Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. Juni (Jahrgang 11, nr. 3181-3204)

1884-06-11 / nr. 3188

Msmionnudxdmiuifluttnx Heltauergafje 23. Er feint mit Ausmaß­e der Sonn- und Feier­­tage täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 Er., vierteljährlich 2 fl. 50 fl., Halbjähri 5 fl, ganzjährig 10 fl. ohne Buftellung: Fe­­er mit Buftelung 1 fl. 3 fl., 6 fl. 12 fl. Abonnement mit Boftverfeindung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 a 7 f., ganzjährig Für das Ausland: vierteljährig 7 NM. oder 10 i­cd., Halbjährig END. oder 20 Sun, Fo 28 AM. oder Tes.­­amunın Anfcantiste Briefe werden nicht angenommen, Manasleiste nicht zur Sdaeit N 3188. XI. Jahrgang. Sermannfadf, Mittwoch, 11. Juni Pränumerationen und Inferale übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauergasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dreuz­­­wandt’s Nachfolger, Mediasch J. Hedrich’s Erben, Schässburg H. Zeidner’s Iliale, Bistritz Friedrich Wachsmann Nr. 187, Sächsisch-Regen Karl Fronius, Mühlbach Jos. Wagner, Kaufmann, Brooe Paul Battoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasen­­­stein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Moriz Stern, Heinrich Schalek, J. Danne­­­berg, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt a. M. G. L. Daube , C. mn Snfertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmonbzeile kostet beim einmaligen Einraden 7 fr., das z­weitemal je 6 kr, das drittemal je 5 fr. 6. W. exclusive der Stemwelgebühr von je 30 fr 1884, edenschaftsbericht des Dr. Karl Wolff. (Sehalten in der Wählerversammlung zu Hermannstadt am 8. Juni I. 3.) Meine sehr geehrten Herren Wähler ! Gestatten Sie, daß ich nach den Ausführungen meines Kollegen Heinrich Kästner mir für etwas längere Zeit Ihre Aufmerksamkeit erbitte. In dem Sahre, seit dem ich zum lechten Male vor Ihnen gestanden, um Rechenschaft abzulegen, Haben ss im Neichetage Dinge zugetragen, die ih in zwei Kategorien teilen möchte. Sm die erste Kategorie gehören solche Ereignisse, die sich dem Neichetage wider seinen Willen mit elementarer Ge­­­­walt aufgedrängt haben, die als bereits vollendet Thatsachen sich den Einlaß in den Beratungssaal des Reiches erzwangen , auch in ihrem Endaus­­­gange sich der Macht des Reichstages und der Regierung entziehen werden. Ich möchte sie die ehernen Notwendigkeiten nennen — ehern deshalb, weil sie in ihrem weiteren Laufe der menschlichen Macht, die sie aufhalten möchte, spotten, dem reißenden Strome glei, welcher jeden Widerstand niederwirft — Notwendigkeiten deshalb, weil sie die Logische, unabänderliche Folge von bereits gegebenen Thatsachen sind. Diese Thatsachen murzeln zwar im Menschenwillen, ziehen aber, wenn sie einmal gerecht, wenn sie einmal fertig geschaffen sind, nach dem Gejäß von Ursache und Wirkung, unabhängig von dem weiteren Willen des Urheber der Ursprungsthat, ihre unaufhaltsamen Folgen nach fi. Sie wachsen dem Urheber der Ursprungsthat über den Kopf; sie strafen seine Kurzsichtigkeit, seine Verblendung; sie begraben ihn oft unter ihren von ihm nicht gewollten, von ihm nicht vorhergesehenen Folgen. Sie sind das unerbittliche Fatum der griechischen Tragödie, das Mene Tefel Upharfin, das Gott in der Menschengeschichte mit flammenden Buchstaben an die Palastmauern der Machtgewaltigen schreibt und auch den Völkern zu­­­ruft. Die Verblendeten und Bethörten sehen und hören e3 gewöhnlich nicht, so­­lange e3 noch Zeit zur Umkehr ist; sie vernehmen e3 exit, wenn e3 zu spät geworden, wie der Tiedgewaltige deutsche Dichter, der unlängst an den Ufern der Ostsee zu Grabe getragen worden, so erschütternd jagt: Sie haben Augen und sehen’3 nicht, Sie praffen fort und machen, Sie hören’3 nicht, wie zum Gericht, Schon Ball und Säule frachen; Lauter jauchzt der Geige Ton — Ihr Männer und Weiber von Babylon, Mene, Tekel, Upharfin ! - In diese Kategorie der Vorkommnisse des rechten Jahres reihe ich die Wellenschläge, die der kroatische Aufstand, hervorgegangen aus der Anheftung magyarischer Amtsschilder, in seinen tiefsten Wurzeln zurückeichend in die das Mißtrauen der Kroaten wehenden Magyarisierungsbestrebungen in Ungarn, in seinen weiteren Verlaufe genährt von den Auswüchsen einer korrumpierten Verwaltung und vom Steuerbrude, auch in den Reichstagssaal warf. In diese Kategorie reihe ich ferner die ebenso befragenswerten Judenkrawalle im Lande, bei denen die tiefe Mißstimmung des Wolfes über seine unerfüllten Ansprüche an die Verwaltung, über seine Ausbeutung, die Verzweiflung und Rachsucht des Elends sich die ersten besten Opfer aussuchte und die ebenfalls nur nachträglich vom Neidigtage registriert wurden. Io dieselbe Kategorie stelle ich auch die im Dezember d­. $. beschlossene und in diesem Jahre ins Leben getretene Erhöhung des allgemeinen Ein­­­kommensteuerzuschlages um drei Millionen Gulden und damit die abermalige Erhöhung unserer sämtlichen direkten Hauptsteuern, welche seit den legten Jahren immer und immer wieder — abgesehen von den neu einge­­­führten Steuergattungen — namhaft hinaufgeschraubt worden sind. Sind die allein seit 1878 unsere gesamten direkten Steuern um 27 Millionen d. i. um ungefähr 42 Perzent gestiegen! Und daß diese fortwährende Steuererhöhung wirklich einer Schraube ohne Ende gleicht und daß es mit der erwähnten Erhöhung des Einkommensteuerzuschlages noch immer nicht genug sein wird, das läßt jener Paragraph dieses Steuererhöhungsgefäßes befürchten, wonach der P­erzentrat dieser Steuer, der auf die direkten Hauptsteuern aufgeschlagen wird und jet bekanntlich von 3'­, auf 10 Perzent erhöht wurde, von Sahr zu Sahr je nach Bedarf in dem­­­ Budgetgesehe festgestellt werden sol. Künftig wird also die Erhöhung der direkten Hauptsteuern nicht in der Form einer neuen Gefäßesvorlage, sondern blos als Paragraph des Budgetgefäßes einge­­führt werden. Diese Modalität bietet jedenfalls dem Finanzminister eine be­­­quemere Handhabe für Steuererhöhungen, als die immer mit unangenehmen Aufsehen und Lärm verbundene Einbringung besonderer Steuervorlagen, aber ist sein Trost für die steuerzahlende Bevölkerung Ungarns, über welche seit 1875 eine ganze Flut von Steuererhöhungen und neuen Steuern, die Er­­­höhung der direkten Hauptsteuern, die Einführung neuer, der Transport­­­steuer, Jagd- und Gewehrsteuer, Militärtage, Sparkassaziniensteuer, die Er­­­höhung der indirekten Verbrauchsteuern, der Zölle, Stempel und Gebühren, die Einführung der Zuder- und Bierfonsumsteuer, der Petroleumsteuer — und wie sie alle heißen — plaßregenartig niedergegangen sind und die, obwohl die ärmste Bevölkerung in Europa außer der Türkei, doc die höchstbelastete weit und breit ist, wie allein an Direkten Steuern 93 Millionen Gulden jährlich, ebensoviel, als die viel wohlhabendere und zahlreichere Bevölkerung Oesterreichs aufbringen muß. Jeder von ihnen, meine Herren, findet die Geschichte dieser Steuererhöhungen in seinem Steuerbuche aufgezeichnet. Deshalb, weil unter der riesigen Steuerlast nicht blos der Einzelne, sondern schließlich auch die Gesamtheit, unser Vaterland, zusammenbrechen muß, haben wir, die wir auf Grundlage des Programmes der sächsischen Volkspartei in den Reichstag gewählt waren, im Dezember v. a. gegen die Erhöhung des allgemeinen Einkommensteuerzuschlages gestimmt, sowie wir auch gegen die früheren Steuererhöhungen gestimmt haben; ja es haben aus diesem Anlasse auch die Abgeordneten von Schäßburg und Reps, die Herren Wenrie und Balkon, von der Negierungspartei fi Losgesagt, weil sie die Bergeblichkeit des Bemühens, die Interessen ihrer Sender im Schoße dieser Partei zu fördern, eingesehen und sich nicht zu Mitschuldigen der für ihre Wähler und das gesamte Land ruinösen Politik der Regierung machen wollten. Ich bin Ihnen, geehrte Herren, noch die Erklärung sehuldig, warum ich die jährlichen Steuererhöhungen in die Kategorie der ehernen Notwendig­­­keiten einreihe? Diese Steuererhöhungen müssen Jahr für Jahr kommen, nicht deshalb, weil sie an sich notwendig sind, sondern deshalb, weil sie die logische Folge von geschaffenen Thatsachen sind, die — mögen ihre Urheber auch die Tragweite derselben bei der Schaffung nicht erkannt haben — nach dem unabänderlichen Gefecht von Ursache und Wirkung sich geltend machen. Diese Folgen, diese Steuererhöhungen wachen der Regierung, die sie bean­­­tragt, dem Reichstage, der sie beschließt, dem Bürger und dem Lande, dessen Wohlstand sie verzehren, über den Kopf; sie wurzeln in der Großmainzlucht, die unsern Staatshaushalt beherrscht, in den die Kräfte dieses Landes weit übersteigenden Ausgaben. Lawinenartig, wie die Steuern, wachen die Staatsschulden an. Die Binsen, Manipulations- und Amortisations­­­kosten der ungarischen Staatsschulden betrugen im Jahre 1874 64 Millionen Gulden. 1884 geben wir unter diesem Titel, mit den Binsen des heutigen Ansehens, mindestens 111 Millionen Gulden, um 47 Millionen Gulden mehr aus, als im Jahre 1874. Das Kapital unserer Staatsschulden belief sich im Jahre 1874, samt dem Anteil an der gemeinsamen Schuld und der Grund­­­entlastungsschuld, auf 1348 Millionen­ Gulden, 1882 nach den Schlaf­­­rechnungen auf 1923 Millionen Gulden; 1884 wird es 2 Milliarden erreichen. Seit dem Bestande des Ministeriums Tipa haben sich unsere gesamten Staat­­­­schulden um 650 Millionen, seit der Wert von 1868 um eine Milliarde Gulden vermehrt. (Be­wegung.) Der Staat fan auf dem großen Fuße, auf dem er eingerichtet ist, nur durch den Kredit, nur durch das teuere Geld der Gläubiger erhalten werden. Und dieser Kredit ist wieder nur um den Preis zu erlangen, daß die wachsenden Zinsen der Staatsschulden wenigstens zum Teile und so Lange, als die Kräfte des Landes nicht vollständig erschöpft sind, durch neue Steuern sichergestellt werden. So übermäßig an die Steuerkraft der Bürger von Lahr zu Jahr angespannt wird, in dem verhängnisvollen, atembeflemmenden Wettlauf zwischen Steuererhöhung und Staatsschuldenvermehrung gewinnen die Schuldzinsen immer größeren Vorsprung, ebenso wie in unserem Staats­­­budget ich Einnahmen und Ausgaben wie zwei entgegengesehte Pole ewig fliehen. Im Jahre 1868 betrugen die Landesausgaben Ungarns 147, die Landeseinkünfte 139 Millionen, das wirkliche Defizit 8 Millionen Gulden. Im Jahre 1884 belaufen sich die Staatsausgaben auf 340 Millionen, das wirkliche Defizit auf mindestens 40 Millionen Gulden, mag auch in dem heutigen Staatsvoranschlage durch eine künstliche Zifferngruppierung, dadurch, daß jährlich wiederkehrende Ausgaben an außerordentliche behandelt und Ansehen, sowie Verläufe von Staatsgütern unter die Einnahmen ge­­stellt werden, das Gleichgewicht im Ordinarium des Budget 3 al3 erreicht und das Defizit im Extraordinarium mit 17 Millionen Gulden dargestellt werden. Und al die schweren Opfer, die den Steuerträgern für die Herstellung des Gleichgewichtes im Staatshaushalte Jahr für Jahr auferlegt werden, gleichen dem rasch verdampfenden Tropfen auf heißem Steine, verfinfen im bodenlosen Baffe der Danaiden. Das Land und seine schwergeprüften Bürger büßen nicht etwa nur die Fehler der Vergangenheit; die Gegenwart feßt sie fort. „Lauter jauchzt der Geige Ton.” Nur vor wenigen Wochen wurde der Bau eines neuen P­arlamentshauses in Pet beschlossen, deren Kosten, ohne die innere Einrichtung, nach dem Voranschlage der Regierung auf 9 bis 10, mit der inneren Einrichtung in Wirklichkeit auf 16 Millionen Gulden sich belaufen werden, wodurch dem Lande und seinen Bürgern eine neue Last, eine jähr­­­liche Mehrausgabe von mindestens 800.000 Gulden aufgebürdet wird. Die Worte, die der greise Baul dv. Somi s ich in der Debatte ü­ber das Parlaments­­­gebäude frrnd, sind auch Bis hierher gehalt: „Die Leute, die jährlich die bekannten 200.000 Steuerevolationen über sich ergehen Lassen müssen, machen darüber gewiß nicht... .. Weil wir sein Brod haben, sollen wir Geld auf Parteien verschtwenden ? Was wird das Volk, was das Vaterland dazu jagen, wenn wir P­aläste bauen, während sie mit dem Clende kämpfen und oft des täglichen Brotes entbehren müssen? . . Wenn ein Kaufmann, ein reicher Bankier, dessen Geschäfte schlecht zu gehen beginnen, seinen Aufwand ver­­­größert, gleichfam um seine Verhältnisse zu massieren, so ist dies bei einem Privatmanne lächerlich; ein gleiches Vorgehen bei einem Lande ist in aller Wahrheit ein Verbrechen.” (Lauter Beifall.) Eine zweite Kategorie von Verklemmnissen der Iepten Session besteht aus solchen Gejegen, die, aus freier Entfehliegung der Regierung und des Reichstages hervorgegangen, die Berbefferung bestehender Uebelstände fich zum Biele jegen, allerdings ihr Gepräge von der Tagesstimmung, von der Rück­­­sicht auf die nahenden Reichstagswahlen fich Haben auf drücen Lassen. Unter diesen Gefegen nenne ich blos das neue Gewerbegeseh. Die ursprüng­­­liche Regierungsvorlage stand auf dem­ Boden der unbeschränkten Freiheit des Gewerbebetriebes. Erst die Rücksicht auf die starre Strömung in den Kreisen der Gewerbetreibenden bestimmte die Regierung, diesen Boden zu verlassen, das Leitende Prinzip aufzugeben und an die Stelle desselben den Be­­­fähigungsnachweis zu jeßen.. Über sie that e3 nicht aus gebesserter Ueberzeugung, sondern aus Konfivenz gegen die Tagesströmung. 3 geht dies hervor aus der Lücenhaftigkeit der Bestimmungen, welche den Befähigungs­­­nachweis regeln, aber mit der einen Hand wieder nehmen, was sie mit der andern geben. ch Habe in meiner, Ihnen vielleicht noch erinnerlichen Rede vom 1. April d. h. nachge­wiesen, daß insbesondere der bedingungslose Ueber­­­gang von einem ewerbezweig zu einem anderen ganz verschieden gearteten der Pfuscherei wieder Thor und Thür öffne und dadurch die kaum geschaffene Ehre des Handwerkes wieder begraben werde. ch. habe die Freiheit des Ueberganges blos bei verwandten Gewerbez­weigen befürwortet. Andere Ab­­­geordnete Haben desgleichen gethan; es ist aber vergeblich geweiert. Vebrigens, meine Herren, stehe ich hier vor Ihnen, um Ihnen nicht blos über die V­orformniffe des leten Jahres zu berichten, sondern wir alle stehen jeßt, nach dem Schluffe der abgelaufenen dreijährigen Reichstagsperiode und an der Schwelle der Neuwahlen, vor der Frage: It es während dieser drei legten Jahre besser geworden, als es vor drei Jahren war? (Bewegung.) Auf diese Frage muß ich jet in diesem Augen­­­blicke, Sie aber, meine geehrten Herren Wähler, werden darauf am Tage der Wahl die Antwort geben. SH antworte auf die Frage: Sit e3 beffer geworden? an der Hand des Programmes, auf dessen Grundlage Sie mich vor drei Jahren in den Reichstag entsendet hatten. Sit e3 beffer geworden bezüglich der materiellen Existenz des Bürger­­­­­­und Bauernstandes? Sit die einseitige, mit den wirtschaftlichen Existenz­­­bedingungen unvereinbarliche Steuerpolitik, über welche Sie schon vor drei Jahren sagten, aufgegeben worden ? Auf diese Frage habe ich schon in meinen­­den Ausführungen geantwortet, ich Habe nur noch m weniges Hinaus zufügen.­­­ Die Frage ist nicht zu umgehen: Was erhält der Bürger für die Lasten, die er trägt, vom Staate zurid? Verlangt er eine bessere öffentliche Sicherheit, verlangt er die Vermehrung der Polizei und der Gerichte, jammern die Beamten über ihre schlechte Besoldung, so tönt als Antiwort zurück, es sei sein Geld da. Nimmt der Bürger die Hilfe der Behörde in Anspruch, so muß er ihren Dienst mit übermäßig hohen Stempeln und Gebühren bezahlen. Ein Beispiel hiefür liefert die Rechtspflege. Die­­­ Justiz soll an in dem modernen Staate ihre Hilfe den prozestführenden Parteien nicht ohne Engelt angedeihen lassen, aber nur ihre Selbstfosten und nicht mehr hereinbringen; sie darf sein Geschäft machen. (So if!) Was sehen wir in Ungarn? An Stempel und Gebühren werden 24 Millionen eingehoben, die Justizpflege kostet 9 Millionen Gulden, sie wird also zu einer signalischen Einnahmequelle. Sit et da ein Wunder, daß die Zahl jener Auswanderer, welche unser dünn bevölkertes Vaterland verlassen und sogar jenseits des Ozeans eine neue Heimat suchen, von Lahr zu Fahr anfchwillt und daß die Volkszahl Ungarns, die unter dem österreichischen Absolutismus um anderthalb Millionen zuge­­­nommen, in­ den acht Jahren von 1872 bis 1880 sich blos um 11.000 Menschen vermehrt Hat? Ist es da ein Wunder, menn ein hervorragender magyarischer Publizist, der Verfasser des Buches „A közjogi alap bukäsa“ (Der Sturz der staatrechtlichen Basis), aus dessen Pessimismus die Stimme glühender Vaterlandsliebe hervorklingt, schreibt: „In Europa sehen wir nur Einen Staat, in welchem Alles zum allgemeinen Ruine mitwirkt, t wo sämt­­­liche Faktoren der Regierung in einer solchen Richtung sich bewegen, wo alle Verhältnisse des politischen und sozialen Lebens eine Gestaltung annehmen, deren unvermeidliches Ende der Staatsbank trott ist: dieses Land sind wir. Mögen wir die internationale Lage der Monarchie oder die staatsrechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unseres Landes zu Oesterreich oder unsere inneren Verhältnisse sine ira et studio betrachten, so gelangen wir nach den strengen Geseßen der politischen Rechnung überall zu dem Schluffe, daß das heutige politische System für unsere Nation mit einer Katastrophe endigen muß.“ (Bewegung.) Sit e3 besser geworden um die Garantien des nationalen Kulturlebens der nichtmagyarischen Bürger dieses vielsprachigen Landes, auf deren Zufrie­­­denheit und Befriedigung allein der Bestand dieses Reiches dauernd gegründet werden kann? (So ist’3!) Laffen Sie mich auf diese Frage mit Thatsachen aus der abgelaufenen Reichstagsperiode antworten ! Als die Sympathien des großen deutschen Volkes im neuverjüngten, an militärischer, politischer, industrieller und geistiger Macht zum Kiefer herangewachsenen deutschen Reiche für die Deutschen umseres Landes mächtig ermwachten und ihren Ausdruch im „Deutschen Schulverein” fanden, der, sich in den von ihm respektierten Schranken des internationalen Rechtes Haftend, nicht fremdes Volkztum erobern, sondern das eigene vor nationalem Untergang bewahren, feiner Sprache und G­esittung, seiner noch lange nicht beendeten Kulturarbeit in diesem Staate und in Treuen zu demselben erhalten will, als hervorragende Männer Deutschlands im Rahmen des österreichisch-ungarisch­­­deutschen Bündnisses und gestüßt auf das bundesfreundliche Verhältnis, welches nicht nur unserer Monarchie den Frieden, unterm Vaterlande die Integrität, sondern auch unseren magyarischen Brüdern die auch von mir bereitwillig anerkannte, weil im größeren Besich, in geistiger Intelligenz und politischer Schulung wurzelnde Führung in diesem Lande verbürgt, d­­al jene hervor­­­tragenden Männer Deutschlands ihre mahnende Stimme für die Kulturinte­­­ressen der Deutschen dieses Landes in die Wagschale regten, da trat am 27. Januar 1882 in öffentlicher Reichstagsfigung der Abgeordnete Otto Hermann mit Anlagen und V­erdächtigungen auf, beschuldigte sich der Magya­­­rentrefferei, forderte den Ministerpräsidenten auf — wie er es nannte — „dem öffentlichen Skandal”, der jei in Deutschland gegen Ungarn getrieben werde, ein Ende zu machen, da kamen jene nach Form und Inhalt nicht nach Europa gehörenden Ausfälle eines Blasius Orban gegen die Sachssen vor, da forderte Otto Hermann am 15. Februar in einer Interpellation den Ministerpräsidenten direkt zur Intervention gegen den „Deutsc­hen Schulverein“ auf, da hallte es, auch außerhalb des Reichstagssaales, in den oft merkwürdig zusammengewir­­­felten Wolfsversammlungen in Ungarn von Schmähungen und Verdächtigungen des Siebenbürger Sachsenwolfes wider, auf welche die Sachsen am Eibin und Harbach, an der Kofel, von Broos bis Draas, im Burzenland und Nösnergau in imposanten, von Tausenden besuchten Versammlungen die einmütige Antwort gaben: An Baterlandsliebe und Treue stehen wir niemandem nach, aber wir sind und wollen Deutsche bleiben! (Anhaltender Beifall.) Sit e3 besser geworden insbesondere mit der Achtung des Nationali­­­tätengeseßes, das den nichtmagyarischen Nationalitäten ohnehin so wenig Licht und Luft zum Gedeihen übrig läßt? Ist es besser geworden mit der Respek­­­tierung der Autonomie der Kirchen, die für unsere allenthalben schiver be­­­drohten nationalen Güter allein noch einen rettenden, allerdings auch schon blosierten Hafen bietet? Die Antwort hierauf geben die Bestimmungen des 1883 geschaffenen Mittelschulgesäßes, welche die Bürgschaften für die nationale Kulturentwicklung der Nichtmagyaren noch mehr schmälern, die durch die Verpflichtung der Lehramtskandidaten zur Ablegung der Lehrbefähigungsprüfung in magyarischer Sprache oder dur) die dem Ministerium anheimgegebene Bestimmung der Unterrichtssprache in den von Munizipien und Gemeinden, Vereinen und Einzelpersonen errichteten Mittelschulen, und die Schulautonomie der Kirchen zu Gunsten einer auf die kleinsten Kleinigkeiten, wie z. B. auf die Bensur der von den Lehrern zum Vortrage bewußten Manusk­ripte sich erstrebenden Ministerallmacht einschnüren, die freie Bewegung hemmen, dagegen die Kosten der Schulerhaltung vermehren.­­­ Habe dies in meiner am 6. März dv. $. in der Generaldebatte über das Mittelschulgeseh gehaltenen Rede durch zahlreiche nicht wiederlegte Daten beleuchtet und habe auch heute sein einziges Wort davon zurückzunehmen. Schärfer noch, als durch die Bestimmungen des Mittelschulgefeges, wurden die Magyarisierungstendenzen desselben durch seine begeisterten Verteidiger in der Debatte selbst Herverge­­­hoben. Ich erinnere nur an Baron Desiderius Pronay, den General­­­inspektor der evangelischen Kirche Ungarns, in welcher die Errichtung magyari­­­sierender P­rofelytengymnasien in den sächsischen Städten beantragte, um die

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