Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. Dezember (Jahrgang 11, nr. 3336-3360)

1884-12-01 / nr. 3336

si­­­e Hermannstadt, Montag Sievenburgisc-Denifses Tageblatt. Nr. 3336 Seite 1212 1. Dezember 1884. poniert. möchten, wenn Sie selbst den Nußen und die Zwecmäßigkeit dieser Be­­­ischlüffe nicht einsehen. Sie werden sich durch den Bundesrat nicht impo­­­nieren lassen. Mir wird durch die Majorität des Reichstages nicht im­­­(Große Unruhe links.) Gewiß nicht, meine Herren! sch laffe mir als Reichskanzler durch meine ruhige Ueberzeugung leiten. Ich werde mir durch ganz Europa nicht imponieren lassen. (Lebhafter Beifall rechts!) und Sie wollen mir imponieren? Wenn Sie mich im einzelnen Falle und auf Gründe eigener Weberzeugung gefrüßt überzeugen — gut. &8 ist aber nicht der Fall. Sie sind nach Parteitendenzen zusammengejegt, je nachdem sie entb­lossen sind, für die Regierung oder gegen dieselbe zu stimmen. Das Schidsal einer jeden Vorlage hier ist ja klar vorauszusehen. Die Parteien befinden sich in einem Kampfe um die Herrschaft. Die nationale Politik für Kaiser­ und Reich wird von drei Fraktionen vertreten von zu­­­sammen 157 Köpfen. Diese vertreten die Hericdft für Kaiser und Reich; diesen stehen gegenüber 100 Herren, die kämpfen fü­r die Herrschaft der Geistlichkeit. (Lebhaftes Oho im Zentrum.) Sa Sie verstehen darunter ‚F­­reiheit der Kirche und der Religion, sie jagen freilich, sie kämpfen fir ‘e Freiheit der Kirche und der Religion. Unter ‘freiheit der Kirche ver­­­'ehen Sie die Herrschaft der Kirche. Wenn diese Herrschaft aber zur­cd­­­ewiesen wird, dann sprechen Sie von einer Verfolgung und Unterdrückung. Das Herrschen ist Ihnen eben­­so angeboren aus alter Tradition. (Heiterkeit.) Wir glauben nun, der Geistlichkeit die Herrschaft nicht einräumen zu sollen, pro tempore nicht, und überhaupt nicht. Daneben haben Sie, ich glaube wohl, 98 demokratische Abgeordnete. Ich nenne sie a mon fonds interieur Republikaner, denn daß jemand für ein Neid­ mit erblichem oder er­­­nanntem Präsidenten ist, das ist gleichgültig. Ich rechne zu dem, was ich Demokraten nenne, auch Fortschritt, Sozialdemokraten und die Volkspartei, das sind 98 Mann, die nicht die Gefege ihres objektiven Inhaltes wegen, sondern aus parteilichen und taktischen Gründen bekämpfen. Wir sind im Berge der Herrschaft­­er Kaiser und Neid. Die wollen Sie ung­­ießt entreißen und darum stimmen Sie dagegen, weil die Regierung nicht in Ihren Händen in Die Einen kämpfen also für die Geistlichkeit, Die Anderen gegen Kaiser und Reich. Meine Aeußerung aus dem Jahre 1867, auf die der Herr V­orredner­­­ Bezug nimmt, er nur wieder, daß ich mich geirrt. Ich hatte damals die Ueberzeugung, daß eine feste Grundlage des Reiches der Reichstag in voll­­­­­­kommenster und weitester Beratung sein würde und daß die Gefahren, die etwa dem Reiche drohen künnten, nicht von dem Reichetage, sondern von den Regierungen ausgehen wirken. Ich habe eingesehen, daß meine dama­­­­­­lige Vorauslegung eine irrtümliche war. Ich habe mich im Laufe der Zeit überzeugt, daß der Bestand des Neiches vielmehr von dem Neichstage als von den Regierungen gefährdet wird, zumal bei den wilden Bartek­ämpfen, die sich in den Wahlen und nach den Wahlen gezeigt haben. Die Partei-­­­ Lämpfe überwiegen das nationale Bewußtsein. Die Neigung, für die Partei­­­­— fämpfe einzutreten, ist stärker als die, für nationale Interessen einzutreten und ihnen ein Parteiinteresse zum Opfer zu bringen. (Beifall rechts.) Schorlemer weist die A­ußerung des Reichskanzlers, da nur drei Steien für Kaiser und Neich sind, als schweren Vorwurf für die übrigen Uarteien zurück. Die heutigen Neden des Reichskanzlers befindeten nur zu loben (Heiterkeit), die der Gegner mit der üblichen Verkürzung und mit einer leichten Nuance gefärbt, sofort durch sein eigenes Blatt zu bekämpfen. Das ist außerordentlich leicht und angenehm. Außerdem ist gar sein Zweifel, daß die Einträglichkeit des Preßgewerbes durch die Stellung als Abgeordneter außerordentlich gehoben wird. Denn der journalistische Ab­­­geordnete befindet sich im Zentrum von Meitteilern. Man weiß die Ge­­­rüchte, die umlaufen, man weiß alles voraus, und in den Couloirs der Kammern ist alles mögliche zu erfahren. Das sind die eigentlichen Grund­­­lagen dieser Herren. Das Landesinteresse lebt nicht in ihnen, sie vertreten ausschließlich ihre eigenen Interessen und ihren eigenen Einfluß. Dann steht die unendliche Dauer der Sessionen mit dem Berufsparlamentarismus am engster Verbindung. Leute, die nicht Parlamentarier von Beruf, oder auch namhaftere Professoren und Geistliche sind und gewohnt sind, Reden von einstündiger Dauer zu halten, können gar nicht wie Berufsparlamen­­­tarier 5 Stunden hintereinander sprechen, wenn es sein muß, um einen anderen nicht zum Neden kommen zu lassen (Heiterkeit), weil schon ihre sonstige Thätigkeit ihnen dies verbietet. Das Land fährt am besten dabei, wenn die Sigungen kurz sind und wenn das Haus aus fachkundigen und fachkundigen Mitgliedern besteht. Das war es eben, was den Bundesrat oder die meisten Bundesregierungen bewogen hat, diesen fraglichen Maß in die Verfassung zu bringen, um dadurch zur Abkürzung der Ligungen bei­­­zutragen, was schon deshalb notwendig ist, damit die vielen Parlamente neben dem Reichstage Zeit haben, ihre Geschäfte zu erledigen, und damit auch die anders beschäftigten Mitglieder, namentlich die Beamten, die darin sind, ihrem eigentlichen Berufe leben können. Die eigentlichen arbeitsamen und erwerbenden Elemente gehen dem Leben während dieser Zeit verloren. Daß übrigens die Abgeordneten auch ohne Diäten dem Parlament angehören können, hat das 1848er Parlament gezeigt. Die Tragweite der Diäten­­­losigkeit sollte in der leichteren Anfügung der einzelnen Parlamente an­­einander liegen. Freilich ist dieser Zweck doch nicht erreicht worden. Der Borredner hat dann mit dem ihm eigenen Pathos betont, daß die Majo­­­rität, die wachsende Majorität dieses Hauses wiederholt diese Forderung gestellt hätte. Ja, der V­orredner kennt doch beide Faktoren der Geset­­­z­­gebung. Ich kann ihm nicht nur wachsende, sondern sogar einstimmige Majoritäten des Bundesrates für Ber­assungsänderungen anführen, die wir für jeder möglich und zweckmäßig hielten, deren einstimmige, nicht blos wachsende, sondern konstante Majorität Sie hier schwerlich gelten Tafjen seinen Werger darüber, daß er bei den legten Wahlen Nationalliberale juen wollte, aber Sozial-Demokraten erntete. Nidert: Die Kritik des Reichstages durch den Kanzler sei unerhört. Fürst Bismarc stelle seiner inneren P­oliti ein Armutszeugnis aus, wenn er jage, drei Millionen, die Mehrheit der deutschen Wähler, seien gegen Kaiser und Neid. Der Kanzler habe sein Necht, si zum Richter über unsere innersten Beziehungen zum Vaterlande und Herrscherhaufe aufzu­­­werfen. Wir streben nicht eine persönliche Herrschaft an, sondern nur die unserer Ideen. Die Quittung, welche Fürst Bismarc heute den deutschen Wählern erteilte, deute darauf Hin, daß der neue Reichstag nicht eines natürlichen Todes stecken werde; eine republikanische Mehrheit werde der Kanzler doch nicht dulden wollen. Reichskanzler Fürst Bismarck erklärt, er werde sie das Recht zur Kritik der Parteien nicht nehmen lassen. Die Freisinnigen bestreiten das Streben nach Herrschaft, aber indem sie eine parlamentarische Negierung anstreben, wollen sie eine Negierung von ihrer Partei oder doch ab und zu von ihrer Partei. Er nenne sie Demokraten, weil sie weder deutsch noch freisinnig sind. Nepublitaner nenne er sie, weil für ihn ein Unterschied zwischen Nepublis und Monarchie nicht darin bestehe, daß der Monarch erblich sei. Die Monarchie sei da noch vorhanden, wo eine Uebereinstimmung des Königs und der Landesvertretung nötig sei, um Gehege zu ändern. Die Republik beginne, sobald der Monarch gezwungen werden künne, durch die Majorität des Parlaments Minister zu entlassen. Die parlamen­­­tarische Regierung sei seine monarchische mehr, wie js dies bei der englischen Regierung zeige. Er sei nicht wahr, daß er seine selbständigen Meinungen bilde, sonst könnte er sei, nach zweiund­­­zwanzig Jahren, nicht mehr hier sein. Nidert verlange, er solle liberal regiert werden; er regiere viel liberaler als den Konservativen lieb sei; aber die Linke wolle von Liberalen regiert werden. Warum bekenne sich Richert nicht offen dazu? Nedner habe nicht gesagt, daß die Majorität eine repu­­­blikanisch s­­ei. Er sei überhaupt seine Majorität da. Wäre die Linie und das Zentrum hier so einig wie bei den Wahlen, so würde er dem Saiser vorschlagen, aus ihnen eine Regierung zu bilden. Der Kanzler schließt: „Noch heute meine ich, daß der Minister mit dem geießgebenden Körper Kompromisse schließen sollte; aber dieser möge auch suchen, mit jenem im Einslange zu sein. Sie dürfen nicht dem Kaiser und dem Bundesrate Ihren Willen auferlegen wollen. Zur Herrschaft werden sie nicht gelangen, davor bangt mir nicht, aber lassen Sie es nicht am­ Gefühl des Unrechts in die Wähler gelangen, daß der Reichstag nicht die alleinherrschende Macht im Lande sei.“ (Beifall rechts.) Die Debatte schloß mit einer kurzen Rede Richters. Der Kanzler verwechsle seine Person mit dem Kaiser und Reich, nach der Parole: l’état c’est moi. Von den Franzosen und Russen brauchte er allerdings fi nicht imponieren zu lassen, aber dem deutschen Volke gegenüber solle er nicht diese Sprache führen. Seine heutigen Reden widersprechen schroff dem Friedensgeiste der Thronrede. Der Antrag auf Gewährung von Diäten wurde mit 180 gegen 99 Stimmen angenommen.­­­ Politische Nebersicht. Hermannstadt, 30. November, Gestern ist im Pester Reichstage die Verhandlung über den Staats­­­voranschlag für das Jahr 1885 eröffnet worden. Seitens der oppo­­­sitionellen Parteien ist aufs neue ein heftiger Angriff auf die Regierung zu erwarten. Im Klub der gemäßigten Opposition wurde das 1885er Budget dahin charakterisiert, daß dasselbe sein reelles sei, und sei die Be­­­urteilung des Budgets und der Steuerpolitik der Negierung ebenso scharf ,wie früher zum Ausdruck zu bringen, und der prinzipielle Gegenjaß zu dem Ministerium und zu der Thätigkeit desselben auf den meisten Gebieten des Staatslebens hervorzuheben. De­ U­nabhängigkeitspartei hat be­­­kanntlich der P­arteivorligende Jianyi einen Gelegentwurf ü­ber die An­­­siedelung von Fremden vorgelegt. Der Zweck des Entwurfs ist, das Hereinströmen und die Ansiedelung schädlicher fremder Elemente zu ver­­­hindern. Der Entwurf will nicht gegen eine Klasse oder eine Konfession ge­­­richtet sein, sondern gegen alle, die durch sträfliche Umtriebe das Volk aus­­­beuten oder in der Ausführung ihrer staats- und gesellschaftsfeindlichen Zwecke selbst vor sträflichen M­itteln nicht zurückschieden. Das Einströmen sowohl arbeits- und mittelloser, auf die Schwächen des Bolfes­ rechnender, als die innere Ruhe der Staatsbürger gefährdender, sinnlose Zwecke mit Blut, Eisen und Dynamit verfolgender Elemente soll in legislatorischem Wege verhindert werden. Jianyi wünscht, daß dieser Entwurf, der zwischen der Wohnlizenz und der Aufnahme in den Gemeindeverband einen Unter­­­schied macht und der Administrativbehörde Fremden gegenüber größere Be­­­fugnisse­ einräumen will, dem Abgeordnetenhaufe je eher unterbreitet werde, damit jene, die gegen eine Konzession hegen, sehen, Daß auch­ die U Unab­­­hängigkeitspartei die Uebel des Landes kennt und sie sanieren will, ohne deshalb die großen Prinzipien der freiheit, Gleichheit und Brü­derlichkeit zu verlegen und ihrem auf diesem basierenden Programme Gewalt anzuthun. Die Konferenz der Antisemiten-Partei beauftragte den Baron Andreansky folgenden Beschlußantrag einzubringen: „Die Regierung wird angewiesen, noch im Laufe dieser Session einen Gelegenzwwurf zur verfassungsmäßigen Verhandlung einzubringen, Fragt dessen die Steuerfreiheit der bisher dieselbe genießenden Staats- und Wert­­­papiere aufgehoben wird und diese in gleicher Weise wie das der Kapital- Ringsteuer unterliegende Kapital besteuert werden. Nachdem dieses Prinzip, dessen Durchführung geeignet wäre, das Gleichgewicht zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Staates herzustellen, im vorliegenden Budget nicht ange­­­wendet ist, wird Teiteres als Grundlage der Spezial-Debatte nicht ange­­­nommen.“ . In der Sitzung der Kongo-Konferenz vom 27.d.M.wurde der Bericht des Ausschusses erstattet,und fanden dessen Vorschläge über die Grenzen des Kongo-Gebietes in allen wesentlichen Punkten die An­­­nahme. Die deutsche Vorlage wurde gleichfalls in allen wesentlichen Punkten angenommen. Der Parsus wegen der Gebühren im Interesse des Handels wird eine andere Fassung erhalten. Die Konferenz seßte einen Ausschuß ein zur Feststellung der noch unerledigten Punkte und wird als­­­dann einen Redaktions-Ausschuß zur endgültigen Redaktion der von Deutsch­­­land eingebrachten Deklaration ernennen. Die französische Kammer ist mit der überaus heftigen Debatte über die Tongjing Kretite zu Ende gekommen, und hat das Ministerium Ferry, trug allen Sturmlaufes einen glänzenden Sieg errungen. Mit großer Mehrheit nahm­ die Kammer die erste Streditforderung von­ 16 Millionen, und den neuen Kredit für 1885 von 43 Millionen an. S Interessant ist wie der radikale Ag. Clemenceau sich darüber äußerte, in welche Stellung er infolge der Tonfingpolitik zu Deutschland gekommen sei. Er­­agte u. U.: „Man miüsse die Courage haben, es zu jagen: man gerate dadurch, daß man die Streitkräfte in alle Weltgegenden zerstreut, fatalerweise in den Bann­­preis des ersten deutschen Staatsmannes. Clemencean zitierte einen Arzt der „Grenzboten“, welcher besagt, die Republik sei infolge der Kolonial-Politäk, welche ihr England entfremdet, Deutschland verpflichtet. Durch die Kolonial- Politik nähere man sich dem Manne, welcher nicht blos Herr des Krieges, sondern auch des Friedens sei. Gewiß, fährt Redner fort, bin ich geradeso ein Anhänger guter Beziehungen zu den Nachbarstaaten, wie irgend Einer von Ihnen. Allein das wichtigste ist, die Unabhängigkeit unserer Situation zu wahren und auch den Schein der Abhängigkeit zu meiden. Fürst Bismarc ist ein gefährlicher Feind und ein noch gefährlicherer Freund; er hat ung in einen Gegenzag zu England gebracht. Hat unserem Verfahren in Tunis zugestimmt, steht auf unserer Seite in der Kongo-Frage, aber zugleich bereitet er uns einen grausamen ökonomischen Krieg. Er ist solcherart im Frieden eine größere Gefahr als im Kriege, denn im Kriege stehen wir uns offen als Feinde gegenüber, aber im Frieden werden wir in Dinge hineingezogen, die mwin nicht beabsichtigt, und so viel die nationale Politik entstellt.“ Gegen Tonfing und Afrifa mußten Sie erleiden, was si­­­num voll­­­zog. Nicht um die einzelnen Phasen dieser Affairen handelt es sich­ viel Höheres, die nationale Ehre Frankreichs steht auf dem Spiele, und Sie sind es, welche die Verantwortung zu tragen haben. Bezüglich der Differenz zwischen dem Batk­an und der russischen Negierung wegen der Adresse, welche die Unierten dem Bapste im Laufe des verfroffenen Sommers überreichten, ist, nachdem das Organ der Kurie, der „Oiservatore Romano“ diesbezüglich eine beruhigende Erklärung abge­­­geben, äußerlich wenigstens die Ber­öhnung hergestellt. Man dürfte im Va­­­tikan aus diesem Anlaß die Ueberzeugung neuerdings genommen haben, dag mit Rußland nicht gut Kirichen eisen ei, wie denn auch ein Artikel in dem Katrow’schen „Most. Wediemosti“ zu verstehen giebt, daß Rußland von nun an, im Gegensaß zu der Haltung des Fürsten Gortscharow, der um die Interessen des Papstes sehr besorgt gewesen sei, und denselben in dem deutschen „Kulturfampfe“ unterfragt habe, auch in diesem „Kultur­­­fampfe“ auf der Seite Deutschlands zu finden sein dü­rfte,­­­ denn der Gedanke, er künne das Pferd doch noch einmal besteigen, ist mir entjeglich. Um den Ball komme ich freilich, denn mit einem flügellahmen Bräutigam mag ich nicht erscheinen. Schade, Lenchen, daß ich deinem Debut ich ängstige mich doch und­ würde hier seine ruhige Minute haben, wenn mir auch die Herren so freundlich eine Beruhigung brachten. Wir seden uns wohl no, bis dahin auf Wiedersehen.“ Damit stand sie auf und folgte Frau von Neder, die bereitwillig den Wunsch ihrer Tochter erfüllte. Ueberall blicfte man mit Teilnahme auf das hübsche junge Mädchen, in dessen Gesicht die Sorge um den Bräutigam so deutlich zu lesen war. „Die arme Johanna”, sagte ich mitleidig zu Celeste, „wie leid thut es mir, daß das hübsche Fest ihr so gestört wird.” Sie sah mich einen Moment wie geistesabiwesend an, dann entgegnete sie mit rudenden Lippen: „Gestört?. Was ist ein­­er gegen das zerstörte Glück eines Lebens, gegen den ewig brennenden Schmerz, den man. . .“ Sie brach, wie sich besinnend, hastig ab und sagte gleich darauf in ihrem gewohnten spöttischen Ton: „Ach, bah, wer wird sich einen kleinen unangenehmen Zwischenfall gleich so zu Herzen nehmen. Ich versichere Sie, die beiden jigen feelen vergnügt über ihre gegenseitige Gesellschaft zusammen und würden uns höchstens auslachen, wenn sie unser Bedauern hörten. Nein, lassen Sie si die gute Laune nicht verderben, wir wollen diesen Abend recht heiter versehen.” Der weitere Verlauf des Wettrennens war ein günstigerer. Man hatte bald die erschrechende Unterbrechung vergessen und auch ich beruhigte mich, als ich, nachdem wir in das Hotel zurückgekehrt waren, mich persönlich nach Heven von Schönhausens Befinden erkundigte und die beiden Brautleute wirklich in beiiefster Unterhaltung fand. „ach, Magdalene, du glaubst nicht, wie glücklich ich bin, daß es nicht Schlimmer geworden ist”, rief Johanna, mich in ihrer Freude herzlich um­­­­armend. „Edmund hat mir aber fest versprechen müssen, Jolanthe zu verkaufen, nicht bewohnen kann, obgleich ich überzeugt bin, daß es glänzend ausfallen wird. Bruder Willy Haft du vollständig bezwungen. Komm nur bald nach Nederhof und berichte, wie du dich amüsiert Haft.” Ich versprach e3 und fehrte mit Leichtem Herzen zu unserer Gesellschaft zurück. Wir nahmen das Abendbrod ein und dann ging es hinauf in den strahlend Hell erleuchteten Saal. Wer jemals in meiner Lage war, der wird das freudig ängstliche Gefühl verstehen, mit dem ich zum ersten Male einen Ballsaal betrat. Ich hielt mich dicht Hinter der Baronin und wunderte mich über die gleichgiltige nachläfige Miene, mit der Belette ihre Umgebung musterte, wie eine Fürstin ihre Unter­­­thanen. Sie war sich der Herrscherrolle in diesen Kreisen t wohl bewußt und schon nach wenig Augenblicken lag auch die gesamte Herrenwelt der „Schönen Solzheim” Huldigend zu Füßen. Sie nahm das­­hin wie einen ihr sehuldigen Tribut, und hatte sie die faden Schmeicheleien satt, so kehrte sie ihren ver­­­blüfften Bewunderern den Rüden und regte sich zu einer der ihr bekannten Damen, um,­­­wie sie lachend versicherte, einmal Luft zu schöpfen. Die Polonaise Hatte Belette mit Herrn von Randow getanzt, während ich am Arme des Lieutenants von Neder, der si troß des Unfalls seines zukünftigen Schwagers nicht Hatte vom Balle zurückalten larfen, durch den Saal schritt. Sehr wurden die Geigen gestimmt und die Klänge eines der beliebten Strauß’schen Walzer ertönten. Ich habe wohl nie in meinem Leben wieder mit solcher Wonne, solche jubelndem Entzücken getanzt, wie diesen Walzer in Osfar’3 Arm. DVoll und ganz gab ich, mich dem seltenen G’ic hin, mich ungestört mit dem Geliebten unterhalten zu künnen. Celeste war zu unreingt, um uns zu beobachten. An diesem Abend fühlte ich mich frei und sicher im Besit­­zOsfar’s. Ach, er war der lebte, den ich in vertrauens­­­vollem Glauben an ihn verlebte. Wie bald folgte die Folter­qual der Angst und des Zweifels. (Fortlegung folgt.) Korrespondenzen., Mediarch, Ende November. *) Vom Reichenfanle des nasiums hielten die Wolfsschullehrer des Mediarcher enang. U. B. ihre zweite diesjährige Generalversammlung unter dem Bezirksdechanten Johann Oberth ab. Der Mediarcher Zeichenlehrer Michael König hielt zunächst eine Probe­­­(eftion in Freihandzeichnen, in der er einen kurzen Weberbild über seine an die besten deutschen Meister sich anlehnende Methode zu geben suchte. Nach Entlassung der Schüler besprach er dieselbe in mündlichem Vor­­­trage und hob, die stigmographische Methode scharf bekämpfend, die von zahl­­­reichen namhaften Augenärzten und Pädagogen bezeichneten Mängel, Nach­­­teile und Gefahren derselben hervor. Die hierauf folgende Debatte, an der er außer dem Borfigenden, namentlich Mädchenschullehrer Karl Hann und Mädchenschuldirektor Johann Hedrich, dann Pfarrer Johann Rampelt und Johann Lehrer beteiligten, führte zu der einstimmig gebilligten Resolution , das stigmographische Zeichnen möge als der Gesundheit abträglich und den Geist zu wenig bildend in den Volfs­­­schulen aufgelassen, dagegen das Freihandzeichnen als Maffenunterricht aus­­­giebig gepflegt werden. Der vom Mädchenlehrer 3. Fiest verlesene, von dem diesmal abwesen­­­den Schriftführer verfaßte Entwurf eines Protokolls über die Maiversammlung dieses Vereins fand die Billigung nicht. Derselbe wurde einer Kommission zur Ergänzung und Verifizierung zugewiesen. Johann Hedrich referierte über die Gustavd Adolf Schullerus’schen Thesen, betreffend die Gründung einer Lutherstiftung. Ueber den von Johann Fabini und Johann Lehrer unterstüßten Antrag des Referenten sül das Landeskonsistorium auch von Hier aus ersucht werden, die Realisierung desselben in seine bewährten Hände zu nehmen. Am Wunsch wird ausgesprochen: Den Gemeinden möge nicht vorgeschrieben werden, welchen Beitrag sie jährlich Leisten sollen. Gemeinden wie Mediath, Birthälm­­­e. würden gewiß andere Beiträge zu Leisten geneigt und im­­stande sein, als etwa Gyakendorf. E 3 solle sein Zeitpunkt unverricbar bezeichnet werden, vor dem die Stiftung nicht verwendet werden dürfe. Denn es sei denkbar, daß in kürzerer Zeit ein namhafter Ertrag für diese Lutherstiftung, durch die ja das gegen­­­wärtige Geschlecht seinen Dank für die Treue der Väter abtragen wolle 9% Treue an seinen Kindern, aufgebracht worden, daß aber al vor E Jahren diese Kinder eine Not heimsuchen künne, der man aus der Stiftung abzuhelfen im Stande sei. Es solle daher der Landeskirchenverlast freigestellt werden, zwei­­­ Drittel Stimmenmajorität gegebenen 2! bestimmen, ob und wann auch vor 100 Jahren etwa zwei Drittel 38 jäyr­­­lichen Binsenertrages verwendet werden dürfen. Der Merchener Volksschullehrer Mnall referiert über die Aufforderung des Großidienter Bezirksschullehrervereins, im vorgeschriebenen Wege bei unserer kompetenten Behörde mit zu beantragen, es möge fleinern Ge­­­meinden gestattet werden, uem jedes zweite Jahr neue Schüler in die aller­­­unterste Abteilung aufnehmen zu dürfen. Der Verein glaubt angesichts des Staatsvolfsschulgesehes und der Stim­­­mung unserer Schulerhalter, dann angesichts der Möglichkeit, dem Uebelstand, daß etwa in zweiflasfigen Bolfsschulen drei Abteilungen vorhanden seien, die nach dem Gejäß nicht gleichzeitig im­ Schullokal beschäftigt werden können, auf anderem Wege z. B. durch Einführung eines Halbtagsunterrichts abzuhelfen, auf das Ersuchen nicht eingehen zu können. Der Birthälmer Lehrer Fr. Ch­reftel beantragt im Auftrage des Birt­­­hälmer Lehrerzweigverein ®: e3 möge von hier aus das löbl. Bezirkskonsistorium ersucht werden, kompetenten Ort­ zu beantragen, e8 solle der Termin für die Aufnahmefähigkeit und für die Entlassung von V­olfsschülern auf denselben Jahrestag verlegt werden. Der Antrag wird angenommen. : ncine *), Wegen Raummangel verspätet. D. Re,

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