Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1897. Dezember (Jahrgang 24, nr. 7286-7311)

1897-12-08 / nr. 7292

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Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kauff­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile tostet beim einmaligen Einladen 7 kr., das zweites mal je 6 fr., das drittemal je 5 kr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr. Gewerbefehrlingsstufen. Am 25. November verhandelte die Generalversammlung der jächrlichen Universität über die Jahresberichte der Direktionen und Kommissionen der neun von ihr unterstüßten Ge­werbelehrlingsschulen pro 1896/97. Von den Direktionsberichten enthalten drei, d. i. diejenigen von Agnetheln, Bistris und Skronstadt, außer den üblichen Schulnachrichten noch besondere Arbeiten. Der Ugwethler Jahresbericht bringt die Rede des Direktord zur Er­­öffnung der Prüfung, der Bittinger eine Abhandlung über: „Disziplinierung der Gewerbelehrlinge,“ der Kronstädter: „Statut und Lehrplan festgestellt auf Grund des 17. Gefeßarti­eld von 1884 und der s. u. Ministerialverordnung vom 31. August 3. 33.564 von 1893.* Die Gliederung der Gewerbelehrlingsschulen ist in den Grundzügen ziemlich glei, in den Ausführungen den verschiedenen Verhältnissen und Be­­dürfnissen entsprechend, bald einfacher, bald reicher. Agnetheln und Mühlbach haben je eine Vorschul- und drei Ge­werbe­­sculklaffen. Die Brooser Schule unterscheidet sich Hievon dadurch, daß die Gewerbeschulklaffen je zwei Parallelabteilungen haben. Rep hat eine Vor­ Schule mit zwei P­arallelklaffen und drei eigentliche Gewerbeschulklaffen mit je einer Abteilung. In Schäßburg hat die Vorschule und die erste Gewerbe­ Schulklasfe je zwei Abteilungen. In Mediatch hat die Vorfchule und jede der vier Gewerbeschulklaffen nur je eine Abteilung In Bittrng hat die Vor­­scule und die erste Ge­werbeschulklaffe je zwei, die andere drei Klassen je drei Abteilungen, in denen in einzelnen Gegenständen Sonderunterricht er­­teilt wird. « In Kronstadt hat die Vorschule vier Parallelklassen,der erste Jahrgang der Gewerbeschule vier,der zweite zwei Parallel-,der dritte nur eine Klasse. Hiezu wurde hinzugefügt noch eine neue Fortgangsklasse. Am reichsten gegliedert ist die Schule in Hermannstadt Hier­ besteht eine Vorschule mit vier Parallelklassen,eine dreiklassige Gewerbeschule mit drei Parallelabteilungen in der ersten,mit zwei in der zweiten Klasse,dann eine Banglerwerbeschule mit drei Klassen und je zwei Parallelabteilungen in 1 und 11. Dem Zeichnen wird überall eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, zumal aber in Hermannstadt, wo es 4 Mabteilungen für allgemeines, drei für Fachzeichnen und eine für die Lehrlinge der staatlich unterfrügten Lederer­­und Schuhmacerfachschule giebt. Dieser Unterricht wird, wo möglich, von Fachmännern und Meistern erteilt. Die Bestrebungen in Bezug auf den Lehrplan sind durch die staatlich vorgeschriebene Organisation auf Grund des j­ ung. Ministerialerlasses vom 31. August, 3. 33.564/893 vorläufig zum Abschluß gelangt. Auch der Stundenplan hat sie einheitlicher gestaltet. Der Unterricht an den Wochntagen ist zunächst auf die Abendstunden von 6 —8, in Schäß­­burg von Halb 7 bis halb 9, in Mühlbach und Nieps von 7-9, gefeßt. Nur fehre Schwer will es gelingen, dem Stirchenbesuch der Lehrlinge an Sonn- und Feiertagen Raum zu schaffen, oder besondere Gottesdienste für diese Jugend einzurichten, und dennoch wäre das doch so sehr notwendig. Man sagt, man erschricht, wenn man unter den Arbeitern Atheismus, Sittenlosigkeit, Geringschäßung aller Sdearität u. dgl. fi) ausbreiten sieht, wenn man von den brutalen Thaten der roten Sozialdemokratie hört. Aber was thut man, um dem Uebel vorzubeugen ? . Wenn man den gewerblichen Arbeiter fast mit einer Art unentrinn­­barer Notwendigkeit von Religionsunterricht und Kirche ausschließlarbeitet man jenen Irrungen geradewe. Sehen­ wir m­ö nnr einmal das Geschehendegenauant Von den im Jahrels IsXW aufgeführten 2563 Besuchern der Gewerbelehrlingsschulen hatten 1874 d.i.etwa 73 Prozent ihre Vorbildung an einer Volksschule erhalten,48 d.i.etwa 1·87 Prozent waren ohne jegliche Schulbildung. Nicht am Schulorte zuständig,also zumeist von einem Dorfe gekommen waren 1142,d.i.55 Prozent.Erfahrung­ gemäß gehen sehr viele derselben aus Kleinbauern und landwirtschaftlichen Handlungerhäusern hervor und kommen schon nach kaum vollendetem 12.Lebensjahre auf.Handwerk Außerdem, daß diese bis dahin oft in sittlich nicht eben ganz reinem Lebenskreise ge­­standen,haben sie auch zu kurze Zeit den sittigenden Einfluß von Schule und Kirche erfahren In der ersten seit ihrer Lehrjahre stehen sie oft dem rohen Gesindekreise sehr nahe. Neuester Zeit halten Meister und Meisterinnen die Lehrlinge ihrem­ Hause lieberferm Diese müssen dann kweiß Gotth­——irgendwie billige Wohnung und Kost suchen und sich dort leider nur zu oft unmoralischer Ansteckung aussetzen Aber auch wo dem Lehrling noch im Meisterhause irgend eine — leider abermals oft nicht gefahrlose Wohnstätte gewährt wird,­­hat man ihn — zumal abends außer Hause irgend­wohin billig zu essen. Er bekommt Geld in die Hände, daß er vielleicht Lieder sonstwie verthut. Sonntags Hat der Lehrling an wenig Schulorten Zeit zum Kirchen­­besuch. Dieser Tag ist meist gerade in den Stunden mit Beichenunterricht besegt, t wo der kirchliche Gottesdienst abgehalten zu werden pflegt. In der meist vierjährigen Lehrzeit kann ein solcher Züngling kaum je noch sehen, wie eine Kirche inwendig ausschaut, geschweige denn sich dem Einfluß eines Gemeindegottesdienstes hingeben. So findet ihn ohne inneren Schuß, ohne moralische Stäbe, oft sogar k­on fittlich angefräntelt, die nicht selten fürs ganze Leben entscheidende Zeit zwischen dem 16.—20. Lebensjahre. Wie mancher nimmt hier auch den Keim zu langwieriger Krankheit und frühem Tode in sich auf. Der Geselle ist Trek Erbauung. — ung gewohnt, alt getan! Der mit dem Leben gerade rebt sch­wer ringende Meister des Klein- und Notgewerbes hat nicht gelernt und erfahren, was Religion und Kirche für das Leben bedeuten. Ohne dieselben ist er bisher seines Weges gegangen, ohne sie geht er weiter, der Kirche nur dann und zwar als höchst unbequemer Anstalt begegnend, wenn sie mit Geld­­ansprüchen an ihn herankommt. Die Gleichgiltigkeit oder Feindschaft wider die Kirche findet so traurig ihre Erklärung. Nach solcher Erziehung sucht er selten religiöse Förderung, Kirchliche . Und doch trägt gerade diese Anstalt die edelsten und mächtigsten Kräfte der Erhaltung und Gesundheit für das Volksleben in sich. Deanden hat mit gerade seine Fähigkeit im Festhalten an väterlicher Sitte und Religion erhalten,und immer wieder aus dem Drucke erhoben. Nicht die­ geringsten Volkswirtschaftslehrer vertreten die Ansicht,England hätte ohne seine Kirchlichkeit,ohne seine Sonntagsfeier nicht die Bedeutung erlangt,die es hat. Andere haben beobachtet:wirtschaftlicher und sozialer Verfall oder Aufschwung hänge innig zusammen mit religiöser Krankheit oder Gesundheit im Volk Bleh. Ebendiese Erfahrung sprechen auch einige der vorliegenden Jahrens­berichte der Gewerbeschuldirektionen auch.So sagt der aanepS:»Das abs gelaufene Schuljahr berechtigt nach seinen Erfahrungen dazu,dem Religion­s­unterricht eine vorzügliche Wirkung auf Erziehung und Disziplin der Zöglinge zuzuschreiben;daher intensiverer Betrieb desselben allerseits zu empfehlen wäre." N In Broos, wo ebenfalls Religionsunterricht eingeführt ist und meist von ordinierten Geistlichen erteilt wird, Hat man die Wahrnehmung gemacht, daß die­ — „früher häufigen typischen Erscheinungen der Tänzer und Streiter unter den Lehrlingen immer seltener werden.“ Im Schäßburger Berichte heißt es: „Der Erfolg der Religionsuntere­richte, wenn auch weniger auffallend hinsichtlich der Summe religiösen Wissens, das dadurch erworben wird, ist ein entschieden günstiger und zeigt sich derselbe besonders in der ganzen Haltung der Schüler.” Es ist darum aller Anerkennung wert, daß die Lehrlingsschulen allge­mein Religionsunterricht eingeführt haben. Al ein Glück ist es zu bezeichnen, daß die in vielen Richtungen auch für das bürgerliche Leben bedeutsame Militärdisziplin die Mannschaft zum Sonntagsgottesdienste führen heißt. Sehr dankenswert ist es, daß zu Hermannstadt an jenem ersten Sonntage der Monate November bis April in der Spitalgfirhe ein Gottesdienst für Lehrlinge abgehalten wurde, miewohl ein solcher Sondergottesdienst nimmer­­mehr Heranreicht an den allgemeinen Gemeindegottesdienst. Darum ist der Vorgang von Schäßburg und Mediarch viel zweckmäßiger, wonach Sonntag Vormittags­weit gegönnt wird, daß die Lehrlinge — was nicht das Geringste ist — von ihren Lehrern geführt am Hauptgottesdienste der Gemeinde teil­­nehmen können.­­ Die sächsische Universität, welche zur Förderung kultureller Interessen, zunächst wohl durch entsprechende Verwaltung des ihrer Obhut anvertrauten Vermögens gelegmäßig berufen ist, hat alle Ursache, jenen Bestrebungen ihre Unerkennung und moralische Unterfroßung angedeihen zu hassen, welche geeignet sind, mit dazu beizutragen, daß ihre Stiftungen und materiellen Opfer die angestrebten Früchte auch wirklich tragen. Darum kann sie all jenen Männern aufrichtig danken, welche in stiller, oft sehr schwieriger Arbeit, zäh und unverdroffen am Rolfswohle arbeiten. Nicht minder aber soll sie ihre Bedauern darüber laut werden lassen, die öffentliche Meinung jedoch muß dem unbedingt beistimmen, daß gerade Die Meister selbst den Bestrebungen für intellektuelle und moralische Entwickklung ihrer Lehrlinge oft gar so wenig Verständnis und guten Willen entgegen­­bringen. (Schluß folgt.)­ ­ . . politische Uebersicht. Zermannstadt,7.Dezember­. Noch fehlen und genauere Nachrichten über die gestrige Sitzung des Abgeordnetenhauses und so können wir auch nichts näheres darüber mitteilem in welcher Art die ablehnende Rede des Ab­geordneten Schreiber gegen den Gesetzentwurf über die Ortsnamen gehalten war.Außer dem Telegramm,das uns aus unseren Abgeordnetenkreisen zugegangen ist und das wir gestern wegen späten Einfreffens nnd in einem Teile unseres­ Auf­­lage mitteilen konnten,sind hier bis zum Augenblicke,wo wir dieses nieder schreiben,seine eingehenderen Nachrichten eingetroffen. In Oesterreich ist die politische Lage nach wie vor eine mißlich. Wenn man den Gang der Verhandlungen des Ministerpräsidenten Gautsch mit den beiden großen Parteigruppen überblickt,soweit dies bei dem vers­traulichen Charakter der Konferenzen möglich ist,so gelangt man zu der Ansicht,daß bisher überhaupt­ nur Berührungen des Ministerpräsidenten mit den Führern der einen und jenen der anderen Parteigruppe stattgefunden habet­,in welchen der Ministerpräsident die Ansichten und Forderungen jeder der beiden Parteien entgegennahm.«Es liegt abertein Anzeichen dafür vor, daß der Ministerpräsident Baron Gautsch die Stellung der Regierung zu den aktuellen Fragen,und zwar sowohl zu den parlamentarischen Fragen als zur Sprachenfrage in verbindlicher Form präzisiert,und daß ein Meinungss­austausch zwischen den Parteigruppen stattgefunden habe.Es läßt sich dies ganz besonders hinsichtlich der Verhandlungen des Ministerpräsidenten mit den Obmännern der Linken konstatieren.Der Verkehr des Ministerpräsidenten mit den Vertretern der deutschen Oppositionsparteien wickelte sich in den glattesten und urbansten Formen ab und der Ministerpräsident gab eine auss­führliche Auseinandersetzung,in welcher auch die Notwendigkeit eine­ Regelung der Sprachenfrage betont wurde,allein Baron Gautich soll jede Konkretisierung der Verfügungen,welche­ zu diesem Behufe zu treffen wären,vermieden haben und auch jeder Aeußerung darüber aus dem Wege gegangen sein,ob und welche Dispositionen noch vor einer eventuellen Aufnahme der Reichsrat­s­verhandlungen zu erlassen wären.Die Forderungen,welche die Obmänner der Linken stellten,betrafen bekanntlich den Rücktritt dechäsidiums,die Aufhebung der widerrechtlich erschlichen enlex Faltenhayn und die Regelung der Sprachenfrage durch Zurücknahme der Sprachenverordnungen und durch Erlassung provisorischer Bestimmungen bis zur gesetzlichen Austragung der Frage.Die beiden ersten Forderungen zu stellen war die Linke nach den Beni­leien. Der eigene Beg. Bon Hand Richter. (42. Sortlegung.) M Willenlos ließ Hedwig alles mit sich geschehen. Sie tanzte, Lachte, konversierte, fuhr spazieren und ging ins Theater, wie er gewünscht wurde, ganz wie eine Marionette, — eine entsehliche öde Leere im Herzen, eine bleierne Müdigkeit im Hirn. Warum war sie abgewichen von dem selbstgemählten Wege der strengen Arbeit und Pflichterfülung! Warum hatte sie dem thörichten Herzen noch­ ein Wiedererwachen erlaubt ? Die schwerste Schuld an ihrem Elend sel auf sie zurück, und dieses Bewußtsein, diese weit übertriebene Selbstauflage, raubte ihr den Ieten Nest von Mut, Willenskraft und Hoffnung. So gänzlich niedergeschmettert war sie, daß selbst der Bebaute, eines Mannes Weib zu merden mit der Liebe zu einem Andern im Herzen, sein Schredliches für sie verlor. Sie mußte es tragen wie alles andere — und ward e3 ihr zu fer, so blieb ja noch der Tod ihr Erlöser. Den gern drängte, der Vater unterstüßte ihn und sie selbst fand nicht die Kraft der Weigerung. So wurde die Hochzeit für den Anfang des Juni festgelegt, — jeßt war es Ende April. Noch fünf oder sechs Wochen, — sie würden berübergehen wie jeder Beitraum und dann war mn wenigstens die feßte Entscheidung gefallen. ‚So sehnt vielleicht der zum Tode Verurteilte den rechten Tag heran, um endlich der Dualen der Todesfurcht enthoben zu sein, wer grausiges Ende sie auch nehmen. An Billi wagte Hedwig nicht zu schreiben. Noch immer hielt sie den Glauben an des Vater Aufrichtigkeit, — der übrigens der Vergangenheit nie mehr Erwähnung that, — unverbrüchlich fest, mit innerm Bmang viel­leicht. Sie fürchtete, Nachrichten aus Lenfin zu bekommen, die ihn noch mehr erschüttern könnten. Jan Edebrecht antwortete. Woran die offenbar aus ehrlichem Herzen kommenden Glückwünsche, dann eine Höfliche Ablehnung, — da drei einfache Komproizistinnen doch wohl allzusehr gegen die übrige Gesellschaft abstechen würden — und dann ein Gab, welcher der Lesenden fast das Blut in den Adern gerinnen ließ. „Erinnern Sie sich noch­ de3 Sonntage, als wir in der Konditorei erst den Rittmeister von Probe, der übrigens spurlos verschwunden ist, und dann unseren Chef sahen? Wir stritten über Herren Günther Zukünftige wie um den Raiferd Bart und waren allesamt tüchtig auf dem Holzwege. Andy Graham w­­at sich mit Herrn Hellriegel, unterm ersten Ingenieur, ver­­lobt, und Fräulein van der Smiffen ist nicht die Zukünftige Günthers, sondern seines jüngeren Bruders Reinhold, den Sie nicht persönlich kennen. Unser Günther ist so unverlobt als möglich und gedenkt es auch zu bleiben. Ein merkwürdiger Mensc! Jecht geht er wieder Herum mie eine personifizierte Gemitterwolfe. Haben Sie einen Streit mit ihm gehabt? Er wird puterrot und dann wieder. leichenbloß und feine Augen funkeln, wenn man nur Ihren Namen nennt . . .* Also um eines müßigen Klatsches, um eine Mißverständnisses willen, dad sie in ihrer Verbitterung aufzuklären auch nur nicht versucht Hatte ! Grausames, frivol spielendes Schicsal, das L­ebensglüd und lebenslängliches Elend von dem flüchtigen Hauche eines leichtfertig eingeworfenen Wortes abhängig macht ! Sie drüdte dad Antlig in die Kiffen und meinte bitterlich, stundenlang, bis die Thränen ihren brennenden Augen­ verjagten. Dann las sie noch einmal, und wie wohl in der öden Wüste bis­weilen durch irgend melde geheimnisvolle innere Gewalt urprößlich ein rarer Duell hervorspringt, rang sie aus dem fürchterlichen Chaos ihrer Gedanken ein fester Entsehluß empor. Nun konnte sie nicht Dengerns Gattin werben, nie, nie! Sie sprang empor und redte die Arme, dehnte die Brust, die wie von einer Rentnerlast befreit schien. Ihre Augen sprühten, ihre Wangen flammten, — sie hatte sich selbst wieder gefunden. Noch einmal durfte sie den eigenen Weg einschlagen und sie wollte es, wenn auch tausend­e Hindernisse sich ihr ent­­gegentürmten,wenn sie sich blutig uiß an Dornen und Steinen,wenn sie selbst ermattet zusamm­enbrach,—sie starb doch auf dem eigenen Wege der Wahrheit und Ehre.Nicht fragte sie in diesem­ Augenblick danach,ob ihr noch eine Hoffnung am Ziele winkte;fie leugnete es sogar vor sich selbst ab....Alle­,Alle es ließ sich ja leichter ertragen als dieses vorwärts gestoßen werden auf fremden Pfaden. Dengern war verreist,um ein passende-Gutausfindig zu machem das Berent zur Mitgift bestimmt hatte.Noch vor seiner Rückkehr mußte es entschieden­ sein- Sobald der Vater einmal in seiner gütigen Laune war,in welcher er ihr fürstliche Geschenke zu­ machen liebte,wollte sie ihn anflehen,das verhaßte, entehrende Band lösen zu dürfen.Es war sein Recht,vorher darum zu wissen,und schließlich seine Vaterpflicht,seine Einwilligung nicht zu versagen. Er liebte sie ja doch wohl ein wenig,sie wollte ja auch ferner jedem seiner Wünsche nachkommen,glänzen und locken,wie er verlangte,—nur frei sollte er sie geben,frei! Die gütige Stimmung ließ auf sich warten. Es schiemals habe das wechselnde Aprilwetter seinen deprimierenden Einfluß ganz besonders auf den Bankier gemünzt.Selbst seine erstaunliche Gewandtheit reichte nicht hin,seine Nervosität zu verbergen.Er zuckte ers­chlassend zusammen,wenn jemand in dassi­mner trat oder draußen die Thorglocke schellte.Glaubte er sich allein,so erschienen auf seinem Antlitz Fältchen und Runzeln,die er sonst so vortrefflich zu glätten wußte.Zum ersten Male hatte sein liebenswürdiger Humor etwas erzwungenes. Dabei entfaltete er eine fieberhafte Thätigkeit.Er war der erste im Geschäft und verließ es erst zum Anbruch der Nacht,um in seinem Schlaf­­zimmer noch stundenlang zu arbeiten.Hedwig betrachtete ihn mit Besorgnis, wagte jedoch keine Frage,da er ihr einmal lachenden Tones zway doch ins unverkennbar ernstem Sinne jede Einnischung in seine Geschäftsangelegens­heiten verboten hatte. (Entjegung folgt.) Dagegen lud sie die drei Waldenberger Damen zu ihrer Hochzeit ein. |

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