Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1930. december (77. évfolyam, 275-297. szám)

1930-12-02 / 275. szám

Einzeinummer an Wochentagen le, an Sonntagen 32 Heller. Abonnement: Für Budapest: mit täglich zweimalig« Zustellung und für das Inland Morgen* und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Morgenblatt allein vierteljährlich 11 P, monatlich 4 P. Auoti auf das' Abend­blatt allein kann unter den gleichen Bezugs­bedingungen abonniert werden. Für die sepa­rate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Pengó zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Goldschmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich: Für Oesterreioh und Polen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő, Abonnements werden auch bei sämtliohen ausländischen Post­ämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt Telephon der Redaktion: 848-20.FESTER LLOYD MORGENBLATT B Iraeratenaufiiahme: ln Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. Blockner, i. Blau, Boros, „Globus“, Győri & Nagy, Haasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető-iroda, Rudolf Moose A.-G., Josef Sohwarz, Julius Tenzer. Generalvertretung des Pester Llovd für Oesterreich: M. Oukes Naohf. A.-Ó., Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller, Abendblatt 10 Heller. — Für Oesterreioh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Redaktion u. Adm.: V., Mária Valőria-ücca 12. Telephon der Administration: 849-09 77, Jahrgang. Budapest, Dienstag, 2. Dezember 1930. Nr. 275 Die entschleierte Abrüstungskomödie. Budapest, 1. Dezember. (Dr. E.) Der vorbereitende Abrüstungsausschuß ist mit seinem Latein zu Ende. Seine Aufgabe war, den Boden für die allgemeine Abrüstungskonferenz zu ebnen und dieser einen Entwurf vorzulegen, der die geeignete Unterlage für eine sämtliche Staaten gleichmäßig verpflichtende Abrüstung bietet. Jahrein, jahraus bewegten sich die Genfer Beratungen im gleichen Fahrwasser, es waren stets die nämlichen Probleme, um die man herumschlich, die nämlichen Gegensätze, die, versteckt oder offen, einander be­fehdeten. Die bestimmenden Militärmächte ver­rammelten immer wieder durch ihre taktischen Künste, oder gegebenenfalls auch durch ihr offenes Veto alle Wege, die zu einer effektiven und gleich­mäßigen Abrüstung führen sollten. Endlos aber konnte dieses Spiel nun doch nicht getrieben werden, und von unten, von der Weltmeinung her machte sich ein starker Druck geltend, die Sache der all­gemeinen Abrüstung endlich einmal mit allem Ernst anzufassen. So lautete denn das Programm diesmal, die vorbereitende Arbeit unter allen Umständen zum Abschluß zu bringen und über den Entwurf eines Abrüstungsabkommens einig zu werden. Das meri­­torische Werk ist aber auch diesmal um keine Nuance vorwärtsgekommen; die alten Gegensätze traten sogar schärfer als jemals vorher in Erschei­nung. Aber man redigiert nach mißglückter Arbeit nichtsdestoweniger den geplanten Konventionsent­wurf, auf die Gefahr hin, daß Deutschland, Rußland, vielleicht auch Italien die Unterzeichnung verweigern oder nur mit Vorbehalt vollziehen werden. Dem Um­fange nach wird dieses Dokument ganz gewiß einen Torso, dem Inhalt nach die Karikatur einer Ab­rüstungskonvention darstellen. Welche Motive sind es, die jene Mächte, die nie mit dem Herzen bei der Sache waren, deren strotzene, sich stetig ausbreitende Rüstungen selbst die zaghafteste psychische Vorbedingung für eine baldige Realisierung der Abrüstungsidee vermissen ließen, ermutigt haben, den durch die früheren Er­fahrungen bis zum Überdruß angeödeten Völkern stets wieder dieselbe Komödie vorzuspielen? Zweifel­los war es eine Art moralischer Zwang, der sie be­wogen hat, eine Lösung dieses verzwickten Problems doch zumindest der Form nach zu versuchen. Die Siegerstaaten haben in den Friedensverträgen das feierliche Versprechen gegeben, der zwangsmäßigen Abrüstung der besiegten Völker auch die spontane Beschränkung ihrer eigenen Rüstungen folgen zu lassen, und in die Völkerbundsatzung wurde dieses Versprechen in bindender Form eingefügt. Artikel 8 der Völkerbundstatuten ist der Frage der Rüstungs­beschränkung gewidmet, und es wird hier in einer jede Mißdeutung ausschließenden Weise erklärt, daß „die Aufrechterhaltung des Friedens eine Herab­setzung der nationalen Rüstungen auf das Mindest­maß erfordert, das mit der nationalen Sicherheit und mit der Erzwingung internationaler Verpflich­tungen durch gemeinschaftliches Vorgehen vereinbar ist“. Die Arbeiten des vorbereitenden Abrüstungs­ausschusses zeigten jedoch immer deutlicher, daß an die Erfüllung dieser Bedingung, der einzigen, die in den Friedensverträgen zugunsten der besiegten Staa­ten spricht, niemals ernstlich gedacht worden ist, und daß in dieser Hinsicht zwischen den Verheißun­gen einer politischen Ideologie und den machtpoliti­schen Realitäten ein kaum zu überbrückender Ge­gensatz besteht. Die Beratungen des Vorbereitungs­ausschusses rührten sich nicht vom Fleck, und die Vereinbarung, die nun paraphiert werden soll, trägt alle Merkmale einer Verlegenheitsschöpfung an sich. Wenn der englische Hauptdelegierte Lord Cecil nun in einem der Weltpresse übermittelten Artikel die angeblichen Erfolge des vorbereitenden Ab­rüstungsausschusses zu summieren sucht, so dringt dabei nur zu deutlich die Tendenz hervor, die tat­sächlichen Mißerfolge zu verschleiern. Das wenige,­­das der englische Vertreter als Erfolg buchen zu dürfen meint: die geplante internationale Kontrolle der Rüstungen auf budgetärem Wege und die Er­richtung einer permanenten Abrüstungskommission, bedeutet in Wirklichkeit den bisherigen Zuständen gegenüber keinen wie immer gearteten Fortschritt. Und es erfüllt den unparteiischen Beobachter mit Wehmut, den Namen Lord Cecils, dieses einst so eifrigen Abrüstungspolitikers, gerade in diesem Zu­sammenhänge erwähnt zu finden. Man setzte auf die Rolle Englands bei den diesmaligen Genfer Auseinan­dersetzungen gewisse Hoffnungen, die nach den wiederholtén kategorischen Erklärungen Hender­sons, der die Beteiligung Englands an künftigen internationalen Abkommen von der Lösung der Ab­­rüstungsfrage abhängig machte, keineswegs als un­berechtigt erscheinen konnten. Indes betrachtet England das Abrüstungsproblem in der Hauptsache von der maritimen Seite aus. Es scheint vor allem daran interessiert, die Bestimmungen des Londoner Flottenahkommens durch gewisse Garantien auch von seiten der führenden Militärmächte und durch das Zustandekommen einer Flottenverständigung zwischen Frankreich und Italien zu ergänzen. Auf keinen Fall ging das Interesse Englands für das kontinentale Abrüstungsprofolem so weit, um es auf ein Biegen oder Brechen mit Frankreich ankommen zu lassen. In Anbetracht der seit den Tagen von Ver­sailles konsequent verfolgten französischen Politik, die unablässig auf die Wahrung der Sicherheit durch Rüstungsmethoden bedacht war, wäre es wohl im Falle eines englischen Ausharrens auf dem ur­sprünglichen Hendersonsohen Standpunkte eher zum Brechen gekommen. Nun ist die englische Arfoeiterregierung gewiß unabhängiger von den je­weiligen Strömungen der französischen Politik, als ihre Vorgängerin es war, doch hütet auch sie sich immerhin, durch eine entscheidende Stellungnahme in kontinentalen Problemen zu ihren ohnehin in Übermaß bestehenden inner- und außenpolitischen Schwierigkeiten noch neue hinzuzufügen. So liegt denn die Taktik des Verzichtes, die von England jüngstens in Genf befolgt wurde, dem Wesen nach in derselben Linie, die die englische Außenpolitik seit der Friedenskonferenz Frankreich gegenüber bereits in den verschiedensten Situationen — in der kleinasiatischen, mitteleuropäischen, in der Repara­tions-, Ruhr- und Rheinbesetzungsfrage — immer wieder eingehalten hat. In seinem erwähnten Artikel bezeichnet Lord Cecil die Ergebnisse der vorbereitenden Abrüstungs­verhandlungen als einen bloßen Anfang. Es läßt sich allerdings schwer vorstellen, wie nach einem solchen Anfang eine Fortsetzung folgen soll. Man hat vielmehr den Eindruck, als wenn an Stelle der Mächte einzig der Abrüstungsausschuß abgerüstet hätte. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht der Gegen­satz, der sich zwischen dem deutschen Delegierten Grafen Bernstorff und Lord Cecil in der Schluß­debatte entwickelt hat. Der Vertreter Deutschlands hielt bis zuletzt an den von ihm von allem Anfang her verkündeten Forderungen fest, die für eine reale Abrüstung unerläßlich erscheinen, — an der Ein­rechnung der ausgebildeten Reserven, an einer un­mittelbaren Kontrolle anstatt der geplanten bugetä­­ren Kontrolle des Kriegsmaterials, an einer Beschrän­kung der einzelnen Rüstungskategorien und einer energischen Kampfansage gegen den chemischen Krieg. Das alles waren Bedingungen, die nicht in den Kram der Rüstungsmächte paßten und von der über­wiegenden Mehrheit der Ausschußmitglieder in Bausch und Bogen abgelehnt worden sind. Lord Cecil warf dem deutschen Delegierten vor, als dieser bis zuletzt auf seinen Forderungen beharrte, er er­schwere ihm seine vermittelnde Aufgabe, anstatt ihn in dieser zu unterstützen. Diese Äußerung ist für die Atmosphäre, die in Genf zuletzt geherrscht hat, in hohem Maße charakteristisch. Remarques neuer Roman. Freitag beginnen wir mit der Veröffentlichung des neuen Romans: Der Weg zuriieh von Erich Maria Remarque. Es ist überflüssig, die besondere Aufmerksam­keit unseres Leserkreises auf diesen Roman zu len­ken, denn der Name des Dichters ist die beste, die glänzendste Empfehlung für sein neues Werk. Nach dem beispiellosen Erfolg des Romans: Im Westen nichts Neues erwartete Deutschland und, man darf ohne jede Über­treibung sagen, die ganze Welt, die in Aussicht ge­stellte Fortsetzung des im besten Sinne des Wortes sensationellen Buches. Wies doch der Kriegsroman Remarques in Deutschland eine Auflage von mehr als einer Million Exemplaren auf, und auch im Aus­land — das Werk wurde in zweiundzwanzig Sprachen übersetzt — war die Verbreitung des Buches eine geradezu beispiellose. Der harte Na­turalismus Remarques wurde überall, auch in den prüdesten Staaten, als selbstverständlich hingenom­men, denn nur eine treue, wenn auch grausam ehr­liche Wiedergabe der Ereignisse auf den Kriegs­schauplätzen entsprach dem Ernst des Dichters und der Tragik des Geschehens. Auch der neue Roman Remarques: Der Weg zurück ist keine Lektüre für zimperliche Leser, aber dieses neue Meisterwerk des berühmten Autors, das den heimkehrenden Soldaten gewidmet ist, wird durch seine realistischen, nicht nur die Außenseite auf­zeigenden, sondern auch das Seelenleben der oft um ihr Heim gebrachten, ihrer Existenz beraubten Sol­daten enthüllenden Schilderungen jeden Denkenden und Fühlenden bis ins Innerste erschüttern. Feuilleton« Ahasvern. Eine Geschichte aus Neu-Paiästina. Von MATHES NITSCH. Mit rasselndem Atem und glühenden Flanken sauste der Zug durch die Nacht. Auf der Holzbank des einen Abteils saßen drei junge Menschen und plauderten. Vor einer Stunde einander noch fremd, hatte sich nach dem kurzen Aufenthalt im beweglichen Quartier jeder das Ver­trauen der anderen erworben, so daß in ihr Gespräch bisweilen auch eine Episode aus dem eigenen Da­seinskampf eingeflochten und schließlich der ganze Kampf in bunten Bildern entrollt wurde. Bereitwillig sprachen die beiden ersten. Etwas zögernd ließ sich der Dritte zur breiteren Schilderung herbei. Er saß in seinen langen Leder­mantel gehüllt beim Fenster. Obwohl sein schönes, wie aus einem orientalischen Fabelbuche geschnitte­nes Gesicht auch die Spuren eines harten Ringens ums Dasein aufwies, schwebte um seine Lippen eher ein melancholischer Zug, der durch den versonnenen Blick noch vertieft wurde und ins Frauenhafte schlug. In der fließenden Rede klang seine Stimme liedhaft einschmeichelnd, beinahe zu weich für die geschilderten Begebenheiten .. . „Sie beide sind glücklich. Fast sollte ich Sie be­neiden. Werden Sie doch nach vielen Widerwärtig­keiten in der Fremde nun bald die Heimat sehen und Ihre Lieben in die Arme schließen. Wenn ich von mir reden soll, kann ich es nicht ohne die bittere Vorbemerkung tun, daß mir ein ähnlicher Augen­blick nicht mehr winkt: ich bin endgültig heimat­los geworden. Damit Sie mich recht verstehen, muß ich Sie mit dem Schicksal einer ganzen Familie be­kannt machen. Sehen Sie: Mendel Mach, ein frommer mosko­­witischer Jude, hatte schon vier erwachsene Söhne und eine Tochter von sechzehn Jahren, als ihn die Sowjetzaren zum Verlassen ihres gottlos gewordenen Reiches zwangen. Der alte Mann trug gleich vielen Glaubensbrüdern sein Los mit Würde. Er murrte nicht und haderte mit keinem Menschen, sondern wandte bloß das Antlitz nach Osten und sprach: „Haus Jakobs, laßt uns aufbrechen!“ Palästina, das uralte Land der Verheißung, hielt wieder lockend sein Schild empor, dem die Zionisti­sche Gesellschaft einen neuen Glanz verliehen hatte. Da steckten sich Vater Mendel und seine Kinder das blauweiße Farbenband ins Knopfloch und zogen in die Ferne. Für den Alten hielt das Land wirklich die Ver­heißung, noch mehr, die Erfüllung bereit: nachdem er eine Frist in der ersehnten Umgebung der köst­lichen Heiligtümer Talmudstudien getrieben und sich frommen Übungen hingegeben hatte, sank er, eine reife Garbe bereits, zurück in die vom Zauber dec Jahrtausende umsponnene Erde. Anders die Kinder. Ihre empfänglichen Seelen waren von den Lehren der russischen Kirchen- und Tempelstürmer nicht unberührt geblieben. Und wenn sie selbst gegen den Brauch der Väter auch keinen Krieg begannen, so achteten sie ihn doch als etwas Äußerliches und betraten die Fluren Zions nicht, wie es ihre Vorfahren nach der ägyptischen Gefangenschaft, ja selbst ihr Vater noch vor kurzem getan, im kindhaften Glauben an die Wunder der göttlichen Offenbarungen, sondern erfüllt vom Er­oberungsdrange der modernen Pioniere. Daß ihnen der Anfang leicht geworden wäre, kann ich wohl nicht behaupten. Er war sogar leid­haft hart. Denn, meine Herren, auch im gelobten Lande strömen Milch und Honig längst nicht mehr dickflüssig über den Muttergrund hin, sondern nehmen ihren Weg einzig und allein durch die Blutgefäße arbeitsgestählter Leiber. Haben sich doch

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