Pester Lloyd - esti kiadás, 1930. május (77. évfolyam, 98-122. szám)

1930-05-02 / 98. szám

PESTER LLOYD • 4 * In GroBbritannién. (Telegramm 'des Pester Lloyd.) London, 1. Mai. In London und anderen Städten Englands ist der T. Mai ruhig verlaufen. Die Aufmärsche in London trugen mehr den Charakter eines Volksfestes als den politischer Kundgebungen. Aus Schottland und Nordengland waren Gruppen von Arbeitslosen in London eingetroffen, die um eine Unterredung beim Ministerpräsidenten ansuchten. ln den Kolonien und in Australien sind die Maifcier­­lichkeitcn im allgemeinen ruhig verlaufen, an einigen Orten kam cs aber doch zu schweren Ausschreitungen. In Darwin, der Hauptstadt' von Nordaustralien, stürmten die Arbeitslosen das Regicrungsgebäude und andere öffent­liche Gebäude und hißten rote Fahnen. Die Polizei, die sich zunächst als zu schwach erwies, rief alle öffentlichen Beamten und Angestellten zu Hilfe. Die Lage ist noch un­geklärt. In Sydneg wurde eine kommunistische Versammlung von der Polizei aufgelöst. Zehn Personen wurden verhaftet. In Bombay fand die Maifeier nur geringes Interesse. Trotz starker Propaganda der Roten Flagge gingen die Textilarbeiter in ihre Arbeitsstätten. In Rußland. (Telegramm des Pester Lloyd.) Kowno, 1. Mai. iWie aus Moskau gemeldet wird, fand dort ahi 1. Mai eine Parade der Moskauer Garnison statt, an der die Truppen der Roten Armee, Abordnungen der baltischen Marine, Truppenteile der OtíPU und die freiwilligen Militärverbände teilnahmen. über dem Paradeplatz kreiste ein Flugzeuggeschwader. Nach der Parade fanden die Maikundgebungen der Arbeiterschaft statt. In den Zügen sah man Aufschriften gegen den Papst und das Bürgertum. (Telegramm des Pester Lloyd.) Kowno, 2. Mai. Wie aus Moskau gemeldet wird, ist man dort über den ruhigen Verlauf der Maifeiern sehr enttäuscht. Die bis jetzt in Moskau eingetroffenen Meldungen bewiesen, daß die Dcmonstrationslust im Vergleich zum Vorjahr stark zurückgegangen sei. Auch in verschiedenen anderen Erdteilen seien die Züge ohne irgendwelchen Widerstand aufgelöst worden. Der Verlauf der Kundgebungen in Deutschland habe, besonders Enttäuschungen hervor­gerufen, da die K. P. D. nicht genug Maßnahmen getrof­fen habe, um die Maifeier als große Kundgebung gegen das Bürgertum zu gestalten. Im sonstigen Ausland. (Telegramm des Pester Lloyd.) Brüssel, 2. Mai. Hier verlief die Maifeier der Arbeiterschaft ohne Zwi­schenfall. In Lüttich kam es zu einem Zusammenstoß, als Kommunisten einen verhafteten Genossen befreien woll­ten. Es gab auf beiden Seiten einige Verletzte. Sechs Per­sonen wurden verhaftet. Paris, 2. Mai. Nach Amsterdamer Meldungen verlief auch dort der Tag vollkommen ruhig. Auch in Athen wurde die Ruhe dank der Vorsorge der Regierung nirgend gestört. Die. Kommunisten begingen die Maifeier in der Nähe von Athen unter freiem Himmel. Nach Meldungen aus Stockholm verliefen die. Umzüge der Sozialisten und Kommunisten in voller Ordnung. Es wurde nur ein einziger Demonstrant verhaftet und zwei Flaggen wurden beschlagnahmt. Wie man aus Madrid meldet, verlief auch in Spanien und in der spanischen Hauptstadt die Maifeier in voller Ruhe. (Telegramm des Pester Lloyd.) Warschau, 1. Mai. Die Behörden hatten für den 1. Mai große Sicher­heitsmaßnahmen getroffen. In Warschau waren Polizei­soldaten mit Tränengasgranaten und Gasmasken ausge­rüstet in Bereitschaft. Die größeren öffentlichen Parke blieben geschlossen. Der städtische Straßenbahn- und Aut.oibusverkehr war bis nachmittags 3 Uhr unterbrochen. Während der Maifeier kam es mehrfach zu Zusammen­stößen zwischen Polizei und Kommunisten. Zahlreiche Fahnen und Transparente mit staatsfeindlichen Auf­schriften wurden beschlagnahmt. In verschiedenen Teilen der Stadt wurde die Polizei von Kommunisten mit Steinen beworfen, mehrere höhere Polizeioffiziere wurden verletzt. Auf die Polizeispitzel gaben die Kommunisten mehrfach Revolverschüsse ab. Bis in den Nachmittags­stunden wurden 30 Kommunisten verhaftet. Posen, 2. Mai. (Wolff.)-Gestern abend kam es hier anläßlich des Maifeiertages zu Ansammlungen auf den früheren Höher­platz und am Alten Markt. Die Menge versuchte, Demon­strationszüge zu bilden und zur Polizeidirektion und zum Rathaus zu marschieren. Die Polizei griff sofort energisch mit blanker Waffe ein, nahm einige Verhaftungen vor und zerstreute die Menge. Mehrere Personen wurden leicht verletzt. In Gnesen und Bromberg ist der 1. Mai ruhig verlaufen. Die Polizei schritt dort ebenfalls ein, als man versuchte, Demonstrationszüge zu bilden. In Gnesen wurde ein kommunistischer Führer verprügelt. (Telegramm des Pester Lloyd.) Prag, 1. Mai. Infolge der noch nie dagewesenen Vorbereitungen der Staatsgewalt sind die Maifeiern in Prag vollkommen ruhig verlaufen. Auch aus der Provinz wurden keine grö­ßeren Zwischenfälle gemeldet. (Telegramm des Pester Lloyd.) Bukarest, 1. Mai. Der erste Mai ist hier bisher ruhig verlaufen. Auch aus dér Provinz wird ein ruhiger erster Maitag gemeldet. (Telegramm des Pestei Lloyd.) Sophia, 2. Mai. Der 1. Mai verlief ruhig, obzwar die Kommunisten Xnannigfachr Vorbereitungen trafen. Wegen Nichtbefolgung polizeilicher Maßnahmen wurden etwa 300 Verhaftungen xorgenommen, die sich ohne Zwischenfall bewerkstelligen ließen. In Amerika. (Telegramm des Pester Lloyd.) - New Voj 2. Mai. In den Vereinigten Staaten ist der 1. Ma ruhig ver­laufen. Nur in Oakland (Kalifornien), wo die Kommuni­sten trotz Verbot eine Demonstration veranstalten woll­ten, kam es zu einem Zusammenstoß mit der Polizei, bei dem vier Kommunisten verletzt wurden. Es wurden zahl­reiche Verhaftungen vorgenommen. In New York verhaftete die Polizei 50 Kommunisten. Der Tag ist übrigens vollkommen ruhig verlaufen. In ver­schiedenen Stadtteilen waren Maschinengewehre auf­gestellt. (Telegramm des Pester Lloyd.) New York, 2. Mai. Die Maiaufmärsche gingen ruhig vor sich. Auf dem Unionsquare demonstrierten erst 20 000 Kriegsteilnehmer, dann veranstalteten 25.000 Kommunisten eine Kund­gebung. Die Ruhe wurde nirgend gestört. Auslandschau« — 2. Mai. — Die BIZ und die Mobilisierungsanleihc. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hat für den 1. Mai eine Bankierkonferenz nach Brüssel einberufen, die über die Bedingungen der demnächst zu emittierenden deutschen Reparations- Obligationen in der Höhe von 300 Millionen Dollar beschließen soll. Die Konferenz wird aus dem Grunde eiue außerordentliche Bedeutung besitzen, weil bisher weder über den Zinsfuß und den Be­­gebungskurs, noch über die von den einzelnen Län­dern, zu übernehmenden Tranchen Klarheit herrschte. Diese Fragen hängen aber unterein­ander eng zusammen, und beeinflussen auch die prinzipielle Entwicklung der Kreditpolitik der west­lichen Mächte gegenüber Deutschland und den Ost­­staaten. Von den 300 Millionen Dollar sollen näm­lich 100 Millionen nicht zu Reparationszwecken, sondern für die Zwecke der deutschen Reichsbahn und der deutschen Post verwendet werden, so daß dieser Teil einer regulären deutschen Staatsanleihe gleichkommt. Die Realzinsbedingungen und der Erfolg der deutschen Staatsanleihe wirken aber auch auf die sonstigen, nach dieser großen Transaktion zu emittierenden deutschen Anleihebedingungcn zu­rück, so daß diesmal die Vorbereitung der großen Anleiheoperation nach einer ziemlich langen Periode der Ebbe deutschen Kapitalimports besondere Vor­sicht erheischt. Bedingungen und Erfolg der An­leihe werden aber zum großen Teil davon abhängen, wie hoch die Tranche sein wird, die Frankreich zum Zeichnen aufzulcgen gewillt ist. Von dem Erlös der eigentlichen Reparationsanleihe von 200 Millionen Dollar sollen 81.7 Prozent, d. h. 163.4 Millionen Frankreich Zufällen, und es war anzunehmen, daß Frankreich demgemäß auch an der Zeichnung sich entsprechend beteiligen wird. Hiefür sprach auch die große Flüssigkeit des französischen Kapital­markts und der Umstand, daß auf englischer und amerikanischer Seite kein allzu lebhaftes Interesse für die Reparationsbonds besteht. Namentlich die Amerikaner weigern sich, einen gleich hohen oder gar höheren Anteil, wie die Franzosen zu überneh­men; in England aber fürchtet man weitere Gold­ausgänge, wenn der französische Kapitalmarkt auch diesmal weniger belastet werden würc, als der Ncw- Yorker und der Londoner Markt. Das französische Schatzamt hat dabei eben infolge der französischen Geldflüssigkeit Hemmungen zu überwinden, da so­wohl der Umtausch von nationalen Verteidigungs­bonds, wie die Rückzahlung von ausländischen Schulden aus dem Erlös der Reparationsanleihe ihm Opfer auferlcgt. Die hohe Verzinsung der Repara­tionsbonds (inan rechnet mit 6 Prozent) durchkreuzt nämlich, falls ein bedeutender Teil der Anleihe von Frankreich übernommen werden sollte, die Konver­sionsabsichten der französischen Regierung, die in den nächsten Jahren Konversionen von fünf- und sechsprozentigen Anleihen durchführen wollte. So wird in Brüssel wohl eine interessante Auseinander­setzung zwischen Frankreich und seinen Verbünde­ten, um die Höhe der von Frakreich zu überneh­menden Tranche stattfinden. Diese Auseinander­setzung geht aber auch uns an, weil unsere Anleihe bekanntlich erst nach der Reparationsanleihe wird emittiert werden können, und wohl auch ihre Be­dingungen sich nach denen der Reparationsanleihe richten werden. Deshalb haben wir allen Grund, die Verhandlungen in Brüssel mit Aufmerksamkeit zu verfolgen. Masaryk und die Sudctcndcutschen. Es wird in der tschechischen Presse immer wieder behauptet, die Deutschen in der Tschecho­slowakei wären mit dem Regime überaus zufrieden, weil in diesem Staat die Nationalitätenfrage oder eigentlich die Minoritätenfrage in vorbildlicher Weise gelöst worden sei. Daran wird dann der Vorwurf geknüpft, bloß die Ungarn, dieses „unruhige Ele­ment“, wären immer unzufrieden, weil sie die Ge­müter nicht zur Ruhe kommen lassen wollen. Wie wenig zutreffend all diese Behauptungen sind, und daß just das Gegenteil der Wahrheit entspricht, be­weist eine Rede am besten, die der Abgeordnete Dr. Ernst Schollik, ein Deutscher, im Prager Parlament hielt und worin er mit ehrlicher Offenheit die tat­sächlichen Zustände erörterte. Dieser Rede, die uns heute in einem Separatabdruck übermittelt wird, entnehmen wir die folgenden kennzeichnenden Stellen: ' -Ich erwähne nur jene Gesetze, die das Sudeten-: deutsche Volk am schwersten trafen und uns sowohl in ideeller Hinsicht, als auch in wirtschaftlicher Beziehung unersetzbaren Schaden zufügten: Auf politischem Gebiete: die auf undcmokratischc Weise entstandenen Verfassungs­gesetze, die letzten Endes die Quelle alles folgenden Un­rechtes gegen das sudetendeutsche Volk wurden, die bereits behandelten Sprachengesetze, die Beamtenfrage, die eine Vertreibung tausender deutscher Beamten, und zwar lediglich ihrer Volkszugehörigkeit wegen, von ihrem Ar­beitsplätze war; auf kulturellem Gebiete die Schulgesetze vom 3. April 1919 und 9. April 1920, das Univcrsitätsgesetz vom 19. Februar 1920, wie überhaupt der fiir ein Kultur­volk beschämende Kampf gegen unsere Schulen und kul­turellen Einrichtungen; auf wirtschaftlichem Gebiete nach Übernahme der Aktiven des alten Österreich, die Nicht­übernahme der Passiven, vor allem der Kriegsanleihe mit ihren schrecklichen Folgen für das gesamte deutsche Wirtschaftsleben, die Nichtanerkennung der Vorkriegs­renten, die nach Prof. Radi nur aus nationalistischen Gründen durchgeführte Bodenreform, die uns um mehr als ein Drittel unseres Ileimatbodens und ein Heer von Beamten und Arbeitern um ihren gesicherten Arbeitsplatz und uni ihre Existenz brachte, die Wälderverstaatlichung, die gewaltsam und fast ohne Entschädigung deutsches Eigentum in fremdnationalc Hände, beziehungsweise in staatlichen Besitz überführt, die Verstaatlichung der Privat­­bahnen und anderes mehr. Aus diesen wenigen Aus­sprüchen und Handlungen Mäsaryks, die noch in unend­licher Reihe vermehrt werden könnten, geht wohl zur Genüge hervor, daß Masaryk als Staatspräsident nicht die Kraft hatte oder den Mut besaß, sich auf das deutsch­tschechische Problem, dessen Bedeutung für den Staat und seinen Bestand er immer anerkannt hat, praktisch einzu­stellen und dem tschechischen Volke die Augen zu öffnen, da es von der einzig möglichen und richtigen Basis seines Staates und seines Verhältnisses zu den deutschen Mit­bürgern weit abgewichen war. Und das sind auch die Gründe, warum wir Sudelen­deutschen in den Jubel anläßlich des achtzigsten Geburts­tages des Staatspräsidenten Masaryk nicht mit einstimmen können, wenn wir nicht unsere nationale Würde als Volk ganz auf das Spiel setzen wollen... Nach allem, was vor­gefallen ist, müssen wir feststellen, daß auch Masaryk unsererseits kein Vertrauen • genießt und beanspruchen kann. Masaryk ist nicht allein Mensch und Politiker, er äst auch zugleich in seiner Eigenschaft als Präsident der tschechoslowakischen Republik der erste Staatsmann dieses Staates, und das zwingt uns, seine Tätigkeit gerade auch nach dieser Seite bin einer kritischen Betrachtung und kurzen Untersuchung zu unterziehen. Und hier müssen wir leider mit Bedauern fcststellen, daß Masaryk als Staatsmann das schuldig geblieben ist, was er als Mensch und Politiker versprochen hatte, was man nach seiner Vergangenheit, nach seinen Worten und Schriften von ihm erwarten konnte, ja geradezu von ihm erwarten mußte. Wohl haben es .gefügige deutsch geschriebene Regie­rungszeitungen und willfährige Lobredner im deutschen Lager verstanden, der ehemaligen deutschen Bevölkerung einzureden und dem Auslande vorzutäuschen, daß Masaryk auch heute noch an seiner grundsätzlichen Auffassung über die sudetendeutsche Frage, über die Stellung des .sudetendeutschen Volkes auf diesem historischen Boden, die er selbst so oft in seinen Werken und Schriften in der Vorkriegszeit behandelt hat, fesfhalte und aufrichtig be­strebt sei, die von ihm seit jeher als richtig erkannte Lösung herbeizuführen; doch klafft zwischen seinen Worten als Politiker und seinen Taten als Staatsmann und Staatspräsident gerade in dieser Frage ein scharfer Wider­spruch. Der Redner weist dann nach, daß Masaryk anders sprach als er jetzt handelt und handeln läßt, und führt dann die Gravamina der deutschen Bevöl­kerung an: _ Konsumcntcnrat und Preis­maximierung in England. Nach einer Londoner Meldung hat die englische Regierung gestern die Gesetzesvorlage über die Er­richtung eines Konsumentenrats publiziert, die der Handelsminister Graham heute im Unterhause be­gründen wird. Der Rat soll aus vier Mitgliedern be­stehen, zumindest zwei davon müssen Frauen sein. In die Kompetenz des Rates fallen Lebensmittel, Kleider, Brennstoffe und sämtliche sonstigen Ver­brauchsartikel. Der Rat wird befugt sein, zwecks Aufklärungen jedermann vorzuladen, unter Eid zu vernehmen, die Geschäftsbücher, die Korrespondenz und die Schlußrechnungen des Betreffenden zu prüfen. Zur Sicherung der Wahrung des Geschäfts­geheimnisses sieht der Entwurf vor, daß wer die im Laufe der Untersuchung erfahrenen Daten verrät, mit Gefängnisstrafen bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafen bis zu 100 Pfund belegt werden kann. Wenn der Rat finden sollte, daß für eine bestimmte Ware ein zu hoher Preis verlangt wird, so kann er hierüber seine Meinung abgeben und dem Handels­­minister die Feststsetzung eines billigeren Preises empfehlen. Das Handelsministerium ermahnt hier­auf Oie betreffenden Kaufleute und gibt ihnen an, was für einen Höchstpreis sie berechnen dürfen. Bleibt die Ermahnung ergebnislos, so kann der Han­­delsmmister im Verordnungswege die Höchstpreise festselzen, deren Überschreitung im Erstfalle mit einer Geldstrafe bis zu 5 Pfund, im Wiederholungs­fälle bis zu 10 Pfund und mit einer Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten belegt werden kann. Soweit der Entwurf. In englischen politischen Kreisen rechnet man mit einem heftigen Widerstand der Konservativen gegen die Vorlage und sieht große parlamentarische Kämpfe voraus. Die Liberale Partei Freitag, 2. Mai 1930

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