Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1882. Oktober (Jahrgang 9, nr. 2673-2698)

1882-10-27 / nr. 2695

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Hed­­­rich’s Erben, Schässburg Heinrich Zeidner’s Siliale, Bistritz Friedrich Wachsmann Nr. 187, Sächsisch - Regen Adolf Dengyel, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Bress Paul Battoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, Rotter , C., H. Schalek! Past A. V. Goldberger, Frankfurt a... @. La Danube & C. Aufertionspreis : Der Raum einer einspaltigen @armondzeile Eostet beim einmaligen Einraden 7 ?r., das zweitemal je 6 r., dad drittemel je 5 fr. 5. 8. exclusive der Stempelgebühr von je 30 fr. 1882. « « errichten! M­agyarisde erh im Banatf. „Endlich kommen wir zur Frage der Weinzehent-Ablösung. Doc ehe wir darauf näher eingehen, müssen wir noch einige allgemeine Be­­­­r merkungen voransenden. Wir behaupteten, daß Banat frante an einer allzu Hohen Besteuerung des Bodens, und alle Welt hier fühlt es schmerzlich, dab Diek die Wahr­­­heit ist. Doch warum sollte gerade das Banat allzu hoch besteuert sein? Das ist sehr einfach. Dieses Land war eine Wildniß während der 160- jährigen Türkenherrschaft, der Boden lag brand, und als er durch Prinz Eugen (1716) der Herrschaft des Halbmondes wieder entrisfen und von dem für dieses Land unvergeßlichen österreichischen Feldherrn General Mercy kolonisirt wurde, da war der Boden fett und­ die reichen Durch­­wahrzehnte sich gleichbleibenden Ernten verbreiteten im ganzen Lande den Glauben an die Unerschöpflichkeit des Banater Bodens. Und zur Blüthe­­­zeit Dieser irrigen Ansicht geschah­­en, daß die Yelder und Weinberge des Banat3 Latastraliih aufgenommen wurden. Diese Aufnahme wurde von Beamten vollzogen, Die hier fremd waren, feinen Weberbild über die Ver­­­hältnise des ganzen Landes hatten und daher einen ganz falschen Maßstab anlegten. Sie sahen nur die Fülle, die da Banat an Rohprodukten her­­­vorbrachte, nicht aber den gänglichen Mangel eines Handels und einer diese Bodenerzeugnisse verwerthenden Industrie, und mußte eine ungeheure Ueberirägung der Werthe Pla greifen und die Besteuerung des Bodens eine unverhältnißmäßig Höhe werden. Das fühlte man schon vor Jahr­­­zehnten, und da der Boden von Jahr zu Jahr mehr erschöpft wird, so empfindet man es immer mehr. ··· · · Alzhier vor Jahren Propaganda für·die magharische Staatsidee gemacht wurde,da wälzten die ungarischen Heißsporne die Schuld an der hohen Besteuerung des Banats den verhaßten·»S:l·zwarzgelben«zu und verfpchen der Bevölkerung vor Allem eine·gründliche Neugestaltung der Steuerbemessung u.s.w.Nun werden wcr hier schon fünfzeh Jahre vagyarisch regiert,aber an jene Versprechungen denkt heutelem Mensch meer­, im Gegentheil ex die Lasten,die das Banat ehedem zu tragen hatte, »in Ivird davon fast errückt, in diesenfi­nierhahren auf das Doppelte gestiegen und das Land Man scheint es in Pest gar nicht zu wissem daß die vier Komitate des Banats,theilsmnein·Drittel,·theil·suntzwei und drei Fünftel höher besteuert sind,als beispielsweise die Komitate Eisenburg,Preßburg, Stuhlweißenburg­a Auch von der prmntwein an Urzustände gemahnenden Art der Bodenbearbeitung und der ganzen land­­­wirthschaftlichen Verhältnisse(der Weizen wird hier fast überall noch mit der Sichel abgeschnitten,von Pferden ausgetreten&c.)scheint man in Pest seine Ahnung zu haben denn sonst wurde man gewiß durch Errichtung landwirthschaftlicher,für das Voll berechneter Schulen 2 c.·zu«·r Hebung der Wochenbewirthschaftung beizutragen­ suchen.Das wäre wichtiger als eine dritte Universität,die der Gieszennzahn des ungarischen Chaubinismus nicht mehr entbehren zu können vorgiebt. Oesterreich beispielsweise hatte im Jahre 1881 schon 442 land­wirthschaftliche Fortbildungsschulen, in­­­ welchen 11.352 Schüler, zumeist vom Lande, Unterricht erhielten; nach­ at ist aber noch nicht die Kunde davon gedrungen, Daß ber uns hier auch nur eine einzige Schule dieser Art Se Eaı daran vi . zu Hier im Lippaer Bezirke der Temesvarer Komnatg liegt ein walas­­chisches Dorf(Kessiitz),das im vorigen Jahrhundert noch­ von einen­ viele Meilen umfassenden gebirgigen Urwald umgeben­ war.Diese­s Dorffan­it seinen Wäldern gehörte einer»Herrschaft«,welchem dem zwischen Lippa und Kessnitz gelegenen deutschen Orte Neudorf noch heute ihren Sitz hat Der­ ungeheure Waldbesitz war damals hier gänzlich werthlos,die Herrs­­­chaft hätte ihn aber gerne verwerthet.So stellte sie eines Tages den «­Siehe»Sieb.-deutsch.Tageblatt«Nr.2694. Gemeinden aller benachbarten deutschen Dörfer den Antrag,die Wälder auszurodeln und gegen die Verpflichtung,ein Zehntel des Erträ­gnisses der Herrschaft in natura zu verabfolgen,dieVerge m­it Wein zu bebauen und für ewige Zeiten­ davon Besitz­ zu ergreifen.So wurde aus einem Ur­­­walde das Kessnitzer Weingebirge her­ausgeschütt.Der Wein war rauh und eignete sich nicht zur Aufbewahrung,aber er dauerte doch von einem Jahre zum andern,die Banater Schwaben freuten sich dieser Errungenschaft ihres gleißes und gaben willig der Herrschaft den Zehent,der ihr gebührte. iefe letztere wahrte ihre Rechte mit eiserner Faust.Berittene Panduren durchstreiften das Gebirge sobald die Trauben zu reifen begannen,und wehedem,der erwagte,seinen Weingarten zu dieser Zeit mit der Absicht zu betreten,den Leinen eine Probe davon nach Hause bringen zu wollen. Mancher deutsche Mann wanderte deshalb gefesselt nach Neudorf.Auch bei der Zehentabgabe wurde ziemlich brutal verfahren und eö nisteten sich nach und nach allerlei Uebelstände ein;so gestattete die Herrschaft z.B. dem Franziskanerkloster zu Radna,am Ort der Zehentabgabe ebenfalls Faßgeschirr aufzustellen,und die deutschen Bauern in bettelnder Form zu brandschatzen Diese Bettelei wurde bald zu einem Gebrauch,nach einigen Jahren aber war es schon ein feste­s Gesetz­.Herrschaft und Kloster nahmen Zehent Die Fratres stiegen selbst auf die Wägen und schöpften aus den Fässern der Bauern nach Herzensluft Diesemfrechenqung wurde einst auf eine sehr drastische Weise ein Ende gemacht.Zuerst mußte jeder Wagen bei der Herrschaft anhalten,dann bei den Mönchen. Von diesen letzteren that nun einmal einer einen besonders kecken Griff und dem Bauern—Georg Schiller hieß der Held,stieg das Blut zu Kopf,er ohrfeigte den Frater und warf ihn vom Wagen auf die Straße hinab,dann schrie er:»Wir schaffen nicht fü­r euch Bettelpfaffen!«,hieb in die Pferde und fuhr davon Alle anderen Wagen folgten ihm und der Bann war gebrochen-nie wieder erschien ein Franziskanen Die Herr­­schaft übernahm,wie dies selbstverständlicht war,ihren Zehent weiter; auch das Jahr 1848 ging spurlos an diesen Verhältnissen vorüber und erst 1870 ging die ungarische Regierung daran,die elben zu ordnen. Zuerst wurde es den Grundherren nahegelegt,sich mit den ihnen zehentpflichtigen Bauern auszugleichen Dies wurde auch versucht,aber es kam zu keiner Einigung,denn kaum hörten die Bauern davon,so schrieen sie,m­an hätte’ie schon lange genug betrogen,denn bei der nach 1848 durch­­­geführten Grundentlastung seien auch ihre Weingärten mitinbegriffen ge­­­wesen,und jetzt wolle man auch noch Geld u.s.w.Die Verhandlungen wurden abgebrochen und die Regierung übernahm die Sache.Die Grund­­­herren wurden entschädigt und die Weinzehnt-Ablösung zwangsweise durch­­­geführt.Und nun trat jene Ueberschätzung des Banater Bodens,diese schon früher von den österreichischen Beamten ausgeübt und von den Ungarn getadelt­ wurde,abermals zu Tage,und zwar ins Magharische üibeinsetzt,d.h.potenzirt.Der Wein,der hier wächst,hat nie einen Werth repräsentirt und er hat ihn auch heute nicht.Der Eimer wird im Durchs­­­chnitt nie höher als mit 3 Gulden bezahlt und das Joch Weingarten ist für ewige Zeiten hier immer um 100 Gulden feil gewesen.Vielleicht hat man die ungarische Regierung falsch berichtet,vielleicht kannte sie diese Verhältnisse nicht,aber sie war­ verpflichtet sie zu lernen,wenn sie einen Schritt von solcher Tragweite unternehmen wollte,wie es die zwangsweise Ablösung des Weinzehents im Banat war. Machen wir uns die Sache ganzllanman besaß hier neun Zehntel eines Weingartens—­das letzte Zehntel gehörte früher der Herrschaft jetzt dem Staate.Dieser Zehntel sollte man nun ebenfalls erwerben Der ganze Weingarten, den man besaß, war 100 Gulden, in bester Lage und zu den glänzendsten Zeiten de Banats vielleicht 200, jagen wir 300 Gulden werty. (Das ist aber die denkbar Höchste Ziffer, und wir bemerken aus­­­drücklich, daß Hier nie ein solcher Preis bezahlt wurde!) Was kann also das legte Zehntel kosten? Etwa 10 oder 20, höchstens 30 Gulden. Das wäre doch natürlich, nicht wahr? Für dieses legte Zehntel aber begehrt der ungarische Staat per Joch etwa 140 Gulden, jage einhundertvierzig Gulden ! Diese ganz unqualificirbare Höchste Deaktificirung des Behentd nennt man in Ungarn die Aufhebung desselben! Der Maßstab, der auf Tolkayer Wein­­­berge angewendet, vielleicht gerecht wäre, wurde an die elenden Bauern« äingärten de Banat gelegt! Ein Schrei der Entrüstung ging doch das ganze Land, als das bekannt wurde, und die Bauern erboten sich freiwillig wieder zum Behent. Er wu­rde ihnen abgeschlagen. Der ungarische S­aat wollte si über Nacht Häuten und in einen Kulturstaat umwandeln, von „Behent” sollte nicht mehr die Mode sein, nachdem man die Robot­­buch Umtaufe in „Landesarbeiten" auf so geniale Weise beseitigt hatte. Aber eine Erleichterung wurde gewährt. Die zu zahlende Summe wurde wie ein dem Beleger de Weingartens gewährtes und in Raten abzuzahlendes Darlehen behandelt, das derselbe in 22 Jahren abzutragen und während dieser Zeit mit acht Perzent zu verzinsen gezwungen wurde. Die ganze Summe wurde auf sein Eigenthum intabulirt. Nun Hatte jeder arme Teufel, der einen Kefjinzer Weingarten besaß, den er vielleicht ererbt und nurc des» Er bearbeitete — viele Befiger ließen ihre Weingärten längst Liegen, d.h. ie verzichteten freiwillig auf den unergiebigen Belig — nun hatte jeder plögli­ eine Schuld auf seinem Hause intabuiert, von der er vor wenigen Tagen noch seine Ahnung hatte. Einige reiche Bauern beeilten es nun zu zahlen, Hunderte aber konnten und wollten nicht bezahlen und ihre Schuld wächst seit zwölf Jahren in erschreckender Weise — aus jenen 140 Gulden sind Heute mehr als 250 Gulden geworden. Die Zahl derer,­ welche auf ihren Befig freiwillig verzichten und den Weinberg unbearbeitet (der Walache jagt „balog“) liegen lassen, wählt von Jahr zu Jahr und schon heute sind beiläufig 100 Joch des Keffinger Weingebirges eine Wildnis. Das nügt den früheren Eigenthü­mern aber nichts, denn das Grundbuch und das Steueramt kümmern sich um diesen Verzicht nicht, die intabulirte Schuld wählt fort, und im Jahre 1892, wenn die 22 Jahre abgelaufen sein werden, wird Hunderten Haus und Hof im Wege der Evolation verkauft werden müssen, werden Tausende von Menschen hier verarmen, weil ihre Urgroßväter so unvorsichtig waren, einen werthlosen Wald auszuroden und sich dem Behent-Teufel für ewig zu verschreiben. Sst das nicht Haarsträubend, toll, lächerlich? Ein Grundherr besaß nichts als das Zehntel von mehr als 1000 Joch Weingärten, und heute könnte er den ganzen Befig haben, man milde ihm die übrigen neun Zehntel dieses ungeheuren Komplexes schenken, wenn er es nur annehmen wollte für das eine Zehntel, welches man ihm ablaufen muß. Aber er weiß sehr gut, waß er thut. Die Bauern, die der Herrschaft etwa 150 Jahre den Behent geleistet haben, mögen die erschöpften Weinberge nur behalten und zahlen. Das heißt man, den Behent aufheben. ‚ Vielleicht findet sich ein imdustriöser Kopf, der das ganze Reffinter Weingebirge um die zu zahlende Behent-Ablösungssumme an sich bringt und so lausende vor dem Ruin rettet, dem sie fast umwissentlich entgegen gehen. In unserem nächsten und vorläufig legten Artikel werden wir ung endlich mit dem korrupten ungarischen Beamtenthum befassen.“ liwind nun zur Geschichte der Weinzehents Ablösung· · politische Webersicht. Hermannstali, 26. Oktober. „In Kroatischen Landtage ist endlich die Negierungsvorlage be­­­züglich der Inartikulirung der Grenze in der Sigung vom 24. d. anges­­nommen worden, wobei es freilich an scharflantigen Liebenswürdigkeiten, die von den Oppositionsbänfen der Kroatischen Landes- und der ungarischen Regierung an den Kopf geworfen wurden, nicht fehlte. Nachfolgend etwa eine Heine Auslese. So fand der Abgeordnete Barcsics, die jüngste Vergangenheit Kroatiens in Betracht ziehend, daß dessen Staatsmänner Die fortbansten Güter der Nation über W­ord geworfen Hätten, so daß das Staatsschiff fl­­iegt im magyarischen Schlepptau befinde. Handel, Läiff­­­fahrt, Kommuniktationen. Alles wurde geentert und bevor noch der Aus­­gleich vom Jahre 1868 sanctionirt war, war er auch schon falsifizirt und und Ziume entrisfen. Der patriotischen Erratischen Geistlichkeit wurde bei­ älteren Reifeerlebnisse und Bemerkungen VI.’«­ Wie in der Regel jeder einzelne Mensch seine besondere,scharfanzs geprägte Eigenthü­mlichkeit besitzt,durch welche er sich von andern Menschen unterscheidet,so sind auch die größeren Städte·Deutschlands solche scharf­­­ausgeprägte Einzelwesenn deren äußeres und inneres·Leben ganz eigen­­­thüm­lich gestaltet ist.Eine solche Stadt-Individualität eigenthümlichen Gepräges ist besonders Mü­nchem die Haupt-und Residenzstadt des Königs reichsaiem Zunächst ist doch gewiß schon das eine Absonderlichkeit an einer Haupt- und Residenzstadt,daß der Herrscher des Landes sich fast niemals anders­­­elben befindet.Einsam,wie der königliche Adler,thront der jetzige Landes­­­fürst aufeinem Schlosse Hohenschwangau oder auf irgend­ememandern der königlichen Schlösser,sich selbst genügsam und unerreichbar für die Augen seiner Unterthanen.Nur zuweilen komm­t er auf einigen Tagen nach München und wessen Augen er dann begegnetd er kann sich glücklich preisen. Daß sich bei solcher Lebensweise ein Kranz von Sagen um das Haupt des Königs geschlungen hat,wird Niem­and auffallend finden-Und was wird da Alles,sei’s Wahrheit,seinr·Dichtung,im Vorte von ihm erzählt. Bald reitet er allein oder von einem Getreuen begleitet Nächte hindurch über Berg und Thal,durch Felder­ und Wälder,dahin.Bald sitzt er als einziger Zuschauer in dem königlichen Schauspielhaus und läßt für sich allein irgendein Stück auffü­hren.Bald gibt er glänzende Tafeln,zu denen nur berühmte Personen der Vergangenheit geladen sind.Sein Vergnügen dabei ist,zuoberst an der Tafel sitzend und rings um ihn die leeren Stühle und unbenützte Gedecke sich mit den Geistern seiner Gedecke zu unterhalten und sich selber Rede und Gegenrede zu bieten Wir­ wissen nicht,inwiefern diese Volkserzählungen mit der Wirklichkeit übereinstimmen;soviel ist PIEILRUMM «Siebenb.-Deutschen Tageblatti.« sicher, daß es nicht ein gewöhnlicher Boden ist, aus welchem solche Sagen emporwachsen. · Aber wenn w­ir dieses auch ur·Seite lassen,so bleibt für Mü­nchen doch noch genug Eigenthümliches übrig.Wie unendlich viel Schönes und Herrliches gibt es hierzu sehn;Sammlungen aller Art,Statuen und Denkmäler,großartige öffentliche Gebäude und vor allem­ schöne Kirchen. Und diese Kirchen stamm­en nicht aus alten Zeiten;sie sind nicht wie die Domequien,Ulm,Köln,Speyer oder Straßburg Kunstgebilde längsti vergangener Zeiten Nein,sie sind fast­ ausschließlich i unser­ Jahr­­­hundert entstanden und dennoch stellen sie nur die Kunstentwicklung von beinahe zwei Jahrtausenden dar.­Wer sich möglichst schnell und m­öglichst angenehm darüber belehren will,in welchem Stile zu verschiedenen Zeit­­­räumen die christlichen Kirchen aufgebaut wurden,verbraucht nur die­­ahlreichen Kirchen Münchens der Reihe nach aufzusuchen und er kann seinen Zweck in wenigen Stunden erreichen.Und dabei lernt er nicht nur dieses,sondern er sieht auch was die Kunst der Jetztzeit Großes und herr­­­liches zu schaffen vermag Denn diese Kirchen sind ebenso wie die meisten öffentlichen Gebäude mit Bildern neuerer Maler prächtig ausgeschmückt Was übrigens den Schmuck der öffentlichen Gebäude anbetrifft,hat man im heißen Drang des Schaffens nicht immer die Eigenthümlichkeit des nordischen Klima’­s im Auge behalten.Man hat Gebäude mit Wandges­­mälden geschmückt,welche der vollen Einwirkung der­ wechselnden Witterung unseres feuchten Himmelsstriches ausgesetzt waren.Die Folgen davon haben sich rasch eingestellt.Die lange Reihe von Wandgemälden in den Lauben­­­gängen des Hofgartens sind bereits so starther genommen,daß man an eine Wiederherstellung denkt.An der neuen Wildergallerie aber ist von den prächtigen Gemälden der Außenwände bald nichts mehr ü­brig als Wände mit einem schm­utzigen Farbenüberzug.­­­ Noch eine besondere Eigenthümlichkeit,die München ganz allein besitzt, sind die ungeheuer großen Straßen mit verschwindend wenig Menschen. Kann es z.B.eine in ihrer Ausdehnung roßartigere Straße geben als die Ludwigsstraße.Zu beiden Seitenvon­­alitäten eingeschlossen,die allerdings theilweise einem absonderlichen Baustil angeören,reicht die Kraft des Aueö lauis vom einen bis zum andern Ende und fast m­öchtercis weifeln oder Schrei einer rufenden Stimme über die Breite der Straße hinüber würde gehört werden.Doch sieht m­an die Menschen,welche durch die Straße gehn,dann fü­rchtet man immer Einer oder der Andere könnte in diesem­ leeren Raum verloren­ gehen.Ueberhaupt hat München nur eine starrbelebte Verlehrsade,die übrigen Straßen sind,für eine so grosze Stadt nur dann befiiet m­it Menschen Auch GraSift hie und dazu sehen,bei dessen Anblick ich gedachte an das Stillleben der zWiefeHn Dermannstadt.· · Wenn.·übrigens bei den zahlreichen Neubauten,welche seit etwa S0 Jahren in dieser Stadt zu Stande gekomm­en sind,auch die Bauarten aller Zeiten zur Geltung gekomm­en sind,so m­öchte ich doch meinen,daß im Großen und Ganzen der Zug zum Mittelalterlichen in Mü­nchen ant Tu­­risten ist Daßes auf dem Gebiet der Kirche der Fall sei,wird niemand bestreiten wollen Auch diejenigen Parteikämpfe legen Zeugniß davon ab.Am deutlichsten aber tritt solches hervor in den Hausgeräthen Jedes Bierhaut und jedes Kaffeehaus ist in seinen Räumen im m­ittelal­­­­erlichen Stile eingerichtet;Wände und Zimmerdecke getäfelte Tische und Stühle geformt nach dem Geschmach des Mittelalters. Und in den Bier­­­häusern sind mittelalterlich auch die Biergumpen. Zumeist find­­en irdene Krüge mit zinnernen Dedeln, gleich jenen, mit welchen unsere Väter den labhenden Wein in langen Zügen sclürften. Und Lange Züge, verstehen sie auch in München zu tun, Beide die Männlein und die Yyräulein, Die Alten und die Jungen. Was ist das für ein L­eben in den V­ierstuben am Zuge, doc weit mehr noch des Abends. Trittst du des Abends in ein Bierhaus, dessen Getränk von großem Rufe ist, da ist sein leerer Plag, auf melden du Dich niederlassen kannst. Entweder gehst du wieder von dannen, oder du wartest stehend, biß ein Sit geräumt wird. Da fiken sie, die diden Männer und die dien Frauen hinter den diden Krügen und­ trinken rastlos Vier. Daß sie in Folge vieler Uebung Großes zu leisten vermögen, geht con daraus Hervor, daß weniger alß ein halbes Liter fi) Niemand reihen läßt. Aber es gibt auch Bierstuben, wo der Wirth in Heineren Gefäßen als Literkrügen sein Bier gar nicht auftischt, wer nicht soviel Geld besigt, um einen Liter Bier zu Laufen, der sol bei mir lieber gar nicht vorsprechen“; so wird dem mäßigeren Gaste kurz

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