Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1936. július (83. évfolyam, 148-174. szám)
1936-07-01 / 148. szám
■Mittwoch',*!. Juli 1§36 selbst, die nach langer Abwesenheit im Ausland, namentlich wenn sie eine Familie begründet haben, nach Hause zurüokkehren, nachdem sie sich oft in bezug auf Bildung, Geistesart und Lebensgewohnheiten ihren Landsleuten entfremdet haben. Es gibt Fälle, in denen sie, namentlich ihre Kinder, die Muttersprache schon mehr oder weniger vergessen oder aber nicht erlernt haben: so entsteht für sie ein besonders hohes Risiko der Arbeitslosigkeit auch in der Heimat. Aber selbst wenn sie Arbeit erhalten, bilden sie oft ein unzufriedenes Element, das zu politischer und sozialer Unrast neigt oder der Vagabondage oder der Kriminalität zum Opfer fällt. Die rücksichtslose Aufbürdung der Sorge für die Unterbringung, bzw. die Unterhaltungskosten von vielen Tausenden von Rückwanderern auf die wirtschaftlich schwächeren Auswanderungsländer zur Zeit einer allgemeinen Krise entspricht keineswegs der internationalen Gerechtigkeit. Die finanzielle und wirtschaftliche. Schwächung dieser ärmeren Staaten zieht eine weitere Zerrüttung der Weltwirtschaft nach sich, ein Umstand, der noch wenig beachtet wurde. Endlich ruft die einseitige Ausnützung der Machtverhältnisse schwere psychologische Störunrungen und Spannungen im Völkerleben hervor. (Ein weiterer Artikel folgt.) • 3 • _ _________________PESTER LLOYD Haile Selassie durch italienische Journalisten ansgepfäfien. Skandal in Genf. — Schuschnigg fährt nicht zur Völkerbundversammlung. — Französisch-belgische Beratungen in der Locarnofrage. Die Sitzung der Völkerbundversammlung. -" ■ i Genf, 30. Juni. (Inf.) Wenige Minuten nach 17 Uhr begann die öffentliche Sitzung der Völkerbundversammlung. Der englische Außenminister Eden, in seiner Eigenschaft äls. Ratspräsiident und Vizepräsident der Vollversammlung, hielt eine kurze Eröffnungsansprache, in deren Verlauf er zunächst das Rücktrittsschreiben des ursprünglichen Präsidenten der XVI. Tagung der Völkertbúndversammlung, Dr. Benes, verlas. Eden sprach Dr. Benes im Namen der Völkerbundversammlung seinen Dank für seine bisherige Tätigkeit aus. Sodann wurde ein Telegramm an Dr. Benes gesandt, das die Versammlung mit etwas dünnem Beifall aufnathm. Es folgte der Bericht des Ausschusses zur Prüfung der Vollmachten der Delegationen. Der Bericht bezog sich nur auf die Feststellung der Zusammensetzung der Delegationen, wobei der Präsident des Ausschusses betonte, daß dieser lediglich die formelle Gültigkeit der Vollmachten geprüft und keine anderen Fragen aufgeworfen habe, wofür der Ausschuß auch nicht zuständig sei. Dann wurde zur Wahl des neuen Präsidenten der Völkerbundversammlung geschritten, wobei der griechische Delegierte Polilis und der uruguayische Delegierte Guani als Wahlprüfer fungierten. Nachdem alle Delegationen aufgerufen worden waren und ihre Stimme abgegeben hatten, wurde folgendes Ergebnis festgestellt: Abgegebene Stimmen 51, ungültig 1, absolute Mehrheit 26. Für den belgischen Ministerpräsidenten Van Zeeland wurden 47 Stimmen abgegeben. Ratspräsident Eden erklärte damit den belgischen Ministerpräsidenten für gewählt und beglückwünschte sowohl ihn, wie die Versammlung zu dieser Wahl, um darauf seine Präsidentschaft abzutreten. Dgr.neue Präsident Van Zeeland dankte in einer kurzen Ansprache für die seinem Lande erwiesene Ehre. Derartige Ehren würden immer schwerer, je ernster die internationale Lage aussehe. Der Völkerbund stehe an einem Wendepunkt. Das sei schon oft gesagt worden, aber wohl nie so ernstlich wie heute. Von dem, was in die eine oder die andere Waagschale gelegt werde, könne die Zukunft abhängen. Dennoch habe er keinen schlechten Eindruck vön dem ehrlichen Willen der Mitgliedstaaten des Völkerbundes, der großen Schwierigkeiten Herr zu werden und den Frieden auf eine sichere Grundlage aufzubauen. Wenn diese Bemühungen Erfolg haben werden, so müsse eine weitgehende Beruhigung eintreten. Man müsse nur mit Ausdauer Weiterarbeiten, ohne sich durch Skeptizismus irremachen zu lassen. Er als Präsident werde mit seinen schwachen Kräften an diesem Ziele mit wir ken, im übrigen aber sich bemühen, die Tradition des vorigen Präsidenten Benes fortzusetzen. Nach dieser Rede, die mit großem Beifall aufgenommen wurde, erklärte Var! Zeeland noch kurz, daß die Tätigkeit des Völkerbundes im Zusammenhang mit dem i talien isch-abessinischen Streitfall durch einen Auszug aus dem Bericht des Generalsekretärs an die Versammlung geschildert worden sei. Andererseits sei auf die Initiative Argentiniens hin die heutige Sitzung einberufen worden. Deshalb wolle er zunächst den Delegierten Argentiniens das Wort erteilen und dann die anderen Delegierten zu Worte kommen lassen. Sodann wurde die italienische Denkschrift vom Präsidenten Van Zeeland verlesen. Die Denkschrift ist von dem italienischen Außenminister Grafen Ciano unterschrieben und trägt das Datum des 29. Juni 1936. Darin erinnert die italienische Regierung unter Bezugnahme auf ihre früheren Mitteilungen daran, daß ihre Haltung dem Völkerbund gegenüber trotz aller erstmalig von den Mitgliedstaaten des Völkerbundes gegen Italien ergriffenen Maßnahmen ...—— - fe *! -- - * •• -• • • .....* -• durch den guten Willen gekennzeichnet worden seien. In diesem Zusammenhang werden, angeführt der Laval-Hoare-Plan vom 1. Dezember 1935, der Appell des 13er Ausschusses vom 3. März 1936 und die Besprechungen mit dem 13er Ausschuß vom 15. und. 16. April 1936, die samt und sonders infolge der abessinischen Weigerung gescheitert seien. Schließlich wird erwähnt, daß auch noch in Aden und Dschibuti vertrauliche Fühlungnahmen zwischen den beiden Streitgegnern stattgefunden hätten. Nach der letzten abessinischen Weigerung, sei der Negus ins Ausland geflüchtet, weil er von einer Revolte seines eigenen Volkes bedroht worden war. Noch vor der Einnahme Addis Abebas durch italienische Truppen habe die abessinische Regierung zu bestehen aufgehört. Demnach habe Italien die Pflicht gehabt, eine neue Ordnung zu schaffen. Die abessinischen Stämme verlangten einen humaneren Lebensstandard und hätten dies bewiesen, indem sie sich gegen das Regime des Negus aufgelehnt und die Italiener als Befreier begrüßt hätten. Alle zivilen und kirchlichen Führer hätten sich unterworfen,. Die. Italiener betrachten dieses Unternehmen als eine heilige Aufgabe der Zivilisation, bei der sie sich nach den Grundsätzen des Völkerbundstatut« und anderer internationaler Urkunden richten wollen, in denen die Aufgaben der zivilisierten Mächte niedergelegt seien. In Abessinien sei durch die Italiener die Glaubensfreiheit hergestellt und die Sklaverei imd die Zwangsarbeit abgeschalft worden. Italien sei bereit, den Grundsatz anzuerkennen, daß die Eingeborenen keinen Militärdienst zu leisten brauchen, es sei denn für die Zwecke der Polizei und der Verteidigung des Gebietes. Italien werde es sich zur Ehre anrechnen, den Völkerbund über die in seiner zivilisatiorischen Arbeit erzielten Fortschritte in Abessinien Bericht zu erstatten. Im übrigen sei Italien bereit, erneut tatsächliche Mitarbeit im Völkerbunde zu leisten. Es sei der allgemein anerkannten Überzeugung, daß der Völkerbund einer Reform bedürfe, und Italien sei bereit, an der Reform mitzuarbeiten. (Positive Vorschläge werden allerdings in der Note nicht gemacht.) Zum Schluß der Note wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Hindernisse zu beseitigen, die die internationale Zusammenarbeit bisher erschwert haben. Der Denkschrift sind verschiedene Anhänge beigefügt, so die Erklärung eines Mitgliedes des englischen Sanitätsdienstes in Abessinien, verschiedene Listen der unterworfenen Notablen, ein Gesetz usw. Nach der Verlesung der italienischen Denkschrift erhielt der argentinische Vertreter Cantilo das Wort. Im wesentlichen betonte er, daß es für Argentinien eine Pflicht sei, die Grundsätze bekanntzugeben und zu unterstützen, die in Amerika so alt seien, daß man sagen könne, sie bestünden seit der Geburt der südamerikanischen Republiken. Der Grundsatz iec Achtung vor der gebietsmäßigen Unversehrtheit sei von allen amerikanischen Kongressen (vom Jahre 1826. 1856, 1862, 1867, 1889 usw.) bekräftigt worden. Desgleichen der Gedanke der Schiedsgerichtsbarkeit. Wenn Argentinien im Jahre 1865 die Waffen habe ergreifen müssen, um mit seinen Verbündeten einen Krieg zu bestehen, den es nicht provoziert habe, so habe es am Ende des Krieges mit dem Besiegten über einen Vertrag verhandelt, durch den ein Teil des strittigen Gebietes der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen wurde, während der Rest durch direkte Einigung geregelt worden sei. Das Schiedsgerichtsverfahren habe im Jahre 1902 die Gebietsstreitigkeiten mit Chile beendigt. Dieselbe Haltung sei am 30. Juni 1932 auf der Washingtoner Tagung anläßlich des Chaco- Streitfalls zu verzeichnen gewesen. Diese Initiative sei am 3. Oktober 1932 zu einer geschichtlichen Erklärung geworden und von 19 amerikanischen Nationen ratifiziert worden, in der abermals bekräftigt worden sei, daß keine gebietsmäßigen Abmachungen anerkannt werden dürfen, die nicht durch friedliche Mittel erzielt worden seien. Nunmehr stehe man vor einer Situation, die nur dadurch gelöst werden könne, daß der Völkerbundgedanke grundsätzlich bekräftigt würde. Argentinien handle allerdings nicht ausschließlich im Interesse der Wahrung der juristischen Tradition, sondern auch aus Besorgnis um die Zukunft des Völkerbundes. Man dürfe nicht vergessen, daß der Völkerbund nicht auf Gewalt, sondern auf Prinzipien beruhe, in denen die amerikanische Auffassung sich nicht mit der Art und Weise der Anwendung durch den Völkerbund in Einklang bringen lassen könnte. Das heißt, wenn man nicht zur praktischen Anwendung des Grundsatzes der Gerechtigkeit kommen hönne, so werde sich Argentinien gezwungen sehen, über die Zweckmäßigkeit seiner weiteren Mitarbeit nachzudenken. Deshalb habe Argentinien geglaubt, daß die Einberufung der Versammlung eine beschleunigte Klärung der in der Schwebe befindlichen Fragen herbeiführen würde. Hierauf wurde von dem Präsidenten Van Zeeland Haile Selassie das Wort erteilt. Ruhig und würdevoll bestieg Haile Selassie die Rednertribüne. In dem Augenblick aber, als er seine ersten Worte in amharischer Sprache an die Versammlung richtete, ertönten von der Bank der Pressetribüne, wo die italienischen Journalisten Platz genommen hatten, laute Protestrufe und Pfiffe. In der großen Aufregung, die dadurch hervorgerufen wurde, eilten die im Saale anwesenden Detektive herbei und führten, unterstützt durch Polizeibeamte, die italienischen Journalisten aus dem Saal. Die italienischen Journalisten wurden verhaftet und zum Polizeiposten gebracht. Im Sitzungssaale herrschte große Entrüstung. Nach diesem Zwischenfall begann Haile Selassie mit der Verlesung seiner Rede. Nach der Verhaftung der italienischen Journalisten begab sich noch während der Rede Halle Selassies Bundesrat Motta aus dem Saal, um sich mit dem Genfer Generalstaatsanwalt und mit einem augenblicklich in der Angelegenheit der politischen Mystifikationen in Genf anwesenden Vertreter der Bundesanwaltschaft zu beraten. Er setzte sich sodann direkt mit der Bundesanwaltschaft in Bern telephonisch in Verbindung. Bei den verhafteten italienischen Journalisten handelt es sich um alle bei der Sitzung anwesenden Pressevertreter Italiens, mit Ausnahme des Vertreters des Popolo d’ltalia, der sich zufällig in einer Telephonzelle befand und infolgedessen an den Kundgebungen nicht teilnahm. Außerdem wurde in der Aufregung auch ein spanischer Journalist verhaftet, der gegen die italienischen Journalisten demonstriert hatte, und schließlich wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Bei verschiedenen verhafteten italienischen Journalisten wurden Trillerpfeifen gefunden. Nach Mitteilungen seitens der Genfer Polizei dürfte der Zwischenfall für die verhafteten Journalisten, über deren weiteres Schicksal noch nichts Bestimmtes bekannt ist, die Ausweisung aus der Schweiz, sowie von seiten des Völkerhundsekretariats die Entziehung der Pressekarte zur Folge haben. Die Rede des Negus. In seiner Rede ging Haile Selassié, der immer darauf hingewiesen hatte, daß zum erstenmal ein gekröntes Haupt vor der Versammlung spricht, daß man sich aber auch zum erstenmal in einer derartigen Lage befindet, auf die den Feindseligkeiten vorausgegangene Entwicklung ein. Er erklärte, daß die militärischen Vorbereitungen von italienischer Seite schon vor dem Zwischenfall von Ualual begonnen hätten, und daß in der Folge Italien alles daran ge-, setzt habe, um die friedliche Beilegung der Feindseligkeiten zum Scheitern zu bringen. Demgegenüber sei von abessinischer Seite die größte Nachgiebigkeit an den Tag gelegt worden, wie dies aus dem Bericht des 13er Ausschusses hervorgehe. — Mir wurde der Krieg — rief Haile Selassié aus — gegen meinen Willen aufgezwungen. Dasselbe Schicksal kann alle schwachen Staaten treffen, die dem Machthunger der Größen ausgesetzt sind. Die Kriegsvorbereitungen seien von Abessinien viel zu spät getroffen worden, da man in die Wirk-i samkeit der Völkerbundgaran.tien vertraut habe. Die einstimmige Verurteilung des italienischen Angriffs in Genf habe die abessinische Regierung zu der Hoffnung berechtigt, daß die ganze Welt sich gegen den Angriff auf Abessinien erheben werde. Daher habe er, Haile Selassié, auch alle Friedens-) Vorschläge, die mit dem Völkerbundpakt unvereinbar waren, zurückgewiesen. Leider habe sich das in den Völkerbundpakt gesetzte Vertrauen als unberechtigt erwiesen. Wichtige Völkerbundmitglieder hätten den Beschluß gefaßt, die Sanktionen gegen