Schul- und Kirchenbote, 1918 (Jahrgang 53, nr. 1-12)

1918-01-15 / nr. 1

Im Jugendland gibts leider auch Parteien,die das Regieren erschweren Aber hier lassen sich die Gegensätze bald mildern«oder"gan­z aufheben. Kinder sind eben Leichter zu überzeugen und zu leiten als berechnende Diplomaten. Man dente nur an die Uneigenmäßigkeit der Jugend. Und ihr Vertrauen, ihre Hingabe, ihre Liebe, wo findet man die in der Politik der Er­wachsenen ? Wollt ihr den Aufruf umseres Herrschers an sein junges Volk kennen lernen? .Er lautet: „Ich, von der Behörde Gnaden zu Eurem Führer bes rufen, entbiete Euch kameradschaftlichen Gruß! A­Z Freund und Helfer trete ich unter Eu. Wir müssen uns rüsten. Denn unser Land ist von zahl­­reichen Feinden bedroht. Eure Zukunft ist gefährdet: Ein Heer von Trieben, Begierden und Leidenschaften will Euch umgarnen und verderben. Tretet ihnen tapfer und kräftig entgegen! Damit Eure Seele rein bleibe und Euer Geist sich ungehindert entwicke. Und wenn Ihr im Zweifel seid, ob Ihr auf dem rechten Wege warı= delt, so blickt auf mich und folget mir nach ! Wer aber die Arbeit als zu schwere Last empfindet, möge nicht ver­­zweifeln und nicht kleinmütig werden. Denn mein väterliches Herz, das für alle schlägt, wird Nachsicht mit den Schwachen und Hilflosen üben“. Nichtwahr, echt königliche Worte? — Das Verhältnis zwischen Herrscher und Bolt wird in diesem Aufruf duch zwei Aussprüche gekennzeichnet. Der eine: So blickt auf mich! Der andere: Mein v­äterliches Herz schlägt für alle. Das Beispiel und die Liebe! Gibt es bessere Mittel der Erziehung ? Zunächsst das Beispiel, da Vorbild. Das wirft mehr als noch so viele Worte. Denn s­chöne Worte, gute Lehren hat jeder, auch der gewöhnlichste Mensch, zur Verfügung­ vorbildlicher Handlungen dagegen kann sich nicht jeder rühmen. Die sind echt und eifern zur Nachahmung an. Taten ere ziehen, und auf die Taten dessen, der an der Spiße steht, sind aller Augen gerichtet. Die Geschichte bestätigt ung, daß das Wirken bedeutender Menschen die Geschicke ganzer Länder oder Völker beeinflussen konnte. Christus, Luther, Karl der Große, Napoleon, Bismarck! Solche Persönlichkeiten haben ihrer Zeit ein bestimmtes Gepräge gegeben. Um wieviel eher vermag die Person des Lehrers auf seine f­eine Gemeinde einzumirken! Und dann die Liebe! Es mag sc­hwer sein, fremde Kinder lieben zu lernen. Aber es ist möglich. Wer fähig it, seine eigene Jugend sich zu vergegenwärtigen mit all ihren Sorgen und Wünschen, — wer es versteht, mit Hilfe seiner Erlebnisse und Erfahrungen sich in die Lage seiner Schüler hinein zu verießen, ihre Not und ihre Freuden nachzuempfinden, der fangt es. Nun it aber auch noch ein zweites nicht leicht, nämlich die Seele des einzelnen genau kennen zu lernen. Hat doch jeder Posten, auf dem ein Herrscher steht,­­ also auch der

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