblingsworte) deutschen Bürgers fühlt er sich von jenem Bismarc abgestoßen, der nun einmal nicht dem Deutschen Bürgertum entstammte, noch jemals deutscher Bürger wurde. Er war ein genialer Junker, dessen Leiden­­schaft er war, den Deutschen das Reiten beizubringen. Es kann nicht­ behauptet werden, daß­ seine Landaleute sich besonders gelehrig oder entgegenkommend gezeigt hät­­ten; aber er muß auch zugegeben werden, daß er nicht ruhte, bevor er­ ihnen nicht in den Sattel geholfen hatte. Best fißen sie auf hohem Ruf und — wie der geniale Dompteur Schmungelnd vorausgesagt hatte — reiten können sie nun, von selber, Ihrer Art zu reiten eignet vorderhand noch weniger Anmut als Würde, aber nicht so bald wird sie einer aus dem Sattel werfen. Daß sie endlich oben sind, verdanken sie dem Einen und es ist ihr Glück, das seine Passion und ihr Bedürfnis sich so Hübsch gefunden haben; denn — beiläufig, gejagt — e3 war eine Hunde- ‚arbeit, sie hochzubringen, und ihr unterzog sie der Ein­­zige, Der sie wirklich leisten konnte. Jeder Bürger durfte solchen Sachverhalt anerkennen, der, Repräsentant der Bürgerlichkeit glaubte 3 fi versagen zu müssen.­­ Eine Anzahl von Urteilen über Bismarcsche Hand­lungen, , die Freytag, in Diefen , Briefen, an Albrecht v. Storch fällt, i­ zutreffend, ist von den Ereignissen selbst bestätigt worden. Eine zweite Reihe ist unmittelbarer Aus­ruf, der Situation, die sie eingegeben hat und findet‘ im ihe hinreichende Begründung.­­ Bleibt eine Klasse von Ur­teilen, die nicht zu entschuldigen sind;­­ ihnen “allen, ist etwas wie B Verbohrtheit gemein, und wir haben oft die vage Empfindung, dass sich hier jemand festgerannt­ habe und nun auf seinen Fall­ mehr­­ zurückkönne, allerdings all nit wolle. Bei einem wunderen Kürstenifron sänftigt­ sich dieser Bürgerstolg. Der „junge Herr“ ist Ion, seit fünf Jahren’ Kaiser: „Im Deutschen Reich " ist den Kaiser und seine Persönlichkeit noch alles, und das "war ebenso, als Bismarc noch der Kaiser war. Kurz, und müssen die Kaiserkrone­ erst ertragen,­­, kann benusen lernen. Aber das fordert Zeit und für Die Deutschen no manche Stärkung des politischen Charakters.“ Das im Extrakt einer praktische politischen Weisheit und fetter Schaum " eines abgeflärten Temperaments, Freytag it überhaupt in den meisten Dingen ungewöhn­­lich verständig, und man wird EZlarer, wenn man an­dauernd mit ihre sich beschäftigt. Der neue Frehtag- Briefband ist voll lustigen Slatiches, voll kluger Gedan­­ken und feiner Porträts. Die feinsten sind Sronprinz und Kronprinzessin Friedrich und Herzog Ernst von Stoburg, Freytags „Dur“. Auf jeder Seite gescreite Worte über allerhand Dinge, Bigarren, Rheinweine, Homerule, D­ynastische Erziehung, das Tonfuse Klima Nizzas, das Reich als die beste Asjekutanz der Kleinen Souveränfamilien, D­ramatische Technik, österreigischen Schlendrian und noch eine­ ganze Menge. Die zeit­genössischen Historiker ziehen mit ihren neu erschienenen Bänden in ynfopiertem Rhythmus auf, zwischen zwei Bände Sichel schlägt ein Band Treitsschke, Boyens und Gerlachs Denkwürdigkeiten werden auf I­n d­ie Kunst des Charakterisierens begutachtet, Eduard Meyers Geschichte des Altertums im sebten Lebensjahre „Buch­gearbeitet“. Der­ Achtzigjährige füllt Linden aus, Kos Entdeckung wird enthusiastisch gepriesen, der Ente wieder als guter Deutscher erhoben. „Die Entdeckung und die Weise, in welcher er dasüber berichtet, sind so­ idön,

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