Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1936. július (83. évfolyam, 148-174. szám)

1936-07-24 / 168. szám

Freitag, 24. Juli 1936 Volkswirtschaft. Das neue Weizenverwertungssystem und die Landwirtschaft. Vom kön. ung. Oberökonomierat Franz E-leK. Die Interessen der Gemeinschaft sind mit den Interessen des Einzelnen nicht immer identisch. Es ist daher im allgemeinen ein Fehler, volkswirtschaft­liche Erscheinungen und Vorgänge in privatwirt­schaftlicher Betrachtungsweise beurteilen zu wollen. Es ist zwar richtig, daß der immer um sich greifende Interventionismus, die Eingriffe des Staates in die Privatwirtschaft die Grenzen dieser beiden Betrach­tungsweisen etwas verwischt hatte, solange wir aber prinzipiell auf Grund des kapitalistischen Wirt­schaftssystems stehen, darf der privatwirtschaftliche Gesichtspunkt mit elem sozialwirtschaftlichen keines­falls verwechselt werden. Selbstredend will ich da­mit nicht gesagt haben, daß die einzelnen inter­ventionistischen Gestionen der Staaten nicht auch auf ihre Auswirkungen auf die Privatwirtschaft ge­prüft werden müßten. Unsere Regierung hat es für richtig erachtet, Idas Weizentermingeschäft auf der Budapester [Waren- und Effektenbörse für das laufende Jahr -sistieren zu lassen. Wahrscheinlich war sie dazu aus Notwendigkeitsgründen gezwungen, zumal da das Funktionieren des Temiimnarktes, wie wir es im Vorjahre sehr gut sahen, mit der Konstruktion un­seres Weizenverwertungssystems nicht unvereinbar äst. Im Gegenteil, aus dem Gesichtspunkte des Land­wirtes — denn letlzten Endes handelt es sich in (diesem Falié unt die Interessen der Agrarier — wäre ein gut funktionierender Terininmarkt der integrie­rende Teil des Verwertungssystems, vorausgesetzt, daß die Minimalpreise nicht gleichzeitig auch Maxi­malpreise sein sollen. Durch das Verbot des Terminihandels ist der Landwirt vor einen Scheideweg gestellt worden. Es steht ihm frei, entweder gleich einen Verlust an der Weizenproduktion zu realisieren, einen nicht unwesentlichen Verlust, der sich aus der Differenz zwischen dem Minimalpreise und den Erzeugungs­kosten ergibt, — oder aber auf eine später ein­tretende Preissteigerung zu warten. In beiden Fäl­len ist er zur Spekulation gezwungen. Im ersten Falle konterminiert er seinen eigenen Weizen, was auch vom Gesichtspunkte der Allgemeinheit schäd­lich ist, im zweiten Falle spekuliert er ä la hausse. Es hört sich vielleicht seltsam an, doch ist cs «die pure Wahrheit, daß die Sistierung des als Pro­totyp« der Spekulation betrachteten Geschäftszwei­ges die Landwirte, eine Klasse der Produzenten, die keinesfalls spekulieren, sondern nur erzeugen sollte, zur Spekulation, zur Übernahme des Risikos zeit­licher Preisdifferenzen, sei es hinauf oder hinunter, zwingt. Wir wollen und dürfen keinesfalls ver­schweigen, daß dieses Risiko, dank den Minimal­­preisen, nach unten limitiert ist, es darf aber auch nicht übersehen werden, daß diese Miniimalpweiise weit, um mehrere Pengő, unter den Erzeugungs­kosten festgestellt sind und wir können daher die leicht erklärliche und natürliche Tendenz, sich zum zweiten Wege zu entschließen, um für sein Produkt wenigstens die Herstellungskosten zu erzielen, den Landwirten nicht übelnehmen. Diese Landwirte werden, trotz den Außen­­handelsvertragen und Minimalpreisen, mit ihrem Weizen .spekulieren, ohne die gewöhnliche, etwas übelriechende Nebenbedeutung des Wortes, — so­lange sie die leiseste Hoffnung hegen können, daß sie das Weizenerzeugungsikonto, wenn auch nicht mit Gewinn, doch wenigstens glatt abschließen kön­nen. Es hängt ausschließlich vom Temperament der einzelnen Individuen ab, welchen der beiden Wege sie einscblagen. Der moralische Standpunkt, wo-nach das Termingeschäft oder die Spekulation im­moralisch sei, kann weder hier, noch bei dem Er­laß des Verbotes. — da doch in anderen Produkten der Terminihandel geduldet ist. — keine Rolle ge­spielt haben. Allerdings hat aber das Verbot, dessen Aus­wirkungen auf andere mitinteressierte Kategorien, wie Müller, Bäcker, Händler usw., ganz außeracht lassend, die Lage sämtlicher mit Grund und Boden verwachsener Klassen, auch den landwirtschaft­lichen Arbeiterstand nicht ausgenommen, wesentlich erschwert. In unseren Industriepflanzen-, besonders aber zuckerrübenanbauenden landwirtschaftlichen Be­trieben ißt es üblich, Saisonarbeiter gruppenweise (ungarisch summásmunkások genannt) zu beschäf­tigen. Die diesbezügl'chen Arbeitskontrakte werden mit den. Leitern solcher Gruppen gewöhnlich schon in den Wintermonaten gegen in Weizen festgestellte Entlohnung abgeschlossen, während die Arbeits­leistung erst in den nächsten Herbstmonaten er­folgt. Es ist das reinste Termingeschäft für beide Parteien, denn der Arbeiter verkauft seine Arbeits­kraft für einen späteren Tennin und der Arbeitgeber kauft diese gegen später zu liefernden Weizen an. Mangels eines regulären Termingeschäftes hat we­der der Arbeitnehmer, noch der Arbeitgeber ene auch nur halbwegs sichere Basis für seine Kalku­lation. Der Grundbesitzer, der seine Felder gegen Wei­zen verpachtete, muß, wenn ihm der Wei'zen auf einmal zur Verfügung gestellt wird und er nicht gew lit ist, Zinsenverlnst, Manko, Lagerzins auf sich zu nehmen, seinen Weizen im Herbst auf einmal auf den Markt werfen, ohne diesen auf dem Ter­­minmarkt für spätere Sichten zurückkaufen und sich an einer späteren Preissteigerung eine Partizi­pation sichern zu können, dagegen muß der Päch­ter, der den Pachtbetrag dm Weizenwerte, jedoch in halb- oder vierteljährigen Raten bezahlt, den Effektivweizen stets vorrätig halten, um sich nicht etwaigen Verlusten auszusetzen. Für den sogenann­ten Merkantilweizen, das Produkt der kleinen Land­­w rte, waren stets die Arbitragefirmen des Termin­handels, direkt oder indirekt, die besten und sicher­sten Abnehmer. Durch die Sistierung dieses Ge­schäftszweiges werden ganz bedeutende Kapitalien vom Getreidemarkte zurückgezogen, welcher Um­stand jedenfalls eine n cht zu unterschätzende Wir­kung auf das Preisniveau ausüben und die Preis­bildung ganz bestimmt unvorteilhaft beeinflussen wird. • V. Es würde zu weit führen, die Notwendigkeit ebes regulären Termingeschäftes vom Gesichts­punkte des Landwirtes durch weitere Beispiele zu motivieren, es sei nur noch erwähnt, daß es bei dem jetzigen System der Minimalpreise und der Aus­schaltung des Terminmarktes sehr leicht zu ener Überbürdung des Marktes kommen kann, da sehr viele Produzenten sich veranlaßt fühlen werden, den Weizen je früher, gleich nach der Ernte auf den Markt zu werfen, um nicht unnötigerweise und ohne Aussicht auf eine Preissteigerung- Zinsenver­lust, Vers:cherungsspesen, Manko usw. tragen zu müssen. Selbstredend wird es auch Landwirte geben, die noch an Wunder glauben und — wie bereits gesagt — eine Spekulation eingehen, in der Voraus­setzung, daß die Preise im Frühjahr doch steigen „müssen“. Leider 'st das nur eine Hoffnung, eine mehr oder weniger unbegründete Voraussetzung und keine unbedingte Notwendigkeit. werden. Nach den Märkten mit freiem Devisen verkehr könnte aber durch Bestimmung der Aufgelder eine Preis­bildung ges chert werden, die den/ Export noch ermög­licht. Die Unterbindung des Terminverkehrs ist also durchaus nicht notwendig. Börsenrat Dr. Alexander Országit gab detm Bedauern darüber Ausdruck, daß die Autonomie der Börse eingeschränkt wurde, und dieser Eingriff gerade Vi einer Zeit erfolgte, da «ich in der Welt­wirtschaft Zeichen einer entschiedenen Besserung zeigen. Die Suspendierung des Terminverkehrs war nicht not­wendig, sie war aber zugleich zwecklos, we l, wenn die Preissteigerung des Weiizcns weiter andaiuert, es problema­tisch wird, o>b die gegenwärtigen Mindestpreise in Geltung hieben und sie gegenüber den Albnehmerstaaten eingehal­­ten werden können. Die Regierung hat einen gefährlichen Weg beschriften, da sie, wenn es sich herauisstellt, daß eie mit der Unterbindung des Terniiuverkehrs ihr Ziel nicht errcöht hat, auif diesem Weg fortschreitend, zum iGetreidemonopol gelangen mag. Börsenrat Manzell Steiner führte aus, daß die Maßnahmen der Regierung drei Ka­tegorien, die Produzenten, die Mühlen und den Handel berühren. Dien Produzenten wird die Möglichkeit der Preisste'geruing entzogen, die Mühlen werden in die Lage gesetzt, daß sie ihre Einkäufe auf den Tagesbedarf «nschräniken, es wäre ja sinnlos, daß sie zu: Beginn der Kampagne größere Vorräte an legen, wo sie doch Weizen auch später zum gleichen Preise erhalten können. Infolge dieser Struktur des Marktes wird auch der Mehlexport Die Budapester Handelskammer gegen die Suspendierung des Weizentermin­verkehrs. Die Äußonihandtelssük tiork der Budapester Handels­und Gewerbekammer hielt heute unter dem Vorsitz des öberhausmi tgMedes Anton Székács zur Erörterung der Aufhebung ders Wo'äeateTmwi'verkchrs eine Sitzung. Der Vorsitzende befaßte sich mit dem gegen das Termingeschäft vorgebrachte Argument, wonach die Spe­kulation unterdrückt wenden müsse, und betonte dem­gegenüber, daß die Spekulation die Rolle der Voraussicht im (Wirtschaftsleben erfüllt, also kein bloßes Spiel, son­dern Disposition unter Abwägung der Zukunftchancen dsrsteHt. Dieser Spekulation können weder die Produktion noch der Handel entraten. Zur 'Unterdrückung der schäd­lichen Spekulation hat aber die Regierung Mittel in der Hand, die ohne Aufhebung des Termingeschäftes ange­wendet -werden können. In der Diskussion -wies Dr. Georg Perl auf das mangelhafte Funktionieren des Marktes ohne den Termin­ihandel hin. Bönsenrat Emil Friedländer betonte, daß die Regierung, wenn sie die Stabilität des Warenpreises an­strebt, dies auch mH sonstigen Mitten hätte erreichen können. So könnte im Falle der Verschiebung der Spanne zwischen dem fixierten Verkaufspreis nach Österreich und dem Mindestpreis die Differenz bei der, Ausfuhr entzogen • 11 • PESTER LLOYD letíen. Daß die Verfügung auf die Tätigkeit des Handels lähmend einwirkt, bedarf keines besonderen Beweises. Direktor Dr. Kotornám Balkányi erörterte die Gesichts­punkte des Provinzgetreidehandels und kam zu dem Schlüsse, daß dessen Tätigkeit völlig von der Futura ab­hängig wrd. Der Präsident erklärte, den Gedankenaustausch resümierend, daß die Kammer in einer Eingabe an die Regierung ihren Standpunkt über den Getrcidetenmn­­verkehr auseinanderseteen wird. Handelsminister Dr. Winchkler weiterhin gegen den Weizenterminverkehr. In cinem Wirtschaftsb 1 alte äußert sich Handels­­minister Dr. Winchkler über die Frage des Termin­verkehrs und, gibt der Auffassung Ausdruck, daß dessen Aufnahme in Weizen überflüssig sei. Der Minister argumentiert gegen die Aktivierung des Terminverkehrs damit, daß der Export, wenn die Spekulation die Preise in die Höhe treiben würde, ins Stocken geraten müßte. Tritt aber diese Stockung der Ausfuhr ein, so würden die Preise von neuem zurückgehen, doch könnten inzwischen die Export­möglichkeiten aufhören. Solange die Weltmarkt­preise niedriger sind als die in Ungarn festgesetzten Mindestpreise, sucht die Regierung, den Landwirten den höheren Preis zu sichern. — Wie und was wer­den soll, wenn die Weltmarktpreise über die ungari­schen Mindestpreise doch noch hinaus-gchen, darüber hat sich noch kein verantwortlicher Faktor geäußert. Holländische Regierung gegen Währungs­experimente. Aus Amsterdam wird berichtet: Die Forderung ein­flußreicher Kreise unter Führung dies Prüsícllenten der Nederlandschen Bank, Mr. Trip, auf beschleunigte An­passung der niederländischen Wirtschaft a.n die Welt­wirtschaft dürfte zur Klärung der Wirtschaftspolitik der Regierung beigetragen haben. Gegenüber der Kordierung der Dévaivatkmsanhänger und dem Verlangen der kon­sequenten Dvtla tionisten bat <lie Regierung ihren Stand­punkt nunmehr dahin t'cvdgelegt, daß sie weder dem einen, noch dem anderen Wege folgen wird. Dieser Standpunkt ißt aus der Rede des Ministerpräsidenten Colija auf der Amsterdamer Versammlung der antirevo­­lutionüren Partei klar herauszulesen. (Mi't Berufung auf den Charakter des niederländischen Volkes lehnte er ausdrücklich jeden gewaltsamen Eingriff in die Entwick­lung ab und setzte dem Verlangen nach Aktivität „das Gebot ruhiger BedaChteamkeit und kühl wägender Be­herrschung“ gegenüber. Die Devalvation wird also nach wie vor von der Regierung abgelehnt, es sei denn, sie würde von außen her erzwungen. Die Regierung beharnt auf dem Stand­punkt, daß eine Entwertung der Währung nur vorüber gehende Abhilfe zu schaffen vermag. Die Regierung will auch nicht eine Deflation mit der notwendigen Konse­quenz vollziehen, da eine auf Kosten dör Arbeitnehmer iherbeigeführte rigorose Verschlechterung der Lebens­haltung genau so unerträglich wäre. Die Regierung rech­net damit, daß der Vorsprung dier Devalvationsländer durch Preis- und1 Lohnerhöhungen wieder ausgeglichen wird dergestalt, daß die Niederlande ischließlich auf dem Weltmarkt wieder in freien Wettbewerb treten können, ohne selbst entwertet zu haben. Die wirtschaftliche Ent­wicklung in den umliegenden Ländern geht vorläufig in dieser Richtung, so daß es nur eine Frage dier Zeit zu iseiu scheint, wann sie sich verwirklichen. Die Anhänger der Abwertung versuchen weiter das Vertrauen des Volkes in die Regierungspolitik zu erschüt­tern und damit den Weg zu einer Gulden ent wert u ngi vor­­zubereiten. Ihre Propaganda fällt vor allem dort auf fruchtbaren’ Boden, wo ein Widerstand gegen die fort­dauernden Regierungseingriffe in die Wirtschaft zu ver­zeichnen war. Die Eingriffe werden von der Regierung selbst als unerwünschte Begleiterscheinung der An­passungspolitik angesehen. Die Elastizität der Wirtschaft ist üta Schwinden. Bemerkenswert ist jedoch, daß die Klagen hierüber vielfach am lautesten gerade aus jenen Kreisen kommen, die anfänglich am eindringlichsten nach staatlicher Ordnung ihrer Wli r t sch-af t szweigä verlangt halben. Die der Regierung teilweise aufgeiziwiungene Kon­ti ngentierungspolitik hat die Hoffnungen, die man in den Kreisen der Begünstigten daran knüpfte, oftmals nicht er­füllt, und selbst dort, wo sie erfüllt worden sind, haben sic zu einem Verlust an Marktlbcweglichkeit geführt, der je länger, je fühlbarer wird. Den schärfsten Angriffen ist die Landwirtschaftspolitik ausgesetzt. Die Ordnung, die hier geschaffen werden mußte, um die ärgsten Auswir­kungen der Absatzschwierigkeiten infolge der Weltmiarkt­­preisgestaltung abzufangen, hat im Vorlaufe zu einer Inflation von Gesetzen und Verordnungen geführt, die ein Außenstehender kaum mehr zu überblicken vermag. Von ernsthaften Wirtsah aftsipolitiilkem wird darauf hingewiesen, daß die Krisenord reung der Wirtschaft mit der Guldenr.vähriung ursächlich nicht im Zusammenhang steht. Die Weltmarktpreisgestaltung konnte für die Niederlande, soweit der Import in Krage kommt, bei seiner hohen , Währung nur vorteilhaft sein. Für ihre exportierten Erzeugnisse wären der Landwirtschaft wohl höhere Guldenbeträge zugeflossen, doch war die Ord­nung der Landwirtschaft ja nicht in erster Linie durch die geringeren Einkünfte veranlaßt worden, sondern durch die Stockung des Absatzes. Man hatte sich in der Erzeugung jahrelang auf Märkte eingestellt, die sich nun plötzlich infolge autarkischer Bestrebungen verschließen. Die In­dustrie ihrerseits hätte von einer Devalvation nur inso­fern Nutzen gehabt, soweit sie nicht auf ausländische Rohstoffe angewiesen ist. Die weitere Angleichung an das Weltmarktpreis­­niveau hängt nun im Inland überwiegend von der Art der Fortsetzung jener Maßnahmen ab, die die Regierung zum Schutze gegen die zu schnelle Anpassung hat treffen müssen. Es geht hier also um den Abbau innerstaatlicher Eingriffe. Das Währungsproblem ist mehr und mehr zu einem gesetzgeberischen Problem geworden, zur Frage, .wie ff eit die ^eglerp^g^ea^ füemöglich erachte^ die

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